Kannst du mich schmeichelnd je belügen, Daß ich mir selbst gefallen mag, Kannst du mich mit Genuß betrügen: Das sei für mich der lezte Tag! Die Wette biet' ich!
Werd' ich zum Augenblicke sagen: Verweile doch! du bist so schön!
Dann magst du mich in Fesseln schlagen, Dann will ich gern zu Grunde gehn! Dann mag die Todtenglocke schallen, Dann bist du deines Dienstes frei, Die Uhr mag stehn, der Zeiger fallen, Es sei die Zeit für mich vorbei!
Mephistopheles. Bedenk es wohl, wir werden's nicht vergessen. Fauft. Dazu hast du ein volles Recht.
Ich habe mich nicht freventlich vermessen;
Wie ich beharre, bin ich Knecht,
Ob dein, was frag' ich, oder wessen.
Mephistopheles. Ich werde heute gleich beim Doktorschmaus Als Diener meine Pflicht erfüllen.
Nur eins! Um Lebens oder Sterbens willen
Bitt' ich mir ein Paar Zeilen aus.
fauft. Auch was Geschriebnes forderst du, Pedant?
Hast du noch keinen Mann, nicht Mannes-Wort gekannt? It's nicht genug, daß mein gesprochnes Wort
Auf ewig soll mit meinen Tagen schalten? Rast nicht die Welt in allen Strömen fort, Und mich soll ein Versprechen halten? Doch dieser Wahn ist uns ins Herz gelegt; Wer mag sich gern davon befreien? Beglückt, wer Treue rein im Busen trägt, Rein Opfer wird ihn je gereuen!
Allein ein Bergament, beschrieben und beprägt, Ist ein Gespenst, vor dem sich alle scheuen. Das Wort erstirbt schon in der Feder, Die Herrschaft führen Wachs und Leder. Was willst du, böser Geist, von mir? Erz, Marmor, Pergament, Papier?
Soll ich mit Griffel, Meißel, Feder schreiben? Ich gebe jede Wahl dir frei.
Mephistopheles. Wie magst du deine Rednerei Nur gleich so hißig übertreiben?
Ist doch ein jedes Blättchen gut.
Du unterzeichnest dich mit einem Tröpfchen Blut. Fauft. Wenn dieß dir völlig Gnüge thut,
So mag es bei der Fraze bleiben. Mephistopheles. Blut ist ein ganz besondrer Saft. Fauft. Nur keine Furcht, daß ich dieß Bündniß breche! Das Streben meiner ganzen Kraft
Ist grade das, was ich verspreche. Ich habe mich zu hoch gebläht; In deinen Rang gehör' ich nur. Der große Geist hat mich verschmäht, Vor mir verschließt sich die Natur. Des Denkens Faden ist zerrissen, Mir ekelt lange vor allem Wissen. Laß in den Tiefen der Sinnlichkeit Uns glühende Leidenschaften stillen! In undurchdrungnen Zauberhüllen Sei jedes Wunder gleich bereit!
Stürzen wir uns in das Rauschen der Zeit, Jns Rollen der Begebenheit!
Da mag denn Schmerz und Genuß,
Gelingen und Verdruß
Mit einander wechseln, wie es kann; Nur rastlos bethätigt sich der Mann.
Mephistopheles. Euch ist kein Maß und Ziel gesezt. Beliebt's euch, überall zu naschen,
Im Fliehen etwas zu erhaschen,
Bekomm' euch wohl, was euch ergößt. Nur greift mir zu und seid nicht blöde!
Fauft. Du hörest ja, von Freud' ist nicht die Rede.
Dem Taumel weih' ich mich, dem schmerzlichsten Genuß, Verliebtem Haß, erquickendem Verdruß.
Mein Busen, der vom Wissensdrang geheilt ist, Soll keinen Schmerzen künftig sich verschließen, Und was der ganzen Menschheit zugetheilt ist, Will ich in meinem innern Selbst genießen, Mit meinem Geist das Höchst' und Tiefste greifen, Ihr Wohl und Weh auf meinen Busen häufen, Und so mein eigen Selbst zu ihrem Selbst erweitern Und, wie sie selbst, am End' auch ich zerscheitern. Mephistopheles. O glaube mir, der manche tausend Jahre An dieser harten Speise kaut,
Daß von der Wiege bis zur Bahre
Kein Mensch den alten Sauerteig verdaut!
Glaub' unser einem, dieses Ganze Ist nur für einen Gott gemacht; Er findet sich in einem ew'gen Glanze, Uns hat er in die Finsterniß gebracht, Und euch taugt einzig Tag und Nacht. Fauft. Allein ich will! Mephistopheles.
Das läßt sich hören! Doch nur vor Einem ist mir bang; Die Zeit ist kurz, die Kunst ist lang. Ich dächt', ihr ließet euch belehren. Associirt euch mit einem Poeten, Laßt den Herrn in Gedanken schweifen Und alle edlen Qualitäten
Auf euren Ehren-Scheitel häufen, Des Löwen Muth,.
Des Hirsches Schnelligkeit, Des Italiäners feurig Blut, Des Nordens Daurbarkeit.
Laßt ihn euch das Geheimniß finden, Großmuth und Arglist zu verbinden Und euch, mit warmen Jugendtrieben, Nach einem Plane zu verlieben.
Möchte selbst solch einen Herren kennen, Würd' ihn Herr Mikrokosmus nennen.
Faust. Was bin ich denn, wenn es nicht möglich ist, Der Menschheit Krone zu erringen,
Nach der sich alle Sinne dringen?
Mephistopheles. Du bist am Ende
Seg' dir Perrücken auf von Millionen Locken, Set' deinen Fuß auf ellenhohe Socken,
Du bleibst doch immer, was du bist.
Fauft. Ich fühl's, vergebens hab' ich alle Schäße Des Menschengeists auf mich herbeigerafft, Und wenn ich mich am Ende niederseße, Quillt innerlich doch keine neue Kraft; Ich bin nicht um ein Haar breit höher, Bin dem Unendlichen nicht näher.
Mephistopheles. Mein guter Herr, ihr seht die Sachen, Wie man die Sachen eben sieht;
Wir müssen das gescheidter machen, Eh uns des Lebens Freude flieht. Was Henker! freilich Händ' und Füße Und Kopf und H die sind dein; Doch Alles, was ich frisch genieße,
Ist das drum weniger mein? Wenn ich sechs Hengste zahlen kann, Sind ihre Kräfte nicht die meine? Ich renne zu und bin ein rechter Mann, Als hätt' ich vierundzwanzig Beine. Drum frisch! Laß alles Sinnen sein, Und grad' mit in die Welt hinein! Ich sag' es dir: Ein Kerl, der spekulirt, Ist wie ein Thier, auf dürrer Heide
Bon einem bösen Geist im Kreis herum geführt, Und rings umher liegt schöne grüne Weide.
Fauft. Wie fangen wir das an?
Was ist das für ein Marterort?
Was heißt das für ein Leben führen, Sich und die Jungens ennuyiren?
Laß du das dem Herrn Nachbar Wanst!
Was willst du dich das Stroh zu dreschen plagen? Das Beste, was du wissen kannst,
Darfst du den Buben doch nicht sagen. Gleich hör' ich einen auf dem Gange! Fauft. Mir ist's nicht möglich, ihn zu sehn. Mephistopheles. Der arme Knabe wartet lange; Der darf nicht ungetröstet gehn.
Komm, gieb mir deinen Rod und Müze;
Die Maske muß mir köstlich stehn. (Er kleidet sich um.) Nun überlaß es meinem Wize!
Ich brauche nur ein Viertelstündchen Zeit;
Indessen mache dich zur schönen Fahrt bereit! (Fauft at.)
Klephistopheles (in Fausts langem Kleide).
Verachte nur Vernunft und Wissenschaft,
Des Menschen allerhöchste Kraft,
Laß nur in Blend- und Zauberwerken Dich von dem Lügengeist bestärken,
So hab' ich dich schon unbedingt
Ihm hat das Schicksal einen Geist gegeben,
Der ungebändigt immer vorwärts dringt Und dessen übereiltes Streben
Der Erde Freuden überspringt.
Den schlepp' ich durch das wilde Leben, Durch flache Unbedeutenheit,
Er soll mir zappeln, starren, kleben,
Und seiner Unersättlichkeit
Soll Speis' und Trank vor gier'gen Lippen schweben;
Er wird Erquidung sich umsonst erflehn; Und hätt' er sich auch nicht dem Teufel übergeben, Er müßte doch zu Grunde gehn!
Ein Schüler tritt auf.
Schüler. Ich bin allhier erst kurze Zeit Und komme voll Ergebenheit,
Einen Mann zu sprechen und zu kennen, Den Alle mir mit Ehrfurcht nennen. Mephistopheles. Eure Höflichkeit erfreut mich sehr! Ihr seht einen Mann, wie andre mehr. Habt ihr euch sonst schon umgethan? Schüler. Ich bitt' euch, nehmt euch meiner an! Ich komme mit allem guten Muth, Leidlichem Geld und frischem Blut;
Meine Mutter wollte mich kaum entfernen, Möchte gern was Rechts hieraußen lernen. Mephistopheles. Da seid ihr eben recht am Ort. Schüler. Aufrichtig, möchte schon wieder fort: In diesen Mauern, diesen Hallen Will es mir keineswegs gefallen. Es ist ein gar beschränkter Raum, Man sieht nichts Grünes, keinen Baum, Und in den Sälen, auf den Bänken Vergeht mir Hören, Sehn und Denken. Mephistopheles. Das kommt nur auf Gewohnheit an. So nimmt ein Kind der Mutter Brust Nicht gleich im Anfang willig an, Doch bald ernährt es sich mit Lust. So wird's euch an der Weisheit Brüsten Mit jedem Tage mehr gelüsten.
Schüler. An ihrem Hals will ich mit Freuden hangen; Doch sagt mir nur, wie kann ich hingelangen?
Mephistopheles. Erklärt euch, eh ihr weiter geht, Was wählt ihr für eine Fakultät?
Schüler. Ich wünschte recht gelehrt zu werden Und möchte gern, was auf der Erden Und in dem Himmel ist, erfassen, Die Wissenschaft und die Natur. Mephistopheles. Da seid ihr auf der rechten Spur; Doch müßt ihr euch nicht zerstreuen lassen.
Schüler. Ich bin dabei mit Seel' und Leib;
Doch freilich würde mir behagen
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