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Leffing's. Die Einheit der Zeit ist auf's strengste gewahrt. Lessing begrüßte daher dieses Stück, obgleich er es anfånglich für ein Werk Goethe's hielt, mit Freuden, und wurde spåter dem Dichter auch persönlich auf's herzlichste zugethan. Dennoch ist der durchgreifende Lebensnerv des Stücks der Geist der Sturm- und Drangperiode.

Dies zeigt bereits das Grundmotiv. Das Grundmotiv ist nicht wie in Miß Sara Sampson nur ein moralischer Fehltritt oder wie in Emilia Galotti das verderbliche Spiel eines Intriguanten, sondern es quillt, ganz in der maßgebenden Weise Shakespeare's, aus der schreckenvollen Tiefe dåmonischer Leidenschaft. Der unerläßliche Begriff der tragischen Schuld, welcher bei Lessing noch gänzlich fehlte, dåmmert auf, wie gleichzeitig in Goethe's Clavigo; freilich noch nicht mit der scharfen Klarheit daß aus dieser Schuld die Katastrophe mit unausbleiblichster, das Mitwirken äußerer Zufälle ausschließender Nothwendigkeit abgeleitet wurde.

Zwei Brüder lieben ein und dasselbe Mädchen. Der åltere Bruder, Julius, will von der Geliebten nicht lassen, weil er sie mit der Gewalt unüberwindlicher Leidenschaft liebt; der jüngere Bruder, Guido, will nicht von ihr lassen, weil er bereits öffentlich um die Geliebte geworben, weil er sie in allen Feldzügen und Turnieren als seine Geliebte genannt, weil seine Ehre zum Pfand steht. Der Vater der beiden Brüder, der Fürst von Tarent, schickt das Mädchen in ein Kloster. Julius versucht die Entführung. Guido überfållt ihn bei dem Entführungsversuch und tödtet ihn. Der Vater vollzieht mit eigener Hand am Mörder die fühnende Strafe.

Auch in der Charakterzeichnung ist die Nachahmung Shakespeare's deutlich sichtbar. Freilich müssen wir überall nur nach den Absichten urtheilen, denn mit vollem Recht sagt Merck im Deutschen Merkur (1776. Heft 4, S. 91), daß er bei aller Aner

kennung des »>ungemeinen Genies« des jungen Verfassers in den Charakteren Selbständigkeit und Naturwahrheit vermisse, sie seien wie alle Geschöpfe der derzeitigen Dramatifere nur leere Hirngespinnste. Es war im Gegensatz der beiden feindlichen Brüder auf den Gegensah grüblerisch empfindsamer und derbkräftig handelnder Naturen abgesehen; für Julius war zum Theil Werther, noch mehr aber Hamlet das Vorbild. Ebenso erinnert Blanca, die Geliebte, an Ophelia. Auch sie wird zuleht aus gebrochenem Herzen wahnsinnig. Fast jede Tragödie der Sturm- und Drangperiode mußte eine Wahnsinnsscene haben.

Und dazu, ganz im Geist der Sturm- und Drangperiode, in den einzelnen Reflerionen der Handelnden die bittersten, unmittelbar aus Rousseau entlehnten Ausfälle gegen die Uebel des Staats und der Gesellschaft, gegen die Unnatur der kirchlichen Sahungen, wie sie Leisewiß auch in zwei kleineren dramatischen Skizzen »Die Pfåndung« und »Der Besuch um Mitternacht« (Göttinger Musenalmanach 1775. S. 65 ff. 226 ff.) zu dramatischem Ausdruck gebracht hatte.

Was Wunder also, daß das gesammte jüngere Geschlecht dieser Dichtung rückhaltslos zujubelte. Namentlich auf Schiller hat Julius von Tarent den nachhaltigsten Einfluß geübt. Er fand, wie er sich in einem Brief an Reinwald ausdrückt, in Leisewiß mehr Feuer, mehr Blut und Nerv als in Lessing's Emilia Galotti. Eine später vernichtete Jugendarbeit Schiller's Cosmus von Medicis« war eine Nachahmung. Auch in den Räubern nicht blos der= selbe Gegensatz zweier feindlicher Brüder, sondern sogar einzelne wörtliche Reminiscenzen. Und noch unmittelbarer kehrt dasselbe Motiv in einem seiner spåtesten Stücke wieder, in der Braut von Messina; allerdings nach dem Begriff der strengen Schicksalsnothwendigkeit griechischer Kunstidealitåt vertieft und umgewandelt.

Seitdem verstummte Leiservis. Im Juliheft 1776 von Boie's Deutschem Museum finden sich zwei Scenen beabsichtigter Tra=

Hettuer, Literaturgeschichte. III. 3. 1.

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gödien »>Konradin« und »Alexander und Hephåstion«; sie sind Bruchstücke geblieben.

Im November 1775 war Leisewitz nach Braunschweig übergesiedelt. Dort gelangte er zu hohen Verwaltungsåmtern. Er starb am 10. September 1806.

Es ist nicht stichhaltig, wenn man gesagt hat, die Niederlage, welche Leisewitz bei jener Preisbewerbung erlitten, habe ihn von der Fortsetzung seiner dichterischen Thätigkeit zurückgeschreckt; das Aufsehen, das sein Drama erregte, und der Bühnenerfolg, den es überall hatte, entschädigte ihn für diese Unbill hinlänglich. Auch der Vorwurf der Trägheit, welchen seine Freunde oft wiederholen, ist kein genügender Erklärungsgrund. Der tiefere Grund ist wohl, daß Leisewitz, verständig und bescheiden, seine Kråfte dem Wettkampf mit Goethe und Schiller nicht gewachsen fühlte.

Für dieses Gefühl williger Unterordnung liegt ein sehr bestimmtes Zeugniß vor. Schon während seiner Göttinger Studienzeit hatte sich Leisewiß eine Geschichte des dreißigjährigen Krieges zur Aufgabe gestellt und die Vorarbeiten auch spåterhin sorgsam weitergeführt. Er vernichtete die Handschrift, als Schiller's berühmtes Geschichtswerk erschien.

Nach seinem Tode mußten laut testamentarischer Verfügung seine såmmtlichen Papiere verbrannt werden. Es soll unter denselben ein Lustspiel gewesen sein, »Die Weiber von Weinsberg«.

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Was Goethe von Klinger berichtet, daß dieser sich um so inniger an Rousseau geschlossen, je quålender der Widerspruch zwischen seinem stolzen Unabhängigkeitssinn und seiner bekümmerten åußeren Lage an ihm genagt habe, das wiederholte sich in Schiller's ersten Entwicklungsjahren in verstärkter Bedeutung.

Friedrich Schiller, am 10. November 1759 zu Marbach geboren, verlebte seine Kindheit in engen und kleinen Verhåltnissen. Auf dem Jüngling lastete der Druck harter und despotischer Erziehung. Täglich umgab ihn die wüste Tyrannenwirthschaft des Herzogs Karl Eugen, welcher Månner wie Moser und Schubart jahrelang schuldlos und unverhört im scheußlichsten Kerker hielt, seine Landeskinder für schnödes Blutgeld nach Amerika verkaufte, den üppigen Hofhalt von Versailles zu überbieten trachtete, und welcher, nachdem er im Alter plößlich eine reumüthige Sinneswandlung in sich erfahren hatte, selbst die Güte und Menschenfreundlichkeit immer nur in der Weise unbeschränkter

Herrscherlaune zu erfassen und zu verwirklichen wußte. Ja, zu diesem Gewaltherrscher stand Schiller in nächster persönlicher Berührung, erlitt von ihm den unmenschlichsten Zwang, mußte sich vor ihm drücken und bücken bis zur Selbsterniedrigung und Heuchelei; er, der freiheitglühende selbstbewußte Jüngling, der in seinen vertraulichen Aeußerungen von nichts lieber spricht als von dem unbeugsamen Stolz edler Seelen, und von dem einer seiner Jugend- und Leidensgenossen treffend sagt, daß, wåre er nicht ein großer Dichter geworden, er sicher ein großer Mensch im handelnden öffentlichen Leben geworden sein würde, dessen Loos freilich leicht die Festung håtte werden können. Und dies Alles in einer Zeit, da die Großthaten der nordamerika= nischen Freiheitskriege allmålich auch in Deutschland den erstorbenen politischen Sinn wieder zu wecken begannen, und in einem Lande, wo die agitatorischen Aufstachelungen Weckherlin's und Schubart's in allen edelsten Gemüthern lebendig fortklangen!

In Rousseau fand der brennende düstere Zorn des genialen Jünglings und, wie Schiller selbst sich bitter ausdrückt, die Indignation seiner verlegten Menschenwürde Gehalt und Gestalt, Erfüllung und Ziel. Die Verherrlichung des »Riesen« Rousseau, gegen welche die Splitterrichter nur kindische Zwerge seien, »>denen nie Prometheus' Feuer blies«, ist eines seiner ersten Gedichte. Rousseau wurde das bestimmende Ideal aller seiner Gedanken und Empfindungen. Das Grundthema der gesammten Jugenddichtung Schiller's, insbesondere seiner dramatischen, ist der von Rousseau aufgestellte tragische Gegensatz zwischen der Fülle und Reinheit der ursprünglichen Menschennatur und der unheilbaren Verderbtheit der thatsächlichen Wirklichkeit. Und zwar mit der entscheidenden Wendung, daß, während alle die anderen Stürmer und Drånger, in deren Leben Despotenwillkür nicht so unmittelbar eingegriffen hatte, in der dichterischen Darstellung dieses Gegensatzes sich meist nur auf die stillen Fragen

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