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man sie so übel nennet. Aber vor Gott können | erreget auch das herzliche Seufzen der betrübten sie sich nicht entschuldigen. Denn ob schon ein Herzen. Wenn das kommt, so wird die Strafe Mensch dem äußerlichen Wandel nach fromm ist, nicht lang dahinten bleiben. Das sei von der hat aber die Unart, daß er so ein Schalk in fei Prophezeihung Simeons auf diesmal genug. nem Herzen ist, und Gottes Wort nicht dulden kann; wie lange will er auch gegen den Leuten fromm bleiben? Denn es ist bald geschehen, wenn das Herz voll Mordens ist, daß die Zunge, ja Hand, auch zum Mörder werde, wenn Zeit, Raum und Fug da ist. Solche Unart decket das Evan- | gelium auf; sonst würde es niemand wissen, ja niemand glauben können.

Simeon sagt zu Maria weiter, und ein Schwert (spricht er) wird deine Seele durchdrin gen." Denn solche Bosheit der Welt hat sie se hen und erfahren müssen. Und sie nicht allein, sondern die ganze chrichliche Kirche zu jeder Zeit, wenn das Licht des Evangelii leuchtet. Nun ist's aber unmöglich, daß es die Christen ohne Schmerz | zen und sonderlich Herzleid sehen könnten. Wie Petrus vom heiligen Loth auch sagt, 2. Petr. 2: "daß er der Sodomiten Laster habe sehen und hören müssen, die seine Seele von Tag zu Tag mit ihren ungerechten Werken gequälet haben." Das ist das Schwert, das durch der Christen Herz dringet," das ist, ihr Herz wird dadurch ge kränket, daß die Welt so ein schändlich Unkraut ist, die sich so schmücken kann, und treibt doch allerlei Muthwillen und Tyrannei wider Christum, lästert und verdammet sein Wort, verfolget und ermordet feine Heiligen. Das ist der Christen Leiden eins, das Herzeleid, das da gehet über alles Leid, und

Nun ist aber neben dieser Weissagung und Lehre Simeonis noch eine Historia da, „von der Wittwe Hanna", die auch von Christo aus dem heiligen Geist zeuget und prediget. Von der mel det der Evangelist, wie sie Gott gedienet habe mit Beten und Fasten Tag und Nacht." Solches führen unsere Widersacher, die Papisten, wider uns; so wir doch nie geläugnet haben, daß man mit rechtem Fasten und Beten Gott nicht diene. Denn was Gott befohlen hat, wenn man es thut, fo heißt es Gott gedienet. Weil nun das Fasten, das ist, Mäßigkeit in Essen und Trinken, item, das Beten von Gott befohlen ist, lassen wir es einen Gottesdienst bleiben; denn es ist ein befohlener Gehorsam. Aber an dem lassen sich die Papisten nicht sättigen, wollens dahin deuten, daß solcher Gehorsam zur Vergebung der Sünden und ewigem Leben helfe. Da sagen wir nein zu, und sprechen mit dem Engel: Solches richte allein das Kindlein Jesus aus, das den Namen hat, und heißet Jesus oder Heiland, daß er sein Volk von seinen Sünden soll ledig machen.

Dabei wollen wir's jezt bleiben lassen, und Gott um seine Gnade bitten, daß er uns vor allem Aergerniß gnädig bewahren, und uns helfen wolle, daß wir an Christo aufstehen, und uns an ihm und seiner Lehre nimmermehr ärgern noch daran stoßen. Das verleihe uns unser lieber Herr Ehristus, Amen.

Predigt am neuen Jahrestag.

Von der Beschneidung.

Ueber das Evangl. Luc. 2, 21. Gehalten im Jahre 1531.

And da acht Tage um waren, daß das Kind beschnitten würde, da ward sein Name ge= nennet Jesus, welcher genennet war von dem Engel, ehe denn er im Mutterleibe empfangen wurde.

Wir wollen erstlich von der Beschneidung sa gen, und einen Unterschied machen, nicht des Werk's, sondern der Person halb, davon man heute prediget, | wie sie beschnitten sei. Nun ist aber zwischen der Beschneidung Christi und der andern Juden so ein großer Unterschied, so weit Himmel und Erden von einander sind. Ursach, die Personen sind ganz und gar ungleich und unterschieden, wie ihr nachher werdet hören.

m heutigen Fest hat man sonderlich von zweien | das Bild des Glaubens. Gleich wie andere Histo Stücken zu predigen. Das erste, von der rien, die vorüber und vollbracht sind, auch alleine Beschneidung. Das andere, von dem Namen zu dem dienen, daß wir die Erempel des Glaubens Jesu, von welchem der Evangelist das fonderlich und guter Werke daraus lernen sollen. Die Werke meldet, wie er vom Engel ernennet sei, ehe denn dürfen wir nicht thun; dennoch müssen wir densel das Kind in Mutterleib empfangen ist. Darum ben Gehorsam und Glauben haben, welchen die muß an solchem Namen sehr viel gelegen sein. gehabt, so dazumal gelebt haben. Also predigen wir von der Beschneidung auf heute diesen Tag auch, nicht darum, daß wir uns sollen beschneiden lassen; denn solches ist aus: sondern daß wir bei der Beschneidung lernen Gott gehorsam sein, wie Abraham gehorsam war. Wo aber Christus nicht wäre kommen, so müßten wir uns noch heutiges Tages beschneiden lassen, wo wir anders uns für Gottes Volk wollten rühmen. Denn da stehet der Befehl klar: „Wer nicht beschnitten ist, deß Seele foll ausgerottet werden aus meinem Volk." Die: ser Befehl ist nun in Christo aufgehoben. Denn sie hat nicht länger denn bis auf ihn (auf welchen sie auch allein gedeutet hat) währen sollen. Nun aber hat Christus uns, die wir sein Volk sind, befohlen, daß wir uns nicht beschneiden, sondern taufen lassen, und glauben sollen, wo wir Gottes Kinder und selig wollen werden.

Nun hat aber die Beschneidung der Juden ihre Ankunft aus der Schrift, die man im ersten Buch Mose lieset, Cap. 17, 10 ff. Hat darneben auch ihre bestimmte Zeit, wie lange sie währen soll, nämlich bis auf Christum. Abraham hat's erstlich angefangen. Dem befahl Gott, er und fein ganz Hausgesinde sollten sich beschneiden lassen. Und was fortan Knäblein geboren würden, sollten alle am| achten Tage nach der Geburt auch beschnitten wer- Das Erempel aber, das wir aus der alten den. Welche nun solche Zeichen der Beschneidung Beschneidung nehmen, ist dieses: Gott läßt uns an ihrem Leibe hätten, deren Gott wollte er fein, hier sehen, wie närrisch er seine Sachen pflegt anund sich ihrer annehmen, wie seines Volks. Nun zuheben, wenn man der Vernunft nach richten will. ift's nicht ohne sondern Rath Gottes so geordnet, | Denn bei den stolzen Heiden ist's das lächerlichste daß nicht allein Abraham, sondern auch alle sein und närrischste Ding gewesen, das je auf Erden Gesinde im Hause, was Männlein war, sich mußte geschehen ist, daß Gott, die ewige Weisheit, foll beschneiden lassen, auf daß die Juden nicht rühme: den Menschen so ein lächerlich Gebot auflegen ten, sie wären allein Gottes Volk. Denn hier (da wir nicht gern von reden) sonderlich aber den nimmt Gott bald im Anfang Abrahams Knechte, alten Leuten. Denn Abraham ist bereits neun und welche Heiden waren, auch zu seinem Volk und neunzig Jahr alt, da er dieses Gebot empfinge. Kindern an in das Erbe, da Abrahams Blutkinder | Daher kommen die spöttischen, höhnischen Annamen, und Leiberben zu gehöreten; ja kommen eher dazu welche die Heiden den Juden geben, heißen sie denn Isaak, auf den die Verheißung lautet; so fie Recutitos, Apellas, und dergleichen, nur daß fie doch schlecht erkaufte Knechte von den Heiden ge- ihr damit gespottet haben. Aber so foll es gehen, wesen sind. Darum dürfen sich die Juden nicht so wie eure Liebe im nähesten Evangelio auch gehöret hoch rühmen. Denn wenn sie die Beschneidung hat. Alles was Gott vorgiebt, das soll niemand | gleich groß machen, so können sie es nicht läugnen, gefallen, jedermann soll sein lachen, und für die daß Gott zur selben Zeit auch Heiden, die nicht größte Narrheit halten. Wiederum, was er nicht Abrahams Kinder, sondern seine erkauften Knechte vorgiebt, und wir für uns selbst thun, ohne seinen waren, berufen hat ic. Befehl, das soll ihm gefallen; so wollten wir's gern haben. Aber Gott will's nicht thun. Da geher's denn, daß die Vernunft sich stößet und ärs

Von dieser Beschneidung haben wir heutiges Lages nichts mehr, den die bloße Deutung, und

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gert, wie St. Paulus sagt 1. Corinth. 1, 21: "Weil | uns stracks darnach richten. Wenn Gott etwas die Welt durch ihre Weisheit Gott in seiner Weis- heißet, sagt oder thut, so sollst du dein Maul zuheit nicht erkannte, gefiel es Gott wohl, durch thö: halten, und auf deine Knie fallen, weiter nichts richte Predigt selig zu machen, die, so daran glau fragen noch sagen, sondern thun, was er dich heiben." Was ist närrischer, wenn die Vernunft ur ßet, hören, was er dir sagt, und dir gefallen laftheilen soll, das sich auch weniger mit ihr reimet, sen, was er thut. Denn Gott will von uns ungedenn daß im Abendmahl unter dem Brod der Leib meistert sein, die wir von Natur Kinder des Zorns, Christi, und unter dem Wein das Blut Chrifti, soll | Sünder und Lügner find. Derohalben sein Rath, zu Vergebung der Sünden gegessen und getrunken Wort und Werk uns viel zu hoch ist, daß wir's werden? Was sollte ein Trunk Weins, oder ein verstehen sollten. Noch sind wir so blinde, vermesBissen Brodes helfen? denkt die Vernunft; kann sene Narren, die sich dünken lassen, daß sie es auch nicht anders denken. Aber Gott will es darum nicht allein verstehen, sondern auch wohl besser könn nicht ändern. Will's die Vernunft nicht glauben ten machen. Darum sagt Jeremias wohl: „Des noch annehmen, so mag sie es lassen. Also ist's mit Menschen Herz ist so heillos und tückisch, daß es der heiligen Taufe auch. Daß ein Kind, so nach niemand ausgründen kann." niemand ausgründen kann." Weil wir nun solcher dem Befehl Christi in's Wasser getaucht, oder da- | Unart von Natur sind, so sollten wir unsere Weismit begossen wird, soll von Sünden abgewaschen, heit beiseits legen, und in Gottes Sachen und und aus des Teufels Reich in Gottes Reich ge: Geboten also denken: Siehet es mich närrisch an, rücket werden; wie reimet sich das? Wie kannst so ist's in der Wahrheit keine andere Ursach, denn du es glauben, wenn du das Wort hintan willst daß ich ein großer Narr bin, der die göttliche Weissehen, und die Sache mit der Vernunft ermessen heit nicht verstehen noch fassen kann; denn meine and begreifen? Dann wäre es wohl glaublich, wenn | Thorheit und Blindheit hindert mich. die Sünde ein schwarzer oder rother Flecken wäre; aber weil die Sünde im Herzen, im Mark und Beinen drinne steckt, scheinet es, das Wasser werde langsam hinein kommen, und sie abwaschen.

Also hätte auch Abraham können denken, da er den Befehl von der Beschneidung empfinge: Lieber, was soll mir's zur Seligkeit helfen, daß ich alter Mann mich soll beschneiden lassen? Was soll es einem Kinde helfen? Oder was ist's besser nach der Beschneidung denn zuvor? Hätte Gott den Leib wollen anders haben, er würde ihn wohl so gemacht haben, daß man nichts davon hätte schneiden dürfen. Vernunft hätte so gesagt; kann auch nicht anders sagen noch denken, denn sie will am klügsten sein. Aber wenn man in die Frage kommt: Warum Gott dieses oder anders befohlen habe, so hat der Teufel schon gewonnen; wie man fiehet an der Eva im Paradies. Die hatte den Be fehl, fie follte von dem verbotnen Baum nicht effen. Da sie aber solchen Befehl aus den Augen ließe, und hörete dem Teufel zu, warum doch Gott sol- | ches sollte verboten haben; da ging sie dahin, fiel in den greulichen Ungehorsam, da wir noch alle an tragen müssen. Darum sollen wir aus solchem Befehl von der Beschneidung fleißig lernen, und

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Also ist nun die alte Beschneidung ein Exem pel eines feinen Glaubens, daß Abraham und seine Knechte über solchem Befehl sich nicht entseget, sondern demselben stracks sind nachkommen. Haben nicht gedacht: Ei, es ist ein närrisch Ding, so wir Alten uns beschneiden lassen, es wird's Gott nicht so meinen, es muß einen andern Verstand haben, (eben wie die Sakramentsschänder von der Taufe und Abendmahl disputirt haben.) Was wollte Gott an dem närrischen Dinge gebieten, daß man den Leib beschneiden soll? Wofür sollte doch dasselbe sein? Solches haben sie nicht gedacht; sondern sind stracks dem Befehl nachkommen, und beschlofsen Weil es Gott befohlen, und so will haben, es sei so närrisch, es immer wolle, so werde ich nicht selig, ich folge denn seinem Befehl, wie er geheißen hat. Daß also die Beschneidung ein fein Erempel ist eines festen, rechtschaffenen Glaubens, welchen Abraham und seine Knechte und Nachkommen gehabt haben; daraus wir lernen sollen, daß wir dergleichen auch thun, und unsrer Weisheit und Vernunft vom Worte Gottes nicht verführen lassen.

Dieses sei von der alten Juden Beschneidung geredt, die nicht länger hat sollen stehen, denn das Gefeß, das ist, bis auf Christum, der es mit dem

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das Gesetz gethan, schenket solchen Sieg, den er am Gefeß erlanget hat, uns, daß wir sein brauchen und genießen sollen; und fortan alle das Recht zum Gesez durch ihn haben, das er zum Gesez hat, daß es uns nicht mehr verdammen noch fangen soll, Denn wer sich an Christum mit rechtem Glauben hält, der soll durch ihn von solcher Verdammuiß erlöset sein.

Gesez hat ein Ende gemacht. Wie solches fein in | dem ist angezeigt, daß diese Kindlein allererst am achten Tage mußten beschnitten werden. Denn die Schrift hält diese Ordnung, daß nach sechs Tagen der Sabbath ist, und der Tag, so auf den Sab bath folget, ist der achte Tag, da eine neue Woche anfähet. Denn unser lieber Herr Christus hat mit der Beschneidung angefangen zu erfüllen die Predigt, die von ihm gesagt war, daß er sollte sein Darum merke diesen Unterschied wohl; denn ein Heiland, und ein Licht für die Heiden, der da ist alles an gelegen. Abraham muß unter das nicht im kleinen Winkel des Judenthums sein Re: Gesez, und sich beschneiden lassen; denn er ist ein giment allein führen, sondern in aller Welt durch Sünder, und derohalb hat das Gesetz einen Zusein Evangelium regieren, und uns von allen Sün | spruch zu ihm. Christus aber ist kein Sünder, den sollte ledig machen, da er ist beschnitten wor- | darf derohalb nicht unter das Geseß; dennoch thut den, und mit seiner Beschneidung der vorigen ein | er sich unter das Gefeß, auf daß alle, die sich an Ende hat gemacht. ihn mit Glauben halten, durch ihn vom Fluch des Gefeßes sollen frei und ledig sein. Darum ist das Fest der Beschneidung Christi ein sehr tröstlich Fest, da man billig Gott an loben und danken soll, daß, ob wir gleich dem Gesez, der Sünden halben verfallen sind, dennoch solches an unsrer Seelen Seligkeit uns nicht schaden, sondern wir durch Christum von dem Fluch des Geseges frei und le. dig sollen sein, der um unsertwillen den Fluch des Gefeßes getragen und sich dem Gesch unterworfen hat. Daß es aber Noth sei gewesen, daß wir so haben müssen vom Gesez los und ledig werden, lehret St. Paulus, da er 1. Corinth. 7, 19 so spricht: Die Beschneidung ist nichts, sondern Gottes Gebot halten." Das sind sehr stolze Worte, den Juden unleidlich; denn es ist so viel gesagt: Keiner, der beschnitten ist, erfüllet Gottes Gebot, oder hält das Gesez. Was ist aber das anders, denn, die beschnitten sind, sind nicht beschnitten; oder, daß ich's noch deutlicher sage: Durch die Beschneidung erfüllet niemand das Gesetz; niemand wird auch dadurch von Sünden ledig. Denn obgleich die Juden sich haben beschneiden lassen, stehet gleichwohl noch Gottes Gebot und Befehl da: "Du sollst Gott lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seel, und ganzem Gemüth." Da gieb mir einen Menschen, der sich könne rühmen, daß er's gethan habe, oder thun könne. Das Gesez spricht: „Du sollst dich nicht lassen gelüften." Gieb mir einen Menfchen, der sich könne rühmen, daß er's gethan habe, oder thun könne. In Summa: Nimm ein Gebot vor dich, welches du willst, so mußt du bekennen,

Ich habe aber im Anfang gesagt, wenn man von der Beschneidung Christi recht wolle reden, so müsse man ja so einen weiten Unterschied zwischen der Beschneidung Christi und der Juden machen, als zwischen Himmel und Erden. Denn hier sind die Personen ungleich, ob's wohl einerlei Werk ist. Die Beschneidung, eben wie das Gesetz, war denen ge: geben, die Sünder und des ewigen Todes schuldig waren. Nun aber ist Christus ohne alle Sünde, und ein Herr des Geseges, mit dem das Geseß nichts zu schaffen hat; denn es hat allein mit den Sündern zu schaffen. Er aber ist kein Sünder. Daß er nun nach dem Gesez, eben wie ein ander fündig Kindlein beschnitten wird, im selben vergreift sich das Gesetz an ihm, muß derohalb seine Strafe leiden, und aufhören. Wenn es Christus hätte | wollen thun, so hätte er das Gefeß wohl mit Ge: walt können abschaffen und aufheben: denn er ist je des Geseßes Herr, mit dem das Gesetz nichts zu schaffen hat, darum daß er ohne alle Sünde ist. Aber er hat's nicht wollen thun mit Gewalt, son dern mit Liebe und Demuth. Solches geschieht nun uns zu gute, daß wir uns sein annehmen und trösten sollen. Denn für seine Person hat's unser lieber Herr Christus nicht bedurft; eben so wenig er's seiner Person halb bedurft hat, daß er Mensch ist worden, oder an das Kreuz sich ließe schlagen. Er thur's um unsertwillen; denn wir bedürfen eines solchen Mannes, der ohne Sünde wäre, und für uns das Gesetz erfüllete, und also den Zorn Gottes stillete. Um dieser Ursach willen hat er sich unter

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Was gehöret aber für ein Urtheil auf solche Leute, die Gottes Gebot nicht halten, ob sie gleich be: schnitten sind? Das zeiget St. Paulus an aus dem | fünften Buch Mose, da also stehet: „Verflucht sei jedermann, der nicht bleibt in alle dem, das ge: schrieben stehet in diesem Buche des Gesezes, daß er's thue." Schleußet also, daß alle die, so mit des Geseßes Werken umgehen, sind unter dem Fluch. Ursach, sie können's nicht halten. Denn so man das Gesez könnte halten, so hätte es nicht Noth. Weil man's aber nicht kann halten, so folget, daß das Gesez uns verklaget, dem Teufel giebt, und in die Hölle stößet.

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daß niemand sei, der es vollkommen gehalten habe. | Geseß genug gethan, und sei seiner Werke halben dem Zorne Gottes entgangen. Weil nun das Gesez uns dermaßen gefangen hält, und läßt uns nicht vor Gott, sondern hindert vielmehr solche Zu versicht, die wir zu Gott sollten haben, so folget, wo wir vor Gott wollen, daß wir etwas höhers denn die Gesegpredigt müssen haben, nämlich, die Predigt des heiligen Evangelii, in welcher unser lieber Herr Christus den Juden und uns läßt verkündigen, daß wir unsrer Sünden halben verdammt sind. Und hilft die Juden nicht, daß sie beschnitten sind; denn solche Beschneidung erledigt sie nicht von Sünden; wie die Propheten sagen, ob sie gleich am Leibe beschnitten sind, daß doch das Herz unbeschnitten und unrein fei. Das aber erlediget uns, daß das Evangelium weiter prediget, wie uns ser lieber Herr Christus, welcher dem Geseß nichts schuldig, sondern ohne Sünde war, dennoch sich unter das Gefeß gegeben habe, und sich beschneiden lass sen, auf daß er eine Ursache zum Gesetz gewinne, und zu ihm könnte sagen: Hörest du, Geseß, du machst mich zum Knecht, so ich doch dein Herr bin; darum mußt du mir wieder dienen, mein Knecht und Gefangener wieder sein. Das Recht nun, das unser lieber Herr Christus zum Gesez hat, für seine Person, das schenkt er mir und dir; und bes nimmt dem Gefeß sein Recht, das es wider uns, als die armen Sünder, hat; spricht uns davon quitt und ledig. Doch nicht Doch nicht also, daß wir nichts thun, und leben sollen, wie wir wollen; sondern also, daß, wo wir nicht gethan haben, was wir sollen, solches uns vergeben und nicht zugerechnet, und an unsrer Seligkeit nicht schaden soll. Derohalben dürfen die, so an Christum glauben, der Beschneidung ganz und gar nichts. Denn sie sind nicht allein von solchen und andern Beschwe rungen des Gesezes gefreiet, sondern haben Verge: bung aller Sünden und Verheißung des ewigen Lebens durch Christum. Darum können sie rühmen und sagen: Das Geset hilft mir nichts, die Beschneidung auch nichts; das aber hilft mir, daß ich glaube, daß Christus beschnitten ist: denn solches ist um meinetwillen geschehen, daß ich einen Bürgen hätte, der für mich in die Schuld träte, welcher Schuld mich das Geseß, meiner Sünden halben, überweisen kann. Darum will ich seiner Unschuld mich trösten, und sprechen: Das Gesetz ist eine

Darum muß man eine höhere und bessere Predigt haben, die uns mehr gebe, denn das Ge seg, welches mehr nicht kann, denn daß es gebeut, wir sollen Gott von ganzem Herzen lie: ben, und unsern Nächsten, wie uns selbst", auch wenn er uns Leid thut, und wir uns gern rächen | wollten. Da wird aber nichts aus. Die Natur reget sich mit Zorn, Unwillen, Ungeduld, Haß, Neid, Hoffart 2c. Darum ift niemand, der solcher Predigt könne Folge thun. Und ob man schon so viel thut, als möglich ist, so können wir doch das mit vor Gott nicht bestehen. Das ist nun die Ursache, daß ein Höherer und Größerer kommt, näm: lich, Christus, der Sohn Gottes, der ist ohne alle Sünde, läßt sich dennoch beschneiden, wie andere Sünder, giebt sich also in aller Demuth unter das Geseß, daß er's gar aufhebe, und uns davon ledig mache, die wir nicht konnten solche Last tragen, und mußten derohalben unter dem Fluch und Zorn Gottes bleiben. Wie denn nicht allein unsere Er fahrung, sondern auch der heiligen Propheten Zeugniß am Tage liegt. Denn was hätte sonst den heiligen Propheten David für Noth angangen, da er fagt im 19. Psalm V. 13: Delicta quis intelligit? Wer kann merken, wie oft er fehlet? Verzeihe mir die verborgenen Fehle, da ich nichts von weiß." Item, Psalm 143, 2: "Gehe nicht in das Gericht mit deinem Knechte; denn vor dir ist kein Lebendiger gerecht. Stem: Psalm 130, 3: "So du willst, Herr, Sünde zurechnen, Herr, wer wird bestehen?" Solche und andere mehr Sprüche zeugen gnugsam, daß unmöglich sei, daß ein Mensch könne sagen, er habe dem

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