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außer Dir. Die Andern alle würden mich ja verspotten und verhöhnen. Wer glaubt denn sonst noch an mich?

Ich, schluchzte eine von Thränen halb erstickte Stimme; und Silvia, die auf den leichten Füßen lautlos näher und näher, zuletzt ganz nahe gekommen war und Alles gehört hatte, streckte die beiden gefalteten Hände wie anbetend ihm entgegen.

Mit einem zornigen Ausruf fuhr der Knabe in die Höhe. Hat man denn keinen Augenblick vor Dir Ruhe, rief er, mußt Du uns immer umschleichen und belauschen?

Silvia war bei diesen ihr im heftigsten Tone zugeschleuderten Worten sehr blaß geworden. Sich vor dem unfreundlichen Knaben abermals gedemüthigt zu sehen, das fuhr ihr wie ein Schwert durch's Herz. Sie war schnell ein paar Schritte zurückgetreten und blickte, die Arme über der Brust verschränkend, mit großen troßigen Augen zu ihm hinüber.

Ich habe Euch nicht umschlichen und habe Euch nicht belauscht, sagte sie, ich bin hergeschickt worden, um Euch zum Essen zu rufen; ich kann nichts dafür, wenn ich das dumme Zeug, das Ihr schwattet, gehört habe.

Leo lächelte. Komm' Walter, sagte er, wir können uns doch nicht mit einem Mädchen streiten.

Diese kalte Geringschäßung war zu viel für das Kind. Sie wurde noch blasser und wollte heftig, trogig etwas erwiedern, aber tonlos bewegten sich die Lippen. Thränen, die fie vergeblich zurückzuhalten suchte, tropften aus ihren Augen.

Laß es gut sein, Silvia, fagte Walter beschwichtigend, Leo hat es so bös nicht gemeint. Du kamst so plöglich heran, ich war auch erschrocken; laß es gut sein, Silvia!

Und der treuherzige Knabe versuchte, der Schwester die Hände von dem thränenüberströmten Gesicht zu ziehen. Silvia fuhr ein paar Schritte zurück.

Rühr' mich nicht an! rief fie, keiner von Euch! Ich hasse Euch, einen wie den andern; ja, ja, Walter, Dich auch. Du bist feig, sonst würdest Du Dich meiner annehmen gegen diesen hochmüthigen Bettler.

Das Wort war kaum heraus, als aus Leo's Brust ein heiserer Wuthschrei brach. Er ballte die Fäuste und sprang auf Silvia zu. Das kühne Mädchen blieb ruhig stehen und schaute ihrem Feind, ohne mit den Wimpern zu zucken, in die zornglühenden Augen.

Nun, sagte fte, schlag' doch zu! Ich bin ja nur ein Mädchen!

Leo ließ die Arme sinken und wandte sich, heftige, unverständliche Worte durch die Zähne murmelnd, ab. Silvia lachte laut auf:

Adieu, Ihr schönen jungen Herren, rief sie, Eure Gesellschaft ist zu gut für mich.

Sie machte eine spöttische Verbeugung und lief dann in den Wald zurück. Bald war die lichte Gestalt zwischen den dunklen Stämmen verschwunden. Die Knaben hörten ihre Stimme, aber sie konnten nicht unterscheiden, ob sie ein lustiges Lied trällerte oder laut weinte.

Langsam folgten sie. Sie hatten Beide das Gefühl, ein Unrecht begangen und dazu noch den Kürzeren gezogen zu haben. Von Leo's kühnen Projecten war nicht mehr die Rede. Schweigend gingen sie neben einander hin. Nur einmal sagte Walter:

Du bist auch immer so barsch gegen Silvia.

Bettler, weißt Du, Walter, haben wenig Lebensart.
Sie meint es nicht so bös.

Nun, warum sollte sie es nicht sagen? sie hat ja Recht; sagte Leo mit finsterem Lachen.

Drittes Capitel.

Ziemlich früh am nächsten Morgen machte sich der Förster, nachdem er die laufenden Geschäfte besorgt hatte, auf, zum

gnädigen Herrn auf's Schloß zu gehen und den wöchentlichen Rapport abzustatten, bei welcher Gelegenheit sich dann auch vielleicht die Sache des Bruders mochte anbringen lassen.

Man konnte nicht leicht einen anmuthigeren Weg finden, als den, auf welchem der Förster jezt einherschritt. Dieser Theil des Waldes, auf dem lang sich hinstreckenden Ausläufer des Schloßberges, gehörte schon zum herrschaftlichen Park; aber man hatte sich darauf beschränkt, die Pfade durchaus gangbar zu machen und an passenden Stellen einen einfachen Ruhesis anzubringen, im Uebrigen aber der ursprünglichen Waldnatur keinerlei Zwang angethan. Selbst die Aussichten, die sich von Zeit zu Zeit — hier in ein friedliches Wiesenthal, dort in die reichbebaute Ebene des fruchtreichen Landes öffneten, verdankte man nicht dem berechnenden Kunstsinn eines Parkgärtners, sondern sie waren ganz zufällig, wie es eben die launenhafte Formation des Terrains bedingte.

Einzelne Stellen des Weges ließen sogar eine künstliche Nachhilfe entschieden wünschen. Hier hatte das Unkraut den Pfad übersponnen, dort ein Quellchen den lehmigen Boden ringsumher aufgeweicht. Einmal war sogar eine vom Sturme entwurzelte Tanne quer über den Weg gesunken.

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Hm, hm, murmelte der Förster, indem er einen Augenblick stehen blieb und gewohnheitsmäßig mit den Augen die Länge und Breite des Baumes maß und den ungefähren kubischen Inhalt berechnete; hm, hm ich fange an, alt und nachlässig zu werden. Die Tanne liegt hier schon mindestens ihre vierzehn Tage seit dem Ungewitter in der Nacht vom Zehnten auf den Elften- und ich weiß nichts davon. Und wie schlecht der Weg geworden ist! Was würde die gnädige Frau selig sagen, wenn sie ihre Lieblingspromenade so verwahrloft sähe! Aber seitdem sie todt ist, kümmert sich Keiner mehr um dies Revier, nicht einmal ich, dessen verdammte Pflicht und Schuldigkeit es doch wäre.

Der brave Mann schüttelte den Kopf und schritt langsam weiter. Wenn er sonst durch den Wald streifte, entging ihm kein Vogellaut, kein Knistern und Knacken in den trockenen

Zweigen der Bäume, kein Rauschen in den Büschen. Aber heute Morgen waren es andere Dinge, die ihn beschäftigten Familiensorgen, Pläne für die Zukunft seiner Kinder, zu denen er seit gestern Abend noch den Sohn seines Bruders rechnete.

Wie lange konnte denn der arme Anton noch leben! Es war ja ein Jammer, wie seine Kräfte in den leßten paar Wochen abgenommen hatten: die Wangen hohl, die Augen so groß und starr, und die Stimme so klanglos, so rauh!Der arme Anton! ja, ja er hat wohl Recht: wenig Freude ist ihm geworden in seinem Leben! Was wollte er nicht Alles entdeckt haben: Luftballons, die dem Steuer folgten, Schiffe, die unter dem Wasser fuhren, Bomben, mit denen man ganze feindliche Regimenter auf einmal vernichtete! Und was von allen diesen großen Dingen war zu Stande gekommen? Nichts, weniger als Nichts! Was war aus dem Projectenmacher selbst, der es mit so Vielem im Leben versucht, der immer gerechnet und sich immer verrechnet hatte, geworden? Ein alter, franker Mann, der in einem elenden Dorfe das bittere Brod der Almosen aß! „Ein tief unglücklicher Mensch, und dem in keiner Weise zu helfen, weil er, ohne irgend die Kraft, welche zur Durchführung eines Planes erforderlich ist, zu besißen, von seinem allzeit geschäftigen Geiste ruhelos, wie ein von den Furien Gejagter, umhergetrieben wird". Das hatte der Freiherr mehr als einmal gesagt, und jest sollte er ihm eine Bitte vortragen, die von Jemand, der den Charakter des Anton so genau kannte, gar nicht gewährt werden konnte!

Der Förster seufzte. Er setzte seinen Stolz darein, von seinem gnädigen Herrn niemals etwas zu erbitten, weil er auch den Schein meiden wollte, als glaube er ein Recht zu haben, Bitten zu stellen und die Bitten, die er stellte, erfüllt zu sehen.

Gerade von dem Punkte aus, auf welchem der Förster jest stand, konnte er den Versteck sehen, in welchen er in jener Schreckensnacht -anno dreizehn die Herrschaft gerettet hatte eine von düstern Tannen umstarrte Schlucht, durch

die ein Waldbach in schäumenden Cascaden brauste. Dieser Ort, zu jener Zeit eine fast undurchdringliche Wildniß, war seitdem sehr viel lichter geworden. Der Förster nahm die Müze ab und fuhr sich nachdenklich mit der Hand über die Stirn; es fiel ihm dabei ein, daß sein Haar auch nicht mehr so dicht war, als vor vierunddreißig Jahren.

Das war lange her, und doch war es, als ob es gestern gewesen wäre! Damals, gleich nach Beendigung der Krieges, war es, wo der alte Freiherr selig das Friedensfest auf dem Schlosse feierte und die vier freiherrlichen Kinder mit den vier Försterkindern die Quadrille tanzten. Das waren vier Paare! immer zwei und zwei genau von demselben Alter, ja einander so ähnlich zum wenigsten in dem gleichen Quadrille-Costüm daß zum größten Ergößen der Gesellschaft -die Förstermädchen den ganzen Abend hindurch von einigen Gästen als die Fräulein vom Hause und diese wieder als jene angesprochen wurden. — Auch von mir sagten fie, daß ich in Gang und Haltung etwas von dem Freiherrn hätte. Nun, so viel ist gewiß, daß wir unser Leben lang Einer des Andern Röcke haben tragen können, und was den General und Bruder Anton anbetrifft, die glichen sich wirklich damals zum Erstaunen. Das war das leztemal, das wir beisammen waren, da haben wir unserer Jugend den Kehraus getanzt. Seitdem ist jeder seinen eigenen Weg gegangen; wollte Gott, es wäre immer und überall der rechte gewesen!

Des Försters Gesicht wurde noch nachdenklicher, als er jezt, die Augen fest auf den Boden geheftet, langsam weiter schritt; ja in den herabgezogenen Mundwinkeln und einem gelegentlichen Zucken der festgeschlossenen Lippen drückte sich ein gewisser Unmuth aus, ein unterdrückter Zorn, wie man ihn bei einer bösen Erinnerung empfindet, die unversehens in uns aufsteigt.

Der Förster stand vor einer Stacketthür, die aus dem Park in den eigentlichen Schloßgarten führte. Er drückte die Klinke auf und trat hinein. Mit braunem Sand bestreute, sorgsam geharkte Gänge schlängelten sich zwischen reizenden

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