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Zukunft gesichert sähe. Nun, und wenn der Junge wirklich etwas so Außergewöhnliches zu werden verspricht — und gescheidt sieht er aus, das muß man ihm lassen so ist es ja geradezu Pflicht, dafür zu sorgen, daß so ein volles Korn in den rechten Boden kommt. So nehme ich die beiden Jungen, da ich schon sehe, daß ich den Walter nicht ohne den Leo haben kann. Und übrigens lernen und erziehen sich drei Jungen so viel besser als zwei, daß der Profit immer noch auf meiner Seite ist. So mußt Du das auch dem Anton darstellen; man muß ja immer scheinen, sich selbst einen Gefallen zu thun, wenn man ihn am Zopfe aus dem Wasser zieht. Und nun, Friz, ist die Sache abgemacht. Wir haben uns noch über Alles im Leben geeinigt, und so werden wir in diesem wichtigen Falle nicht auseinander gehen. — Was bringt denn der da?

Mit einem expressen Boten, sagte der herantretende Bediente, welcher dem Freiherrn einen Brief überreichte.

Es scheint, daß heute der Tag der Ueberraschungen ist, murmelte der Freiherr, den Brief, dessen Aufschrift von der Hand seines Bruders, des Generals, war, erbrechend.

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Nun, das ist nicht übel, murmelte er, während er das Blatt mit den Augen überflog. Das große Manöver, das in vierzehn Tagen seinen Anfang nimmt, wird sich bis in unsere Gegend hinaufziehen coupirtes Terrain günstig für combinirte Gefechtsformen der König und der Kronprinz kommen der König hofft, bei seinem alten Freunde auf zwei oder drei Tage vorsprechen zu können. Das heißt, ich soll schleunigst um die Gnade nachkommen, ihn bewirthen zu dürfen, rief der Freiherr, halb ärgerlich und halb lachend. Wie findest Du das, Friz? Da müssen wir doch gleich zu Charlotte. Komm' mit herein, Frig. Du darfst in dem Kriegsrath nicht fehlen.

Und die beiden Männer verließen die Terrasse, sich nach dem Schlosse zu begeben. Die neue, unerwartete und dem Freiherrn keineswegs sehr erwünschte Nachricht hatte vorläufig alle anderen Interessen in den Hintergrund gedrängt.

Viertes Capitel.

Es war in der ersten Morgenfrühe desselben Tages, als Anton Gutmann in der Giebelstube seines Häuschens an Leo's Bett trat. Er legte ein Bündelchen, das er in ein baumwollenes Taschentuch geschlagen hatte, und Müge und Stock auf den Tisch und weckte sanft den Schläfer, der die dunklen, schlafumflorten Augen aufschlug und mit einem leeren Blic auf den Vater starrte.

Ich wollte Dir Lebewohl sagen, Leo.

Er hatte ihm gestern, als sie von der Försterei durch den Wald kamen, mitgetheilt, daß er am nächsten Morgen in die Stadt müsse zum Herrn Landrath; er werde einen, vielleicht zwei, drei Tage ausbleiben, Leo solle indessen zum Onkel gehen; es sei schon mit dem Onkel verabredet. Auf das Alles hatte der Knabe, der mit seinen Gedanken vollauf beschäftigt gewesen war, wenig geachtet, und jezt war er noch so müde.

Leb' wohl, murmelte er, während sich die Augen schon wieder schlossen und der Kopf sich auf die Seite neigte.

Anton Gutmann seufzte. Er strich mit leiser Hand dem Schlummernden das Haar aus der heißen Stirn, beugte sich über ihn und füßte ihn auf die Stirn. Dann nahm er sein Päckchen, griff nach Stock und Müße, schlich auf den Zehen nach der Thür, warf von dort noch einen langen, traurigen Blick nach dem Schläfer und drückte sich hinaus.

Die Purpurstreifen, welche die Morgenröthe an die weiße Wand gemalt hatte, erblaßten allmälig; heller und heller wurde es in der Kammer; die Sonne, die über den Waldrand heraufstieg, sendete ihre ersten horizontalen Strahlen durch das weinlaubumrankte Fensterchen und weckte den Schläfer. Er richtete sich empor. Hatte es ihm nur geträumt? War der Vater nicht hier gewesen und hatte ihm Lebewohl gesagt? Lebewohl auf einen Tag, auf zwei, drei Tage? Er sollte

das

allein sein, frei sein, zum erstenmal in seinem Leben, frei zu schlafen oder zu wachen, zu kommen oder zu gehen war ein Fest, das gefeiert werden mußte!

Mit einem Sprunge war der Knabe aus dem Bette und begann sich mit vor freudiger Aufregung zitternden Händen anzukleiden, ja er fing an zu singen; aber gleich nach den ersten Tönen schwieg er; er hatte nie gesungen, und seine eigene Stimme flang ihm unheimlich fremd.

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Wenn der Vater doch nicht fort wäre wenn er plößlich den Kopf zur Thür hereinsteckte, verwundert, ärgerlich über den ungewohnten frühen Lärm!

Behutsam öffnete er die Kammerthür und lauschte hinaus. Die alte Kaze schlüpfte durch die Spalte und strich miauend um seine Beine, sonst war Alles still.

Er ging auf den Zehen über den niedrigen Boden, in welchem noch die schwüle, dumpfe Luft des vergangenen Tages Lag, und stieg vorsichtig die knarrenden Stufen der morschen Treppe hinab. Die Thüren unten in dem kleinen Hausflur, rechts in die trostlos leere Küche, links in des Vaters dürf tig ausgestattetes Zimmer standen auf. Der Vater war wirks lich fort. Der Knabe athmete tief, kehrte mit etwas ers leichtertem Herzen in sein Kämmerchen zurück und setzte sich an den Tisch am Fenster, an welchem er viele Stunden des Tages über seiner Arbeit saß, manchmal den ganzen Tag lang. Was sollte er anders thun, als arbeiten?

So lange er zurückdenken konnte, hatte er nichts gethan, als gearbeitet. Wenn die Dorffinder auf der Gasse spielten oder singend aus dem Walde kamen, hatte er gesessen und Bocabeln gelernt, Exercitien gemacht oder doch wenigstens in seinen Geschichtsbüchern gelesen. Er konnte so wenig spielen, als fingen. Der Vater hatte es ihm so früh verleidet. Dumme Jungen spielen, hatte der Vater gesagt; kluge arbeiten, damit sie reich und mächtig werden und das Gefindel dabei hatte er verächtlich auf die sich balgenden Dorffinder gewiesen beherrschen, es wie eine Schafheerde vor sich her treiben können.

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Du bist ja doch auch klug und hast so viel gelernt, Vater, hatte der Knabe gefragt, warum bist Du denn so arm, daß wir oft kaum Brod haben, uns satt zu effen? Ich habe Unglück gehabt, hatte der Vater murmelnd geantwortet, ich bin auch nicht klug genug gewesen, hatte auch nicht genug gelernt. Du aber, Leo, Du mußt klug werden, flüger als alle andern Menschen, dann wirst Du auch mächtiger als alle andern Menschen sein.

Wie des Knaben Herz brannte, wenn diese und ähnliche Worte wie Feuerflocken in seine Seele fielen! Sollte das Wissen wirklich das Zauberwort sein, auf das sich die kahle Felswand öffnet zu den weiten Sälen, in denen es von Gold und Edelsteinen glänzt und funkelt? Sollte in den lateinischen Bocabeln eine Kraft stecken, die eine niedrige, strohgedeckte Hütte in einen stolzen Palast umwandeln kann einen Palast, von dessen breiter Marmortreppe der Königssohn herabschreitet, die Schaar der Bauernknaben gnädiglich aufzuheben, die an der untersten Stufe ehrfurchtsvoll auf den Knieen liegt? Das waren kindische Träume, über die der zum Jüngling herangewachsene Knabe lächelte.

Solche Zaubermacht hat das Wissen nicht; aber eine andere, die vielleicht nicht minder groß ist. Ueberredung ist auch Macht. Keine andere stand den Propheten des alten Testaments zu Gebote, und doch vermochten sie oft das ganze Volk nach ihren Absichten zu lenken; und der Herr selbst hat nichts gehabt als sein Wort, und doch hat das Wort die halbe Welt bezwungen und wird die ganze noch dereinst bezwingen. O, wie des Knaben Stirn glühte bei diesem Gedanken! Ein Prediger zu sein des Herrn, und hinauszuziehen in alle Lande, zu verkünden seine Lehre, die Lehre von der Freude, von dem Frieden, dem ewigen Frieden, dem eine ganze Welt voll schöner, unschuldiger Menschen lächelnd huldigt!

Und der Knabe versenkt sich immer tiefer in diesen Gedanken. Was er thut, ist nur Mittel zu dem großen Zweck. Er fastet und hungert, denn der Prediger in der Wüste

Darf nicht fragen: was werde ich effen oder trinken; er schläft oft auf dem harten Boden, denn des Menschen Sohn hatte auch nicht, wo er sein Haupt hinlegte; er zwingt sich, halbe, ganze Nächte hindurch zu wachen, denn die Stunde auf dem Delberg wird auch für ihn kommen, die Stunde, wo er für die Wahrheit seiner Lehre wird zeugen müssen. wo er wird beweisen müssen, daß er die Menschen, seins Brüder, ebenso und mehr geliebt hat, als sich selbst.

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Die Menschen, seine Brüder! Er hat nie einen Bruder, nie eine Schwester gehabt; seine Mutter hat er kaum gekannt. Und seinen Vater liebt er den? Liebt denn der Vater ihn? Wodurch beweist er es? Ist er je so freundlich zu mir, wie der Onkel es stets gegen seine Kinder, ja selbst gegen mich ist? Weiß ich es nicht noch recht wohl, wie er mich früher geschlagen, ja mit Füßen getreten hat, wenn ich meine Lection nicht ohne Anstoß hersagen konnte? Ist er nicht stets verdrießlich, mürrisch, launisch? Kann ich ihm je das Mindeste recht machen? Beobachtet er mich nicht überall? lauert hinter mir auf Schritt und Tritt? Was kann ich dafür, daß er so viel Unglück gehabt hat? Es ist seine eigene Schuld gewesen; sagt er doch selbst, Niemand sei arm und elend ohne eigene Schuld. Warum ist er arm und elend und macht mich mit elend? Nun, heute wenigstens, vielleicht auf ein paar Tage, bin ich allein und frei und frei

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Und wieder versuchte der Knabe zu singen, und wieder schwieg er nach den ersten Tönen, erschrocken vor der eigenen Stimme. Er schlug seine lateinische Grammatik auf und begann, die Seite mit der Hand zudeckend, sich selbst seine Lection von gestern zu überhören. Es fehlte ihm auch nicht ein Wort; er lächelte stolz und zufrieden, und vertiefte fich in seine Arbeit.

Aber die Sonne störte ihn; sie kam auf seinen Tisch und schien auf das Blatt; er rückte weiter; die Sonne kam ihm nach. Unwillig klappte er das Buch zu.

Draußen lag der goldene Schein so warm auf den

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