ภาพหน้าหนังสือ
PDF
ePub

und unendliche' geist (sc. 22; vgl. sc. 13 anfang 'erhabner geist') kommt nicht etwa von Faust gebannt durch die magische zauberformel, er 'würdigt ihm zu erscheinen' (sc. 22): noch ehe das zeichen des geistes ausgesprochen ist, wölkt es sich, dampft es und zucken strahlen und fühlt Faust, dasz er um ihn schwebt und zu neuen gefühlen all seine sinne sich erwühlen; sein kommen ist eine gunst, die er Faust gewährt auf grund (vgl. den herrn im prolog v. 299 ff.) ihm schon längst geschenkter beachtung: 'mich neigt dein mächtig seelen flehen', 'du hast mich mächtig angezogen, an meiner sphäre lang gesogen', 'welch erbärmlich grauen faszt übermenschen dich! wo ist der seele ruf? wo ist die brust, die eine welt in sich erschuf und trug und hegte?' also das längst beachtete unwiderstehliche (v. 480 f.) titanische drängen Fausts nach einer selbstgeschaffenen (d. h. in der seele erlebten) welt in sich ist es, das den erdgeist ihn erhören läszt; diese erhörung ist ein symbol schon im Urfaust.

Dieses drängen nach einer selbsterschaffenen welt in sich ist aber untrennbar von dem, was eigentlich die vorbedingung einer solchen selbsterschaffenen welt ist, von dem wirklichen erleben alles menschen wehs und allen menschenglücks: 464 ff. 'ich fühle mut, mich in die welt zu wagen, der erde weh, der erde glück zu tragen, mit stürmen mich herumzuschlagen und in des schiffbruchs knirschen nicht zu zagen'; vgl. die dem 'fragment' zugehörigen verse 1770-1775, die ganz im sinne der alten dichtung sind, nur dasz in ihnen (wie auch in den folgenden versen 1776 -1805) das streben des übermenschen', 'sich den geistern gleich zu heben' (v. 493), entweder neu oder specieller bestimmt ist als das verlangen nach genusz des der ganzen menschheit zugeteilten, nach erweiterung des eignen selbst zu ihrem selbst.

Nur die negative kehrseite zu diesem sturm und drang nach weltleben und schöpfen aus der natur ist die empörung gegen die unfruchtbare buchgelehrsamkeit, gegen den wust in der wissenschaft, mit welcher der erste monolog Fausts bereits beginnt. und es ist im höchsten grade bezeichnend, dasz im Urfaust vor der scene in Auerbachs keller, also vor Fausts weltfabrt, auszer dem ersten monolog und der beschwörung des erdgeistes nichts ausgeführt ist, als das gespräch zwischen Faust und Wagner und die schülerscene. wie in letzterer Goethe in unübertrefflicher satire durch Meph.s mund die unfruchtbare, pedantische, geistlose wissenschaft und abrichtung der studierenden zeichnet, werden im gespräch mit Wagner aus tief empörter brust die forderungen der natur einer kraftlosen künstelei und stubengelehrsamkeit gegenübergestellt: in v. 530 ff. gibt Goethe eine kritik der rhetorik, auch der geistlichen, wenn man die welt kaum einen feiertag sieht und nicht aus dem leben schöpft, wenn es nicht urkräftig (d. h. nicht abgeleitet, sondern mit urkraft) aus der seele dringt; das ganze ist dann bestenfalls ein ragout fremder gedanken und

formen, ein kräuseln der schnitzel der menschheit und schellengeklingel. darauf folgt v. 558 ff. eine kritik der philologie und geschichte. und schlieszlich führen v. 586 ff. vor, wie es in der wissenschaft mit dem steht, was innerhalb des menschlichen denkens der gegenstand von Goethes sehnen ist: welt (d. h. welträtsel), herz und geist, wenn sie sich auch dem (unmittelbaren) 'gefühl' und 'schauen' einzelner enthüllten, in der herschenden wissenschaft sind sie von je durch blutige gewalt unterdrückt worden.

In dem verhalten Fausts gegenüber der erscheinung des erdgeistes sind drei stufen zu unterscheiden, welche die in der 'Fausttragödie' zugedichteten verse 626 ff. trefflich zusammenfassen: in jenem sel'gen augenblicke ich fühlte mich so klein, so grosz (welche zwei stufen zusammen treffend die gemütsverfassung gegenüber dem erhabenen » geben), du stieszest grausam mich zurücke ins ungewisse menschenloos.' zunächst fühlte sich Faust so klein, die gewaltige erscheinung schreckte ihn, stiesz ihn ab, so dasz er sich wegwendete: v. 485 'weh, ich ertrag dich nicht', v. 496 f. 'bist du es, der von meinem hauch umwittert in allen lebenstiefen zittert?' aber dies ist nur die erste empfindung; nach ihr genieszt er einen kurzen augenblick erhöhten kraftgefühls, in welchem gewissermaszen die welt und das flutende leben ihm faszbar und vor ihm offen zu liegen scheint, fast bereits in seine seele aufgenommen: 500 'ich bin's, bin Faust, bin deinesgleichen', 511 'wie nah fühl' ich mich dir'. nun aber folgt das zurückstoszende wort 'du gleichst dem geist, den du begreifst, nicht mir'; oder, des symbolischen entkleidet, auf den augenblick erhöhten kraftgefühls, auf die kurze beseligende täuschung folgt der rückschlag, die volle empfindung der unzulänglichkeit seines einzelgeistes, das flutende leben, die welt in ihrer allheit in sich aufzunehmen (K. Fischer II' 221-223): 'ach die erscheinung war so riesengrosz, dasz ich mich recht als zwerg empfinden sollte' (v. 621 f., zur 'Fausttragödie' gehörig).

Somit ist die Fauststimmung im Urfaust mit zweifelloser klarheit zum dichterischen ausdruck gebracht: vor der erscheinung des erdgeistes der drang nach urkraft statt unnatur und unfruchtbarer pedantischer gelehrsamkeit, nach unmittelbarem schöpfen aus der natur und eignem erleben der welt in ihrer ganzheit; nach der erscheinung des erdgeistes der gegensatz zwischen der unendlichkeit des strebens und der unzulänglichkeit menschlichen vermögens, das gefühl des unvermögens dem unendlichen gegenüber. hält die spätere ausfüllung der groszen lücke diese Fauststimmung fest, oder zeugt auch sie davon, dasz sich in einem zeitraum von einem vierteljahrhundert die auffassung der menschlichen probleme in der seele eines Goethe erheblich änderte und verschob?

In dem zusatz des fragments' von 1790 v. 1770-1850 (der jedoch hierfür nur bis zu v. 1815 in betracht kommt) ist die

alte Fauststimmung auf das treueste festgehalten", freilich bis v. 1809 so, dasz der gegensatz zwischen dem unendlichen streben und der menschlichen unzulänglichkeit durch die wechselrede zwischen Faust und Mephistopheles ausgedrückt wird, also Faust (vgl. hierüber s. 46) wieder des vollen bewustseins seiner unzulänglichkeit ermangelt. aber in diesen 80 versen scheinen vielleicht auch längere abschnitte (so 1789-1802. 1816-1841) durch wortwahl, ton und versbau ursprung aus ältester zeit zu verraten.

Wie steht es mit den erweiterungen der Fausttragödie? es ist schon oft darauf hingewiesen worden, dasz der osterspaziergang sowohl sicher kleinere ältere bestandteile enthalte als auch in alter zeit geplant scheine, wie denn des Mephistopheles erscheinen als hund bereits im Urfaust (sc. 22), selbstmordgedanken Fausts aber im fragment' (v. 3270 f.) erwähnt werden. und mag auch die Goetheforschung 15 zu dem ergebnis kommen, dasz keine teile dieses scenen complexes der jugend Goethes zuzuschieben sind, jedenfalls hält der osterspaziergang bis v. 1109 die alte Fauststimmung fest, freilich mehr die dem erscheinen des erdgeistes vorausgehende. dies zeigt der gegensatz zwischen Faust und Wagner v. 937-948, bes. v. 940 'hier (unter dem volke) bin ich mensch, hier darf ich's sein'. obwohl für 981-1067 die verschiebung der äuszeren stellung und des lebensalters Fausts (Erich Schmidt, Urfaust3 s. LXVIII) sicher jüngeren ursprung erweist, zu der alten Fauststimmung passt das quälende bewustsein, als arzt nichts gewust und zu tode curiert zu haben, sowie v. 1064 ff. 'o glücklich, wer noch hoffen kann aus diesem meer des irrtums aufzutauchen; was man nicht weisz, das eben brauchte man, und was man weisz, kann man nicht brauchen'. in v. 1068-1099 äuszert sich der trieb nach dem unendlichen durchaus im geiste des Urfaust durch das verlangen, der sonne nachfliegen zu können, wie überhaupt für diese stelle treffende parallelen aus Goethes jugendzeit (bes. Werther I, 18 august) angeführt werden. Aber während so, unbeschadet der wissenschaftlichen frage nach der thatsächlichen entstehung der einzelnen teile, der osterspaziergang bis v. 1109 (und das gleiche gilt wieder für den schlusz, für das erscheinen des pudels, 1145–1177) fast als ein nur in einzelnen stellen in der form überarbeiteter und ausgeführter bestandteil des Urfaust gelesen und genossen werden kann, ist das grundproblem ganz anders gefaszt in den nun folgenden versen 1110-1117:

14 interessant ist z. b. ein vergleich von 1810-1815 mit 1566-1569 'der gott, der mir im busen wohnt' usw. wenn auch letztere verse nicht aus der Fauststimmung heraustreten, so fühlt man doch in ihnen vornehmlich den schaffenden Goethe der spätern zeit.

15 zu diesem ergebnis gelangt in ausführlicher darlegung Erich Schmidt, Goethes Faust in ursprünglicher gestalt3 8. LXII-LXXI. auch für v. 860-867 lehnt er früheren ursprung ab. aber konnte Goethe nach dem ausbruch der coalitionskriege und der weiteren auf die französische revolution folgenden kriege diese verse dichten, welche sichere friedenszeiten Deutschlands zur voraussetzung haben?

du bist dir nur des einen triebs bewust,

o lerne nie den andern kennen,

zwei seelen wohnen, ach, in meiner brust,
die eine will sich von der andern trennen;
die eine hält in derber liebeslust

sich an die welt mit klammernden organen;
die andre hebt gewaltsam sich vom dust
zu den gefilden hoher ahnen.

wem stünde nicht die herliche, von jedem von uns so oft citierte stelle vor der seele als der classische ausdruck der Fauststimmung? aber diese Fauststimmung ist eine neue, von der des Urfaust grundverschiedene. bezeichnend ist es schon, dasz sich diese verse nicht eben leicht an die vorausgehenden Wagners anschlieszen. freilich so klaffend ist die fuge nicht, wie es nach Schröers anmerkung scheinen möchte: 'mit den zwei seelen kann nicht der trieb Wagners und der Fausts gemeint sein, Faust geht in dem folgenden zu etwas anderem über.' der 'eine (erste) trieb' läszt sich sowohl für Wagner wie für Faust bezeichnen als der endliche, im endlichen befriedigte trieb, der bei Wagner auch für die erkenntnis die grenze setzt, bei Faust dagegen sich nur erstreckt auf den hang am leben und die sinnlichen lebenstriebe, die auch ein Faust hat, so gut wie jeder andere mensch, in derber liebeslust sich an die welt mit klammernden organen haltend. auch die verbindung mit dem folgenden ist nicht eben deutlich. wenn Faust sich an die geister in der luft wendet, damit sie ihn hinwegführen zu neuem, buntem leben, oder sich wenigstens einen zaubermantel wünscht, der ihn in fremde länder trüge, so könnte man einen augenblick stutzen, ob dies nicht der erste, der niedere, trieb sei; und so interpretiert thatsächlich Baumgart s. 230 f. aber der gang des gesprächs zeigt es doch auf das bestimmteste, dasz der höhere, der Wagner fremde trieb, der trieb nach dem unendlichen, sich in Faust äuszerte als der wunsch der sonne nachfliegen zu können und nach den classischen versen 1110-1117 abgeschwächt und eingeschränkt in bezeichnendem hinwenden an die geister der luft sich ausspricht als der wunsch nach neuem, buntem leben, und wär' es auch nur in fremden ländern. dieser trieb ist also die andere seele, die sich gewaltsam hebt vom dust zu den gefilden hoher ahnen, d. h. in die himmlischen regionen, die hier aber nicht sowohl als teile des makrokosmos als als teile des erdenlebens erscheinen. - Nach dieser interpretation ist das verhältnis zwischen der alten und der neuen Fauststimmung leicht klargestellt. übereinstimmen beide in dem höheren trieb, in dem streben nach unendlichem, aber scharf unterscheiden sie sich durch das diesem entgegengesetzte. 16 in der alten Fauststimmung ist dies zunächst die unfruchtbare verknöcherte

16 wenn K. Fischer II2 252 die verse 1112-1117 als den vollendeten ausdruck der sehnsucht in das unermeszliche bezeichnet, die Werther erfüllt, so sind bei diesem urteile doch eben v. 1114 f. nicht genügend berücksichtigt.

es ist

stubengelehrsamkeit, welche sieghaft abgeschüttelt wird, dann aber (nach dem erscheinen des erdgeistes) die nicht abzuschüttelnde erkenntnis der menschlichen unzulänglichkeit: 'du gleichst dem geist, den du begreifst.' in der neuen Fauststimmung dagegen ist es die dem höhern widerstrebende, den trieb zum höhern hemmende sinnliche natur des menschen: der hang am leben (lebensinstinct) und das aufgehen in den kleinen interessen des lebens. dem Titanentum des Urfaust ist dieser gegensatz völlig fremd, und vor den im weltund sinnenleben gemachten erfahrungen überhaupt jeder gegensatz zwischen seiner unendlichen und seiner sinnlichen natur. vielmehr charakteristisch für dies Titanentum, dasz die kleinen interessen des lebens sich nicht regen und einem schiffbruche (467) und scheitern (im fragment' v. 1775) mit trotziger vermessenheit entgegengeschaut wird, anderseits aber das leben, die welt und die der sinnlichen natur entstammenden gefühle und leidenschaften in all ihrer höhe und tiefe, mit allem weh und glück (465) einen wesentlichen teil desjenigen unendlichen bilden, nach welchem der Faust der älteren dichtung strebt: so auch im fragment' v. 1770-1775 und in den vielleicht aus ältester zeit stammenden versen 1789 - 1802 ('associert euch mit einem poeten . . . würd' ihn herrn mikrokosmos nennen'). Eine eigenartige mischung alter und neuer Fauststimmung ist die an die erste unterredung mit Wagner sich anschlieszende betrachtung v. 606-685 durch die einschaltung v. 630-651, welche vielleicht bereits durch v. 625 vorbereitet ist ('so hatt' ich dich zu halten keine kraft'). während v. 606-622, über welche schon s. 41 gesprochen worden ist, und ebenso v. 652-685" genau die alte Fauststimmung ausdrücken, weist die einschaltung in v. 634-639 auf den stoff, auf den erdenstaub, der dem menschen sich andrängt, der ihn seine befriedigung in den gütern 'dieser' welt finden, das ideale, das unendliche als trug und wahn ansehen und die herlichen gefühle im irdischen gewühle erstarren läszt, hemnisse, die der Faust der ältesten dichtung abschüttelt oder abschütteln zu können meint; ja v. 640-651 weisen sogar auf die schlieszliche verengung der interessen, welche aufgehen in sorge um haus und hof, weib und kind u. a., gedanken, welche dem Titanen Faust ebenso fremd sind als dem jugendlichen Goethe und Faust ein stück engherziger Wagnernatur in die seele legen, wenn auch auf anderem gebiete. Nur aus der neuen Fauststimmung heraus sind endlich die herlichen verse zu ver

17 bes. v. 682-685. es bedarf wohl nicht des hinweises, dasz nur ein irrtum Schröers vorliegt, wenn er diese verse (in der anm. und 8. LXVI) eigentlich unverständlich nennt. es liegt eine begründung durch mehrere prämissen vor: 'was man nicht nützt, ist nicht besitz, sondern last; nützen aber kann man nur das frisch erschaffene; also, um das ererbte zu besitzen, musz man es gewissermaszen frisch erschaffen und dadurch erwerben.'

« ก่อนหน้าดำเนินการต่อ
 »