ภาพหน้าหนังสือ
PDF
ePub

-

Alle Poesie ist symbolisch. Der Dichter stellt uns Bilder der Außen- und Innenwelt vor die Seele, auf daß wir nachzeichnen können, was seinem geistigen Auge verschwebte, und auf daß wir nachempfinden können, was sein Inneres erfüllte. Er schafft Situationen, Gestalten, Charaktere, welche durch die Analogie seiner Erfahrungen gebildet, metaphorisch die Erscheinungen des Lebens wiedergeben und somit in ihrer höchsten Vollendung als Typen gelten. Er macht das Reich seiner äußeren und inneren Wahrnehmungen gegenständlich, er verkörpert das Geistige durch das Wort, und er füllt mit der Glut seines eigenen Empfindens die Außenwelt; er überträgt sein eigenes Ich mit seinen Stimmungen und Gedanken auf einen anderen; er macht diesen gleichsam zum Interpreten seines Ichs, aber er gestaltet auch das Empfinden des anderen zu seinem eigenen, so daß er sich selbst vergißt, so daß nur jener aus ihm spricht und alles das kraft der künstlerischen metaphorischen Phantasie. In ihr führt der Dichter ein Doppelleben; sie gaukelt ihm eine neue Wirklichkeit vor, an deren Erscheinungen, so sehr sie auch nur Bilder inneren Erlebens sind, er in der Begeisterung des Schaffens nicht minder glaubt, als wie an die, welche ihn täglich umgeben und die ihm die Farben und Umrisse leihen für jene Welt des schönen Scheins, die er über der wirklichen aufbaut; und dies Aufbauen ist das Schöpferische, das Göttliche im Dichter. Diese Welt des schönen Scheins ist aber durch und durch metaphorisch, nicht bloß weil sie sinnbildlich und typisch ist und somit das Alltägliche zum Notwendigen, das Besondere zum Allgemeinen umgestaltet, nicht nur weil sie, wie die phantastische Welt, die das Kind sich im holden Wahne nach dem Muster der eigenen Erfahrungen vorzaubert, ein Spiegelbild der Wirklichkeit ist, sondern weil sie sich nur aufbaut auf der Verkörperung der Innenwelt und auf Verinnerlichung der Außenwelt. Denn was macht den Dichter? Es ist nach Goethe's Ausspruch „das lebendige Gefühl der Zustände und die Fähigkeit, sie auszudrücken." Was heißt aber lebendiges Gefühl der Zustände" anderes als die metaphorische Kraft, sich hineinversetzen zu können in das Erleben eines anderen, alles, was ihm geschieht, was er empfindet, nachdenken, nachempfinden zu können? Der Dichter muß das in der Außenwelt Geschaute durch das herzliche Mitgefühl deuten können; es muß in ihm wieder aufleben, Gestalt und Blut

[ocr errors]

fülle gleichsam gewinnen; er muß nach Maßgabe seines eigenen inneren und äußeren Erlebens alle die Momente reproduzieren, welche zu diesem oder jenem Ereignisse führten, er muß fremden Schmerz und fremden Jubel zum eigenen zu machen wissen. Und so leiht er metaphorisch sein Ich den Gestalten seiner Phantasie, die er seinen Wahrnehmungen und Erfahrungen nachbildet; so legt er sein Herz und seine Gedankenwelt nieder in der Dichtung, so daß sie nur ein Abdruck des Inneren wird. Alle Poesie", sagt Dilthey, „macht das im Gefühl genossene Leben bildlich und trägt in das Bildliche der Anschauung die im Gefühl genossene Lebendigkeit hinein," und an anderer Stelle: „Der subjektive Zustand wird in dem Symbol eines äußeren Vorgangs versinnlicht, die äußere Thatsächlichkeit verinnerlicht". Das ist eben das Metaphorische.

[ocr errors]

Das Seelenleben des Dichters ist so reich, daß er die mannigfaltigen Stimmungen und Geistesrichtungen gleichsam auseinanderlegen, daß er sein Ich gleichsam in mehrere Personen spalten kann, welche dann der Schauspieler verkörpert. Aber während dies die Grundlage des dramatischen Schaffens ist, versetzt er sich im Epos durch die lebhafte Gabe der Metempsychosis in andere Zeiten und andere Menschen und führt uns deren inneres und äußeres Ergehen vor, oder er drückt sein innerstes Empfinden, die Stimmung, die sein Herz bewegt, die Anschauung, welche seine Phantasie rege macht, im lyrischen Liede aus, so daß der Dargestellte der Darstellende und das Individuum zugleich die Menschheit ist. Er vergeistigt die Form, beseelt den Rhythmus, so daß dieser in seiner Bewegtheit, in seinem langsameren oder rascheren Tempo die inneren Regungen wiedergiebt, so daß er der äußere Leib wird, den sich die Seele der Dichtung baut, so daß er die Schwingungen der Saiten des Inneren wiedertönt. wird im Liede der Rhythmus zur Melodie des Gefühls.

So

Da

heißt es freilich gar gar oft in Ästhetiken und Poetiken, der Dichter habe mit Geschick oder Ungeschick dieses oder jenes Versmaß gewählt. Aber bei dem echten Künstler, bei dem wahren Dichter ist im Schaffen Äußeres und Inneres garnicht zu trennen, sondern es ist eine Synthese, ein organisch Gewordenes, ein beseelter Leib. Das Gedicht muß entstehen, nicht gemacht werden, es muß ein Sinnlich- und Anschaulichwerden des Phan

tasiemäßigen sein. Und da ist Sprache und Vers nicht etwa bloßes Werkzeug, sondern die allein mögliche Form, die aufs innigste mit dem Gedanken, mit der Empfindung verwächst; und so findet das innere Klingen und Singen der entsprechenden Ton im Verse.

Doch wie gestaltet der Dichter nun die Wirklichkeit um? Er webt Anschauung und Empfindung in eins.

Er stellt die Bilder seines Innern klar und anschaulich vor unser geistiges Auge, und er beseelt die Anschauung. Er versinnlicht das Geistige, das Abstrakte, macht es individuell, konkret. Und in diesem metaphorischen Umgestalten, in diesem Leihen des Geistigen an das Sinnliche, in diesem Versinnlichen des Geistigen ergiebt sich als ein notwendiges sprachliches Widerspiel die Metapher. Sie ist kein Zierstück, das der Dichter zur Verschönerung wählt, wie der Maler etwa noch einige grelle Lichter seinem Bilde hinzufügt, sondern wenn eben Inneres und Äußeres zusammenrinnen, klingt es im metaphorischen Worte ganz natürlich aus. Was die Sprache von Anfang an, in ihrer Grundwurzel ist, nämlich metaphorisch, das ist die Dichtersprache im besonderen Maße, weil sie doch aus Begeisterung quillt und weil ihr innerster Grundsatz die Anschaulichkeit, die Sinnfälligkeit und Sinnbildlichkeit ist.

Die Poesie stellt die innige Verbindung zwischen Gemüt und Natur wieder her, die der Verstand skeptisch zertrennt, die der Kulturfortschritt mit seinen Gegensätzen gelöst hat. In der Sphäre der Poesie ist die Sonne nicht mehr der Zentralkörper, um den sich die Erde dreht, oder ein ungeheurer Feuerball, der 20 Millionen Meilen von uns absteht, sondern hier ist sie die Lebensspenderin, mit der unser Fühlen und Handeln auf das Innigste verbunden ist; hier küßt sie den Frühling wach und lockt Blatt und Blumenschmuck hervor; hier weckt sie das Leben, wenn am Morgen ihr Feuer am Horizont hervorblickt; hier gießt sie Frieden über das Gefilde und die Geschöpfe, wenn sie am Abend ihren Lauf vollendet hat und unter den Himmelsrand hinabsinkt. Hier ist der Wald nicht bloß eine Anzahl verschiedener Bäume, sondern er ist ein Gottesdom, worin das von Sorgen belastete Gemüt sich aus der tobenden Welt flüchten kann und wo es in Biese, Philos. d. Metaph. 6

der seligen Waldeseinsamkeit die erquickende Stimme des Ewigen in den Wipfeln Frieden rauschen hört; hier ist das Gebirge nicht bloß eine Steinmasse, die sich über die Ebene erhebt, sondern der erhabene Zeuge der göttlichen Macht, gegen die das winzige Menschenkind ein Nichts ist und deren Hoheit und Hehre sich in den gewaltigen Bildungen offenbart. Hier erscheint die Natur als das, was sie in Wahrheit für den Menschen ist, als das große Geheimnis, dessen Schleier zu lüften zwar die Menschheit mit wachsendem Erfolge unternommen hat, das jedoch dem erschaffenen Geiste, der in ihr Innerstes eindringen will, ein ewiges Ignorabitis zuruft.

Was aber der Wissenschaft, dem Verstande unmöglich ist, das gelingt der künstlerischen Phantasie; sie entsiegelt jenes ewige Rätsel, das in dem All schlummert, sie webt in eins das Menschengemüt und die große Natur; und diese wird durchgeistigt, sie beginnt zu reden, ihr Herz zu klopfen. Und wie der Dichter es belauscht, wie die Fäden sich hinüber- und herüberschlingen, das bekunden seine Lieder, das verrät seine metaphorische Sprache. Und so lacht das Meer oder schläft die See, so liegen schlummernd die Gipfel der Berge und die Schluchten; so sehnt sich der Himmel, die keusche Erde zu umfangen; so rinnt von erhabenem Fels unablässig in ewigem Klagen der Tropfen dahin; so seufzen und klagen, lachen und weinen, schlummern und träumen und schluchzen die Bäume, Sterne und Flüsse und Schluchten, flüstern und raunen die Wipfel, raunen die Wipfel, rast und tobt das Feuer, rauscht melancholisch die Woge, schaut trübe der Mond aus der Wolken Duft hervor oder legt schlafen sich die müde Welle u. s. f.

Man hat das alles Lug und Trug genannt, man hat solche auch noch heutigen Tages immer wieder sich erneuernde Redeweise ein stilistisches Überbleibsel aus alten Zeiten, von den Psalmen und-Ossian her, genannt, ohne zu bedenken, daß die menschliche Phantasie sich ewig gleich bleibt, daß sie sich von der alten Schwiegermutter Weisheit, von dem strengen pedantischen Verstande nicht schulmeistern läßt, sondern ihr schimmerndes Gewand breitet über Berg und Thal, über Himmel und Meer, daß es nur so leuchtet von den Funken des Geistes, der sich der Natur vermählt, von sprühenden metaphorischen Genieblitzen.

Wie die Sprache der Liebe sich ewig gleich bleibt und in zarten Bildern und Gleichnissen die Schönheit der Geliebten preist, wie der Neger (Waitz, II 241) der Holden Stirn mit dem Monde, die Nase mit dem Regenbogen vergleicht, ihre Lippen süßer denn Honig und kühler als das reinste Wasser nennt, wie der Hebräer Sulamith als die Rose unter den Dornen, ihre Augen als Taubenaugen, ihre Brüste als zwei Rehzwillinge, die unter Rosen weiden, ihre Lippen als triefenden Honigseim, ihren Hals als elfenbeinernen Turm, ihre Nase als den Turm auf Libanon, der gen Damaskus siehet, preist, wie nicht minder der modernste unter den modernen Dichtern den Körper des Mädchens schlank wie ein Haselstock, ihre Wangen rosig wie Apfelblüten, ihre „Psychebrüste arglos wie Tauben an die Brust sich ihm drängend" nennt so ist auch die Bild und Sache in eins webende metaphorische Sprache nicht etwa nur in den Psalmen - wie Bruchmann wähnte echt und bei den Griechen „mythologisch“ und bei den Späteren Nachbildung1), sondern sie ist allgemein-menschlich, unentrinnbar.

Vortrefflich sagt der feine Kenner der Volksseele, Uhland (Schr. III 15) und vergebens mäkelt Bruchmann (a. a. O. S. 21) daran herum: „Der Mensch sieht in der Natur nicht bloß Gleichnis, Sinnbild, Farbenschmuck, sondern, was vor allem diesem erst die poetische Weihe giebt, das tiefere Einverständnis, vermöge dessen sie für jede Regung seines Innern einen Spiegel, eine

1) Bruchmann sagt in seinen,,Psychol. Studien zur Sprachgeschichte" (Leipzig 1888), S. 13: „Es dürfte schwer sein, aus der griechischen Litteratur viel Hyperbeln, (d. h. Naturbeseelungen, Metaphern, die der Natur einen sympathetischen Anteil an dem Schicksal des Menschen leihen) anzuführen“. Dagegen vgl. meinen Aufsatz in der Ztschr. f. Völkerpsychol. Bd. XX S. 245-60: „Die poetische Naturbeseelung bei den Griechen." Bruchmann fährt dann fort: Es zeigen die alttestamentlichen Hyperbeln" (d. h. Naturbeseclungen),,eine Innerlichkeit des Gefühls und einen religiösen Schwung, welcher über die mitunter fehlende Plastik leichter hinweghilft. An diesem Feuer wärmten sich daher die Nachdichter Jahrhunderte lang, ohne es eigentlich von neuem in ihrer Seele zu entzünden." Armer Goethe, armer Byron, armer Shelley, armer Moerike! Nein! Es ist dasselbe Feuer, das in allen Dichtern von der ältesten bis auf die neueste Zeit glüht, es ist die bildnerische Kraft der Phantasie, es ist der beseelende Blick des Künstlers, der in das Äussere ein Inneres hineinschaut, es ist ein Funke des göttlichen, des schöpferischen Geistes, der in dem All lebt und webt!

[ocr errors]
« ก่อนหน้าดำเนินการต่อ
 »