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in der der materielle Wohlstand in den Kolonien nach den Funden noch hoch stand, eine Zeit schweren Leidens und Kämpfens. Die Olbiaer Steine und Münzen lehren uns erschütternde Episoden aus diesem Ringen um die politische Selbständigkeit kennen. Immer machtvoller dringen die Barbaren vor; das Reich der Skythen unter Skiluros und Palakos entfaltet immer mehr seinen Einfluss und erweitert seinen Besitz: Olbia, das bosporische Reich und Chersonesos können nicht mehr widerstehen, und da entschliesst sich Chersonesos der Barbarenherrschaft die Unterordnung unter einen immerhin hellenisierten König vorzuziehen; es stellt sich unter den Schutz des Mithradates. Die berühmte Diophantesinschrift1) gibt uns Aufschluss über die Eroberung des Bosporus durch den pontischen König. Dass nicht nur die Taurische Halbinsel, sondern auch Olbia dem neubegründeten machtvollen Reich einverleibt worden ist, lehrt ein neuerdings gefundener Olbiaer Stein, den Rostowzew 2) richtig gedeutet und in den historischen Zusammenhang eingereiht hat. Die Kriege des unerfüllbare Pläne schmiedenden Königs, die Pontussperre, in Olbia noch dazu die Getenstürme, haben für das griechische Kolonialreich am Schwarzen Meer schwere materielle Verluste zur Folge und inaugurieren eine Periode des Niederganges, aus der erst unter römischer Vorherrschaft ein neuer allmählicher Aufschwung folgt.

Für Olbia, Chersonesos. Pantikapaion beweisen das die Inschriftenfunde und Ausgrabungsresultate: die von Pharmakowsky ausgegrabene imposante Olbiaer Stadtmauer, die Ringmauer in Chersonesos stammt aus römischer Zeit; römische Truppenabteilungen sind in Olbia, Chersonesos, im heutigen Aitador 3) in der Krim stationiert und römische Befehlshaber greifen in die inneren Verwaltungsverhältnisse der Kolonien selbst da ein, wo, wie in Chersonesos, politische Autonomie gewährt war). Unter dem Schutz der Weltmacht gedeiht von neuem Handel und Wandel, und wenn auch Italien des Pontusgetreides nicht bedarf und Griechenland als Kornkonsument immer mehr an Bedeutung verlor, so lange Rhodos mit seinem blühenden Zwischenhandel noch einen wesentlichen Faktor auf dem Weltmarkt bedeutete, mag die Verschiebung der Verhältnisse im Bosporus sich nicht allzu fühlbar gemacht haben: die in den Schwarzmeerkolonien massenhaft ausgegrabenen Amphoren und Amphorenhenkel mit ihren Stempeln gestatten diese Schlussfolgerung zu ziehen 5). Freilich, nachdem 1) Latyschev, IOSPE I, Nr. 185. Dittenberger, Sylloge I, 252. Jurgevicz, Zapiski der Odessaer Gesellschaft XII, 1880, S. 1 f.

2

2) M. Rostowzew, Iswestia der kaiserl. archäol. Kommission Band XXIII, 1908. Mithradates der Pontische und Olbia. S. 21-27.

3) In Aitador, dem Besitz S. kaiserl. Hoheit des Grossfürsten Alexander Michailovičz, sind bei den Ausgrabungen, die der sich lebhaft für die Archäologie interessierende Grossfürst ausführt, nicht nur die Reste eines römischen Lagers, sondern auch eines Tempels mit Votivgaben und eines Mithräums aufgedeckt worden. 4) Latyschev, 10SPE IV, Nr. 81.

5) Vergl. die Publikationen dieses Materials von Bekker, Zapiski der Odessaer Gesellschaft Band V (1863) S. 18-75. Bekker, Zapiski Band XI (1879) S. 13—50.

Rhodos die Lebensader unterbunden war, musste der Export zurückgehen und sich auf Dinge beschränken, die wie Fische, Felle, Pelzwaren, Rhabarber u. dergl.) nicht aus näher gelegenen Gegenden und Häfen auf den hauptsächlich in Betracht kommenden italischen Weltmarkt gebracht werden konnten. Dass solche direkte Beziehungen zu Italien bestanden, beweisst eine ganze Reihe von Fundobjekten (Vasen aus Gnatia in Apulien) in den Schwarzmeerkolonien; welche Rolle diese Kolonien als Vermittler zwischen Ost und West spielen, hat Zahn) in seiner Untersuchung über rottonige und rotlackierte Keramik mit Recht betont.

Eine alte Griechenkolonie tritt erst in römischer Zeit eigentlich in unser Gesichtsfeld es ist das Tyras, das heutige Akkerman. Es ist dies wohl mehr ein Zufall, muss aber als solcher angeführt werden. Da die moderne Stadt auf der antiken steht, so sind bisher bis auf Münzen und einige Terrakotten, Lampen, schwarzlackierte Scherben und vereinzelte Inschriftenfragmente aus vorrömischer Zeit wenig Kulturüberreste gefunden worden: aus römischer Zeit setzen dann die Funde ein: die überlebensgrosse Statue eines Legionars3), ein prachtvolles Broncegefäss in Büstenform, das ich in den Oesterr. Jahresheften besprochen habe'), und grössere Inschriftensteine, vor Allem das zweisprachige Dekret der Kaiser Septimius Severus und Caracalla, das den Tyriten Abgabenfreiheit für Ein- und Ausfuhr gewährt 5).

Auch in religionsgeschichtlicher Beziehung ist diese spätrömische Periode in den Pontuskolonien von besonderem Interesse; zu Olbia gewinnt, wie die vielen am Meeresufer und auf Berezan aufgestellten Weihinschriften beweisen, der Kult des meerbeherrschenden Achill grosse Bedeutung) und in Taurien (Pantikapaion, Theodosia, Gorgippia, Phanagoria) entstehen die religiösen, Thiasoi“, die den „höchsten gnädigen Gott" verehren eine Frucht der jüdischen Propaganda, wie Schürer das scharfsinnig erwiesen hat). Die Religion dieser Brüder", wie das ihre

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Jurgevicz, Zapiski Band XI (1879) S. 50-66. Jurgevicz, Zapiski Band XVIII (1895) S. 87-147. Jurgevicz, Zapiski Band XXI (1898), Ab. 5. S. 62 f. E. v. Stern, Zapiski Band XXII (1900), Ab. 5. S. 82–92; 109–118. Band XXIII, S. 28–32. Band XXIV, Ab. 5. S. 60 f. Scorpil. Iswestia der Archäol. Kommission Band XI (1904) S. 19-158.

1) Brandis in Pauly-Wissowa s. v. Bosporos S. 789.

2) Zahn, Sitzungsberichte der archäol. Gesellschaft in Berlin 1907.

3) Im Odessaer Museum.

4) E. v. Stern, Ein Broncegefäss in Büstenform, Jahreshefte des östr. arch. Institutes, VII (1904) S. 197 f.

5) Latyschev, 10SPE I, Nr. 3.

6) Latyschev, Untersuchungen u. s. w. S. 52 f. E. v. Stern, Ueber Weihinschriften an Achilles Pontarches, Sitzungsprotokolle der Odessaer Gesellschaft für Geschichte und Altertumskunde Nr. 365 u. 368 (Zapiski Band XXVII, Ab. 5, S. 7–12 u. S. 63–66).

1907.

7) E. Schürer, Die Juden im bosporanischen Reich und die Genossenschaften der GεBóμeroi deòr Eyrotov, Sitzungsberichte der preuss. Akademie 1897, S. 201-225. Die Inschriften sind publiziert; Latyschev, IOSPE II, 60–63; 365; IV, 206–212; 430;

Namen beweisen, zum grossen Teil gräzisierter Barbaren, war weder Judentum noch Heidentum, sondern eine Neutralisierung beider. Von den jüdischen Lehrmeistern, die seit Mithradates' Zeit in der Krim ansässig geworden sind 1), haben sie die Verehrung des höchsten Gottes, dabei aber zugleich griechische Elemente, die Zeusvorstellung beibehalten.

So lehren die Funde, dass das bosporische Kolonialreich unter der Herrschaft von Rom eine Renaissance erlebt eine Nachblüte von nicht abzustreitender Bedeutung. Da bricht die Katastrophe über das Weltreich herein und an erster Stelle werden die östlichen Vorposten antiker Kultur in Mitleidenschaft gezogen. Olbia, dessen Münzen bis Valerian d. Aelteren reichen, wird zuerst von den Goten erobert, und die Heruler, deren Nekropole bei Gursuf neuerdings von Repnikow 2) ausgegraben ist die Funde bilden ein Schmuckstück des reichen Odessaer Museums setzen sich in der Krim fest. Das bosporische Reich fristet, wie die Funde lehren (Katakombe von 491) 3), sein Dasein bis ans Ende des V. Jahrh., Theodosia gelangt im V. Jahrh. in den Besitz der Alanen, die es in Abdarda umbenennen 1). Aber nicht auf lange erliegen die Griechenkolonien am Schwarzen Meer den Völkerwellen, die über sie hinweggeflutet. Schon Justinian) stellt die Mauern von Chersonesos und Bosporus wieder her und die christliche Religion und die byzantinisch-griechische Kultur schlagen in der Süd-Krim früh Wurzeln. Speziell in Chersonesos lehren die jahrelang betriebenen systematischen Ausgrabungen uns ein wichtiges Zentrum der byzantinischen Kultur kennen: interessante Inschriftensteine z. B. die grosse Inschrift des Kaisers Zenon hervorragende Baudenkmäler, angefangen von der vor einigen Jahren aufgedeckten Kreuzeskirche) aus dem VI. Jahrh. mit ihrem Mosaik fussboden und endigend mit den massenhaften späteren Basiliken und Baptisterien 7), und schliesslich die reichen Ueberreste byzantinischer Keramik, die sich auch in Tyras, Theodosia, Suchum usw. gefunden haben, in Verbindung mit all den Kleinfunden aus jener 443-436; 438-440; 447. Archäol. Neuigkeiten aus Süd-Russland 1901-1903. Nr. 23 -27; E. v. Stern, Zapiski Band XXII (1900) Ab. 5, S. 138 f. Zapiski Band XXIV (1902) Ab. 5 S. 29-35.

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1) Th. Reinach, Mithridates Eupator, Deutsche Ausgabe von Goetz 1895 S. 214. 2) Repnikow, Einige Nekropolen der Krimmer Goten, Iswestia der archäol. Kommission, Band XIX, 1906, S. 1-80, 12 Taf. und Repnikow, Nekropolen der Krimmer Goten, II, Zapiski der Odessaer Gesellschaft Band XXVII, 1907, S. 101-148. 4 Tafeln. 3) J. Kulakowsky, Die christl. Katakombe vom Jahre 491, Materialien zur Archãologie Russlands, Nr. VI, S. 1 f. 1901.

4) Anonym. perip. 77 (51) p. 415.

5) Procop. de aedif. Iust. III, = v. III, p. 261 ed. Bonn.

6) Vergl. zuletzt Berthier-Delagarde, Ueber Chersonesos, Iswestia der archäol. Kommission, Band XXI, S. 1 f. 1907.

7) Ainalov, Denkmäler der christlichen Chersonesos, Band I, Moskau 1906; Schestakow, Denkmäler der christlichen Chersonesos, B. III, Moskau 1908; Geschichte der Stadt Chersonesos com VI.-X. Jahrh.

152 E. v. Stern, D. griech. Kolonisation am Nordgestade d. Schwarzen Meeres.

Zeit, den Zollplomben, den Schmuckgegenständen und dem Hausgerät, — all dieses archäologische Material gestattet dem Historiker Einblicke und Ausblicke in die Kulturzusammenhänge und das Kulturleben jener Epoche zu tun.

Die alten griechischen Kolonien verlieren ihre Handelsbedeutung nicht, auch als ein Teil derselben um die zweite Hälfte des XI. Jahrh. in den Bereich der Kumanenherrschaft fällt, und zu Beginn des XIII. die Tartarenchane noch vor der Schlacht an der Kalka Soldaja und Kaffa-Theodosia erobern 1). Den Bestand der Bevölkerung haben diese Oberhoheiten der verschiedenen Völker, die erobernd und wieder verdrängt von neuen Völkerwellen über das alte bosporanische Kolonialreich geflutet sind, nur sehr teilweise modifiziert. Nach wie vor bildet die gräzisierte Mischbevölkerung mit ihrer byzantinischen Kultur den Hauptbestandteil der Einwohnerschaft, wie sich das aus den Daten, die wir aus dem XIII. und XIV. Jahrh. besitzen, mit Deutlichkeit ergibt. Und die Handelsbedeutung dieser seit dem VII. vorchristlichen Jahrhundert von den Griechen gegründeten Kolonien führt sie in jener Zeit zu neuer Blüte. Die Genuesen errichteten in TheodosiaKaffa, Tyras-Moncastro, Soldaja-Sudak, Cembolo-Balaklava ihre stolzen Städte und Festungen, und wiederum bietet uns die archäologische Forschung, die uns Bauinschriften, Münzen und andere Kleinfunde in reicher Menge beschert hat, die Möglichkeit, wichtige historische und kulturgeschichtliche Schlussfolgerungen zu ziehen. Die Tatsache z. B., dass ich bei meinen Grabungen) im Hof der Akkermaner Festung neben venezianischem Glas den charakteristischen Tauben stets Scherben von arabisch-persischem und persisch-chinesischem Porzellan gefunden habe (celadon vert! craquelé usw.), eröffnet weite Einblicke in die Geschichte des Levantehandels vom XIII-XV. Jahrh. 3).

Doch ich habe durch diese letzten Hinweise den Rahmen der mir gestellten Aufgabe schon überschritten. Mein Zweck war nur, in summarischem Ueberblick zu zeigen, welche kultur- und handelsgeschichtliche Bedeutung das Kolonialreich am Nordgestade des Schwarzen Meeres beanspruchen darf und in wie weit die archäologische Forschung es vermag Streiflichter zu werfen auf die Geschichte dieser griechischen Kolonisation und damit zugleich auf ein wichtiges und noch lange nicht in seiner Totalität erforschtes Gebiet der griechischen Geschichte.

Odessa.

1) Hammer, Geschichte der goldenen Horde, S. 249. Blau, Ueber Volkstum und Sprache der Kumanen, Zeitschrift der D. M. G. Band 29, S. 55 f.

2) E. v. Stern, Ueber meine Ausgrabungen in Akkerman, Zapiski der Odessaer Gesellschaft B. XXIII, 1901. S. 33–61.

3) Vergl. E. v. Stern, Theodosia und seine Keramik, 1906, S. 26—31.

153

Studien zu den Weihgeschenken und der Topographie von

Delphi. V.

Von H. Pomtow.

Mit Beiträgen von H. Bulle.

Kleinere Anatheme des I. Temenos-Teils (Nr. 18-25).
Attischer Dreifuss (Nr. 18).

Außerhalb des Temenoseingangs und etwas rechts (nördlich) von ihm, dicht vor den in den Ath. Mitt. 1906, 443,2 beschriebenen drei Stufen, die die Westseite des gepflasterten schönen Vorplatzs begleiten, liegt eine quadratische Quader aus Hag. Eliasstein, die sich als Dreifuß-Basis durch die Einlaßspuren zu erkennen gibt. Sie war etwa an dieser Stelle ausgegraben und ist nach Bulles Zeichnung in Abb. 1 (s. nächste Seite) reproduciert. Auf der Vorderseite trägt sie in etwas unregelmäßigem otozóór folgende, ziemlich verwitterte, von Colin Bull. 20, 675 f. herausgegebene Inschrift: Ο δήμος ὁ ̓Αθηναίων τῶι Ἀπόλλωνι ἀνέθηκεν.

Ἱεροποιοὶ οἱ τὴν πυθαϊδα ἀγαγόντες·

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Inv. nr. 2592.

Κλέαρχος Ναυσικλέους

Γλαυκέτης Γλαύκου

Νεοπτόλεμος Αντικλέους

Κλεοχάρης Γλαυκέτου

Ἱπποκράτης Αριστοκράτους
Νικήρατος Νικίου.

Gefunden am 2. Juni a. St 1895 dicht außerhalb des Temenostors, dem Hereinschreitenden zur Rechten. - Quadratische Basis aus weißem Kalkstein; Höhe 0,31, Seitenlänge überall 0,91 (nach Bulle: Colin und das Inventar gibt 0,29 als Höhe, ersterer als Tiefe 0,90 an). Buchstabenhöhe 0,013.

Colins Abschrift (Bull. 20, 676) verdient warme Anerkennung, da die Oberfläche stark verwaschen ist und die Buchstaben sehr flach eingehauen waren. Er schwankt in vs. 2 zwischen ПIvdiáda und IIvdaida, entscheidet sich dann für ersteres, weil es die im IV. Jhdt. gewöhnliche Form sei, während Ilvatoa erst später auftrete. Trotzdem glaube ich letzteres nach dem guten Abklatsch als sicher ansehen zu dürfen und habe es in den Text gesetzt. Faksimile oder Maiuskeln zu geben, schien für unsere Zwecke unnötig, da die bekannten Buchstabenformen des IV. Jhdts. gebraucht sind. Die Oberseite zeigt drei Einlaßlöcher für die Dreifußbeine, c. 12 cm

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