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Odin empfängt den durch Bragi eingeführten Einherier in Walhalla. Nach W. Engelhard.

Als man sich von der Gewalt des Eindrucks, den die Natur in ihrer Gesamtfülle auf den Menschen macht, losgerungen hatte, traten die einzelnen Erscheinungen desto bestimmter vor die Seele und wurden mit göttlichem Ansehen umgeben. Da erschien nun der Sturm, der mit unwiderstehlicher Gewalt durch die Wälder rast, die ärmlichen Hütten umstürzt, die Boote auf dem Meere zertrümmert, als der Gebieter aller Dinge, als der Gott, den man durch Gebete und Opfer zu versöhnen suchte. Er wurde anfänglich bald als Roß, bald als Adler ge= dacht, um seine Schnelligkeit und Stärke zu bezeichnen. Als man aber die Überlegenheit des Menschen über die Tierwelt erkannte, da verlieh man dem Gotte menschliches Wesen. Er erscheint nun in den aus mythischen Vorstellungen entstandenen Sagen und Märchen bald als rüstiger Wanderer, der die Menschen erforschen und prüfen will, bald als Greis, kahlköpfig, oder auch mit dichtem Haar und Bart, daher im Norden Hroßharsgrani (roßhaarbärtig) genannt. Gewöhnlich ist er einäugig; denn der Himmel hat nur eine Sonne, Wodans Auge. Er trägt einen Breithut tief in die Stirn gedrückt, das ist die Wolke, die des Gottes Haupt beschattet, ferner einen blauen Mantel mit goldenen Sternen, den gestirnten Himmel. An diesen Attributen ist wieder der Geist der Natur zu erkennen. In den ausgebildeten Mythen der Edda wird er als eine erhabene Heldengestalt dargestellt mit dem Goldhelm auf dem Haupt, die strahlende Brünne um die Brust, den Goldring Draupnir am Arm, den Speer Gungnir in der Rechten; so zieht er, wenn die Götterdämmerung anbricht, dem Fenriswolf entgegen, und so thront er, vom langen Mantel umwallt, auf Hlidskialf, über Göttern und Menschen.

Als Sturmgott in ursprünglicher Auffassung ist uns Wodan in vielen Sagen, Märchen und Volksbüchern erhalten. Man findet solche in Deutschland, England, Frankreich und Skandinavien, was die weite Verbreitung des Wodansdienstes bezeugt. Vorzüglich sind es die Sagen von der wilden Jagd und vom wütenden Heer, die auf den alten Nationalgott hinweisen.

Die Mythen von der wilden Jagd und dem wütenden Heer haben ihren Grund in der Vorstellung, daß der Gott die Seelen der Toten zu sich nehme und mit sich durch die Luft führe, daß er mit diesem Gefolge nächtlich seinen Umzug halte. Weil die Römer ihren Mercurius als Totenführer betrachteten, so glaubten sie, die Germanen verehrten diesen als obersten Gott. Die Seele dachte man sich überhaupt als etwas Luftiges, da sie unsichtbar ist, wie die Luft. Mit dem lezten Atemzuge des Sterbenden, meinte man, ziehe auch die Seele in das unsichtbare Element hinüber. Daher bezeichneten die alten Hebräer Seele und Hauch mit demselben Ausdruck, und die alten keltischen Kaledonier in Schottland hörten, wie Ossians Dichtungen bezeugen, die wehmütigen Klagen und Liebesworte ihrer gestorbenen Freunde im Lispeln des Windes, im sanften Rauschen der Wellen; sie fühlten die Nähe der Unsichtbaren, wenn ein einsamer Stern seine Strahlen durch die abendliche Dämmerung herübersandte. Die Gottesidee tritt in diesen Dichtungen nicht hervor. Bei den Germanen dagegen ist es der Gott selbst, der die Seele in sein luftiges Reich führt.

Wodan, der im Sturme sich kund that, hatte an und für sich schon etwas Schreckhaftes. Diese Eigenschaft trat unter dem Einflusse der christlichen Priester

immer mehr hervor, da sie die Heidengötter für teuflische Wesen, für Mächte der Finsternis hielten. Daher ward der Seelenführer mit seinem Gefolge ein nächtlicher Spuk. Die Vorstellung von unheimlichen, gespensterhaften Wesen ging sogar auf die Göttinnen der Huld und Liebe über, auf Holda und Berchta, die man sich als Bewahrerinnen ungeborner Kinder, als Führerinnen der früh verstorbenen dachte.

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Odin, der Göttervater. Zeichnung von Professor C. E. Doepler.

In sehr vielen deutschen Gauen hat man noch Sagen von Holda und Berchta, die in freundlichen unterirdischen Räumen, in Bergen, in der Tiefe von Brunnen und Quellen Scharen von kleinen Kindern sorgsam behüten, oder auch in spukhaftem Zuge mit ihnen nächtlich bald auf, bald über der Erde hinfahren.

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Man nannte diese Kinderseelen, die der Göttin folgten, an manchen Orten Heimchen". Selbst im Rheinland, wo die Kultur, die alle Welt beleckt", alte Sitten und Gebräuche verwischt hat, kennt man noch den Ausdruck: „Er fährt mit der Holle." Man bezieht denselben auf Menschen, die nachtwandeln oder überhaupt tolle Streiche machen.

Die Sagen von dem Woensjäger, der wilden Jagd, von dem Wuotansoder wütenden Heere stammen, wie die Namen beweisen, aus der heidnischen Zeit, wenn sie auch später vielfach umgebildet wurden. Sie entstanden aber auch ursprünglich aus Erscheinungen, die man sich nicht zu erklären wußte und die man deswegen auf höhere Wesen bezog. In der stillen Nacht hat jedes Geräusch etwas Schauerliches. Der einsame Wanderer, der durch Wälder, über Heiden und Höhen zieht, dem das zerrissene Gewölk den Mondschein oder das Sternenlicht bald verdeckt, bald unverhüllt läßt, hört im Eulenruf, im Knarren der Äste, im Rauschen, Pfeifen und Heulen des Sturmes Geisterstimmen, und seine aufgeregte Phantasie gaukelt ihm Gestalten vor, die um so mehr Wesenheit gewinnen, je tiefer sie in seinem religiösen Glauben begründet sind.

Jäger in wälderreichen Gegenden, einsame Siedler, und unter diesen besonders Köhler, die oft lange Zeit in tiefer Abgeschlossenheit zubringen, wissen noch jezt allerhand Wunderdinge zu erzählen. Solche Berichte lagen wohl den alten Sagen zu Grunde, wurden von Mund zu Mund weiter erzählt und haben noch immer im alten Volksglauben Geltung.

Der Wode jagt, sagt man, in Pommern, Mecklenburg und Holstein, wenn der Sturmwind durch die Wälder tobt. Im westlichen Hannover ist es der Woejäger, im Saterland der Woinjäger, anderwärts der wilde Jäger, der den Spuk treibt. Er reitet auf einem weißen Rosse, der Breithut bedeckt sein Haupt, der weite Mantel (der Sternenhimmel) umwallt seine Schultern. Von diesem Mantel heißt er in Westfalen Hakelbärend (manteltragend), und man hat die Sage euhemeristisch aufgefaßt, d. h. auf Menschen übertragen. Man erzählt nämlich, Hans von Hakelberg, Oberjägermeister des Herzogs von Braunschweig, ein gewaltiger Weidmann, habe zur Zeit des Gottesdienstes die Jagd betrieben und Sonntags wie Werkeltags diesem Lieblingsgeschäfte obgelegen; deswegen sei er verwünscht, immer und ewig im heulenden Sturmwind zu jagen. Im Kampfe mit einem Eber, dem Sinnbild des Wirbelwindes, unterliegt er. Bei dem Klöpperkrug, einem Wirtshause unfern von Goslar, zeigte man sein Grab, worauf er selbst mit seinen Hunden in Stein ausgemeißelt war. Auch bei Uslar im Söllinger Walde wußte man seine Begräbnisstätte nachzuweisen.

Auf einer verwandten Sage beruht Bürgers bekannte Ballade: „Der wilde Jäger". Neuerdings hat auch Jul. Wolff diesen Stoff in einem Epos behandelt.

Der Wode jagt selten allein. Gewöhnlich ist er von zahlreichen Hunden, oft auch von vielen Weidgenossen umgeben, die alle im brausenden Sturme dahin fahren und unter Geheul und lautem Halloruf einen gespenstischen Eber oder ein wildes Roß verfolgen. Er jagt aber auch ein geisterhaftes Weib mit schneeweißer Brust, das er erst in sieben Jahren erreicht und dann quer über sein Pferd gebunden fortträgt. Im südlichen Deutschland sind es die Moosweibchen oder Holzfräulein, im Volksglauben eine Art Dryaden oder

Waldnymphen, denen der wilde Jäger nachseht, bis er sie ergreift und, wie jene erste Beute, auf sein Roßz bindet. Vielleicht stellt diese Sage die Erscheinung dar, wie der herbstliche Sturm den Blätterschmuck der Bäume zerstört. Wenn die wilde Jagd heranzieht, muß man sich mit dem Gesicht auf die Erde werfen, sonst wird man mit in die Luft davongeführt, wie es nach der Sage einem Ackerknecht erging, den die Jagd mitnahm und in einem heißen Lande unter schwarzen Menschen abseßte. Er kam erst nach Jahren in die Heimat zurück.

Wer in das Hallo der Jagd einstimmt, dem wirft der Gott befriedigt eine Hirschkeule zu, die sich nachher in glänzendes Gold verwandelt. Wer dagegen spottend den Ruf nachäfft, der empfängt eine Roßkeule, die verpestenden. Geruch verbreitet und dem Spötter anklebt. Manchmal bleibt in dem Hause, durch welches der wilde Jäger zieht, ein Hündchen auf dem Feuerherd zurück, das erbärmlich winselt und heult und die Nachtruhe stört. Man muß Bier in Eierschalen brauen, dann ruft der Störenfried:

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‚Bin ich doch schon so alt wie der Böhmerwald,
Aber so etwas hab' ich mein Lebtag nicht gesehen."

Darauf erhebt es sich, springt herunter und verschwindet. - Wenn man diesen Bann nicht anwendet, so bleibt das Tier, das man zur Vermeidung größeren Unglücks füttern muß, ein Jahr lang auf dem Herde liegen, bis der Wode wiederkehrt und es mitnimmt. Unter der Gestalt von Hunden hat man sich aber die heulenden Winde vorzustellen, die so verkörpert den Menschen geradezu die Wäsche zerreißen. Zugleich ist der Wind ein Sinnbild der Seele und man dachte sich unter den Hunden des Gottes die Seelen von Bösewichtern.

Die wilde Jagd hält vornehmlich in der heiligen Zeit von Weihnacht bis Dreifönigstag ihren Umzug. Wenn sie dann recht laut braust und ihr Hallo, Huhu hören läßt, so gibt es ein fruchtbares Jahr. Auch zur Zeit der Sommersonnenwende und der Tag- und Nachtgleichen geht sie um unter Sturm und Regen; denn der Gott war auch der Wetterherr, der das Wolkenroß jagt, daß der befruchtende Regen auf die Erde niederströmt.

Auf ähnlichen Vorstellungen beruht die Sage von dem wütenden Heer, das gleichfalls den Umzug der Toten unter Anführung des Gottes andeutete. Man glaubte in dem nächtlichen Zuge Männer, Weiber und Kinder zu sehen. Oft erkannte man Personen, die erst vor kurzer Zeit gestorben waren; zuweilen wurde der bevorstehende Tod andrer angezeigt: „Herr Walther von Milene!" riefen einst Stimmen aus der schrecklichen Heerschar, und dieser Walther, ein berühmter Krieger, fand bald in einem Gefecht seinen Tod. Hier nähert sich die Sage der nordischen Anschauung von Walvater, dem Totenwähler, der die Einherier in seine Walhalla beruft. Noch mehr ist dies der Fall, wenn das Heer als eine Schar gerüsteter Krieger erscheint, wenn man Ritter, Knappen und Knechte in glänzenden oder gar in feurigen Rüstungen auf schwarzen, Funken sprühenden Rossen vorüberbrausen sieht. Dann glaubt man auch, hoch in der Luft unter dem Toben des Gewittersturms den Schlachtruf kämpfender Heere, das Klirren der Waffen und Stampfen der Pferde zu hören.

Der Gott ist längst aus dem Volksbewußtsein entschwunden, aber nicht bloß sein Wesen und Walten ist in Sagen erkennbar, sondern auch sein Name

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