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Arabien ist die Völkerkammer der semitischen Rasse gewesen. Von dort aus hat sie ihren Weg genommen, um in unaufhalt= samem Vordringen alle Stätten zu überfluten, welche der Verlauf der Geschichte als von Semiten bewohnt zeigt. Es muß eine unerhörte Lebenskraft an den Boden dieses eigenartigen Landes gebunden gewesen sein. Auch andere Rassen haben den Versuch ge= macht in Vorderasien sich zur Geltung zu bringen und hin und wieder einen Ansturm auf die alten Kulturcentren unternommen. Sie haben es nicht vermocht, sich dauernd zu behaupten und mehr als flüchtige, nur von politischem Einfluß getragene und mit ihm wieder schwindende Spuren ihres Wesens der semitischen Kultur aufzudrücken. Das arabische Volkstum hat sie in stets sich verjüngender Kraft immer wieder hinweggefegt und eifersüchtig darüber gewacht, daß kein rassenfremdes Element das Erbe der semitischen Kultur auf die Dauer an sich reiße. So hat in steter, durch Jahrtausende sich hinziehender Ablösung der an ihrer eigenen Kultur absterbenden Völker durch junge, urwüchsige, lebenskräftige Elemente gleicher Rasse das Arabertum das gewaltige Land von der Südküste der arabischen Halbinsel bis zum Euphrat und Tigris und der Ostküste des Mittelländischen Meeres bis zum heutigen Tag als eigenstes Herrschaftsgebiet behauptet.

Eine überlegene Kultur ist es, wie niemals bei großen Völkerverschiebungen, auch hier nicht gewesen, was dem erobernden Volk zur Herrschaft verholfen hat. Daß aber Araber nicht nur einmal die alte Kulturwelt sich unterworfen haben, um dann, wenn ihre Zeit um war, wieder einer anderen Rasse zu erliegen, daß es vielmehr immer wieder Araber waren, die sich im Besitz der einmal von ihnen eroberten Kulturcentren ablösten, das lag in der Natur des Heimatlandes begründet.

Arabien war nie im Stand große Menschenmassen dauernd zu tragen. Nur vereinzelte Partien, wo ständige Bewässerung vor

handen ist, haben feste Ansiedelungen ermöglicht. Die große Masse des Landes ist und war jederzeit wasserarm und bot nur wandernden Beduinen und ihren Herden stets wechselnden Aufenthalt. An den festen Ansiedelungen hat sich schon frühzeitig eine Kultur entwickelt und sicher hat sich bereits in vorhistorischer Zeit und dann immer wieder im Mutterland im kleinen derselbe Vorgang abge= spielt, den das Überströmen des semitischen Elements auf den ganzen vorderen Orient im großen darstellt: die fruchtbaren Landstriche haben den Überschuß ihrer Bevölkerung an die angrenzenden Weidetriften abgestoßen, umgekehrt aber haben die kühnen Söhne der Steppe die glücklicheren Bewohner der Kulturcentren nie allzulange ungestört im Besiz der reicheren, üppigeren, bequemeren Daseinsbedingungen gelassen. So war es ein stetes Kommen und Gehen, ein Geben und Nehmen, ein ununterbrochener Austausch kulturellen Besiges und ursprünglicher Lebensfrische, ein wirklicher Kampf ums Dasein, der dem Kern des Volkes die Spannkraft wahrte, ihm die Kenntnis der Kultur vermittelte und damit aber auch die Begehrlichkeit nach ihren Früchten erweckte.

Derselbe Prozeß vollzog sich dann auch seit vorgeschichtlichen Zeiten auf dem Schauplah der ganzen vorderasiatischen Geschichte.

Vielleicht schon im 5. Jahrtausend ist das älteste Kulturvolk, das uns wenigstens in seinen Wirkungen noch historisch erreichbar ist, die Sumerer, semitischen Einwanderern erlegen. Als das so entstandene altbabylonische Reich alt und morsch geworden, bringt eine neue, aus Arabien einwandernde Schicht am Ausgang des 3. Jahrtausend dort eine vollständige Umgestaltung der Verhältnisse hervor. Um diese Zeit zeigt sich in Syrien und Palästina das kananäische Element, in Ägypten dringen die Hyksos ein und gleichzeitig beginnen dort semitische Einflüsse sich allenthalben geltend zu machen. Vom Anfang des 2. Jahrtausends ab dringen die Assyrer von Nordarabien her in Mesopotamien ein und es dauert nicht lange, so fangen nachrückende aramäische Nomadenhorden an das babylonisch-assyrische Kulturland durch stets wiederholte Einfälle zu beunruhigen. Die Minäer wandern nach Süden, Phönizier und Hebräer schieben sich allmählich an die Ostküste des Mittelländischen Meeres vor und bald beginnen die Chaldäer in Südbabylonien sich bemerklich zu machen. Fast tausend Jahre ist die Verteilung des vorderen Orients unter die semitischen Völker nicht wesentlich verschoben worden. Kleinere Umwälzungen haben naturgemäß immer wieder stattgefunden und auch von außen her sind mit der Zeit

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immer nachdrücklichere und erfolgreichere Vorstöße gemacht worden, durch Perser und Meder, durch Römer und Griechen. Als aber das fremde Element drohte, dauernd sich hier und dort im vorderen Orient festzusehen, hat sich Arabien wieder auf seine alte Mission besonnen. Von dort aus hat sich vom 7. Jahrhundert nach Christus an unter dem Zeichen des Islam eine Evolution des Semitismus vollzogen, die an sieghafter Gewalt des Ansturms und an Ausdehnung alle bisherigen weit übertroffen hat. Unter ihren Nachwirkungen steht noch heute die Völkerkarte Asiens und Nordafrikas. Auch das Geistesleben vieler Millionen von Menschen wird auf unabsehbare Zeiten unter ihrem Bann stehen.

Arabien hat also dem vorderen Orient die Bevölkerung gegeben, die wir in historischer Zeit dort finden. In all den verschiedenen Perioden dieser Entwicklung, die nicht etwa scharf abgegrenzt sind, sondern naturgemäß vorbereitend und nachwirkend in einander übergreifen, sind die arabischen Völker das naturfrische, urwüchsige Element, das durch seine Lebensbedürfnisse aus dem Mutterland getrieben den Kulturcentren zuströmt, dort in kürzer oder länger währendem Angleichungsprozeß die physische Übermacht gewinnt, der überlegenen Kultur aber sich beugt und in ursprünglicher Empfänglichkeit die reife Frucht langer Entwicklung aufnimmt und durch sie das aus der Heimat mitgebrachte Erbe an geistigem Besig zu neuem, eigenartigem Leben befruchtet.

Dieser Prozeß hat sich in einer für alle späteren Zeiten ausschlaggebenden Weise nach der ersten arabischen Wanderung im Verlauf der langen, für uns historisch nicht mehr zu messenden Zeit des Ausgleichs des sumerischen und semitischen Elements in den Niederungen des Euphrat und Tigris vollzogen. Die Kultur der semitischen Babylonier hat sich allen Völkern des vorderen Orients mitgeteilt und wenn in späterer Zeit durch neue Wanderungen und neue Verschiebungen der Völkermassen neue kulturelle Gegenfäße auf einander stießen, so waren es die von derselben altbabylonischen Kultur durchseßten Typen, die unter verschiedenen Lebensbedingungen eigenartige Gestaltung, Entwicklung oder Verkümmerung, erfahren hatten, welche zu einer neuen Einheit verschmolzen.

So kann man die „semitische" Kultur nicht schlechthin als eine genuin semitische bezeichnen. Gleichwohl darf man das semitische Element in ihr nicht unterschäßen; denn es war stark genug, diese

Kultur in die Form seiner Sprache zu gießen und auch der ungehinderte Siegeszug der babylonischen Kultur wäre nicht möglich gewesen, wenn ihr nicht allenthalben gleichartiges Wesen empfänglich entgegengekommen wäre.

Andererseits darf man die semitische Kultur auch nicht schlechthin und für alle ihre zeitlichen und lokalen Erscheinungsformen als „altbabylonisch“ bezeichnen. Für die Zeit vor der zweiten semitischen Wanderung trifft diese Bezeichnung zweifellos zu. So wenig man früher eine so gewaltige Expansion glaubhaft finden konnte, so wenig läßt sich jezt die Thatsache bestreiten, daß schon in der ersten Hälfte des 3. vorchristlichen Jahrtausends und lange vorher der ganze vordere Orient unter dem beherrschenden Einfluß der alt= babylonischen Welt gestanden hat. Wenn wir hören, daß um 3000 v. Chr. Gudea, der Vasallenkönig (Patesi) von Lagas (Sirgulla), aus weiter Ferne das Material zu seinen Bauten bezogen hat, daß er Cedern vom Amamus, Steine, Alabaster, Bauholz aus Phönizien, Statuenmaterial aus Ostarabien (Magan), Kupfer und Gold aus Westarabien (Melucha) herbeigeschafft hat, wenn wir hören, daß auf der Bachreininsel (Tilmun), an der westlichen, arabischen Küste des persischen Golfes altbabylonische Denkmäler gefunden wurden, wenn wir sehen, daß all diese Handelsunternehmungen allem Anschein nach in ungestörtem Frieden sich vollzogen, ist es nicht nur erlaubt, sondern geboten anzunehmen, daß damals und sicher auch schon viel früher die altbabylonische Kultur den ganzen Bereich der vorderasiatischen Länder beherrscht hat. Diese eigenartige Kultur hat in der That im Keim alles geschaffen, was uns als Merkmal des Semitismus erscheint.

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Aber schon der Ausgang des 3. Jahrtausends giebt uns unanfechtbare inschriftliche Zeugnisse dafür, daß sich außerhalb Babyloniens semitisches Wesen eigenartig entwickelt hat. Die Invasion, welche in der babylonischen Chammurabidynastie politischen Ausdruck gefunden hat, ist der erste historische Beleg für den Sah, daß ursemitisches Wesen mit altbabylonischer Kultur befruchtet, unter verschiedenen Lebensbedingungen selbständige Züge angenommen hat. Was aber die Denkmäler der Chammurabiperiode ganz deutlich von ihrer sonstigen altbabylonischen Umgebung scheidet, das weist auf ein Land hin, wo ursemitisches Element in besonderer Stärke und Treue sich erhalten hat. Dieses Land ist aber kein anderes, als Arabien.

In Arabien ist die Wiege aller semitischen Völker gestanden,

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