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sacristei ... ein bischen diebsgelüst, ein bischen rammelei') nebst sc. 13 v. 3342-3369: 'nun frisch dann zu! das ist ein jammer ihr geht nach eures liebchens kammer als giengt ihr in den tod (so im Urfaust). . . stellt es sich gleich das ende vor.' der zusammenstosz mit Valentin ist noch nicht ausgeführt, aber auf Valentins tötung nimmt schon im Urfaust sc. 22 'trüber tag feld' zeile 66 ff. ausdrücklich bezug. höchst bedeutungsvoll sind die später zerrissenen und auf zwei scenen verteilten verse für die planmäszige und klare durchführung der Gretchentragödie im Urfaust. 'finsternis' (v. 3653 f.) herscht in der seele Fausts, den Mephistopheles zum liebchen geleitet (v. 3343); er geht, als gieng es in den tod (v. 3344). nur eine beschwichtigung wider besseres wissen spricht Mephistopheles im drittletzten vers aus (v. 3367) 'geh ein und tröste sie, du thor'. Faust weisz es, dasz er nicht zu Gretchen mehr gehen kann, um beglückt liebes wonnen zu genieszen, dasz er, wenn er dennoch geht, nur geht, um das verhältnis zu lösen: v. 3345-3351 'was ist die himmelsfreud' in ihren armen, das durcherschüttern, durcherwarmen? verdrängt es diese seelennot? ha bin ich nicht der flüchtling, unbehauste, der unmensch ohne zweck und ruh', der wie ein wassersturz von fels zu felsen brauste begierig wütend nach dem abgrund zu!' und v. 33563365 und ich der gottverhaszte hatte nicht genug, dasz ich die felsen faszte und sie zu trümmer schlug! sie! ihren frieden must' ich untergraben, du, hölle, wolltest dieses opfer haben! hilf, teufel, mir die zeit der angst verkürzen, mag's schnell geschehn, was musz geschehn, mag ihr geschick auf mich zusammenstürzen und sie mit mir zu grunde gehn.' die gewaltigen verse, welche bei ihrer gegenwärtigen stellung in sc. 13 ihre bedeutung völlig verloren haben, bedürfen keines erläuternden wortes; sie zeigen auf das deutlichste, wie Goethe in der ältesten dichtung es verstanden hat, Fausts entfernung von Gretchen sowohl innerlich wie äuszerlich abzuleiten, äuszerlich aus dem totschlag, welcher ihn zwingt, die stadt zu meiden, innerlich aus seiner un stäten Faustnatur, aus seinem unvermögen, in Gretchens liebe befriedigung zu finden. und dies geschieht in einer kurzen knappen scene, und zwar in der ersten, in der wir seit der liebesnacht Faust wiedersehen.

So ist die Gretchen tragödie des Urfaust, wie der Götz, trotz der auflösung in eine reihe von einzelbildern mit vielfachem scenenwechsel ein geschlossenes und bei aller lockerheit klargefügtes drama. die handlung verläuft in einem zuge, nur mit einer längeren zwischenpause nach Valentins tod (sc. 22 z. 15 'und du wiegst mich indes in abgeschmackten freuden ein, verbirgst mir ihren wachsenden jammer und lässest sie hilflos verderben'; sc. 24 anfang 'es faszt mich längst verwohnter schauer'); eine zweite pause vor

2 die angabe von KFischer II3 58, dasz diese worte im Urfaust fehlen, ist ein versehen.

Valentins monolog anzunehmen, und wäre sie auch nur kurz, kann ich mich wegen dessen unmittelbarem hervorgehen aus der domscene nicht entschlieszen, und diese Gretchentragödie des Urfaust ist lückenlos, wenn man einige wenige verse ergänzt, in denen Valentin hervortritt, und darnach etwa v. 3704-3775 hinzuliest, obwohl in wirklichkeit der zusammenstosz mit Valentin und sein tod erst 1806 endgültig abgeschlossen worden ist. die absicht, 'die abgeschmackten freuden' auszuführen, hatte gewis der dichter des Urfaust noch nicht. eine aufklärung, woher Faust Gretchens geschick erfahren habe, vermiszt der leser nicht, zumal die kunde vom aufgreifen einer kindesmörderin von selbst und sofort ein allgemeines öffentliches gerede wird.

Die erste beeinträchtigung hat die geschlossenheit der Gretchentragödie bereits im fragment' erlitten, obwohl dieses nur bis zur donscene reichte und Valentins monolog, die verse 3650 -3659, sowie scene 22-24 vorläufig unterdrückte. Goethe dichtete nämlich in Rom den herlichen monolog 'erhabner geist' und schaltete ihn nebst einem verbindenden gespräche zwischen Faust und Mephistopheles und mit den versen 3342-3369, welche er aus des Urfaust scenencomplex 'vor Gretchens haus' entnahm (alles zusammen die jetzige sc. 13) zwischen sc. 16 'am brunnen' und sc. 17 zwinger' ein, während er (Erich Schmidt s. LVIII f.) ursprünglich einschaltung vor der gesamten Gretchentragödie beabsichtigt hatte. gewis wollte Goethe hierdurch (vgl. auszer dem monolog auch v. 3283-3290) vorführen, dasz auch in der zeit der liebe in Fausts seele der zwiespalt zwischen höherem streben und genusz nebenhergieng, und vielleicht wollte er auch Fausts unvermögen, in Gretchens liebe befriedigung zu finden, weiter motivieren. aber weder mit der Gretchen tragödie noch mit dem anfange des Urfaust steht der herliche, seinen ursprung aus der italienischen reise so deutlich bekundende monolog völlig in einklang. die wonne erhabener betrachtung, die v. 3217-3239 durch keine seelenerregung beeinträchtigt schildern und der nach v. 3240-3250 nur der glühende sinnliche trieb und der taumel zwischen begierde und genusz entgegenwirkt, musz nach der verführung des armen Gretchens um so mehr befremden, da die scene schlieszlich ohne genügende vermittlung in dem ausbruch höchster verzweiflung, der aus dem Urfaust stammt, endet (v. 3345 ff.). ferner vereinbart sich der beginn des monologes 'erhabner geist, du gabst mir alles, worum ich flehte', nicht mit der zurückstoszung Fausts durch den erdgeist (sc. 1), weshalb KFischer (II3 194) die schwerlich zu billigende annahme aufstellte, dasz Goethe ursprünglich mehrfachen verkehr Fausts mit dem erdgeiste geplant habe, in welchem das anfänglich versagte allmählich gewährt ward; Goethe

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3 sehr wenig entspricht es dem geiste der ursprünglichen dichtung, dasz durch v. 3249 f. die einzige liebesnacht des Urfaust vervielfältigt erscheint.

läszt eben in diesem monolog die 'befriedigung' zu sehr hervortreten. und zugleich hat er Fausts ursprüngliches streben nach der unendlichkeit des weltlebens denn darum hatte er gefleht - durch ein anderes und eingeschränkteres ersetzt, das Goethes derzeitigen bestrebungen näher lag, durch genieszendes und erkennendes betrachten der natur und ihrer organismen und befriedigung der phantasie an den sagengebilden des altertums.

Aber bei dieser stellung von sc. 13 (zwischen sc. 16 und 17) behielten doch wenigstens die gewaltigen verse 3345-3365 ihre rechte stelle innerhalb der Gretchentragödie und ihren sinn, blieb Fausts entfernung von Gretchen auch innerlich motiviert (auszer durch 3345 ff. auch durch 3310 'nun ist dein bächlein wieder seicht' und 3330 f. 'sie meint, du seist entflohn, und halb und halb bist du es schon'), war endlich die unstäte Fausts und die unmöglichkeit, dasz er in der sinnlichkeit seine seele ausgefüllt sehen konnte, an derjenigen stelle der dichtung voll hervorgehoben, an der man sie andernfalls vermiszt. alles dies gieng verloren, als Goethe in der Fausttragödie', vermutlich weil auch er daran anstosz nahm, Faust nach der verführung Gretchens im gefühle seiner erhabenheit schwelgen zu lassen, der gesamten scene (statt sie wieder in ihre nicht wohl zu vereinbarenden bestandteile aufzulösen) den gegenwärtigen platz vor scene 14 f., also vor Gretchens verführung anwies. es ist einleuchtend, dasz bei einem so wesentlichen platzwechsel eine scene, welche gerade Fausts verhältnis zu Gretchen zum hauptgegenstand hat, ohne tiefgreifende änderungen nicht sinngemäsz bleiben konnte. jedoch nichts ward geändert, nicht einmal die verse (auszer 3345-3365 auch 3250), welche Gretchens verführung als erfolgt voraussetzen, da aber bei der neuen stellung der scene Gretchen noch nicht gefallen ist, wie vereint sich da v. 3291 f. mit 3310 und 3330? und wie sind da unmittelbar nach dem ausdruck des bewustseins, dasz er, 'der flüchtling, unbehauste und unmensch ohne rast und ruh', alsbald sich wieder von Gretchen losreiszen müsse, die im ton höchster verzweiflung gesprochenen verse zu fassen 'hilf, teufel, mir die zeit der angst verkürzen! was musz geschehn, mag's gleich geschehn usw.'? sieht man in ihnen (ihrem ursprünglichen sinne entsprechend) die überzeugung, dasz das verhältnis jetzt (vor der verführung) ein ende und zwar ein beide teile seelisch vernichtendes ende nehmen müsse, so stimmt dies abgesehen von den dann doch zu stark aufgetragenen farben durchaus nicht zu dem tone der fast unmittelbar folgenden verführungsscene (sc. 15). die entgegengesetzte erklärung aber (z. b. bei Veit Valentin, Goethes Faustdichtung in ihrer künstlerischen einheit s. 88), diejenige, welche 'was musz geschehn, mag's gleich geschehn' mit dem ergebnis der verführungsscene in einklang setzt, ist doch ausgeschlossen, nicht nur deshalb, weil weder 'die zeit der angst' noch des Mephistopheles beschwichtigendes "tröste sie' dazu passt.

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Nicht minder verhängnisvoll war für die Fausttragödie' die umstellung der domscene (sc. 19) hinter nacht, Valentin' (sc. 18), wobei sie gleichzeitig von ihrer beziehung auf die exequien der mutter gelöst werden sollte (ich sage nur 'sollte', weil v. 3787 blieb: betst du für deiner mutter seele') und v. 3789 eingeschaltet wurde 'auf deiner schwelle wessen blut ?' der grund dieser umstellung ist vielleicht auch das streben, den tod der mutter in immer tieferes halbdunkel zu rücken, sowie der wunsch, die beiden lyrischen scenen 'zwinger' und 'dom' durch eine scene mit dialog und handlung zu trennen, hauptsächlich aber gewis eine erkenntnis, die Goethe in seiner jugend nicht zu haben brauchte, inzwischen aber als familienvater gewonnen hatte, dasz nämlich Gretchens muttergefühle (v. 3790-3793 'und unter deinem herzen regt sich's nicht quillend schon und ängstet dich und sich mit ahnungsvoller gegenwart?') für die zeit der exequien der mutter in der that sehr verfrüht sind. mit dieser umstellung aber fiel nicht nur die bisherige motivierung der offenkundigkeit von Gretchens fall und somit auch der Valentinscene, sondern, was wesentlicher ist, die in der domscene aufsteigende blosze furcht vor offenkundigkeit (v. 3814 'quidquid latet apparebit', v. 3822 'verbirg dich, sünd' und schande bleibt nicht verborgen') tritt nun in widerspruch mit der bereits vor der (nun vorausgehenden) Valentinscene eingetretenen und durch den sterbenden Valentin weiter unter das volk verbreiteten offenkundigkeit.

Über die neue füllung der beim veröffentlichen des fragments einmal zerrissenen alten Valentinscene ist kaum ein wort erforderlich: das ständchen des Mephistopheles ist in dem zusammenhang der handlung unverständlich; Fausts verlangen nach vergrabenem geschmeide, das er der geliebten schenken könne, passt wenig zu seiner umdüsterung in den versen 3650 — 3659, welche auch in die neue Valentinscene aufgenommen wurden, während die im Urfaust unmittelbar auf sie folgenden und mit ihnen in innigstem inneren zusammenhang stehenden verse 3342-3369, wie im 'fragment', in die scene 'wald und höhle' übertragen blieben; wie wenig angemessen letzteres in anbetracht der umstellung dieser scene war, ist oben ausgeführt.

Und hinzu kam nun zu der 'Fausttragödie' die Walpurgisnacht. dies nötigte auch, da zwischen ostern (sc. 1-3) und Walpurgis nach dem kalender nur wenige wochen liegen, zur aufgabe der natürlichen zeitfolge. offenbar geflissentlich hat Goethe die

4 einen inneren grund der umstellung glaubt Veit Valentin (s. 93-95) annehmen zu dürfen: er bezeichnet die domscene nach der Valentinscene als steigerung; denn sie enthalte die verzweiflung Gretchens, die zu dem späteren kindesmord überleite, aber verzweiflung' schildert der dichter in der domscene nicht.

5 aus der erwähnung der Walpurgisnacht in v. 2590 (im fragment') gieng diese nötigung, ja überhaupt das dichten einer 'Walpurgisnacht' noch nicht hervor.

N. jahrb. f. phil. u. päd. II. abt. 1895 hft. 1.

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natürliche zeitfolge aufgehoben und dies durch einschaltung von v. 3660-3663 ('so spukt mir schon . .') betont: zwischen ostern und Walpurgis wird Gretchen verführt; zwei tage vor Walpurgis ist ihr fall offenkundig und wird ihr bruder erschlagen (vgl. v. 3660 -3663); in der Walpurgisnacht (4183 ff.) hat Faust die vision des enthaupteten Gretchens; und wenn dabei der leser noch annehmen kann, dasz diese vision den thatsachen vorauseile und geburt, kindesmord, herumirren und einkerkerung in wahrheit in eine längere pause vor den unmittelbar hintereinander verlaufenden drei schluszscenen (sc. 22-24) fallen, so wird er von dieser annahme wie geflissentlich abgelenkt durch den ungeändert gelassenen anfang der 22n scene, in welchem er bei den 'abgeschmackten zerstreuungen' eben an die Wulpurgisnacht denken musz. gewis liegt bei dieser geflissentlichen ablenkung von natürlicher zeitfolge die bestimmte absicht Goethes vor, auch schon den ersten teil des Faust in eine höhere symbolische welt emporzuheben. aber der leser zieht die natürliche zeitfolge des Urfaust vor.

Wenn auch die erweiterungen der Fausttragödie' herliche stellen enthalten, wenn auch die überarbeitung durch den reifen künstler die jugenddichtung im einzelnen erheblich vervollkommnet hat, um die Gretchentragödie als geschlossene, wohlgefügte einheit zu genieszen, musz man auf ihren gang im Urfaust zurückgreifen, in welchem sie lückenlos vorliegt, wenn man nur die alte Valentinscene in der oben angedeuteten weise erweitert.

2. Die person des Mephistopheles; realismus und symbolik; monistische weltauffassung.

Dieses capitel vermag nicht einmal in einzelheiten etwas neues zu bieten, aber es ist ein notwendiges glied in dem gesamtbilde, welches verf. durch diese erörterungen zu geben beabsichtigte. es ist auch für den verfasser notwendig, damit sein standpunkt nicht als der eines nur auflösenden zergliederns erscheine.

Die einheitlichkeit der Gretchentragödie des Urfaust wird noch gesteigert durch die verhältnismäszige einheitlichkeit der gestalt des Mephistopheles: in der weltfahrt des Urfaust ist Mephistopheles im wesentlichen rein realistisch und menschlich ausgeführt als der verführer und sündengehilfe. als solcher bestimmt er thatsächlich die handlung. in sc. 5 Auerbachs keller' hebt schon die prosaische fassung auf das bestimmteste hervor, dasz nur Mephistopheles in diese kreise einführt; und obwohl in ihr die ausführung der zaubereien nicht dem Mephistopheles, wie mit recht im 'fragment', sondern in anlehnung an die volkssage Faust zugeteilt ist, wird doch Fausts unbehagen in der rohen gesell

6 freilich gilt dies für die Gretchentragödie nicht annähernd in dem masze wie für die im 'fragment' gebotene umarbeitung der schülerscene und der scene in Auerbachs keller.

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