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Da ist schwer zu rathen, gnädiger Herr, erwiederte der Förster, indem er den Brief auf den Tisch legte und mit der flachen Hand leise darüber hinstrich. Die gelehrten Herren mögen es thöricht genug angefangen, und Henri wird es ja auch wohl darauf angelegt haben. Ja, ich glaube, daß unser junges Herrchen ganz gut weiß, was es will.

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O ja, rief der Freiherr, ich weiß aber auch, was ich will. Ich will ihm seine Narrenspossen austreiben. Soldat das fehlte mir noch! Ei, Friß, wir Beide sind Soldat gewesen, und ich glaube, keine schlechten. Wenn es ernstlich gilt, so würden wir uns heute nicht weniger brav halten, als damals, und wir wären gewiß die Leßten, die ihre Jungen dem Dienst des Vaterlandes vorenthalten wollten. Aber ein Soldat im Frieden! So ein adeliges Bürschchen, das die besten Jahre, die Jahre, in denen der Mensch den soliden Grund für seine ganze künftige Existenz legen muß, auf dem Paradeplage und im Ballsaale vertrödelt und vertändelt, das in allen ehrlichen Künsten klein und nur im Nichtsthun groß ist und sich noch etwas dabei dünkt, daß es nicht arbeitet und nicht arbeiten kann wie andere ehrliche Leute sieh', Friz, der Gedanke regt mir die Galle auf, und ich sage Dir, der Junge soll nicht Soldat werden, und wenn ich ihn

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Der Freiherr beendigte seinen Saß nicht. Er ging mit großen Schritten auf und ab, offenbar bemüht, seine Bewegung zu meistern. Nach einer kleinen Weile blieb er, die Hände auf dem Rücken, vor dem Förster stehen und sagte in ruhigerem Tone:

Du hast mich oft meines Leichtsinns wegen gescholten; ich weiß, daß Du immer Recht gehabt hast, auch wo ich es nicht Wort haben wollte. Ich kenne mich besser, als ich mir oft den Anschein gebe, und so glaube ich auch Henri's Natur ziemlich gut zu verstehen. Aber eben deshalb möchte ich seinen Fuß vor den Steinen bewahren, über die ich oft genug gestrauchelt und auch wohl manchmal gefallen bin. Welchen Vortheil hätten wir von unsern Thorheiten, wenn

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unsere Kinder den ganzen Curfus wieder durchmachen müßten! In ihnen ein reineres und edleres Leben zu leben, als wir selbst es vermochten das ist doch schließlich unsere lezte und unsere beste Hoffnung. Du, alter Freund, darfst in dieser Beziehung zufrieden sein. Ja, wenn ich Dich um etwas beneiden könnte, so wäre es um das sichere Vertrauen, mit dem Du der Entwickelung Deines Walter entgegensehen kannst. Das ist ein Junge, wie ich ihn mir immer gewünscht habe: gescheidt und brav, treu und wacker, und dabei so bescheiden, daß er roth wird, wenn er doch nun einmal gar nicht umhin kann, zu zeigen, wie tüchtig er ist. An dem wirst Du Deine Freude haben.

Ja, ja, sagte der Förster, den dies reichliche Lob seines Sohnes, der doch am Ende sein Fleisch und Blut und also ein Stück von ihm selbst war, ganz verlegen machte; ja, ja, er ist ein braver Bursch, der Walter, und ich freue mich gewiß, daß er so gut einschlägt, wenn ich mich auch manchmal nicht so recht in ihn finden kann. Manchmal fürchte ich fast, es wird doch sein Lebtag kein ordentlicher Förster aus ihm. Ich glaube, sein Auge ist nicht scharf; er schießt nicht besonders, ich hätte mich als zehnjähriger Bube geschämt, so zu schießen. Und dann hat er ja gewiß den Wald lieb, aber nicht, wie ein Försterjunge, der einmal ein Förster werden will, sondern — ja, das läßt sich schwer sagen, wie. Der Freiherr lachte und sagte:

Ueber uns thörichte Menschen, die wir nicht zufrieden sind, das Gute zu wollen, es sei in welcher Gestalt auch immer, sondern die wir es durchaus in der uns bequemsten Form, in der Form, an die wir nun einmal gewöhnt sind, wollen. Andere Zeiten, andere Sitten; andere Vögel, andere Weisen! Was ist es denn nun, wenn Dein Walter kein so excellenter Forstmann wird, wie sein Vater und sein Großvater war und jedenfalls noch eine lange Reihe von Gutmännern, deren Andenken die Geschichte nicht aufbewahrt hat? So wird er eben etwas Anderes. Und da will ich Dir auch sagen, wie der Junge den Wald ansieht. Wie

Du ihn selber oft genug ansiehst, wenn Dein Tagewerk vollbracht ist: wie ein Poet. Du hast mir neulich seine Schulauffäße gebracht, weil ich sehen wollte, ob sich etwas Bestimmtes in dem Jungen herausbildet. Es ist wenig daran zu sehen, wenn nicht das Eine, daß ihm die Sonne bis in's Herz hineinscheint. Mir ist, als ich die Hefte durchblätterte, der Gedanke gekommen, ob in Deinem Walter die Poesie, die Euch Allen in den Gliedern liegt, nicht einmal zum Durchbruch kommen sollte; ob unter all' diesen Träumern, Knittelversmachern Du warst früher start in Knittelversen, Frit, - unter all' diesen phantastischen Menschen nicht einmal ein wirklicher Poet sein sollte. Ich habe die Hefte Charlotten gezeigt, und sie ist, ohne daß ich ihr ein Wort gesagt hätte, auf denselben Gedanken gekommen.

Ja, sagte der Förster, mir ist dergleichen auch wohl schon durch den Kopf gegangen; er hat manchmal so hübsche Worte, der Junge, wie - wie wenn ein Stern am Himmel_aufblinkt; aber ich habe immer gedacht, es sei dabei doch kein rechter Segen für einen Försterburschen, und so habe ich ihn denn, mit schwerem Herzen freilich, jezt aus der Schule genommen.

Der Freiherr hatte das Gewehr des Försters ergriffen, nach dem Schloß gesehen, die Versicherung auf und zugedreht, es an die Wange gelegt und mehrmals mit großer Sorgfamkeit in den blauen Himmel gezielt; plötzlich stellte er mit einer energischen Wendung das Gewehr fort, trat dicht vor den Förster ihn und sagte:

Du mußt mir den Jungen lassen, Friz. Es ist das immer ein Lieblingsgedanke von mir gewesen, und jezt ist der Moment, ihn zur Ausführung zu bringen. Ich will ihn Dir nicht rauben; ich will nur die Erlaubniß haben, ihn studiren lassen zu dürfen und weiter für ihn zu sorgen, bis er Dich und mich nicht mehr braucht. Die Erlaubniß aber mußt Du mir geben. Sperr' Dich nicht, Friß! Ich bin Dir im Laufe unseres Lebens so viel schuldig geworden, daß dies höchstens die Zinsen vom Kapital sind. Und dann wenn

ich jezt so auf die Ausführung dieses Projectes dringe, so habe ich natürlich meine sehr egoistischen Absichten dabei. Henri auf ein drittes Gymnasium zu bringen, ist verlorene Zeit und Mühe; er würde es dort gerade so treiben, wie bisher. Ich muß ihn wieder nehmen, natürlich nicht in mein Haus. Doctor Urban trägt sich schon lange mit dem Gedanken, so eine Art von ländlicher Akademie zu errichten, und er ist, wir mögen sonst sagen was wir wollen, ganz der Mann dazu: gelehrt, energisch und klug genug. Mag er mit unseren beiden Buben den Anfang machen. Henri's dumme Streiche verpuffen hier in der freien Landluft unschädlich, und Dein Junge kommt in den Wissenschaften weiter, ohne den Duft der Schulstube, der ihm so verhaßt ist. Was sagft Du, Friz?

Der Freiherr legte dem Förster beide Hände auf die Schultern und blickte ihn mit den immer noch schönen braunen Augen so gütig und so froh an, daß Friß Gutmann mit Freuden sein Leben zum dritten Mal für den geliebten Herrn in die Schanze geschlagen hätte; aber dann dachte er an die bleiche, bekümmerte Gestalt, die gestern Abend neben ihm auf der Bank vor seiner Hausthür gesessen hatte, und an den düstern Knaben mit den großen, scheuen Augen, und er sagte:

Ich weiß Ihre Güte zu schäßen, gnädiger Herr, gewiß und wahrhaftig, und wenn aus meinem Walter etwas Besseres würde, als seine Väter gewesen sind, so wären damit ja nur meine heißesten Wünsche erfüllt. Aber

Was: aber! sagte der Freiherr mit einiger Ungeduld. Ich weiß Jemand, der noch ein gut Theil geeigneter wäre, unseres Junkerleins Kamerad zu sein, sagte der Förster entschlossen.

Und der wäre? fragte der Freiherr.

Der Förster faßte sich ein Herz und erzählte von Leo, und wie Jeder, der den Knaben gesehen, behaupte, daß, wenn er nur die Mittel hätte, weiter zu kommen, etwas ganz Außerordentliches aus ihm werden müsse. — Und weil er nun doch einmal im Zuge war, erzählte er auch weiter, um

was ihn sein Bruder gebeten habe, und wie der Anton hoffe, der Freiherr werde zu seiner Bitte nicht Nein sagen.

Der Freiherr hatte, nicht ohne lebhafte Zeichen von Ungeduld, dem Förster zugehört. Jest sagte er:

Aber Frit, das geht doch nicht, und Du weißt doch eben so gut wie ich, daß es nicht geht. Warum also quälst Du Dich und mich mit dergleichen!

Bruder bleibt Bruder, murmelte der Förster, man thut und spricht für den Bruder, was man um Alles in der Welt nicht für sich selbst thun und sprechen möchte!

Armer, guter Kerl, sagte der Freiherr. Was hast Du dieses Bruders halber nicht schon Alles gelitten, und das geht nun immer so fort! Wir waren so froh, daß wir den Schwärmgeist in Feldheim endlich zur Ruhe gebracht hatten, nachdem er auf tausenderlei Weise bewiesen, daß er mit der Welt nicht fertig werden konnte. In seinem kleinen Hause mit Frau und Kind war es schließlich doch besser als in dem Schuldthurm. So sagte er selbst; die Freude hat nicht lange gedauert. Die Frau starb. Er hatte bis dahin den Trost gehabt, fich einzubilden, er bliebe nur der Frau halber, die ja auch wirklich nicht weg wollte, in dem Dorfe. Jezt sah er, daß er mittlerweile zu alt und zu kränklich und in jeder Beziehung zu hilflos geworden war. Das hat er uns nie vergeben können. Aber ihn jezt hierher nach Tuchheim nehmen, den krausen, unklaren Menschen, mit dem ich mich schon, als wir noch Jungen waren, nicht habe vertragen können wie Du Dich nicht mit dem General vertragen konntest, weißt Du noch? nein, das kann er von mir nicht verlangen. Ich will ihm herzlich gerne seine kleine Pension verdoppeln,

wenn er

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Der Freiherr schlug sich mit der flachen Hand vor die Stirn: Aber mein Gott, rief er, was quälen wir uns denn über eine so einfache Sache. Es ist ja klar, daß Anton die Stelle hier nur haben will, um besser für den Leo sorgen zu können, und daß er von dem Wunsche, der mich in eine solche Vers legenheit setzt, sofort zurücktreten würde, wenn er des Knaben

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