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stellung mit den sich allmählich islamisierenden Landeskindern sinkt das Prestige der arabischen Herrenklasse, die also durch die Entwicklung der Regierungsform zum Despotismus und dank wirtschaftlicher Nivellierung auf die Stufe von Untertanen herabsinkt 1). Die sozialen Schichten, die sich neu bilden, zeigen einen anderen Charakter. War der arabische Staat in seiner militärischen Struktur milizhaft organisiert, so besitzt die spätere Kalifenzeit ein stehendes Heer mit allen Schäden des Söldnertums und des Sklavenheeres. In der Verwaltung musste die patriarchalisch-aristokratische Verfassung des arabischen Staates immer mehr von dem vorgefundenen bureaukratischen System aufgesogen werden, das mit dem Moment, dass Araber in es eintraten oder seine Träger sich islamisierten, eine ungeheure Macht wurde. So entsteht allmählich an Stelle des religiös-militärischen Adels, der sich aus dem Geburtsadel des alten Arabertums entwickelt hatte, ein neuer, nicht mehr religiös, nicht mehr national, sondern nur auf seiner staatlichen Funktion basierter Militär- und Beamtenadel, demgegenüber die nicht Beamteten zu einer auszusaugenden Masse zusammenfallen. Zwischen seinen Mitgliedern tobt der Kampf um die Staatspfründen, um die privatwirtschaftliche Ausnutzung staatlicher Vorrechte, wie Steuern. Staatspacht und ähnliches, die nach überkommener Art in die Hand einzelner gelegt waren. Es leidet darunter die Autorität der Staatsspitze, die wirtschaftlich von den Beamten, politisch von den Militärs abhängig wird, und die grosse Menge des Volkes, die vom Kapital geknechtet und von der rohen Soldatenfaust misshandelt wird, namentlich dort, wo sich - wie bei den Staatsabgaben beide Grössen zur Ausbeutung der misera contribuens plebs verbünden. Der das ganze Wirtschaftsleben in feste Bande schlagende Bureaukratismus ertötet die Privatinitiative 2), die sich ohne diese Fessel auf dem Boden gesetzlicher Ordnung hätte entfalten können, wenn ihr eine gewisse Ellenbogenfreiheit belassen worden wäre. So wird eine kapitalistisch gefärbte Tätigkeit nur im Kampf mit dem bureaukratischen Staat möglich; d. h. alle grossen Umsätze gehen von Beamten aus, welche die bureaukratische Maschine beherrschen und ausbeuten. So hebt die Privatinitiative, wenn auch in bedenklicher Weise, die Hemmung der Bureaukratie wieder auf. Diesen Prozess kann die despotische Spitze des Staates nicht zulassen; da es aber an Kraft zu einer wirklichen Sanierung fehlt, weil eben das Staatseinkommen unlöslich mit der wirtschaftlichen Betätigung der Privatinitiative verknüpft ist, so greift der Staat korrigierend ein, indem er die so finanziell tätigen Beamten einfach von Zeit zu Zeit zur Zahlung grosser Summen zwingt ein eigentümliches, aber sehr tief begründetes Regulativ für die naturnotwendigen Auswüchse des bureaukratischen Staates in seiner 1) Beiträge II, 113 ff.

2) Ich fühle mich hier gedanklich abhängig von Max Webers Ausführungen im Handwörterbuch der Staatswissenschaften 3. Aufl. Artikel Agrargeschichte.

Degeneration. Diese Schröpfungen werden schon im dritten Jahrhundert. so allgemein und gelten für so wenig entehrend, dass es zu einer Art gesellschaftlichen Pflicht aller Freunde des Betroffenen wird, nach Art unserer Hochzeitsgeschenke etwas zu der ihm abgezwungenen Summe beizusteuern. Selbst Vezire, die die Summe auferlegen, sind die ersten, die zu ihrer Tilgung beitragen; sie wissen genau, dass sie in Bälde des Gegendienstes bedürftig sein werden. Dieser Prozess wirkt einheitlich durch das ganze Reich'). Man kann ihn mit wenig Worten präzisieren: der arabische Staat wird aufgesogen von altorientalischen, resp. vom hellenistischen. Und wie viel zum speziellen Charakter dieses Staates gerade Aegypten beigetragen hat, ist zur Genüge bekannt.

Der besondere Charakter der ägyptischen Provinz liegt nun darin, dass die Hauptträger der Reaktion gegen das Arabertum, die Perser und später die Türken, dort nicht heimisch sind, resp. erst sehr spät heimisch werden. Es scheint Aegypten an originalen Kräften der Reaktion gefehlt zu haben; zwar gibt es literarische Ansätze 2), aber sie sind nicht mit denen des Ostens zu vergleichen. Jedenfalls ist bezeichnend, dass es der arabischen und arabisch-türkischen Verwaltung gelingt, das koptische Element entweder zu vernichten oder bis auf geringe Reste zur Annahme der arabischen Sprache und in weitestem Umfang auch der islamischen Religion zu zwingen. Wie anders war das in Persien, wo noch nach vier Jahrhunderten arabischer Herrschaft ein Firdausi möglich war! Ueberhaupt liegt im Persertum der Angelpunkt der Zivilisation des Kalifenstaates vom Oxus bis an die Pyrenäen. Wir haben selbständige Fürsten in Aegypten von der Mitte des dritten Jahrhunderts ab. Aber sie denken gar nicht daran, an lokale Traditionen anzuknüpfen, sondern ihr Ideal bleibt es, Hof und Staat nach dem Muster des persifizierten Bagdad und Samarra einzurichten 3). In wirtschaftlicher Hinsicht aber waren sie an die lokalen Uebungen und an die Natur des Landes so gut geknüpft wie einst die Pharaonen und Ptolemäer, und so hat sich manches durch die Jahrhunderte erhalten. Die ständige Klage über die Ausbeutung durch die koptischen Schreiber) ist nichts als ein Protest gegen die Macht der Tradition und ihrer Träger.

Max Weber bezeichnet in seiner genialen Skizze der antiken Agrargeschichte 5) Aegypten als die Heimat zweier wichtiger Institutionen, die

1) Besonders lehrreich für diese Verhältnisse sind das von H. F. Amedroz herausgegebenen Kitab al-wuzarā des Hilal al-Ṣābi' (Leyden 1904), die letzten Teile Tabaris und 'Arib. Der Terminus für das Verfahren war muṣādara. Ansätze dazu finden wir schon in den Anfängen des Kalifats, wenn Statthalter bei Niederlegung ihres Amtes grosse Summen zahlen müssen offenbar eine uralte Praxis.

2) Ueber die ägyptische Schu'ūbijje hat J. Goldziher Muh. Studien I, 159 gehandelt.

3) Vergl. Z. Ass. XIX, 427. 4) Beiträge II, 121.

5) Handwörterbuch der Staatswissenschaften, 3. Aufl. S. 90.

von hier aus die Welt erobert hätten. Diese sind das Leiturgieprinzip und die bureaukratische Verwaltung. Wir wissen leider nicht, wie weit diese beiden Institutionen auch den Osten des Kalifenreiches beherrschten, in wahrer Reinkultur aber treten uns beide aus den ägyptischen Papyri entgegen. Die Leiturgie der arabischen Frühzeit ist aber keine reine Naturalleiturgie mehr; sie befindet sich auf der Entwicklung zur Steuer; jeder einzelnen der von den Gemeinden zu leistenden Leiturgien wird der άлagyvoιouós, die Ablösung in Geld, beigefügt, und wenn einer Ortschaft 22 Matrosen auferlegt werden, so ist eo ipso klar, dass die Leiturgie wenigstens zum Teil schon Geldsteuer geworden ist 1). Doch ist die Angabe von Personen und sachlichen Leistungen nicht etwa eine reine Form; der Statthalter ermahnt seinen Präfekten ausdrücklich, nicht dлagyvo̟iouós. sondern Personen, Arbeit und Material zu liefern. Wir haben also keine reine Geld-, aber auch keine reine Naturalwirtschaft vor uns, was sich auf allen Gebieten des Wirtschaftslebens wiederholt. So ist die Staatspacht teils in Geld, teils in Naturalien zu zahlen, so werden die Löhnungen in beiden Arten ausgezahlt und zwar nicht nur in den Anfängen des Islam, sondern bis in die späte Mamlukenzeit hinein 2). Das Leiturgiewesen erstreckt sich nun nicht nur auf Beistellung von Arbeitern, Wagen und Werkzeugen zum Bau von Strassen und Kanälen, auf Verpflegung der arabischen Truppen, Naturallieferungen aller Art, sondern auch auf Versorgung mit geschulten Beamten für gewisse staatliche Bedürfnisse, auf Lieferung von Materialien für öffentliche Bauten nicht nur in Aegypten, sondern z. B. für die Moscheen von Jerusalem und Damaskus und endlich, und zwar nach den Papyri in besonderem Umfang, auf Stellung von Matrosen und Schiffsmaterial 3). Mit dem Leiturgiewesen werden also alle öffentlichen Bedürfnisse des Heeres wie der Verwaltung bestritten, während die Erträgnisse der Steuern von den Staatspensionen verschlungen werden.

Herr und Flotte sind von drei Gruppen von Menschen getragen. An der Spitze, hier wie dort, Araber, die Herrenklasse, neben und unter ihnen die neubekehrten Landeskinder, die maula's, griechisch μavλo1); erstere und bald wohl auch letztere freie, bezahlte Krieger; unter ihnen breitet sich dann die durch Leiturgie herbeigeschaffte Menge von Hilfskräften aus, wie die oben genannten Matrosen, die in den Tross- und Pferdeknechten des Heeres ihr Analogon haben mögen. Das ist die Gliederung der Militär- und Flottenmacht Aegyptens am Ende des ersten Jahr

1) Vergl. die Literatur oben S. 208 Anm. 1.

2) ‘ață und rizq, vergl. Papyri Schott-Reinhardt I, 37 ff.

3) Vergl. besonders den oben S. 208 A. 1 zitierten Aufsatz von H. J. Bell und den unter der Presse befindlichen vierten Band des Katalogs der griechischen Papyri des British Museum (P. Lond.).

4) Bell. o. c.

hunderts und wohl bis zum Ende der Omajjadenzeit. Im zweiten Jahrhundert, besonders seitdem die 'Abbasiden das Reich beherrschen, vollzieht sich auch in Aegypten jene vorhin für das Reich charakterisierte Verschiebung der Prärogative des arabischen Elementes. Die bureaukratische Tradition zieht die Herrenklasse in ihren Bann. Eine nach Gutdünken im Lande schaltende arabische Soldateska und sie war allmäh

lich sehr beträchtlich geworden und hatte sich zum Teil unter den Kopten angesiedelt war einfach unvereinbar mit einem Staate, in dem alle Bewegungsfreiheit eingedämmt war, in dem alles seine Etikette hatte, alles seines Erlaubnisscheines bedurfte. So entschliesst sich die Regierung im Anfang des dritten Jahrhunderts, die Araber aus den Soldlisten zu streichen und sich ausschliesslich auf fremde, meist türkische Truppen und auf die Klasse der uavio zu stützen, die natürlich inzwischen stark angewachsen war. Ein bedeutender General aus diesen türkischen Truppen, Aḥmed b. Tūlūn, macht sich dann in der Mitte des dritten Jahrhunderts in Aegypten selbständig; er selbst der Sohn eines gekauften Sklaven gründet eine Hausmacht von seinerseits gekauften Sklaven, die zumeist Neger waren 1). Mit den Fatimiden kommen dann vorübergehend noch einmal arabische und arabisierte berberische Truppen nach Aegypten. Aber der gleiche Prozess wiederholt sich; auch die Fatimiden landen beim Sklavenheer, an dem sie zu Grunde gehen. Aus dem Sklaven heer erwächst schliesslich der Sklaven s t a at, das Mamlukentum, das schon ausserhalb unserer Betrachtung liegt. Es versteht sich, dass das Leiturgiewesen, an das ich diese Entwicklung anknüpfte, mit diesem Wandel der Dinge nicht Schritt halten konnte. In welchem Grade es auch in diesen späteren Epochen noch mit dem militärischen Element verbunden ist, entzieht sich zunächst noch unserer Kenntnis. Inzwischen hatte sich, wie wir sehen werden, das Lehnswesen entwickelt, das eine ganze andere Wirtschaftsstruktur bedeutete.

Begegnen wir dem Leiturgiewesen in Verwaltung und Armee, so ist der Bureaukratismus das hervorstechende Charakteristikum der Verwaltung; das Militär hat offenbar zu allen Zeiten Kräfte in sich gehabt, die selbst starker bureaukratischer Beeinflussung Herr zu werden vermochten. Die Verwaltung hatte in Aegypten durch alle Jahrtausende ihr Hauptaugenmerk auf die Agrarpolitik zu richten; denn die Landwirtschaft war der Lebensnerv des Landes. Die notwendige Regulierung der Nilüberschwemmung machte eine ganz besondere Bevormundung der Bevölkerung notwendig, da das Einzelinteresse hier häufig in Konflikt mit dem Gesamtinteresse treten musste, und da grössere Gruppen zu einer allen gleichmässig nützlichen Kollektivarbeit zusammenzuhalten waren. Die Hauptaufmerksamkeit galt aber natürlich dem richtigen Einkommen der Steuern

1) Vergl. Beiträge II.

und Abgaben1). Zu diesem Zwecke wurde der ägyptische Bauer das ganze Jahr durch von einem Heer von Beamten gegängelt. Privatbesitz in unserem Sinne scheint es auch in den Anfängen der arabischen Zeit auf dem Lande nicht oder nur wenig gegeben zu haben. Es gab Dorfbezirke und Domanialgüter, die aber nicht immer scharf geschieden waren, und die Gemeinden und Kolonen hatten kollektiv für die ihnen auf Grund einer mehr oder weniger gewalttätigen Vermessung auferlegte Steuersummen oder Getreidemengen aufzukommen 2). Der Bauer war an die Scholle gefesselt und durfte nur mit behördlicher Erlaubnis sein Dorf verlassen, kein Gegenstand durfte ohne Erlaubnis transportiert werden3). Ein ausgedehntes Passwesen tritt uns in den Papyri überall entgegen, und weitgehende Maßnahmen zur Wiedererlangung flüchtiger Kolonen. Es ist kein Zufall, dass die arabischen wie griechischen Papyri des ersten islamischen Jahrhunderts von Maßnahmen gegen solche Flüchtlinge wimmeln. Hier begegnen wir den Anfängen einer Bewegung, welche die agrarpolitischen Verhältnisse Aegyptens in wenig Jahrhunderten völlig umgestalten sollte").

Der Grundgedanke islamischer Staatsweisheit war der arabische und aristokratische Militärstaat, fussend auf theokratischer Basis und erhalten von einer breiten Masse steuerzahlender Schutzgenossen, die man beschützte, wofür sie die Herrenschicht zu erhalten hatten. Aber die universale Tendenz der islamischen Religion untergrub diesen arabisch-nationalen Anspruch; sie wirkte darin genau ebenso, wie die Wiederbelebung des altorientalischen Staatsgedankens und die soziale Nivellierung, die schon skizziert wurden. Je weiter sich der Islam ausbreitete, desto geringer wurde die Zahl der Steuerzahler; denn der Muslim war steuerfrei. Diese Tatsache trieb immer grössere Mengen von Kopten aus ihren Gemeinden, in denen sie oft schwer bedrückt wurden, hinaus in die grossen Städte, vor allem nach Altcairo, dem grossen Militärlager. Nun war die Tendenz zur Landflucht wohl eine alte Erscheinung des Kolonentums überhaupt; sie wurde befördert durch die unruhige Uebergangszeit, in der sich selbstverständlich die straffen Bindungen der bureaukratischen Verfassung etwas lockerten, da die alten Autoritäten durch neue ersetzt wurden. Schon die Kriegsunruhen, dann die Ausbreitung der Araber auf dem Lande und endlich die durch Uebertritt zum Islam erfolgte Loslösung von der Dorfgemeinde und vom Boden beförderten die Landflucht, führten zur Bildung 1) So steht in dem Papyrus P. Lond. IV 1394 Z. 23 f, [ötɩ tò xoмstov] čoyov tov ὑπουργοῦ ἡ ἐξ[άνυ]σις [τῶν δημοσίων]. (Dem Druckbogen entnommen).

2) Beiträge II, 90; Z. Ass. XVIII, 304 ff.

3) Zahllose Beispiele im Führer durch die Ausstellung des Papyrus Erzherzog Rainer; Z. Ass. XX 102 f. Die idia der antiken Verwaltung Aegyptens wird auch in früharabischer Zeit aufs Strengste gefordert.

4) Zum Folgenden vergl. H. J. Bell o. c.; Z. Ass. XX, 96 f.; XXII, 139 ff. im Artikel Papyrusstudien, Abschnitt I.

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