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Naturanschauung beruhende Vorstellung der Götter sich immer mehr versittlichte, wie der Himmelsgott der Gott der Ordnung, der heiteren Majestät und Weisheit, die Himmesgöttin zur Göttin der Ehe und der Familie, wie der Sonnengott Apollo der Gott des Lichtes, der Erleuchtung auf geistigem Gebiete wurde u. s. f., das bedarf nur der Andeutung.

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Nicht weniger wichtig aber als diese Naturbeseelung, welche allmählich immer mehr das physische Element abstreift und immer durchgeistigter wird, ist die Belebung der Naturerscheinungen aller Art, welche in dem Glauben an das Fortleben der Seelen Verstorbener ihre Stütze fand. Für das rätselvolle Ding, das bald ist, bald nicht ist (in der Ohnmacht, im Traum) und doch wiederkehrt und dann plötzlich verschwindet, haben die meisten Naturvölker kein anderes Wort als für Schatten, Bild, Echo oder für Atem, Leben, Herz. Wie dem Körper des Lebenden der Schatten folgt, so glauben sie auch, daß die Seele in einer schattenähnlichen Form weiter existiere nach dem Tode.

Welche Metapher aber für diesen selbst, für das Scheiden aus der bisherigen Gemeinschaft, lag näher als die der Reise, der Wanderung? War der Tote im Leben fort, so wanderte er; nun, wenn er verstorben ist, so wandert er auch, nur mit dem Unterschiede, daß er den Weg wandert, von dem es keine leibliche Wiederkehr giebt. Und so giebt man dem Toten Keule und Axt und Kahn und Waffen u. s. f. mit; man fürchtet den Geist des Toten weit mehr als den Lebenden; sein Geist, der nach dem Tode umherirrt, kann in irgend einer Gestalt wieder erscheinen, sei es im Traume, sei es im Wachen, und er kann schaden. Man will ihn besänftigen, alles vermeiden, was seinen Zorn erregen könnte, und man betet zu ihm.

Der Gedanke, daß der noch eben lebend und thätig war, nun plötzlich nichts mehr wie früher verrichten kann, leuchtet dem schlichten Menschen zu schwer ein, als daß er nicht der Illusion, er lebe noch, fröhnen und so ihn wie einen Lebenden behandeln und pflegen sollte. Ja, selbst die Waffen und Gewänder, die er ihm mitgiebt, hält der Wilde für belebt, gespensterhaft beseelt ,,der Geist der Keule ist mit ihm gezogen" und so verbrennt er jene auch und giebt dem Toten nur Idole mit.

Der schlichte Naturmensch ahnt in allem, was ihn umgiebt, geheimnisvolle Einflüsse; kein wildes Tier jagt in den Bergen des Indianers, kein Vogel singt, kein Blatt rauscht, das nicht sein Schicksal lenken und ihn warnen könnte; er beobachtet die Natur um sich her wie ein Astrolog die Sterne;1) der schlichte Naturmensch kann garnicht umhin, seine Seele an alles Gegenständliche zu verzetteln, alles seinem Wesen ähnlich sich vorzustellen. Seine Seele, sein Wesen wird der Typus für alle jene dämonischen Gestalten, die von den Berggeistern und Elfen und Kobolden emporführen zu dem großen Geiste, dem Lenker des Himmels, dem Schöpfer der Welt. Und ferner haften die Seelen der Verstorbenen bald an einem Stein oder an einem Baum oder Berg u. s. f., sind bald schädliche, bald schützende Geister. Man kann der Hoffnung nicht wehren, daß der Vorfahr auch noch nach dem Tode ein Hort seines Volkes ist, daß der Häuptling nach wie vor die Feinde schädigt und die Tapferen seines Volkes belohnt und die Feigen und Bösen straft. So wird er unter die Götter versetzt, so wird zu ihm gebetet um gutes Wetter, um Glück auf der Jagd, um Austreibung der Teufel aus dem Leibe der Kranken u. s. f.

Man hat den Fetischismus die niedrigste Form der Religion genannt. Doch die neuere vergleichende Religionsgeschichte hat ergeben, daß keine Religion bloß aus Fetischismus d. h. Anbetung eines beliebigen Gegenstandes besteht denn der Fetisch ist bald das Vehikel geistiger Wesen, bald ihr Symbol und daß keine Religion des Fetischismus entbehrt. So sagt Waitz (Anthrop. II. p. 174) von den Negern: Nach der Ansicht des Negers sitzt in jedem sinnlichen Dinge ein Geist oder kann doch darin sitzen, und zwar in ganz unscheinbaren Gegenständen oft ein sehr großer und mächtiger. Diesen Geist denkt er sich nicht als fest und unabänderlich gebunden an das körperliche Ding, in dem er wohnt, sondern er hat nur seinen gewöhnlichen oder hauptsächlichsten Sitz in ihm. Der Neger trennt wohl in seiner Vorstellung nicht selten den Geist von dem sinnlichen Gegenstande, den er inne hat, setzt beide sogar bisweilen einander entgegen; das Gewöhnliche aber ist, daß er beide zusammenfaßt als ein Ganzes bildend, und dieses Ganze ist (wie der Europäer es nennt) „der 1) Vgl. Waitz a. a. O. III 191.

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Fetisch", der Gegenstand seiner religiösen Verehrung. Es bleibt also oft schwer trennbar, was metaphorische Beseelung und was symbolische Anschauung ist, ob der Geist in dem Stein oder Holz selbst wohnt oder ob der Gegenstand nur das Sinnbild ist. Vielfach genügt das Idol, und die Portugiesen erkannten mit Recht, daß das Tragen solcher Idole sich von dem ihrer Amulette nicht wesentlich unterscheide.

Es kommt hinzu, daß neben diesem plumpen Götzendienst ungestört die Vorstellung eines höchsten Wesens einhergeht, 1) so die des Himmels als des Urhebers von Donner und Blitz und Sturm und des Urquells alles Lebens. Man sieht es ja täglich, sagte ein Fetischmann, wie durch den von Mawu gesendeten Regen und Sonnenschein das Gras und Korn, der Baum entsteht, wie sollte er nicht Schöpfer sein? - Und mit welcher Poesie weiß der Neger seine Gottheit auszugestalten! Die Wolken sind der Schleier, die Sterne der Schmuck von Njongeno's Gesicht. Er sendet seine Kinder, die Wong, die Luftgeister, die ihn bedienen, auf die Erde, wohin sie seine Befehle zu überbringen oder wo sie diese selbst auszuführen haben. Er öffnet des Morgens das große Thor für die Sonne u. ä. m.

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Bei einem anderen Negerstamme, den Ibos, heißt es von dem höchsten Wesen: er hat alles gemacht, er hat zwei Augen und Ohren, eins im Himmel, das andere auf der Erde; er schläft niemals und ist unsichtbar, und doch sieht ihn der Gute nach dem Tode, der Schlechte aber kommt ins Feuer. Oder bei dem Volke in Aquapim wird der höchste Gott im Firmamente angeschaut; die zweite Stelle nimmt die Erde ein als die allgemeine Mutter, die dritte hat der oberste der Fetische inne. Bei anderen hat das höchste Wesen Geister geschaffen und über Gebirg und Thal, Wald und Feld, Fluß und See als Herren gesetzt; man denkt sie sich ganz menschenähnlich, teils als gut, teils als böse; der höchste Gott steht zu hoch für die Verehrung der Menschen.,,Daß sie neben Gott noch tausend und abertausend Fetische haben, das haben sie leider auch noch mit vielen Christen gemein", sagt ein Missionar ganz treffend. — Und war es bei den Juden anders? Überhaupt haben die neueren Beobachtungen gelehrt, daß im Hintergrunde einer systemlosen Viel

1) Vgl. Waitz a. a. O. S. 168 ff.

götterei bei den Negern die Vorstellung eines höchsten, über alles Wissen und Glauben erhabenen Wesens sich häufig findet. Gemäß seiner Vorliebe zum Phantastischen treibt der Neger die Beseelung der Natur, wie Waitz ausführt, auf die äußerste Spitze; da aber sein Verstand zu ungebildet ist, um die eine allgemeine Beseelung derselben fassen und festhalten zu können, verirrt sich seine Phantasie mit dieser Vorstellung bis zu den unbedeutendsten Kleinigkeiten, wie es seine besondere Lebenslage gerade mit sich bringt: er ahnt in jedem Gegenstande einen Geist, und diesem Geist huldigt er in Furcht und Anbetung.

So verschieden nun auch die Formen sind, welche die religiösen Vorstellungen bei den verschiedenen Völkern gewonnen haben, weil sie auf der Eigenart dieser selbst und der Natureindrücke, die ihnen zuströmen, beruhen, weil es auf das geistige Agens, das „überträgt“, und auf das Objekt, auf das „übertragen wird“, ankommt, und so verkehrt es ist, Berichte über wilde Stämme gar zu sehr zu verallgemeinern, so bieten vor allem doch die Polynesier (vgl. Waitz a. a. O. VI S. 336) eine fast typische Entwickelung der Religion.

Vico lehrt schon, daß die Menschen die zweifelhaften oder dunklen Dinge, von denen sie berührt werden, natürlicherweise nach ihren eigenen Naturen und den aus diesen hervorgehenden Leidenschaften und Gewohnheiten oder nach ihren sonstigen Erfahrungen auslegen. Auf der ältesten Stufe kann eben von einem Naturverständnis nicht die Rede sein; es muß daher ohne weiteres der neue Gegenstand mit einer schon vorhandenen Vorstellung identifiziert werden. Diese Vertauschung nennen wir das Metaphorische. Ein späterer Akt ist die Gestaltung eines Bildes, eines greifbaren Symbols, welches sich von jener metaphorischen Verwechslung darin unterscheidet, daß das Bewußtsein der Verschiedenheit von Bild und Ding vorhanden ist, was bei der mythischen Metapher nicht der Fall ist. Da nun aber weiter die Anschauungen, über welche der Mensch verfügt, zur Assimilation nicht nur auf die Vorstellungen, welche das menschliche Bewußtsein von sich selbst, von Leib und Seele, in die Hand giebt, beschränkt sind, so kann jede beliebige Anschauung, sei es von dem Feuer, von dem Wasser, von den Tieren u. s. f. entlehnt werden.

Dies tritt bei den Polynesiern deutlich hervor.

Auf der

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ersten Stufe begegnen die Schutzgeister auch in Tiergestalt. Man fürchtete die Tiere, aber man bedurfte ihrer notwendig zur Nahrung; auch scheute man das fremdartige Leben in ihnen, und aus diesem fremdartigen Leben machten sie Götter, welche aber noch nicht individuell geschieden sind. Jede Wohlthat, jeder Vorteil ist die Gabe eines Atua, unter dessen Schutze der Einzelne sich wähnt. Auf der zweiten Stufe steht die Phantasie unter dem Eindruck der schon sicherer beherrschten Welt; auf sie wirkt minder das Furchtbare als das Erhabene, das Schöne, nicht einzelnes Vorübergehendes, sondern das gleichmäßig Wiederkehrende, das täglich erscheinende Wunderbare; hierhin gehören alle deutlich vorgestellten mythisch und poetisch ausgeschmückten Göttergestalten, die aus ungenauem Abstrahieren und Verknüpfen und Personifiziern hervorgehen.

Auf der dritten Stufe wird die Personifikation selbständiges Wesen außer, ja über der Natur; statt der Naturgottheiten tritt ein neues Element auf: die menschliche Seele erhält göttliche Würde, weil man sie in ihrer Einheit immer mehr fühlt; es entwickelt sich Seelen- und Dämonenkultus. Eine gleiche Entwickelung der Seelenvorstellung zeigt uns das Griechentum: auf der ersten Stufe werden die Leichen begraben, und die Seelen wirken teils gnädig, teils feindlich fort, auf der zweiten z. T. homerischen verbrennt man die Leichen, um sicher vor ihren Seelen zu sein, die erst nach der Leibesverbrennung ein unschädliches schattenhaftes Dasein in der Unterwelt führen; auf der letzten Stufe endlich bricht der Gespensterglaube wieder durch, vor allem im Kult der chthonischen Gottheiten (vgl. E. Rohde, Psyche). Und was ist der heutige Spiritismus anderes als das Wiederaufleben des wilden Animismus oder des Dämonenglaubens?

Der Wilde fühlt sich also abhängig von äußeren Mächten; er kann sie sich, weil sie thätig sind, nicht anders denken als ihm selber ähnlich, sei es nun leiblich oder geistig: in diesem metaphorischen Beseelen der gegenständlichen Welt liegt der Ursprung der Religion. So sieht er überall Geister wirksam; er betet zu ihnen; er fürchtet sie; er fühlt sich von ihnen geleitet oder geängstigt; er scheut in allem Fremden einen Geist, der ihm schaden kann; ja, er spürt es, daß ein Geist im Feuerwasser oder in der Schießwaffe des Weißen wohnt u. s. f. u. s. f. Die Metapher des

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