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Gleichnis? Sobald eben der Mensch seiner selbst im Denken bewußt wird und in der Reflexion die in ihm vollzogene Synthese von Leib und Seele auflöst, giebt es nur zwei Wege für die Weltbetrachtung: entweder wird das Innere, das Geistige verkörperlicht, so daß es zur Funktion des Physischen herabsinkt, oder das Körperliche wird vergeistigt bis zur Hypothese der Weltseele. So giebt es nur ein Entweder - Oder. Entweder ist alles materiell oder alles ist Geist, beziehungsweise beseeltes Leben. Entweder ist das Geistige nur eine Begleiterscheinung des Naturprozesses oder ein höherer Grad der Wirklichkeit. Zwischen diesen beiden Problemen schwankt die gesamte Metaphysik hin und her. Alle Metaphysik ist daher metaphorisch, ist ein Gedankengedicht.

Der philosophische Poet Herder beginnt seine Auseinandersetzungen „Vom Erkennen und Empfinden in ihrem menschlichen Ursprunge und den Gesetzen ihrer Wirkung❝1) mit folgenden Betrachtungen: „In allem, was wir tote Natur nennen, kennen wir keinen innern Zustand. Wir sprechen täglich das Wort Schwere, Stoß, Fall, Bewegung, Ruhe, Kraft, sogar Kraft der Trägheit aus, und wer weiß, was es inwendig der Sache selbst bedeute? Je mehr wir indes das große Schauspiel wirkender Kräfte in der Natur sinnend ansehn, desto weniger können wir umhin, alles mit unsrer Empfindung zu beleben. Wir sprechen von Wirksamkeit und Ruhe, von eigener oder empfangener, von bleibender oder sich fortpflanzender, toter oder lebendiger Kraft völlig aus unsrer Seele. Schwere scheint uns ein Sehnen zum Mittelpunkte, zum Ziel und Ort der Ruhe, Trägheit die kleine Teilruhe auf seinem eignen Mittelpunkte, durch Zusammenhang mit sich selbst, Bewegung ein fremder Trieb, ein mitgeteiltes fortwirkendes Streben, das die Ruhe überwindet, fremder Dinge Ruhe störet, bis es die seinige wieder findet." Herder weist hin auf „die wunderbare Erscheinung der Elasticität", auf die Vorahnung des Newton'schen Systems bei dem griechischen Philosophen, der von „Liebe und Haß der Körper" sprach, auf den „,Magnetismus in der Natur, der anziehet und fortstößet", der „so lange als Seele der Welt betrachtet worden“, auf den „elektrischen Strom, diese sonderbare Erscheinung

1),,Seele und Gott", I Vom Erkennen und Empfinden der menschlichen Seele, 1778 (Sämtl. Werke zur Philosophie und Geschichte. Achter Teil Cotta 1803.)

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des großen, allgegenwärtigen Lebensgeistes." Das Motto der Schrift ist auch das Vergilische Wort: Est Deus in nobis, agitante calescimus illo. „Der empfindende Mensch fühlt sich in Alles, fühlt Alles aus sich heraus und drückt darauf sein Bild, sein Gepräge. So ward Newton in seinem Weltgebäude wider Willen ein Dichter, wie Buffon in seiner Kosmogonie und Leibniz in seiner prästabilierten Harmonie und Monadenlehre." Und mit \vollem Rechte macht Herder darauf aufmerksam, daß wie unsere ganze Psychologie aus Bildworten bestehet, es auch meistens ein neues Bild, eine Analogie, ein auffallendes Gleichnis war, das die größten und kühnsten Theorien geboren. Und so fragt er dann: Ist in dieser „, Analogie zum Menschen" wir nennen es das Metaphorische auch Wahrheit? Menschliche Wahrheit gewiß", antwortet er sich selbst, und von einer andern habe ich, so lange ich Mensch bin, keine Kunde; was wir wissen, wissen wir nur aus Analogie, von der Kreatur zu uns und von uns zum Schöpfer.“ Und so beugt er sich fromm vor diesem. Soll ich also dem nicht trauen, der mich in diesen Kreis von Empfindungen und Ähnlichkeiten setzte, mir keinen andern Schlüssel, in das Innere der Dinge einzudringen, gab als mein Gepräge oder vielmehr das wiederglänzende Bild seines in meinem Geiste? Die stille Ähnlichkeit, die ich im Ganzen meiner Schöpfung, meiner Seele und meines Lebens empfinde und ahne; der große Geist, der mich anwehet und mir im Kleinen und Großen, in der sichtbaren und unsichtbaren Welt einen Gang, einerlei Gesetz zeiget: das ist mein Siegel der Wahrheit".

Wir sehen, Herder vertritt einen agnostischen Pantheismus oder, wie wir sagen können, einen anthroprozentrisch-metaphorischen Monismus. Und ich glaube in der That, daß diese Weltanschauung eine tiefe Wahrheit in sich schließt, daß auch unser modernes Denken über sie nicht hinaus kommt, daß alles frühere Philosophieren auf sie hinzielt. 1)

Doch damit scheint wenig im Einklange zu stehen, daß unsere Zeit beherrscht ist von der Induktion der Naturwissenschaften, daß diese allein als wissenschaftlich gilt und der großen Mehrzahl

1) So sagt Fr. Paulsen im Vorworte seiner höchst lesenswerten „Einleitung in die Philosophie", Berlin 1892: „Die Richtung, in der die Wahrheit liegt, bezeichne ich mit dem Namen des idealistischen Monismus."

nicht nur ihrer Anhänger, sondern auch gebildeter und halbgebildeter Laien die mechanische, materialistische Welterklärung zu der allein würdigen stempeln möchte, sintemalen wir es ja doch schon so herrlich weit nicht nur in Ergründung, sondern auch in Beherrschung der Natur gebracht haben und sintemalen der Materialist doch nur mit Thatsachen, nicht mit abstrakten Begriffen, geschweige denn mit Metaphern zu rechnen und sein Weltbild zu konstruieren pflegt.

Aber der Unglaube ist auch ein Glauben.

Alles Allgemeinste, Höchste, Letzte, Fernste, Feinste, Tiefste, sagt Fechner (Tagesansicht S. 17), ist überhaupt seiner und unsrer Natur nach Glaubenssache. Daß die Gravitation durch die ganze Welt reicht und von jeher gereicht hat, ist Glaubenssache. Daß überhaupt Gesetze, durchs Endliche verfolgt, ins Unbegrenzte von Raum und Zeit reichen, ist Glaubenssache; daß es Atome und Undulationen des Lichtes giebt, ist Glaubenssache; ja streng genommen ist alles Glaubenssache, was nicht unmittelbar erfahren ist und was nicht logisch fest steht; ein jedes Wissen um das, was ist, setzt sich fort in Glauben und muß sich darein fortsetzen.

Wie in der Sprache wir das eigentliche und bildliche Wort nicht scheiden können, wie die Grenzlinien zwischen ihnen durchaus fließende sind, ja wie jedes im Grunde genommen ein Tropus ist, so ist auch in unserem Erkennen Glauben und Wissen nicht zu scheiden, noch auch das, was wir lediglich durch unsere Sinne wahrnehmen und logisch erschließen, von dem, was wir metaphorisch deuten, durch Analogie uns erst näher bringen müssen; das einzig Gewisse bleibt doch immer nur, was wir in unserem Innern selbst erleben, das rein Geistige, das in unserem Denken wirkt, das ins Unendliche hinüberweist; verstehen heißt für uns immer nur erleben in uns, nach uns selbst umformen und so uns selbst erkennen. Der Stoff des Denkens, also auch die sogenannte Materie, ist daher ohne Vergeistigung nicht denkbar. Und was thut nun der Materialismus? Zwar entgottet er die Natur und will von einer Immanenz des Göttlichen ebenso wenig wissen wie von einer Transcendenz, aber was er an die Stelle desselben setzt, ist nicht minder metaphysisch, nicht minder unerkennbar, und daher deutet er es durch Analogie, metaphorisch. Er nennt es Kraft. Es hat aber noch niemand zu sagen vermocht, was

Kraft sei. Wir spüren an unserem Leibe, wir spüren in uns die Fähigkeit der Bewegung, wir erleben an uns den Begriff der Thätigkeit in unserem Sein und in unserem Denken,

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und so übertragen wir die êvéprea auf die Natur und betrachten alles Sein dem unsrigen analog als Thätigkeit. Wir wissen, daß Thomas Young zuerst für die lebendige Kraft eines Körpers den Ausdruck, sagen wir die Metapher „Energie“, gebraucht hat, und so ward es ein Glaubenssatz: Außer den chemischen Elementen giebt es nur ein Agens, und das heißt Kraft; es kann unter den passenden Verhältnissen als Bewegung, chemische Affinität, Kohäsion, Electricität, Licht, Wärme und Magnetismus hervortreten, und aus jeder dieser Erscheinungsarten können alle übrigen hervorgebracht werden.1) Und so stellte Robert Mayer zwei Arten von Weltursachen hin, Materie und Kraft; jede ist unzerstörbar; alle Kräfte lassen sich ineinander verwandeln, alle sind Erscheinungsformen einer und derselben Ursache. So ward die Physik die Lehre der Metamorphose der Kraft.

Aber Kraft und Materie bleiben metaphorische Begriffe; ihr Wesen läßt sich nicht begreifen.

Da unsere Sinne und unser Denken in steter Thätigkeit sind, können wir uns Ruhe in der Natur nur durch Abstraction, durch den Gegensatz der Bewegung vorstellen. Die Thätigkeit des Auges, das den Berglinien folgt, projiciert sich in das Außenbild, und wir sprechen von sich hinziehenden, fortlaufenden Bergen, von sich erhebenden, aufsteigenden Bergketten u. s. f. Und so lehrt auch hierin die exakte Wissenschaft die Harmonie zwischen Denken und Sein, indem sie aufweist, daß, soweit die Natur reicht, soweit die Bewegung reicht2), daß selbst den ruhenden Stein die Schwere unaufhörlich nach dem Mittelpunkt der Erde hinbewegt und der Widerstand des Erdkörpers in gleichem Maße widerstrebt und die erste Bewegung bindet.

Es ist also wohl mehr als Hypothese, daß im inneren Denken der Art nach dieselbe Bewegung, wie in der äußeren Natur herrscht;

1) Vgl. K. F. Mohr bei Carriere,,,Das Wachstum der Energie in der geistigen und sittlichen Welt", Separatabdr. aus den Abhandlungen der bair. Akad. d. Wiss. 1892 S. 6.

2) Alex. von Humboldt, Kosmos IX. S. 8, Trendelenburg a. a. O. I 142.

so schreibt Lambert an Kant:1) „Die ganze Gedankenwelt gehört nicht zum Raume, sie hat aber ein simulacrum des Raumes, welches sich vom physischen Raume leicht unterscheidet, vielleicht noch eine nähere als nur eine metaphorische Ähnlichkeit mit ihm hat.“

Wie es nun aber keine Definition der Bewegung giebt, welche den zu erklärenden Begriff nicht schon enthielte denken wir an die Entelechie des Aristoteles, an Begriffe wie Möglichkeit, Verwirklichung, Energie u. s. f. -, so ist erst recht der Schluß von der Bewegung auf das Bewegende, also auf die Kraft, ein transcendentales Problem. Dies verkennt der Materialist; sein Postulat ist durchaus metaphorisch; doch ganz verwirrt er sich in unlösbare Stricke des Metaphorischen, wenn er das Geistige umschreiben will, wenn er sagt: die psychischen Vorgänge sind physiologische Vorgänge, der Gedanke ist Bewegung, das Selbstbewußtsein ist ein Phosphorescieren des Gehirns oder gar: es gilt die Proportion 'Gedanke: Gehirn Urin : Nieren', Denken ist Absonderung (Urinieren) des Gehirns und die Umkehrung der Proportion will ich lieber unterdrücken. Es bleibt eben ein

ewiges Rätsel, wie mit den physikalischen Thatsachen die Thatsachen des Bewußtseins sich verbinden, wie das Leben sich erzeugt, wie Bewegung, Kraft, und nun gar wie die Materie zum Bewußtsein, zum Denken erwacht.

So sagt Du Bois-Reymond (,,Unters. üb. tier. Elektricit.") von der Kraft: „Die Kraft ist nichts als eine verstecktere Ausgeburt des unwiderstehlichen Hanges zur Personifikation, der uns eingeprägt ist, gleichsam ein rhetorischer Kunstgriff unseres Gehirns, das zur tropischen Wendung greift, weil ihm zum reinen Ausdruck die Klarheit der Vorstellung fehlt. In den Begriffen von Kraft und Materie sehen wir wiederkehren denselben Dualismus, der sich in den Vorstellungen von Gott und der Welt, von Seele und Leib hervordrängt. Es ist, nur verfeinert, dasselbe Bedürfnis, welches einst die Menschen trieb, Busch und Quell, Feld, Luft und Meer mit Geschöpfen ihrer Einbildungskraft zu bevölkern. Was ist gewonnen, wenn man sagt, es sei die gegenseitige Anziehungskraft, wodurch zwei Stoffteilchen sich einander nähern? Nicht der Schatten einer Einsicht in das Wesen des Vorgangs, aber, seltsam genug, es liegt für das innewohnende Trachten nach 1) Kant's Werke, herausgeg. von Rosenkranz I S. 360. Biese, Philos. des Metaph.

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