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Rede mehr sein; das Metaphorische führt zur Phantastik in der Welterklärung, zur allegorischen Umdeutung der Götter oder der überkommenen philosophischen Begriffe. So soll das Göttliche, bald als Körper das alle Einzeldinge bestimmende Geschick (eipappévŋ), bald als Geist (der aber doch nur Körper, feinerer Stoff, Hauch sein soll!) die zweckthätige Vorsehung (póvoa) vorstellen. Die Ethik führt zur bereitwilligen Unterordnung unter das Weltgesetz und gewinnt somit eine religiöse Färbung; die Naturreligion wird zur Vernunftreligion.

Die Metaphysik resp. die Physik der Epikureer läßt den Atomismus des Demokritos wieder aufleben, nur mit der durchaus phantastisch-willkürlichen Abweichung bei der Entstehungsgeschichte des Weltromans, daß bei dem „Landregen der Atome" (imbris uti guttae) wie Lucrez sagt, der diesen kosmischen Roman in Verse gebracht hat eine kleine Abschwenkung von dem senkrechten Fall stattgefunden habe, die dann den Wirbel erzeugte. Daß in dieser,,Selbstbestimmung der Atome", durch die im Gegensatze zu der Naturnotwendigkeit, zu dem Gesetze der Schwere, die Freiheit des Willens gerettet werden sollte, ein geistiges Moment liegt, daß also eine Metapher vorliegt, leuchtet ein. Es findet diese Selbstbestimmung in der physischen Welt ihr Gegenbild in der psychischen in dem abgeklärten Selbstgenuß des Egoismus, in der Ethik Epikurs. Es waltet überhaupt in der Lehre des Epikur, besonders hinsichtlich seiner Physik, ein solches Schaukelsystem vor, daß man neben dem Postulate, daß alles nur aus mechanischen Ursachen entspringe, daß von einer absichtlichen Werkthätigkeit einer Gottheit nicht die Rede sein könne, nicht minder lebhaft vertreten die Ansicht findet, es sei nichts verkehrter, als durch Bevorzugung einer einzigen Erklärungsursache die ausgedehnte Möglichkeit natürlicher Deutung zu verkürzen. So scheut sich auch Epikur nicht, in die Intermundien, d. h. die leeren Räume zwischen den unzähligen Welten, die seligen Götter in ewigem Genusse ihrer selbstgenügsamen Ruhe zu versetzen, wie eine verklärte Verwirklichung des Ideals des Weisen, der auf der Erde nie vollkommen existiert.

Je mehr sich das Altertum dem Verfalle zuneigt, um so stärker wird das Bedürfnis des Herzens der Edelsten, in einer die Welt mit ihrer Not und Sorge, ihrem Jammer und Elend

überfliegenden, alle Gegensätze durch Glauben versöhnenden Religion Frieden zu finden.

Der Neupythagoreismus erhebt sich vom Dämonenkult zu der reinen geistigen Gottesidee, zu der Platon und Aristoteles die Wege gewiesen hatten; und Platonismus und jüdische Religionsphilosophie verschmelzen sich in der alexandrinischen Theosophie Philon's (um 30 v. Chr.). Sein Gott ist hoch über Menschenwissen und -verstehen, er ist gleichsam die Summe der negierten empirischen Beschaffenheiten, das Absolute, das Sein an sich (to ov); aus ihm, der die Berührung mit der Materie scheut, gehen die die Welt gestaltenden Kräfte hervor, deren Einheit der zweite Gott, der λoroc, ist, der Inbegriff aller urbildlichen Ideen.

Dieser Logos-Begriff ward dann in der christlichen Gnosis auf den Stifter der neuen Religion, welche in der absterbenden Geisteswelt eine neue Lebensmacht werden sollte, übertragen, und durch das Christentum ward auf lange Jahrhunderte hin die Philosophie zur Theologie, zur Religion.

Das letzte Aufleuchten antiken Denkens, das letzte große philosophische System der alten Welt, im Gegensatze zu der neuen die Welt erobernden Gotteslehre, ist der Neuplatonismus. Freilich ist dieser mehr ahnungsvolle, ja verzückte Anschauung als Wissenschaft, und somit nicht nur metaphorische, sondern mystische Dichtung, aber er verbindet mit seiner schwindelnden Abstraktion eine wunderbar tiefe Innerlichkeit des Gemütslebens.

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War durch Jesus von Nazareth ein neues Reich der alleinigen Hingebung an Gott, das Heiligtum einer neuen Welt in der Stille des Herzens, in Liebe und Demut, gegründet worden, so bildet auch bei Plotin die brennende Sehnsucht nach einer vollkommenen Einigung mit der Gottheit kraft der Versenkung in die Tiefen der eigenen Brust die innerste Wurzel seines Denkens und Dichtens. Sein Denken wandelt sich in die kühnsten Bilder; die Bilder reißen ihn fort zu immer neuen kühnen Gedanken; sein Ausdruck ist daher durch das Metaphorische oft dunkel, ja unentwirrbar, wie das ganze System mit seinen schillernden Widersprüchen, mit seiner Transcendenz und Immanenz der Gottheit. Plotin wird, wie auch Proklos, nicht müde zu schildern, wie er im Denken Gott erfasse. Wenn ich aus dem Leibesleben zum Selbstbewußtsein erwache, sagt jener, wenn ich alles andere

verlassend in meinem Inneren einkehre, dann vereinige ich mich mit der Gottheit.1) Die Anschauung des Urlichts, erklärt er, wird dem Geiste nur dann aufgehen, wenn er sich gegen das Äußere verschließt und sich in sich selbst zurückzieht.2)

Plotin geht in der Abstraktion betreffs des Urwesens, der Gottheit, so weit wie niemand vor ihm: es ist das Unendliche, schlechthin ohne jede Grenze, ohne jede denkbare Eigenschaft; es steht jenseits alles Wirklichen; weder Sein noch Leben noch Denken oder Bewußtsein dürfen wir ihm zuschreiben. Es ist Ursache aller Schönheit, aber selbst ist es nicht schön, sondern überschön u. s. f. Es ist schlechthin das Erste (τỏ пρõτov), das absolute Eine (to ev); aber weder diese Bezeichnung noch auch die des Guten thut dem Philosophen Genüge.

Aber auch „das Gute" in der Gottheit bedeutet bei Plotin das „Übergute". Nicht anders ist es mit den übrigen unzulänglichen Prädikaten, die Plotin als menschliche Übertragungen, als Metaphern, erkennt. Die Gottheit wird zur absoluten Thätigkeit, zur wirkenden Kraft (πρώτη δύναμις) trotz aller früheren Negationen! Aus dem Urwesen entquillt nun die ganze Welt in der Fülle ihrer Erscheinungen; in kühnen Bildern sucht er diesen Prozeß zu vertuschen: das Urwesen bleibe in sich selbst unbewegt und unvermindert, während der Strom des Seins von ihm ausgehe; oder: das Erste ist die Wurzel, das Abgeleitete die Pflanze, jenes die Sonne, dieses die Lichtatmosphäre.

So flüchtet sich die Unbestimmtheit und das Widerspruchsvolle des Denkens in die metaphorische Hülle; das Bild tritt an die Stelle des Begriffs.

Vor allem ist die Sonne Stütze des metaphorischen Denkens bei Plotin: von den Strahlen des Urwesens wird alles durchleuchtet, es ist die Sonne, welche das Universum als seinen Lichtkreis ausstrahlt; und wie der Glanz mit der Entfernung von dem Lichtkreis stetig abnimmt, so sind auch die Erzeugnisse der Gottheit nur ein Abglanz ihrer Herrlichkeit, der sich von Stufe zu Stufe mehr verdunkelt und schließlich in der Finsternis endet. Aber alles ist von der Sonne der Gottheit durchleuchtet, von ihrem Geiste beseelt, und so führt der transcendenteste

1) Enn. IV 8, 1.
2) V 5, 7, 526 E.

Gottesbegriff, der je gedacht worden, zur Immanenz, zu einem dynamischen Pantheismus. Schier unvermerkt verwandelt sich die unpersönliche Substanz in die allbelebende Gottheit, das Aufgehen in sie in eine Hingebung des ganzen Gemüts, das abstrakte Denken in tiefinnerliche Religion.

So bezeichnet Plotin den Abschluß des Altertums und seine Zersetzung von innen, das Selbständigwerden einer reinen Innenwelt.

Mit dem letzten großen Aufleuchten in Plotin war die Kraft des griechischen Schaffens endgültig erloschen.

Die Geschichte der alten Philosophie lehrt uns, wie mit dem Durchdenken der höchsten Probleme, der Fragen nach Ursprung und Wesen der geistigen und materiellen Welt, der Mensch über das Metaphorische nicht hinausgelangen kann, wie naturgemäß das Denken in allen seinen Erscheinungsformen auf das All überströmt, d. h. wie es bei dem Postulate der Einheit zwischen Begriff und Wesen des Dinges sich von selbst auf das Sein überträgt, wie der Mensch zu einem Wissen es in den höchsten Fragen nimmermehr bringen kann, wie nur eine metaphorische Synthese von Welt und Geist die Lösung der philosophischen Probleme bildet, wie die Gottheit, ob transcendent oder immanent gedacht, unfaßbar bleibt, wie schließlich die tiefste Religiosität sie nur im Grunde des Gemütes ahnen und so Denken, Wissen und Glauben vermählen kann. Nur im Widerspiel des Sinnlichen thut sich das Übersinnliche kund, nur im Bilde, im Gleichnis. Die Wahrheit selbst bleibt v Buda, wie Demokritos sagt, um so tiefer, je weiter man zu ihr hinabzutauchen wähnt; unser Wissen bleibt Stückwerk, bleibt ein Ahnen, bleibt ein Verschmelzen des Bekannten mit dem Unbekannten, bleibt metaphorisch, d. h. Verkörperung, Versinnlichung des Geistigen und Vergeistigung des Sinnlichen; es bleibt also immer verstrickt in die natürliche menschliche Schwäche des Erkennens, freilich nicht minder auch in (entwirrbare) Irrtümer, indem es das Bild für Begriff, die Metapher als Gedanken, das Unerwiesene als erwiesen, die umgedeutete Erkenntnis als eigentlich und wesenhaft, kurz den Schein statt der Wahrheit setzt. Und wo ist die Grenze!?

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Mit dem schroffsten Dualismus klang das einst so harmonisch naive Hellenentum aus; die Gottheit ward in transcendente Fernen entrückt, die Materie ein mattes, nicht gestaltbares Schattenbild; die schöne Welt ward eine Stätte des Dunkels und des Irrsals. Auch im Judentum begann der goldene Schöpfungsmorgen mit dem seligen Frieden zwischen Gott und Mensch und Natur; die Erde war ein Garten, in welchem Gott und Mensch wandelten; Gott war ebenso menschlich gedacht, wie der Mensch göttlich; doch das erste Erwachen des Menschen aus diesem Traume löste ihn ab von der Naturwelt und entwickelte ihn zu selbstbewußter Persönlichkeit; und dies bezeichnet der jüdische Mythos als Abfall von Gott. Das Judentum fand nicht die Lösung in der Frage nach dem Zwecke des Lebens mit seinen Gegensätzen, dem Frohlocken der Gottlosen, dem Leiden der Frommen, (vgl. „Hiob“ mit seiner verstummenden Resignation!); erst der Unsterblichkeitsglaube, erst der Ausgleich im Jenseits brachte sie, wie das Christentum ihn verkündete. Christi Reich ist nicht von dieser Welt; sein Kreuz ist das Symbol der Weltverneinung. Das einst erträumte diesseitige Messiasreich ward ward in das Jenseits verlegt; die Messiasidee ward entnationalisiert, universell; sie ward philosophisch umgedeutet und die Lösung in dem Gottmenschen gefunden. 1)

Die Gnosis ist der erste umfassende Versuch einer Philosophie des Christentums; aber dieser Versuch schlägt, wie Lipsius treffend bemerkt, angesichts der ungeheuren Tragweite der den Gnostikern in genialer Weise sich aufdrängenden und doch weit über ihr wissenschaftliches Vermögen hinausgehenden

1) Vergl. das ausgezeichnete Werk „Geschichte und System der mittelalterlichen Weltanschauung" von Heinrich von Eicken, Stuttgart, Cotta 1887; es gipfelt in dem höchst interessanten Nachweise, wie Weltverneinung und Weltbeherrschung in dem hierarchischen System sich durchdringen, sich emporheben zu schwindelnder Höhe und sich schließlich zersetzen; die Kirche verneinte die Welt, indem sie dieselbe eroberte, sie eroberte die Welt, indem sie dieselbe verneinte; Augustin wollte die ganze Welt der Christenheit zur Kirche machen, aber die Kirche ward mit ihrer wachsenden Macht zur Welt. Mit dem Schmerzenszug der Weltverneinung mußte sich der gewaltthätige Charakterzug der Welteroberung vereinen. Das ist die Tragik der mittelalterlichen Geschichte.

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