Thürmer (wie oben). Wie segelt froh der bunte Kahn
Mit frischem Abendwind heran!
Wie thürmt sich sein behender Lauf
In Kisten, Kasten, Säcken auf!
(Prächtiger Kahn, reich und bunt beladen mit Erzeugnissen fremder Weltgegenben.)
Mephistopheles. Die drei gewaltigen Gefellen.
Da landen wir,
Da sind wir schon.
Glück an dem Herren, Dem Patron!
(Sie steigen aus, die Güter werden ans Land geschafft.)
Mephistopheles. So haben wir uns wohl erprobt, Vergnügt, wenn der Patron es lobt. Nur mit zwei Schiffen gieng es fort, Mit zwanzig sind wir nun im Port. Was große Dinge wir gethan, Das sieht man unsrer Ladung an. Das freie Meer befreit den Geist; Wer weiß da, was Besinnen heißt! Da fördert nur ein rascher Griff,
Man fängt den Fisch, man fängt ein Schiff, Und ist man erst der Herr zu drei,
Dann hackelt man das vierte bei;
Da geht es denn dem fünften schlecht; Man hat Gewalt, so hat man Recht.
Man fragt ums Was? und nicht ums Wie? Ich müßte keine Schifffahrt kennen: Krieg, Handel und Piraterie, Dreieinig sind sie, nicht zu trennen.
Die drei gewaltigen Gesellen.
Nicht Dank und Gruß! Nicht Gruß und Dank! Als brächten wir Dem Herrn Gestank! Er macht ein wi derlich Gesicht:
Das Königsgut Gefällt ihm nicht.
Mephistopheles. Erwartet weiter
Keinen Lohn!
Nahmt ihr doch euren Theil davon.
Die Gesellen. Das ist nur für Die Langeweil; Wir alle fordern Gleichen Theil.
Mephistopheles. Erst ordnet oben Saal an Saal Die Kostbarkeiten Allzumal!
Und tritt er zu Der reichen Schau, Berechnet er alles
Mehr genau, Er sich gewiß
Nicht lumpen läßt
Und giebt der Flotte
Fest nach Fest.
Die bunten Vögel kommen morgen, Für die werd' ich zum besten sorgen.
(Die Ladung wird weggeschafft.)
Mephistopheles u Faust). Mit ernster Stirn, mit düsterm Blick Vernimmst du dein erhaben Glück.
Die hohe Weisheit wird gekrönt, Das Ufer ist dem Meer versöhnt; Vom Ufer nimmt, zu rascher Bahn, Das Meer die Schiffe willig an; So sprich, daß hier, hier vom Palast Dein Arm die ganze Welt umfaßt. Von dieser Stelle gieng es aus, Hier stand das erste Bretterhaus; Ein Gräbchen ward hinabgerißt, Wo jezt das Ruder emsig sprigt. Dein hoher Sinn, der Deinen Fleiß Erwarb des Meers, der Erde Preis. Von hier aus
Das verfluchte hier!
Das eben leidig lastet mir.
Dir Vielgewandten muß ich's sagen, Mir giebt's im Herzen Stich um Stich, Mir ist's unmöglich zu ertragen! Und wie ich's sage, schäm' ich mich. Die Alten droben sollten weichen, Die Linden wünscht' ich mir zum Siß, Die wenigen Bäume, nicht mein eigen, Verderben mir den Welt-Besit.
Dort wollt' ich, weit umher zu schauen, Von Ast zu Ast Gerüste bauen, Dem Blick eröffnen weite Bahn, Zu sehn, was Alles ich gethan, Zu überschaun mit einem Blick Des Menschengeistes Meisterstück, Bethätigend mit lugem Sinn Der Völker breiten Wohngewinn.
So sind am härtsten wir gequält: Im Reichthum fühlend, was uns fehlt. Des Glöckchens Klang, der Linden Duft Umfängt mich wie in Kirch' und Gruft. Des Allgewaltigen Willens-Kür Bricht sich an diesem Sande hier. Wie schaff ich mir es vom Gemüthe! Das Glödlein läutet, und ich wüthe. Mephistopheles. Natürlich, daß ein Hauptverdruß Das Leben dir vergällen muß.
Wer läugnet's! Jedem edlen Ohr Kommt das Geflingel widrig vor. Und das verfluchte Bim-Baum-Bimmel, Umnebelnd heitern Abendhimmel, Mischt sich in jegliches Begebniß, Vom ersten Bad bis zum Begräbniß, Als wäre, zwischen Bimm und Baum; Das Leben ein verschollner Traum. faußt. Das Widerstehn, der Eigensinn Verkümmern herrlichsten Gewinn, Daß man, zu tiefer, grimmiger Pein, Ermüden muß, gerecht zu sein. Mephistopheles. Was willst du dich denn hier genieren? Mußt du nicht längst kolonisiren?
Fauft. So geht und schafft sie mir zur Seite! Das schöne Gütchen kennst du ja,
Das ich den Alten ausersah.
Mephistopheles. Man trägt sie fort und seßt sie nieder, Eh man sich umsicht, stehn sie wieder;
Nach überstandener Gewalt
Versöhnt ein schöner Aufenthalt.
Mephistopheles. Kommt, wie der Herr gebieten läßt, Und morgen giebt ein Flottenfest!
Die Drei. Der alte Herr empfieng uns schlecht, Ein flottes Fest ist uns zu Recht.
Mephistopheles (ad Spectatores).
Auch hier geschieht, was längst geschah,
Denn Naboths Weinberg war schon da. (Regum 1, 21.)
Lyncens der Thürmer (auf der Schloßwarte singend).
Zum Sehen geboren, Zum Schauen bestellt, Dem Thurme geschworen, Gefällt mir die Welt. Ich blick' in die Ferne, Ich seh' in der Näh, Den Mond und die Sterne, Den Wald und das Reh. So seh' ich in allen Die ewige Zier,
Und wie mir's gefallen, Gefall' ich auch mir. Jhr glücklichen Augen, Was je ihr gesehn, Es sei, wie es wolle,
Es war doch so schön! (Pause.) Nicht allein mich zu ergößen, Bin ich hier so hoch gestellt; Welch ein gräuliches Entseßen Droht mir aus der finstern Welt! Funkenblicke seb' ich sprühen Durch der Linden Doppelnacht; Immer stärker wühlt ein Glühen, Von der Zugluft angefacht. Ach! die innre Hütte lodert, Die bemoost und feucht gestanden; Schnelle Hülfe wird gefodert, Keine Rettung ist vorhanden. Ach! die guten alten Leute, Sonst so sorglich um das Feuer, Werden sie dem Qualm zur Beute! Welch ein schrecklich Abenteuer! Flamme flammet, roth in Gluthen Steht das schwarze Moosgestelle; Retteten sich nur die Guten
Aus der wildentbrannten Hölle! Züngelnd lichte Blige steigen Zwischen Blättern, zwischen Zweigen; Aeste dürr, die flackernd brennen, Glühen schnell und stürzen ein. Sollt ihr Augen dieß erkennen! Muß ich so weitsichtig sein! Das Kapellchen bricht zusammen Von der Aeste Sturz und Last; Schlängelnd sind, mit spigen Flammen, Schon die Gipfel angefaßt.
Bis zur Wurzel glühn die hohlen Stämme, purpurroth im Glühn. (Lange Pause, Gesang.)
Was sich sonst dem Blick empfohlen, Mit Jahrhunderten ist hin.
Faust (auf dem Balkon, gegen die Dünen).
Von oben welch ein singend Wimmern? Das Wort ist hier, der Ton zu spat. Mein Thürmer jammert; mich, im Innern, Verdrießt die ungeduldige That. Doch sei der Lindenwuchs vernichtet Zu halbverkohlter Stämme Graun, Ein Luginsland ist bald errichtet Um ins Unendliche zu schaun. Da seh' ich auch die neue Wohnung, Die jenes alte Paar umschließt, Das im Gefühl großmüthiger Schonung, Der späten Tage froh genießt.
Mephistopheles und die Dreie (unten).
Da kommen wir mit vollem Trab; Verzeiht! es gieng nicht gütlich ab, Wir klopften an, wir pochten an, Und immer ward nicht aufgethan; Wir rüttelten, wir pochten fort, Da lag die morsche Thüre dort; Wir riefen laut und drohten schwer, Allein wir fanden kein Gehör. Und wie's in solchem Fall geschicht, Sie hörten nicht, sie wollten nicht; Wir aber haben nicht gesäumt, Behende dir sie weggeräumt.
Das Paar hat sich nicht viel gequält, Vor Schrecken fielen sie entseelt.
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