ภาพหน้าหนังสือ
PDF
ePub

Drittes Kapitel.

Das Metaphorische im Mythos.

Wenn der Mensch, kraft einer inneren Nötigung, selbst auf die leblosen und bewegungslosen Gegenstände Thätigkeit nach der Analogie der eigenen Lebensbethätigung und körperliche Gestalt und seelische Regungen nach der Analogie seines eigenen Äußeren und Inneren, übertragen musste, so lag es nicht minder nahe und war es nicht minder notwendig, wo immer Bewegung in der Natur, am Himmel oder auf der Erde, im Fluß oder im Meer, wahrnehmbar war, auf Grund der Kausalität und der Analogie, die beide von der Wirkung d. i. Bewegung auf die Ursache d. i. das Bewegende und daher Lebende zurückwiesen, dem Menschen ähnliche Mächte in den Erscheinungen zu ahnen, zu fürchten oder zu verehren.

Hierin liegt der Ursprung des Mythos und auch der Religion. Auch sie sind durchaus metaphorisch. Ja, im Metaphorischen liegt ihre Verwandtschaft mit der Poesie, denn die Phantasiethätigkeit überwiegt im Gestalten des Mythos bei weitem die Verstandesthätigkeit; Anschaulichkeit und Lebensfülle, Bethätigung voll Macht und Kraft, voll Leidenschaft des Zornes, des Hasses, der Liebe, kurz alles, was nur das rege Seelenleben des Naturmenschen selbst erfüllt: das leiht er mit seiner überaus reizbaren und empfänglichen Einbildung den um ihn her in rätselvollen Wirken sich bewegenden und sich regenden Erscheinungen.

Die Mythologien sind der kindlich phantastische Niederschlag jener zahllosen Analogien zwischen dem Menschen- und dem Naturleben, die der staunende Geist wahrnimmt und in seiner naiven Sprache ausprägt zu Gebilden, welche uns wie Märchen und Poesie anmuten, während sie ihren Schöpfern nicht bloß schönen Schein, sondern Wahrheit und Wirklichkeit bedeuteten. Aber das Gemeinsame, das noch heute die dichterische Naturanschauung zur Verkörperung und Beseelung der Erscheinungen hinführt, wie einst die kindliche, zaghaft tappende Phantasie der Naturvölker, ist das Anthropocentrische, ist die Nötigung, das

Große und Gewaltige, das Liebliche und Freundliche in der Natur, kurz alles Fremde, Außermenschliche durch Vermenschlichung verständlich zu machen. So bemerkte schon Xenophanes, daß die Menschen sich ihre Götter geschaffen und ihnen ihre eigene Empfindung, ihre eigene Stimme und Gestalt beigelegt hätten, daß die Äthiopier ihre Götter schwarz und plattnasig, die Thracier die ihrigen rothaarig und blauäugig gestalteten, daß Rinder und Löwen, wenn sie nur malen könnten, ihre Götter wie Rinder und Löwen darstellen würden.

Und wahrlich, wer wollte in der steifen Größe der egyptischen, in der grotesken Ungestalt der indischen, in der gräßlichen Ungeheuerlichkeit der mexikanischen, in der kunstvollen Anmut der griechischen Göttergestalten nicht das Spiegelbild der Sinnesart ihrer Urheber wiederfinden? Und zeigt uns ferner nicht der Übergang aus dem Naturmythos zur Heldensage und endlich zum Märchen, wie er uns z. B. so deutlich in dem Sigurd- und Brynhild - Mythos, der Siegfriedsage und dem Märchen vom Dornröschen entgegentritt, ein Spiegelbild der Entwickelung des Volksgeistes selbst? Freilich ist der Gehalt an Poesie in der mythischen Zeit ein viel reicherer, freilich will es uns bedünken, als ob der Fels und Thal erschütternde Gießbach zu einem friedlich durch die Wiesengelände dahingleitenden Bächlein geworden sei

und das hat in nichts anderem seinen Grund als in dem Zurücktreten der frei schaffenden Phantasie vor dem nüchterneren Verstande und vor der Reflexion, in dem Zurückweichen holder ahnungsreicher Dämmerung mythischen Glaubens vor dem hellen Tageslichte der Geschichte.

Vischer nennt die Mythologie ein Augenaufschlagen über die Wunder der Natur d. i. ohne Bild: sie geht hervor aus der staunenden Deutung von Vorgängen in der Natur nach dem Maßstabe der eigenen Phantasie, welche Thätigkeit als Handlung, Bewegung als Äußerung eines persönlichen, menschenähnlichen Lebens und Willens anschaut.

Im Rollen des Donners hört der vom frommen Schauder Durchbebte die Stimme dessen, der ihn geschaffen hat, der Krieger den Ton der Drommete oder den Hufschlag göttlicher Rosse, der Hirte das Brüllen einer Kuh, ein anderer das Dröhnen des Hammerschlages oder den wilden Aufschrei des Wolken

drachens, dem der Gott das Haupt zerschmettert; der Bauer sagt noch heute: Uns' Herrgott smitt Brot in de Kisten oder hört Petrus mit den Englein Kegel schieben u. s. f.

Wie das Kind sieht der Naturmensch alle Erscheinungen nicht als ein Nicht-Ich, sondern als ein Ich neben dem seinigen an. Wenn ein Hindu an seinem Baume im Garten besonderes Interesse nimmt, so legt er alle seine Gedanken und Gefühle in ihn hinein und bemüht sich vor allem, ihm eine passende Frau zu werben. Der Brahmane muß die Einsegnung der Ehe celebrieren.1) Frigg nimmt Eide von Feuer, Wasser, Erde, Stein, Gewächsen, Tieren, ja von den Seuchen, daß sie Baldur schonen möchten, nur die Mistelstaude wird vergessen. Starb der Hausherr, so mußte dies unter den Germanen allem seinen Vieh, selbst den Bäumen, mitgeteilt werden.1) Der Südseeinsulaner leiht auch den Kokosnüssen eine Seele. Diese wandert in ihr Paradies nach der Insel Longia, und der dort wohnende Häuptling beklagt sich, daß er in Zeiten großer Festlichkeiten, wo viele Kokosnüsse gegessen werden, nicht schlafen kann, weil er stets das Krachen der Nüsse höre, die, wo sie irgend im Archipel verzehrt werden, sofort in ihr Paradies kommen.2) Die Kähne weckt man durch Trommel wirbel auf, wenn sie gebraucht werden sollen, und schläfert sie nach dem Gebrauch wieder ein3) u. s. w.

Wenn Himmel und Erde Vater und Mutter der Welt sind, wenn Sonne und Mond als Geschwister gelten, wenn Eos eine rosige Göttin ist, wenn der Mond die Sonne fängt, so daß es finster wird, wenn die Nacht die Tage verschlingt (vgl. das Märchen vom Wolf und den sieben Gaislein), wenn die Sonne von dem Meere geboren wird, die Sterne die Kinder des Mondes sind, wenn die Milchstraße die Wohnung von Seelen oder die Straße der Vögel oder der weißen Elefanten ist, oder wenn Himmelsgott die Wolken in rasendem Sturme vor sich hertreibt, wenn die Sternschnuppen entfliehende Seelen der Menschen sind u. s. f. u. s. f., so ist alles menschlicher Analogie entsprungen,

1) O. Sprenger, das Leben und die Lehre Muhammed's 1861 II 489.
1) Simrock, Deutsche Mythologie 1864 S. 599.

2) Waitz, Anthropologie VI 611.

3) Waitz, a. a. O. S. 684.

Die Beispiele bei O. Flügel a. a. O.

es ist das metaphorische d. h. menschliches Leben auf die Naturerscheinungen übertragende Schöpfung der Phantasie mit dem holden oder beängstigenden Wahne der Wirklichkeit. Gewiß hat Tylor (Anf. der Kultur I 286) recht, wenn er sagt: „In der homerischen Betrachtung des lebendigen persönlichen Helios lag etwas mehr und Tieferes als bloße Metapher," als „bloß expressive Redeweise gleich den phantastischen Metaphern eines modernen Dichters,“ als,,ein rhetorisches Gleichnis." Er hat recht, weil sich hier Glauben und ästhetischer Schein gegenüberstehen. Er hat aber unrecht, die gemeinsame Wurzel beider Anschauungsweisen zu verkennen und in dem Metaphorischen nur Fiktion, Trug und Rhetorik, anstatt eine wurzelhafte Anschauungsform im Dichten und im Denken zu erblicken. Denn worin anders beruht sein Animismus, die Belebung des Alls und aller seiner Erscheinungen, als in der anthropocentrischen Nötigung, die zum Metaphorischen treibt?

Wenn die Eskimos die Sterne im Oriongürtel die Verwilderten nennen und erzählen, wie diese als Seehundjäger den Heimweg verfehlt haben, wenn andererseits die Australier ebendort junge Männer einen Kriegstanz aufführen sehen u. s. f., so ist es klar, daß eben immer der Mensch die eigenen Verhältnisse auf das Fremde übertragen muß und wie sich die Anschauung derselben Erscheinung nach der Verschiedenheit des Geistes, der sie anschaut, individualisieren muss. Und zwar betrifft dies ebensowohl die immer wiederkehrenden Naturvorgänge, welche dann einen individuellen Ort, eine individuelle Zeit und einen individuellen Thäter erhalten, als auch die plötzlich eintretenden wie Sonnenfinsternis, Wasserhose u. ä. m. Entschwand das Leben aus dem Körper des Genossen, so fragte sich der Naturmensch: wo bleibt sie? In Nichts verschwinden, verlöschen das lag seiner Anschauung ferne. Und so meinte er selbst in den Sternen die Seelen früherer Menschen wiederzufinden.

Der Phantasie des Japaners ist das Schreckhafteste das Ungetüm des Drachens, und so glaubt er, wenn die Wasserhose überwältigend und schnell hereinbricht, daß Drachen mit rascher und heftiger Bewegung in die Luft emporschießen.

Was sich einmal festgesetzt hat, was Besitz der Phantasie geworden ist, wird übertragen auf das Neue, bis dahin Unerkannte.

So erscheint der Regenbogen den Naturvölkern als Brücke, als Schwibbogen, (wie den Israeliten als Zeichen des Friedens, als Bogen Jahwes), als Federkopfputz, als Waffe, als golddurchwirkte Schärpe, als Schlange, als Ungeheuer, das Menschen verschlingt u. s. f. Das Echo ist das Geschrei der Berggeister; in den Klippen, Wasserfällen, Vulkanen hausen überall gewaltige oder auch macht verleihende Naturgeister.

,,

Doch am köstlichsten hat den glaubensvollen Traum naiver metaphorischer Naturanschauung der Grieche geträumt. Denn was anderes sind seine hehren und seine lieblichen Göttergestalten als die Umsetzung des innigst empfundenen Natureindrucks in plastischen Ausdruck"? Sowie der Grieche, sagt Lehrs, in die örtliche Natur um sich sah, in seine Wälder und Grotten, seine Berge und Schluchten, seine Quellen und Wellen, so empfing er den Eindruck eines Lebens, eines anmutigen, üppigen Lebens so lebendig, so innig, so hehr, daß sich ihm die empfundene Wirkung sogleich in göttliche Wirksamkeiten umsetzte und diese göttlichen Energien nun nach seiner Weise sogleich als göttliche Gestalten, göttliche Personen hervorsprangen. Und so belebte, beseelte der Grieche alles, wo er Leben sah, mit menschenähnlichen Gestalten, ob die Gestirne oder das Meer oder die Erde; so schuf er neben den gewaltigen Machthabern das zahllose Volk von Dämonen, die Satyrn und Nymphen, Pan und die Horen und Dryaden; so beseelte er selbst die Pflanzen und die Blumen und schuf seine herzbewegenden Mythen von Persephone, von Narkissos, Hyakinthos u. s. f. u. s. f.

Aber wie im Altertum bereits von Homer und Hesiod gesagt wurde, daß sie den Griechen ihre Götter gegeben und diese mit allen menschlichen Schwächen und Lastern begabt hätten, so haben auch Neuere, besonders Max Mueller (a. a. O. S. 363), sich entrüstet, daß neben der ,,den Hellenen angeborenen Genialität" eine solche,,Unreife und Abgeschmacktheit dessen, was uns als ihre Religion überliefert ist", sich finde. Der größte Irrtum hierin ist der, daß die griechische Religion schlechtweg mit Mythologie identifiziert wird, daß ferner die Zeiten, die Epochen der sittlichen Entwickelung der Griechen nicht geschieden werden. Es liegt aber eine große reiche Entwickelung vor Homer! Nicht Homer hat die Götter der Griechen geschaffen, sondern was er

« ก่อนหน้าดำเนินการต่อ
 »