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ten, das erhellt schlagend, wenn man in Zimmermann's Dramaturgie (herausgeg. von Lohe. Bd. 1, S. 63) liest: » Wer in solcher Kraft der Seele lebt, in so klarem festem Bewußtsein eigener Rechtlichkeit und Ueberzeugungstreue, der darf auch Kais sermörder werden wie Otto es ward, geachtet von Fürsten und Reich, doch geachtet und geehrt von der richtenden Nachwelt und gerechtfertigt dort oben. Wir haben dies Stück nie anders als mit ernsten und frommen Gedanken ansehen können!«<

Und die aus dem Kleinleben der nächsten Gegenwart ge= nommenen Dramen waren sogar noch leidenschaftlicher, um nicht zu sagen, noch aufreizender. Schröder allerdings hielt sich fern von politisirenden Nebenzwecken, seine Bühnenstücke wollen nur mittelbar durch Erweckung reineren und feineren Sittlichkeitsgefühls für Volkswohl und Bürgerglück sorgen. Ihm ist die Bühne in ihrer höchsten Aufgabe, wie sich Schiller spåter emphatisch ausdrückte, eine moralische Anstalt. Aber alle die Anderen ließen es sich nicht umsonst gesagt sein, daß auch in Lessing's Emilia Galotti ein satirisch politischer Zug war.

Sehr beliebt ist das Thema der Standesunterschiede. »Der deutsche Hausvater« von Otto. Heinrich von Gemmingen in Mannheim (1780), eines der ersten dieser dramatischen Familiengemålde, ist in seinem Grundmotiv durchaus übereinstimmend mit dem Grundmotiv von Schiller's Kabale und Liebe; nur daß, was Schiller zum Ernst der Tragödie wendete, hier in der ges müthlichen Lehrhaftigkeit des moralisirenden Rührstücks haften bleibt. Ein junger Graf liebt ein Bürgermådchen, die Tochter eines Malers, und verführt sie. Er wagt nicht, sie zu heirathen; hauptsächlich weil er meint, sein Vater werde nimmer in eine Mißheirath willigen. Der alte Graf aber, der Vater, überzeugt sich von der Rechtschaffenheit des Mädchens, überwindet die Standesvorurtheile, billigt die Verbindung. Alles schwimmt in Freude und Seligkeit.

Dreister und weitgreifender war bereits Großmann, mit seinem Lustspiel »Nicht mehr als sechs Schüsseln« (1780). Es war ein immer wieder gern gesehenes Zugstück; in Berlin (Plůmicke S. 305) erlebte es sogleich in den ersten vierzehn Tagen zehn Vorstellungen. Auch hier geht das Grundmotiv zunächst gegen den Adel; ein vermögender bürgerlicher Hofrath wird von seinen herabgekommenen und verlumpten adlichen Verwandten ausgebeutelt und trotzdem hochmüthig mißhandelt. Bald aber erweitert sich die lose zusammengefügte Handlung zu allerlei Zwischenscenen, die auf Maitressenwirtschaft, Camarilla, Gewaltthätigkeit und Bestechlichkeit der Beamten, die grellsten Streiflichter werfen. Es sind die Anschauungen und Stimmungen, die in allen spåteren Stücken dieser Art ståndig wiederkehren. Und auch darin zeigt sich dieses Lustspiel als das maßgebende Urbild aller Nachahmungen und Variationen, daß die Opposition vor dem Thron selbst stehen bleibt; im Zeitalter des aufgeklärten Despotismus glaubte man, vom schlecht unterrichteten König sei an den besser zu unterrichtenden zu appelliren.

Iffland wurde der eigentliche Meister dieser dramatisirten Sitten- und Familiengemålde. Wie sein schauspielerisches Talent sich vorzugsweise in bürgerlichen Charakteren und in fein komischen Rollen bewegte, so kam auch sein dichterisches Schaffen erst in diesen Werken niederen Stils zur Geltung. Und troß aller Schwåchen dürfen wir über die sogenannte Ifflånderei nicht vornehm den Stab brechen. Einzelne seiner Stücke, wie vor Allem »Die Jåger«, »Die Spieler«, und »Die Hagestolzen« (vorausgeseht, daß die ersten Akte gehörig zusammengedrångt werden,) sind auch heut noch von Wirkung. Aber auch bei Iffland derselbe satirische Zug; sogar noch tiefer und grollender. Insbesondere Iffland's Dramen hat Goethe vor Augen, wenn er im dreizehnten Buch von Wahrheit und Dichtung rügt, daß das Drama dieser Zeit mit schadenfrohem Behagen die theatralischen Bösewichter immer nur aus den hd

heren Stånden gewählt habe; man habe Kammerjunker oder wenigstens Geheimsekretår sein müssen, um sich einer solchen Auszeichnung würdig zu machen; zu den allergottlosesten Schaubildern aber habe man die obersten Chargen und Stellen des Hof- und Civiletats erkoren.

Es ist ein treffliches Wort, das diese ganze Erscheinung auf ihren lehten Grund zurückführt, wenn Goethe nach Böttiger's Bericht (vgl. Literar. Zustånde und Zeitgenossen Bd. 1, S. 97) ein anderes Mal sagte, Iffland habe ganz im Sinn Rousseau's immer nur Natur und Kultur in schneidenden Gegensak gestellt; Kultur sei ihm nur die Quelle sittlicher Verderbniß, die Rückkehr seiner Menschen zur Sittlichkeit sei Rückkehr zum Naturzustand. Das sei aber ein ganz falscher Gesichtspunkt; das Geschäft des Schauspielers bestehe nicht darin, die Kultur zu verunglimpfen, sondern zu zeigen, wie die Kultur gereinigt, veredelt und liebenswürdig gemacht werden könne. Jedoch vergißt Goethe nicht, ausdrücklich hinzuzufügen, die Schuld sei nicht Iffland's, seine Beobachtungen seien richtig, seine Copien treu; die Schuld sei vielmehr die Schuld der Zeit, die nur allzu oft eine Frage åchter Kultur gewesen.

Mehr als je standen Leben und Bühne im engsten Zusam= menhang. Mit Recht sagt Eduard Devrient in der Geschichte der deutschen Schauspielkunst: »Den Hochmuth, den Aberwik und die Infamie, vor denen man sich am Tage bücken mußte, gab man Abends vor den Theaterlampen dem Spott und der Verachtung preis; der Schauspieler war der Sachwalter der Unterdrückten, der Richter und Rächer.«<

Wo sind die harmlosen Zeiten der Rabener'schen Satire? Zu verwundern ist nur die Sorglosigkeit der Theaterpolizei. Selbst das Wiener Burgtheater, jeder freieren Regung so ångstlich verschlossen, nahm an Iffland kein Aergerniß.

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2.

Roman.

Hippel. Miller's Siegwart. Morig' Anton Reiser. Der Ritter- und Räuberroman. Der Familienroman (Lichtenberg, Merck).

Noch Lessing klagte über den Mangel an deutschen Romanen. Seit dem Anfang der siebziger Jahre dagegen mußte man bereits über die maßloseste Ueberfluthung der Romanliteratur klagen. Im Jahre 1796 berechnete die Neue Allgemeine deutsche Bibliothek (Bd. 21, St. 1, S. 190), daß seit 1773 mehr als sechstausend Romane in Deutschland gedruckt worden.

Keiner dieser Romane reicht in Gehalt und Kunstform an Goethe's Werther, selbst nicht an Jacobi's Allwill und Woldemar oder an Heinse's Ardinghello. Das Meiste fällt in das niedere Bereich der flachsten, zum Theil sogar schmußigsten Unterhaltungsliteratur.

Und doch ist es leicht, auch diese Ueberproduction in verschie dene Gruppen zu sondern und dieselben auf die maßgebenden Stimmungen und Richtungen der allgemeinen Zeit- und Litera= turverhältnisse zurückzuführen.

Ein zahlloser Troß von Nachahmern, die das Hohe und Große ihrer Vorbilder geistlos copiren, oft auf das allerårgers lichste trüben und verzerren.

Zuerst Sterne's mächtiger Einfluß. Goethe hat in Wahrheit und Dichtung wiederholt auf Sterne hingewiesen. Ganz übereinstimmend sagt Ramler in einem Briefe vom 14. November 1775 (vgl. Fr. Schlegel's deutsches Museum Bd. 4, S. 144), vor Kurzem habe Jeder klagen wollen wie Young, jest wolle Jeder scherzen wie Sterne. Diese springende Humoristik war so

recht die Kunstform der springenden Gemüthswillkür, der fessellose Ausdruck aller zufälligsten persönlichen Leidenschaften und Eigenheiten. Wie man im Drama shakespearisirte, so sternisirte man im Roman; und hier wie dort blieb man weit zurück hinter dem Vorbild. Der Humor gedeiht nur, wo er auf der Grundlage eines durchgebildeten reinen und liebenswürdigen Gemüths ruht.

Vor allem rief Sterne's berühmter Roman »>Tristram Shandy zur Nachahmung. Aber hatte Sterne in der Darlegung »des Lebens und der Meinungen« seiner Helden zugleich die hinreißendste Kraft der Charaktergestaltung entfaltet, so glauben die deutschen Nachahmer sich dieser Charaktergestaltung gånzlich entschlagen zu können; sie sehen in Sterne's Manier nur den Freipaß einerseits für die Carricatur und andererseits für die trockenste Lehrhaftigkeit, wie sie aus den Anschauungen und Gewohn= heiten der Dichtung des Aufklärungszeitalters noch immer herüberwirkte. Nicolai, der sich mit seinem Sebaldus Nothanker selbst in die Reihe der deutschen Sternianer stellte, spricht in der Vorrede dieses Romans das eigenste Geheimniß dieser Manier aus, wenn er sagt, man solle sich nicht wundern, daß er mehr nur Meinungen als Geschichte und Handlung darstelle; Sebaldus kenne die Welt nicht, die Speculation sei seine Welt, jede Meinung sei ihm so wichtig wie kaum manchem Anderen eine Handlung. Nur Merck, der feine Kritiker, giebt im Deutschen Merkur (1776. Bd. 1, S. 272) den deutschen Dichtern zu bedens ken, ob es nicht im Vortheil des Lesers liege, wenn sie statt Meinungen lieber Leben, statt der überall aufgehängten Tafeln eigener Inspiration lieber eine pragmatische Geschichte des Helden, statt der Monologen lieber ein möglichst episches Märchen liefern wollten.

Wezel's Tobias Knaut und Gottwald Müller's Siegfried von Lindenberg schildern nur Carricaturen; die Reflexionen, mit

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