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Zeit hustete er leise. Der Förster dampfte mächtig aus einer kurzen Meerschaumpfeife; seine scharfen blauen Augen blickten nach einem Raubvogel, der in ungeheurer Höhe seine Kreise durch den sonnig hellen Aether zog.

So saßen sie eine kleine Weile.

In Anton's düsterem Gesichte zuckte es unruhevoll. Ein Entschluß, der ihm schwer werden mochte, schien sich aus seiner Seele loszuringen. Er hüftelte stärker als zuvor, schaute verstohlen nach dem Bruder hinüber, seßte ein paarmal zum Reden an, hüstelte wieder und sagte endlich:

Höre, Fritz!

Was giebt's, Anton? erwiederte der Förster, ohne seine Augen von dem kleinen beweglichen schwarzen Punkte in der Höhe abzuwenden.

Du könntest mir einen Gefallen, einen großen Gefallen erweisen.

Von Herzen gern, sagte der Förster.

Wie stehst Du jetzt mit dem gnädigen Herrn?

Nun, ich denke, nicht schlechter als gewöhnlich weshalb? erwiederte der Förster, die rechte, zusammengeballte Hand an die Backe legend und über den ausgestreckten Daumen nach dem Raubvogel visirend, den er jetzt deutlich als einen Bussard erkannte.

Ich ich möchte Deine Vermittlung in Anspruch nehmen in einer Sache, deren Entscheidung allein oder doch fast allein von ihm abhängt, und an der mir, das heißt nicht sowohl meinetwegen als im Interesse Leo's, sehr viel gelegen ist. Aber Du hörst nicht, was ich sage.

Doch, doch, Bruder, erwiederte der Förster.

Der Buffard, seiner Beute sicher, fiel wie ein Stein in gerader Linie herunter und verschwand hinter dem Walde. Der Förster wandte sich zu dem Bruder und wiederholte:

Doch, doch! Ich bin ganz Ohr. Du hast ein Anliegen bei dem gnädigen Herrn sagtest Du nicht so?

Der alte Gemeindeschreiber Müller in Tuchheim ist gestern gestorben, erwiederte der Andere in einer Aufregung, die seine

bleichen Wangen mit einer hektischen Röthe übergoß und ihm das Athmen hörbar erschwerte; es wird eine Neuwahl stattfinden; die Stelle bringt über fünfzig Thaler ein; wenn der Freiherr mir seine Stimme giebt und sich für mich beim Landrath verwendet, ließe es sich wohl machen, daß ich in diese Stelle rückte.

Der Förster nahm die Pfeife aus dem Munde, blickte den Bruder verwundert an, schüttelte dann den Kopf und sagte: Gemeindeschreiber in Tuchheim! Ei, ei, Anton, Du würdest es dabei so wenig aushalten als bei irgend einer andern Hantierung. Du würdest nach vier Wochen - was sage ich nach vier Tagen, kommen und brummen: Mag Der oder Jener Gemeindeschreiber sein; der Teufel hole die langweilige Arbeit, die mich von meinen Büchern abzieht. Nun, Anton, ich wollte Dich nicht kränken. Du bist ein gescheidter Kopf und hättest was Besseres verdient, als in dem elenden Nest, dem Feldheim, zu verkümmern; aber Du hast Dich nicht in's Leben finden können, Anton, nicht in die Menschen schicken können. Sie haben's auf dem Schloffe gut mit Dir gemeint, wie mit uns Allen. Du hast Dir dein Lager selbst machen wollen; es ist nicht meine oder eines Andern Schuld, daß es so hart gerathen ist.

Der Förster klopfte seine Pfeife aus, während er das sagte, und weil er dabei lauter sprechen mußte, um gehört zu werden, kam es wohl, daß seine Worte rauher klangen, als fie gemeint waren. Die hagere Gestalt des bleichen Mannes an seiner Seite zuckte zusammen; er schloß die Augen wie in einem plöglichen physischen Schmerz.

Es ist hart, sehr hart gerathen, sagte er tonlos.

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Nun, nun, beschwichtigte der Förster, wir haben Jeder unser Theil zu tragen. Wie wir's tragen das ist die Hauptsache. Dabei hängt gar viel von uns ab: ob wir's auf die leichte oder schwere Achsel nehmen, und ob wir ein wenig Geduld haben oder partout mit dem Kopfe durch die Fangneße wollen. Aber, um auf Deine Idee zurückzukommen

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Bemühe Dich nicht, rief der Andere aufspringend; ich

habe genug gehört; ich brauche Deine Vermittlung nicht; ich brauche des Freiherrn Gnade nicht; ich werde meinen Weg zum Grabe allein finden, wie ich meinen Weg durch's Leben allein gegangen bin. Es ist mir schwer genug geworden, daß ich den Mund geöffnet habe; ach, ich wußte es ja, welcher Theilnahme ich mich von den Menschen zu versehen hatte, hätte es wenigstens wissen können. Es ist gut, ich werde Dich nicht wieder belästigen.

Und er sette hastig die Müße auf, steckte mit zitternden Händen die hölzerne Tabaksdose und das Taschentuch ein und suchte mit den Augen nach dem Stock, der von der Bank, an welcher er gelehnt hatte, unter den Tisch gefallen war.

Aber Anton, sagte der Förster ärgerlich, ist das nun ges handelt und gesprochen — ich will nicht sagen wie ein Bruder, sondern wie ein Christenmensch und ein vernünftiger Mann? Komm', tomm', Anton! Wir haben uns vor vierzig Jahren in den Haaren gelegen, wenn Du immer die Exempel richtig rechnetest und ich dafür die meisten Vogelnester wußte. Da waren wir eben dumme Jungen und verstanden es nicht besser; sollen wir uns heute noch zanken, wo wir graue Haare haben und Keiner zwischen uns den dritten Mann spielen kann, wie der Vater sagte, wenn er uns Beide beim Kragen nahm?

Die tiefe Stimme des Mannes klang ordentlich weich, als er so sprach und dem Bruder die braune, kräftige Hand entgegenstreckte. Den kostete es eine sichtbare Ueberwindung, die dargebotene Versöhnung anzunehmen.

Ich wollte, der Vater hätte mich todtgeschlagen, oder ich wäre nie geboren, sagte er, während er vor der Bank, auf welcher der Förster saß, mit heftigen Schritten auf und ab ging. Was hat mir das Leben gebracht? Kummer, Sorge, Krankheit! Ich bin ein schwächliches, häßliches Kind gewesen. Der Vater hat mich stets verachtet; Ihr Alle habt es gethan, obgleich Ihr es natürlich nie habt Wort haben wollen. Aber ich fühlte es wohl; ich wußte es wohl, und das hat mich frühzeitig so scheu und so feig, so versteckt und so stolz gemacht. Und doch hatte ich Euch lieb, ich hatte die Menschen lieb. Sie haben es

mir nach ihrer Weise vergolten. Sie haben mich von sich gestoßen, und dann haben sie gesagt, ich wäre vor ihnen geflohen. Ja wohl, und mit wie offenen Armen hätten sie mich aufgenommen, hätte ich Erfolge gehabt! Ich habe keine gehabt das ist es. Das verzeiht die Welt nicht. Arm und verhöhnt, frank und verachtet!

Der Förster schüttelte den Kopf.

Es ist das alte Lied, sagte er. Nun, nun, man kann von einem Vogel nicht verlangen, daß er die Weise umlernt, die er sein Leben lang gesungen. So wahr mir Gott helfe, Anton, ich habe Dich nie verachtet, im Gegentheil, ich habe immer einen großen Respect vor Dir gehabt, obgleich Du der Jüngere warst. Und daß Du ein Herz hast, das lieben kann, Antonei, das weiß ich auch. Hättest Du das nicht gehabt, Du würdest Dich nicht, Deiner seligen Frau zuliebe, in Dein Dorf eingeschlossen haben, Du, dem die ganze Welt offen stand. Und machst Du es nicht jezt mit Deinem Jungen wiederum so? Du lebst nur für ihn; Du studirst Dir Deine armen schwachen Augen fast blind, damit er nur recht gelehrt wird; mein Walter sagt mir, es sei ganz erschrecklich, was der Leo Alles wisse; er könne jeden Augenblick nach Prima kommen. Warum nimmst Du mein Anerbieten nicht an? Ich habe Dir schon vor drei Jahren, als ich den Walter in die Stadt auf die Schule schickte, gesagt, Du solltest den Leo mitgehen lassen; ich wollte schon für die beiden Buben sorgen. Du hast es nicht gewollt; ich hätte an der Sorge für den Einen schon zu viel; nun meinetwegen; es wäre mir nicht leicht geworden, die Pension aufzubringen; aber jezt steht die Sache anders. Walter hat genug Lateinische und französische Vocabeln im Kopf; er muß jezt ernstlich an seine Hantierung denken, sonst wird im Leben kein ordentlicher Forstmann aus ihm. Der Junge bleibt nun hier, und ich habe die Hände wieder frei, Leo kann in seine Stelle treten. Willst Du, Anton? Schlag' ein, alter Kerl!

Anton hatte sich wieder gesezt; in seinem hagern Gesichte zuckte es wehmuthsvoll; offenbar hatte ihn des Bruders rauhe

Herzlichkeit wohlthätig berührt. Er nestelte verlegen in seinem grauen dünnen Haar und sagte:

Ich glaube es, Friß, ich glaube es, aber es geht nicht. Dein Junge wird Dich auch in Zukunft noch genug kosten, wenn er Soldat wird und was noch sonst dahin gehört. Dann mußt Du auch an Deine Tochter denken, die Du nicht immer wirst hier auf dem Lande bleiben lassen wollen. Schließlich hast Du für Malchen zu sorgen, und mich hast Du, die paar Thaler Pacht, die der Freiherr nicht von mir nehmen will, abgerechnet, auch noch auf dem Halse; deshalb wiederhole ich meine Bitte wegen der Gemeindeschreiberstelle. Fünfzig Thaler mehr sind in meinen Verhältnissen ein ganzes Vermögen; ich brauche wenig, mein Leo ist nicht verwöhnt. Ich kann ihn dann auf die Schule schicken, vielleicht später auf die Universität, ohne seine junge Freiheit durch Verpflichtungen gegen Andere zu lähmen. Willst Du also mit dem Freiherrn wegen meiner sprechen, so will ich selbst mich in der Stadt bei dem Landrath umthun. Man kann es mir nicht abschlagen; ich habe noch niemals um etwas gebeten. Vielleicht nimmst Du Dich, während ich fort bin, meines Leo an. Du siehst, ich kann auch demüthig sein und bitten, wenn es sein muß. Willst Du, Anton?

Der Förster war in großer Verlegenheit. Er wußte besser als irgend Einer, daß das neueste Project seines Bruders wiederum nichts als eine Seifenblase war, die bei dem ersten Anhauch der Wirklichkeit zerplagen würde. Dennoch durfte er, wenn er den gerade heute besonders Verstimmten und unter dem Einflusse seiner Krankheit Leidenden nicht auf das Empfindlichste kränken wollte, kein Wort von seinen Zweifeln und Bedenken verlauten lassen. Er nickte deshalb eifrig und sagte: Natürlich, Anton, natürlich ei, das versteht sich ja von selbst; aber seine Augen bewegten sich unruhig, als suchten sie einen Gegenstand, der dem Gespräche eine andere Wendung geben könnte.

Plöglich flog es über sein wettergebräuntes Gesicht wie ein Sonnenstrahl. In dem tiefen Schatten der Bäume zwischen den mächtigen Stämmen bewegte sich eine leichte Mädchengestalt

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