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wie der Widerspruch zwischen Ueberzeugung und Neigung, zwischen Kopf und Herz, an dem er sein Leben lang gefrankt hatte, in dieser wichtigen, entscheidungsvollen Stunde in ihm so ungelöst war wie nur je; fie mußte fürchten, daß der Moment der Entscheidung ihn unvorbereitet, unentschlossen finden würde, und dieser Gedanke war ihr der entsetzlichste von allen.

Karl, sagte sie, und ihre sanfte Stimme war sehr fest und ruhig; Du mußt an das Aeußerste denken, denn sei versichert, er wird es auf das Aeußerste ankommen lassen. Das wird er nicht thun, sagte der Freiherr.

Er wird es auf's Aeußerste ankommen lassen, wiederholte Charlotte. Ich habe es immer geahnt, wenn ich mir ihn in solchen oder ähnlichen Lagen dachte; seit heute Abend weiß ich es. Dieser Mann ist wie eine Naturgewalt, consequent, mitleidslos; nur von einer Kraft aufzuhalten, die stärker ist, als er. Konnte man ihm ansehen, konnte man ihm anhören, daß heute Morgen seine Mutter gestorben ist? In der That! sagte der Freiherr zerstreut.

Und doch hat er sie geliebt, fuhr Charlotte wie mit fich selbst redend fort; ich glaube es beschwören zu können. Gestern erst hatte ich die Frau zum erstenmale gesehen dort oben in Tannenstädt, - eine alte, vom Schlage gelähmte Frau, die seit zehn Jahren nicht aus dem Bett gekommen war. Er hat sie stets mit aller Sorge umgeben; er hat weit über seine Kräfte an ihr gethan ich weiß es aus dem Munde der Leute, aus dem Munde seiner Schwester, die im Uebrigen gar nicht gut auf den Bruder zu sprechen war. Und vorhin vorhin, als er aus dem Zimmer ging, hat er mir gesagt, daß die alte Frau gestorben, heute gestorben ist, so ruhig, so fühl, so nüchtern es ist furchts

bar, furchtbar!

Charlotte unterdrückte mit Mühe einen Schauder und sagte wieder in ruhigem Tone:

Wir müssen an die Knaben denken, Karl. Wir können

sie nicht unten im Dorfe allen Gefahren und Verführungen ausgesetzt laffen.

Verführungen? sagte der Freiherr, wie meinst Du das? Ein Diener, der eilig und mit schreckensbleichem Gesicht in das Zimmer trat, ließ Charlotte nicht zur Antwort kommen. Es brennt im Dorf, gnädiger Herr, sagte der Mann.

Die Geschwister eilten aus dem Zimmer über den Vorsaal auf die Rampe des Schlosses. Sowie sie aus der Thür traten, sahen sie, wie ein rother Schein, der mit jedem Augenblick an Stärke zunahm, sich über den dunklen Winterhimmel gebreitet hatte.

Es ist das Pfarrhaus, sagte der Freiherr; sonst liegen keine Häuser so weit links.

Ja, ja, es ist die Pfarre, bestätigten die Leute, die sich in ängstlichen Gruppen um den Herrn drängten.

Man soll mir ein Pferd satteln, schnell! rief der Freiherr.
Charlotte faßte des Bruders Hand.

Nimm mich mit, Karl! bat sie leise und dringend. Hier ist kein Augenblick zu verlieren, rief der Freiherr ungeduldig.

Ich will Dich nicht aufhalten, aber wir kommen auf dem Fußweg eben so schnell hinunter, wie Du zu Pferde auf dem Fahrweg.

Was willst Du unten? sagte der Freiherr, glaubst Du, daß die Wüthenden Dich hören, Dich respectiren werden? Dies ist keine Zeit für Frauen; bleib' hier, Charlotte! und er begab sich eilends auf sein Zimmer, sich zu dem Ritte zurecht zu machen.

Charlotte hüllte sich in den Shawl, den ihr unterdessen Miß Jones gebracht hatte. Sie wollte sich auf keinen Fall von ihrem Bruder trennen. Der Anblick der beiden jungen Mädchen, die bleich und zitternd dastanden und die ängstlich starren Augen bald auf sie, bald auf den Himmel richteten, der den Schein des Feuers machtvoll zurückwarf, hätte sie fast in ihrem Entschlusse wankend gemacht; aber dann dachte

sie, daß Miß Jones muthig und klug sei und sie allens falls erseßen könne. Sie flüsterte der braven Dame einige Worte in's Ohr, worauf diese ernsthaft mit dem großen, viereckigen Kopfe nickte; küßte die Mädchen, welche sofort in Thränen ausbrachen, auf die Stirn und stand bereit, dem Freiherrn zu folgen, als plößlich ein Reiter in vollem Jagen auf den Hof gesprengt kam, bis an die Rampe, wo er vom Pferde sprang und die Zügel einem der Leute zuwarf.

Gott sei Dank, Gott sei Dank! rief Charlotte, indem fie dem Ankommenden entgegeneilte und ihm beide Hände entgegenstrecte; wie habe ich Sie erwartet!

Der Förster hielt einen Augenblick die zarten Hände in festem, liebevollem Druck.

Ach, da ist der Frit! rief der Freiherr, der eben wieder aus seinem Zimmer trat; Du siehst, Friß, der Teufel ist los. Willst Du mit oder willst Du hier oben bleiben ? Mir wäre es lieber, Du bliebst hier.

Auch Sie müssen hier bleiben, gnädiger Herr, sagte der Förster leise; verstatten Sie mir einige Worte.

Er trat mit dem Freiherrn auf die Seite und sagte zu ihm und zu Charlotte, welche den Männern gefolgt war:

Es ist vergebens, daß Sie den Unsinnigen entgegentreten; sie sind von Wuth und Branntwein außer sich, sie hören auf Niemand. Ihr hauptsächlicher Haß gilt dem Pastor; ich wußte es; vor einer Stunde erfuhr ich auch, daß man die Pfarre heute Abend anzünden wolle. Da habe ich die Pastorin und die Knaben in meinem Schlitten abgeholt und sie vorläufig nach der Försterei gefahren; dem Pastor bin ich soeben unterwegs begegnet; ich habe ihm gesagt, daß er umkehren müsse; er folgt mir auf dem Fuße. Und sollen wir die Hände müßig in den Schooß legen? rief der Freiherr ungeduldig.

Das Dorf ist in den Händen der Aufrührer, erwiederte der Förster.

Der Freiherr machte eine Bewegung der Ungeduld. Er konnte sich nicht verhehlen, daß es sehr wenig wahrscheinlich

Spielhagen, In Reih' und Glied. L

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sei, er werde den Leuten in einem solchen Augenblicke durch persönliches Entgegentreten imponiren, daß er mithin sich und die Schwester, die sich nicht von ihm trennen wollte, voraussichtlich ganz nußlos einer dringenden Gefahr ausseße.

In diesem Augenblicke entstand eine Bewegung und Ge= schrei unter den Leuten auf der Rampe. Dazwischen rief eine vor Angst und Eile erschöpfte Stimme: Lassen Sie mich durch - um Gotteswillen, schnell!

Ein junges Mädchen, in welchem Charlotte sofort des Schulmeisters Schwester erkannte, kam auf den Vorsaal gestürzt. Ihre Kleider waren naß und hie und da eingerissen, ihre Stiefel mit hartgefrornem Schnee überdeckt; von ihren langen schwarzen Zöpfen, die sich zum Theil aufgenestelt hatten, tropfte das Wasser; ihre grauen Augen fuhren unruhig suchend umher und blieben auf Charlotte haften.

Was willst Du, mein Kind? fragte Charlotte, indem ste auf sie zutrat.

Sie kommen, sie fommen! rief Eve, Charlotte anstierend. Beruhige Dich, besinne Dich, sprich deutlich, sagte Charlotte, das Mädchen bei der kalten Hand ergreifend; von wem weißt Du es?

und von Herrn

aber die wer

und Eve lachte Arme von Miß

Von ihm von meinem Bruder Leo. Die Tannenstädter sollten auch kommen, den nun nicht kommen, das hat er davon gellend auf und fiel dann wie todt in die Jones und einer der Dienerinnen, die sich neugierig herzu gedrängt hatten.

Wir wollen sie in das Zimmer schaffen, sagte Charlotte. Nach einigen Augenblicken trat Charlotte wieder zu den Männern.

Es ist mir kein Zweifel, sagte sie, daß die Eve eine ganz bestimmte Kunde von den Plänen ihres Bruders hat. Warum sie ihn verräth, weiß ich nicht; aber daß sie ihn verräth, ist offenbar. Sei versichert, Karl, es ist, wie das Mädchen gesagt hat.

So müssen wir das Schloß in Vertheidigungszustand sehen! rief der Freiherr.

Ich glaube, daß Ihnen nichts Anderes übrig bleibt, sagte der Förster.

Dem Freiherrn röthete sich die Stirn; diesmal aber nicht vor Zorn, vielmehr vor einer seltsamen freudigen Erregung, die ihm durch die Adern rieselte, in dem Augenblicke, als der Ruf zu den Waffen an sein Ohr und sein Herz drang. Seine Augen blitten, seine Brust hob sich.

Wie viel Gewehre haben wir? rief er.

Ein Dußend in Allem, erwiederte der Förster; das heißt, wenn Walter meine Gewehre, wie ich ihm geheißen habe, im Schlitten heraufgebracht hat. Ich erwarte ihn jeden Augenblick.

Und auf wie viel Leute glaubst Du, daß wir rechnen können.

Auf ungefähr eben so viel, sagte der Förster.

Unmöglich! rief der Freiherr, wo sollten die herkommen? Sechs find wir, uns eingerechnet, hier im Schloffe, antwortete der Förster; die sechs Anderen habe ich heute Nachmittag auf jeden Fall geworben. Es sind alles zuverlässige Leute von Ihren Gütern, die für Sie wie für das gnädige Fräulein durch Feuer und Wasser gehen. Punkt sechs Uhr brechen sie auf, um sieben ist der Lezte hier.

Der Freiherr blickte seine Schwester, dann den Förster an; er legte Friz Gutmann die Hand auf die Schulter und wollte etwas sagen, aber seine Lippen zuckten nur leise. Dann wendete er sich rasch ab und rief mit starker Stimme:

Halloh! Ihr da! Was steht und gafft Ihr! Kommt herein, und seid ruhig und verständig, und thut das, genau das, was ich und Herr Gutmann Euch zu thun heißen!

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