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der Ferne sichtbar wird, dann verschwindet, um in neuem breiterem Schwalle immer wieder aufzutauchen. So klingt das Werden innerer Gedanken- und Gefühlsbewegungen in Tönen aus. Und wie der Ruf, der Schrei, kurz der Ton im allgemeinen, wie er sich der Menschenbrust entringt oder wie wir ihn in der belebten Natur wahrnehmen, uns als Verkörperung, als Träger einer Empfindung gilt, gemäß der natürlichen Anlage unserer Nerven und der harmonischen Übereinstimmung zwischen Innenund Außenwelt, so bekleiden wir die lebhaft bewegte Außenwelt der Töne mit Fleisch und Bein und verkörpern sie mit Hülfe der Analogie, so deuten wir auch in der Kunst der Musik die Töne beseelend um, nnd so wird alles Schaffen und Verstehen des Musikschönen metaphorisch. Da legt der Musiker hinein oder er enträtselt, objektiv gedacht, das Geheimnis der Tonbeziehungen -, und wir hören es ihm nach: ein Jubeln und Frohlocken, ein Ächzen und Stöhnen und Klagen, ein Locken und Sehnen, ein Kosen und Weinen, ein Drohen und Mahnen. Mag der Kreis des individuell Möglichen hinsichtlich des Schaffens und des Genießens auch noch so groß sein, der Grundcharacter muß ein bestimmter sein und wird auch Wiederhall finden. „Die Tonformen", sagt Lazarus (Carriere S. 348), „erhalten demnach einen bestimmten sinnlichen und seelischen Charakter, der ihnen aus anderen sinnlichen und seelischen Formen, die in unserem Inneren bereits vorhanden sind, nach dem Maße der Analogie auf dem naturgesetzlichen Wege des Apperzeptionsprozesses zuwächst." Das ist eben das Metaphorische! Es beruht auf der Analogie, welche die Brücke baut zwischen Außen- und Innenwelt und so die Folge der Töne uns empfinden läßt als ein Wallen und Wogen, Eilen und Zögern, Anwachsen und Hinschwinden, Rinnen und Zerrinnen, Emporstreben und Hinabstürzen u. s. f.

Die Erschütterung der Nerven durch die Töne wird zu einer seelischen Bewegung in uns, und so fließen Inneres und Äußeres zusammen, und metaphorisch leihen wir, schaffend oder genießend, alles, was in unserer Brust nur bebt und lebt, was der Seele höheren Flug verleiht oder sie in die Abgründe des Menschenseins hinabstößt, diesen leichthin hallenden oder schwer und mächtig dröhnenden Tonmassen.

Die Tonarten, führt Lotze (Gesch. der Ästh. S. 490) aus,

repräsentieren jene unendliche Beziehbarkeit, Vergleichbarkeit, Verwandtschaft und abgestufte Verschiedenheit des Weltinhalts überhaupt; die Erinnerung an diese Verhältnisse des Weltinhaltes macht die Rhythmen, Figuren, Beziehungen der Musik für uns wertvoll.

Nur aus diesem anthropozentrischen, geistig-leiblichen, metaphorischen Leihen unseres eigenen Lebens, nur aus dieser Analogie, die uns die Außenwelt erschließt, können wir uns die Macht der Musik begreiflich machen.

In der Kunst gilt vor allem das Wort: „Du gleichst dem Geist, den du begreifst ", und so wird auch der Musiker uns am meisten zu sagen wissen, uns am tiefsten erschüttern, die Saiten unseres Inneren am gewaltigsten in Schwingungen versetzen, der in uns verwandte Empfindungen rege macht, der Klänge anschlägt, mit denen wir Vorstellungen und Bilder aus Außen- und Innenleben verbinden können, so daß sie schier greifbar vor unserem Geiste stehen, so daß wir das Rauschen des Windes, sein Raunen und Säuseln, das Brausen des Meeres, das Rollen des Donners, das Singen der Vögel — und was es für Töne in der Außenwelt giebt, zu vernehmen meinen. Aber der innerste und tiefste Zauber der Musik ist mit diesen Anklängen noch nicht enthüllt und noch nicht gewonnen, sondern die Stimmung unserer eigenen Seele bleibt immer die wichtigste Resonanz für die Welt der Töne, die ein Abbild wird für die Natur in ihrer Farben- und Formenpracht, in ihrer lieblichheiteren und düster-erhabenen Schönheit, und für das Geistige mit seinem Mühen und Sorgen und Streben. Und je tiefer unser Nervensystem und unser seelisches Leben kraft des Metaphorischen in Bann gezogen wird durch das Aufundabwiegen und -wogen der Töne, durch den angstvollen Schrei oder den jauchzenden Jubel, desto mehr erkennen wir das Wort in seiner Wahrheit: Das Schaudern ist der Menschheit bestes Teil." Es überrieselt Leib und Seele mit magischer Gewalt. Und wie wechselnd ist die Fähigkeit des metaphorischen Leihens! Bald sind es nur wohlklingende Tonreihen, die an unserem Ohre vorüberrauschen, bald entdecken wir in ihnen wonnige Melodien, die ineinanderfließen und die uns mahnen an Kindheit oder Alter, an Jugend und Liebe oder an Hoffnung, an Sehnen, an Streben, an Meeresstille

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oder Sturmeswüten, an Nachtigallenschlag oder Bachesrauschen u. s. f. u. s. f. Nichts hebt und trägt die Stimmung so sehr als die Musik; ist doch „Stimmung" eine musikalische Metapher, die auf das Gemüt übertragen ist und die innere Analogie, die Harmonie zwischen Seele und Tonwelt bekundet. Aber auch der Künstler kann seine innerste Stimmung auf keine Weise deutlicher offenbaren als durch diese die inneren Rhythmen d. h. die seelischen Bewegungen, Empfindungen widertönenden Melodien. So sagt Schopenhauer (I 343 Gr.): „Die Erfindung der Melodie, die Aufdeckung aller tiefsten Geheimnisse des menschlichen Wollens und Empfindens in ihr, ist das Werk des Genius, dessen Wirken hier augenscheinlicher als irgendwo, fern von aller Reflexion und bewußter Absichtlichkeit liegt und eine Inspiration heißen möchte“, so auch Wagner, Nietzsche, so auch Helmholtz (Carr. 365): „Das unkörperliche Material der Töne ist viel geeigneter, in jeder Art der Bewegung auf das Feinste und Fügsamste der Absicht des Musikers zu folgen als irgend ein anderes noch so leichtes körperliches Material; anmutige Schnelligkeit, schwere Langsamkeit, ruhiges Fortschreiten, wildes Springen, alle diese verschiedenen Charaktere der Bewegung und noch eine unzählbare Menge von anderen lassen sich in den mannigfaltigsten Schattierungen und Kombinationen durch eine Folge von Tönen darstellen, und indem die Musik diese Arten von Bewegungen ausdrückt, giebt sie darin auch ein Bild derjenigen Zustände unseres Gemüts, welche einen solchen Charakter der Bewegungen hervorzurufen imstande sind, sei es nun, daß es sich um Bewegungen des Körpers oder der Stimme, oder noch innerlicher um Bewegung der Vorstellungen im Bewußtsein handeln möge. Jede Bewegung ist uns ein Ausdruck der Kräfte, durch welche sie hervorgebracht wird, und wir wissen instinktiv die treibenden Kräfte zu beurteilen, wenn wir die von ihnen hervorgebrachte Bewegung beobachten.“ — Dies Instinktive für Schopenhauer ist es das verkörperte Ding an sich ist aber nichts anderes als das Metaphorische, welches menschliches Sein nach leiblichen und geistigen Verhältnissen auch auf die leichtbeschwingten Töne überträgt und ihre melodiöse Bewegung zum Ausdruck, zur Verkörperung der verschiedensten Gemütszustände gestaltet, so daß der Hörer, der dieser Bewegung folgt, das anschaulichste und eindringlichste Bild von den Regungen

unseres innersten Wesens oder individueller von der Stimmung, die den Musiker beseelte und die der Musiker zu erwecken beabsichtigte, erhält.

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Man höre nur einmal, wie bei Musikverständigen die Musik wirkt und zwar mit durch und durch metaphorischer Auffassung (nicht bloß sprachlicher Ausdrücksweise) bei Ambros,,(Die Grenzen der Musik und Poesie", S. 32): „Wir haben die C-mollSymphonie von Beethoven gehört. Nach dem gewaltigen Kämpfen und Ringen des von Leidenschaften durchwühlten ersten Satzes, in welchem, wie Beethoven sagte, das Schicksal an die Pforte klopfte, hat die hold tröstende Stimme des Andante mit seinen Flötenklängen vergebens den Frieden zu geben getrachtet jeder triumphierende Aufschwung verlor sich jedesmal wie in düster hereindämmernden Nebelschatten, unverändert kehrte immer und immer wieder dieselbe Tongestalt wieder ein schmerzlicher Blick zum Himmel voll stiller Entsagung. -Da begannen im dritten Satze die Bässe wie finster drohende Geistergestalten aufzusteigen gegen die Lichtwelt, die uns das Andante wie in weiter Ferne gezeigt, Klagestimmen wurden laut, zum Lachen verzerrter Schmerz, toll herumwüstende Lustigkeit, die ersten Weisen wiederkehrend, aber wie in sich gebrochen, an der Stelle des vollen Saitenklanges matte Pizzicati, statt des markigen Horntones die schwächliche Oboe wir langten endlich bei der finstersten Stelle an, wo die Bässe auf As liegen blieben", und dann zerriß der schwarze Vorhang, und im vollen Triumphe des hereinbrechenden C-Dur wurden wir in einen Ocean von Licht hineingerissen, in einen Jubel ohne Ende, in ein Reich glorreicher Herrlichkeit ohne Grenzen als Bürger einer höheren Welt."

Ganz ähnlich drücken die Stimmungen andere Musikkritiker aus, indem sie Beethoven's herrliche Tondichtung nachzudichten suchen. Seele spricht eben zu Seele; der beseelte Ton schlägt ans Herz. Und da immer nur wieder der Mensch dem Menschen das wahrhaft interessante Problem der Welt ist, so muß er die Außendinge, auch die flüchtig verklingenden Tonreihen mit menschlichem, mit geistigem Maße messen, geistig interpretieren.

Vortrefflich und ganz in dem Sinne dieser Schrift sagt

Dilthey (,,Dichterische Einbildungskraft und Wahnsinn"): „In unserem psychophysischen Wesen ist uns die Beziehung eines Innen und Außen gegeben, und diese übertragen wir überall hin. Wir deuten oder versinnlichen unsere Zustände durch äußere Bilder und wir beleben oder vergeistigen Außenbilder durch innere Zustände. Die kernhafte Idealität des Kunstwerks liegt in dieser Symbolisierung eines ergreifenden inneren Zustandes durch Außenbilder, in dieser Belebung äußerer Wirklichkeit durch einen hineingesehenen inneren Zustand." Und so findet auch Dilthey hierin, sagen wir also in dem Metaphorischen, ,,eine mächtige Wurzel von Mythos, von Metaphysik, vor allem aber von Poesie."

Und in der That, was ist Poesie anderes als ein Wortwerden des Geistigen, als ein Geistigwerden des Wortes? Und was spiegelt sich in der Dichtung wieder? Wir können mit Jakob Grimm antworten und wir haben sogleich in aller Prägnanz des Ausdrucks und des Gedankens das Metaphorische in der Poesie gekennzeichnet: „Die Poesie ist das Leben, gefaßt in Reinheit und gehalten im Zauber der Sprache." Freilich ist auch diese Definition da alles Werden in der Natur, vorzüglich das organische und lebendige, sich unserer Betrachtung entzieht, wie W. v. Humboldt sagt, und da alles Geistige nur bildlich, metaphorisch gedeutet werden kann - lediglich eine Umschreibung, eine Umschreibung jenes Geistwerdens des Wirklichen und jenes Zusammenströmens von Innen- und Außenwelt im geistig- sinnlichen Wort, jenes Überströmens des Lebensgefühls auf die Außendinge und der Umformung dieser zu einem anschaulichen Phantasiebilde.

Auch bei Schiller und Goethe finden wir eine Bestätigung unserer Auffassung des Metaphorischen in der Poesie. Jener sagt (Brief vom 27. März 1801, II S. 278): „Die Poesie, däucht mir, besteht eben darin, jenes Bewußtlose (d. h. eine ,,dunkle, aber mächtige Totalidee") aussprechen und mitteilen zu können d. h. in ein Objekt überzutragen." Und statt vieler Worte Goethe's sei nur das eine in den „Sprüchen in Prosa" herausgehoben (nr. 235): „Es giebt eine Poesie ohne Tropen, die ein einziger Tropus ist." Gehen wir nun diesem Gedanken etwas näher nach!

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