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Zum Bellum Africanum.

Von A. Langhammer.

In der Einleitung seiner Ausgabe bezeichnet Schneider die Schrift als „die erste und eine zuverlässige Quelle der Geschichte" des afrikanischen Krieges vom Jahre 46. Nach meinen Ausführungen in der Berliner philol. Woch., XXVII, 40, Sp. 1278 f. möchte einiger Zweifel an der vollen Zuverlässigkeit des Verfassers wohl erlaubt sein; er wird verstärkt durch eine etwas eingehendere Betrachtung des Berichtes über die Schlacht bei Thapsus, c. 79-86.

Schon bei der Beschreibung des Geländes, die bei dem absonderlichen Verlaufe der Schlacht besonders sorgfältig hätte sein müssen, ergeben sich Tatsachen, die den Verdacht einer Entstellung der Begebenheiten von neuem in verstärktem Maße wachrufen. Soll man wirklich glauben, dass ein Offizier, der unzweifelhaft an der Schlacht aktiv beteiligt war, wie die Episode c. 84, sowie die trotz ihrer Unklarheit an anderen Stellen wieder durchaus den Eindruck des Selbsterlebten noch verratende Darstellung beweist, dass ein solcher eine so ungenügende Terrainbeschreibung, wie sie c. 80, 1 bietet, zum Verständnis der Schlacht für ausreichend gehalten haben könne, wenn er nicht die Absicht hatte, die Tatsachen zu verschleiern? Derselbe Autor beschreibt, vor dem Abschnitt über die Kämpfe bei Uzitta, c. 46-67, höchst anschaulich c. 37, 3/4 und 38, 1 das Gelände, durch das der Zug Cäsars nach Uzitta ging. Der Grund dieser Ausführlichkeit ist klar: der Marsch nach Uzitta war ein Erfolg Cäsars, da er ihn der Gefahr entrückte, mit seinem jetzt auf acht Legionen verstärkten Heere in Ruspina von Scipio völlig eingeschlossen und dann zur Kapitulation wegen Mangels an Vorräten gezwungen zu werden; zugleich sicherte ihm die Besetzung der Höhen und die Anlegung der befestigten Linien den Zugang zum Meere, von dem die völlig unzureichende, gerade noch die Existenz fristende Verpflegung seines Heeres und damit, bei der Ausgesogenheit der Küstenstriche, die Existenz selbst abhing.

Die Lage vor Thapsus, wo Scipio das bei Ruspina vergeblich versuchte Manöver tatsächlich gelungen zu sein scheint, muss wahrhaftig für Cäsar sehr ungünstig gewesen sein, wenn der Autor gerade vor dem Entscheidungskampf eine Beschreibung des Schauplatzes fast ganz umgeht, ja nicht bloss umgeht, sondern den Leser direkt irre führt. Zwei Wege führen an der Lagune von Moknine vorüber nach Thapsus, zwei Landengen (cf. Karte 2 bei Schneider, nach Stoffel); nach c. 80, 1: erat stagnum salinarum, inter quod et mare augustiae quaedam non amplius MD passus intererant, scheint es eine zu sein. Aengstlich vermeidet der Autor die Erwähnung der zweiten Enge, der westlichen; der absichtlich unbestimmte Ausdruck itinere supra stagnum confecto, 80, 3, lässt auch den tatsächlich erfolgten Marsch Scipios um die Westseite der Lagune unberührt

con

(in Wirklichkeit werden Scipio und Juba schon beim Anmarsch getrennt vorgegangen sein, der eine auf der westlichen, der andere auf der östlichen Enge; diese Annahme legt c. 79, 3 sehr nahe: Scipio . . . festim Caesarem per loca superiora consecutus milia passuum VIII a Thapso binis castris consedit), erweckt vielmehr die irrige Vorstellung, dass Scipio seinen Marsch am Ost- und Nordufer entlang vorüber am Kastell fortgesetzt habe. Auf diese Weise scheint Cäsar, da der Autor hier auch nicht erwähnt, dass Juba auf der östlichen Enge vor dem 80, 2 erwähnten Kastell Stellung nimmt (wie doch aus 85, 5 ff. mit unbezweifelbarer Sicherheit hervorgeht), der Einschliessung zu entgehen. Den Eindruck, als sei nur auf der Südseite der Stadt für Cäsar Gefahr zu befürchten gewesen, den die ganze Darstellung des Verfassers im unkundigen Leser hervorrufen musste, befestigt sie, indem sie nach 86, 1 fortfährt: Quod futurum Caesarem non fefellerat (80, 2). Welchen Grund hatte Cäsar, gerade hier, auf der östlichen Enge, einen Vorstoss des Feindes zu befürchten, da. doch, wie ein Blick auf die Karte lehrt, der Vormarsch auf der westlichen Enge den Gegner, der allen Grund hatte, Cäsar auf den Fersen zu bleiben, viel schneller vor die Stadt geführt hätte? Verständlich wäre die Stelle nur, wenn Cäsars Stellungen vor Thapsus nur an einem Punkte bedroht gewesen wären. Das waren sie in Wirklichkeit nicht; für den Verfasser des Bellum africanum aber ist eben nur die östliche Enge vorhanden. Die gleiche Absicht, den Leser auf jede Weise über die Topographie und die Stellung der Verbündeten vor Thapsus im Unklaren zu erhalten, verfolgt die Darstellung der Schlacht selbst, 80, 4-85, bei der schon, rein äusserlich betrachtet, die Kürze des Berichts auffällig sein muss, wenn man bedenkt, dass das Treffen von Ruspina (c. 12-18) und die Kämpfe bei Uzitta (46—66), sowie die der Entscheidungsschlacht vorausgehenden Kämpfe bei Tegea und Aggar (c. 67-78) mit allen Details in breitester Ausführlichkeit berichtet werden. In diesen Teilen des Werkes ist alles klar, wenn auch, genau wie bei Cäsar, vieles zwischen den Zeilen gelesen werden muss. C. 79-85 aber geben weder eine verständliche Darstellung der Operationen Scipios und Jubas vor der Schlacht noch ein Bild des Verlaufes der Schlacht, noch eine klare Anschauung der Stellungen Scipios und Jubas während der Schlacht.

Auffällig ist vor allem, dass Juba geflissentlich in den Hintergrund geschoben wird. Er hat während der Schlacht neben Scipio ein selbständiges Kommando geführt; das beweist c. 85, 5: qui postquam animadverterunt neminem ibi esse praesidio, protinus armis abiectis in regia castra fugere contendunt. Quo postquam pervenerunt, ea quoque ab Iulianis teneri vident. Ferner 79, 3: Scipio ...... confestim Caesarem per loca superiora consecutus milia passuum VIII a Thapso binis castris consedit.

Juba muss sich dem c. 80, 2-3 erwähnten Vorgehen Scipios auf Thapsus angeschlossen haben, kann nicht am Südufer der Lagune stehen

geblieben sein, wo er nach 79, 3 am Tage vor der Schlacht lagerte. Denn nach 85, 6 geraten die geschlagenen Pompejaner, soweit sie nach den beiden ersten Zusammenstössen noch bei den Fahnen sind, zwischen das von Cäsar besetzte Lager Jubas und die verfolgenden Cäsarianer. Daraus ergibt sich, wie schon oben betont, mit unzweifelhafter Sicherheit, dass Juba während der Schlacht auf der östlichen Enge in nächster Nähe von Thapsus stand. Und das stimmt durchaus überein mit dem, was Dio Cassius 43, 7 berichtet: ὁ δὲ δὴ Σκηπίων καὶ ὁ Ἰόβας ἐπεχείρησαν τὸ στόμα τοῦ ἰσθμοῦ, καθ ̓ ὃ πρὸς τὴν ἤπειρον τελευτᾷ, διχῇ διαλαβόντες σταυρώμασι καὶ ταφρεύμασι ἀνταποτειχίσαι. Dass Juba in unmittelbarster Nähe des Schlachtfeldes stand, bezeugt Dio noch obendrein 43,8: ἰδὼν δὲ ταῦτα ὁ Ιόβας (nämlich den plätzlichen Angriff Casars) οὕτως ἐξεπλάγη καὶ ἔδεισεν, ὡς μήτε ἐς χεῖράς τινι ὑπομεῖναι ἐλθεῖν μήτε τὸ στρατόπεδον διὰ φυλακῆς ποιήσασθαι. Nun erklärt es sich, warum die dià Besetzung von Jubas Lager nicht nach c. 83, wo dies hätte geschehen müssen, erwähnt wird: bezeichnenderweise folgt an dieser bedenklichen Stelle des Berichts eine Episode, c. 84, die Heldentat eines Soldaten der 5. Legion.

Juba bleibt also ausgeschaltet. Er wird erst am Ende des Schlachtberichts wie zufällig nebenbei erwähnt, weil der mit allen Mitteln cäsarischer Geschichtschreibung arbeitende Verfasser nicht zugeben will, dass Cäsar in eine Falle gegangen war, weil auf jede Weise die c. 80 erweckte Vorstellung erhalten werden soll, der östliche Zugang sei nicht von den Gegnern besetzt worden. Es ist demnach falsch, wenn Schneider S. 156 sagt: „Vermutlich hatte Juba die Aufgabe in dieser Hinsicht möchte ich unsern Bericht aus Dio Cassius 43, 7, 3 ergänzen, den südlichen Zugang in gleicher Weise abzusperren; er hat aber, von den Ereignissen überrascht, seine Arbeit gar nicht beginnen können. Genug, er war nicht da, und dafür wüsste ich sonst keine Erklärung". Dass Juba nicht bloss angelangt war, sondern dass er sogar seine Linien bereits angelegt hatte, das zeigt 1. die Tatsache, dass Cäsar seinen Angriff nicht gegen ihn richtete, sondern gegen Scipio, das wird 2. bewiesen durch Plutarch Caesar 53: αὐτοβοεὶ δὲ φεύγοντος Ιόβα διεπόρθει τὸ τῶν Νομάδων. Hier, auf Jubas Seite, war die Falle bereits geschlossen; hier eröffnete sich Cäsar einen Weg zum Abzug, für den Fall, dass die begonnene Schlacht unglücklich endete. Und damit war zu rechnen, da Scipio für alle Fälle eine starke Rückhaltstellung angelegt hatte, wie Plutarch Caesar 53 und Bell. Afric. 82, 5 sowie 84, 4 beweisen.

Die Kunst des Verschweigens an passender Stelle, der Ablenkung des unkritischen Lesers durch Digressionen, der Hervorhebung von Nebensächlichem auf Kosten des Wichtigen wendet der Verfasser, dessen scheinbar objektive Darstellung ebenso täuscht wie gelegentlich diejenige Cäsars, auch anderwärts an, wenn es bedenkliche Situationen zu verschleiern gilt, dermassen, dass man, wie im Bericht über die Schlacht bei Thapsus

fast Cäsars redigierende Hand zu erkennen glaubt, die aber ihr Werk nicht beenden konnte. Ein Beispiel bieten c. 68-76. Aus einem missglückten Versuche Cäsars, sich der immer mehr drohenden Aushungerung seiner auf einen schmalen Küstenstrich zusammengedrängten Armee durch einen Vorstoss in das Innere der Provinz Afrika zu entziehen, macht der Verfasser eine z. T. erfolgreiche Expedition gegen einige Scipio ergebene Städte. Das erreicht er dadurch, dass er Scipio, der Cäsar mit der Hauptmacht ständig auf den sicheren Bergen begleitet, anfangs nicht erwähnt und Labienus in den Vordergrund schiebt, der mit der Reiterei vorgeschickt wird. Da Cäsar die Angriffe der Reiterei, die in allerbreitester Ausführlichkeit berichtet werden, abschlägt - was diese, trotz ihrer angeblich grossen Verluste, übrigens keineswegs hindert, immer von neuem anzugreifen —, bleibt über dem taktischen Erfolg Cäsars der strategische Misserfolg ziemlich unbemerkt, umso eher, als die Aufmerksamkeit durch eine lange Digression über die Schwierigkeiten und Gefahren des Feldzuges im allgemeinen, c. 71-73, noch mehr auf die Kämpfe mit den feindlichen Reitern und Leichtbewaffneten hingelenkt wird. Wenige Tage nach diesem missglückten Vorstosse steht Cäsar vor - Thapsus!

Nach dem Gesagten dürfte vielleicht zugegeben werden können, dass das Bellum Africanum genau wie Cäsars Kommentare immer nur mit Vorsicht zu benutzen ist, dass die andern Quellen mindestens dieselbe Beachtung verdienen, wie die Schrift des cäsarischen Offiziers. Klar ist aber auch andrerseits, dass der Verfasser keineswegs der beschränkte und mittelmässige Kopf war, als den Schneider ihn hinstellt, vorausgesetzt, dass an den besprochenen Stellen die Darstellung sein eigenes Werk ist und nicht etwa das der redigierenden Hand Cäsars.

Dass der Autor kein roher Krieger war wie der tief unter ihm stehende Verfasser des Bell. Hisp., der mit besonderem Behagen gerade bei den Greueln des Krieges verweilt, sondern dass er sich die Fähigkeit des Mitgefühls sogar für den besiegten Gegner bewahrt hatte, in jener Zeit, zumal für einen harten Römer, gewiss etwas nicht allzu Häufiges, das zeigt c. 85, 7-10, wo er das Gemetzel unter den eingeschlossenen Pompejanern berichtet.

Dass der Verfasser auch der feineren Bildung nicht ganz ermangelte, beweist die einzige Rede, die seine Schrift bietet1), c. 54. Sie ist zwar 1) Von den bei den Asianern beliebten Redefiguren bietet die Rede vor allem mehrere recht lange πάρισα, verbunden mit Endreim, παρόμοιον resp. ὁμοιοτέλευτον. Cf. 54, 2:

Maxime vellem homines suae petulantiae nimiaeque libertatis aliquando finem fecissent meaeque lenitatis, modestiae patientiaeque rationem habuissent (zweigliedrig); 54, 4: C. Aviene,

1. quod in Italia milites populi Romani contra rempublicam instigasti

2. rapinasque per municipia fecisti

3. quodque mihi reique publicae inutilis fuisti

4. et pro militibus tuam familiam iumentaque in naves imposuisti

asianisch, reicht aber, was die Verwendung der asianischen Redezierden betrifft, nicht entfernt an die Ueberladung und den Bombast der Jugendreden Ciceros heran. Zugleich zeigt sie, dass der Mann sich auf einem Gebiete die Selbständigkeit wahrte: er war Asianer, Cäsar Atticist. Friedenau.

5. tuaque opera militibus tempore necessario respublica caret. (Ein höchst merkwürdiges, recht künstliches Gebilde, in dem die Kola 1+2 und 3+4 ein grösseres лάov bilden, das sich wieder aus zwei chiastisch verschränkten лágica, 1+4 und 23, zusammensetzt, während andrerseits wieder die Kola 4 + 5 ein viertes лégigov ergeben, das, wenn man 1 hinzunimmt, zu einem dreigliedrigen, 1+ 4+ 5, wird!); 54, 4: ob eas res ignominiae causa ab exercitu meo te removeo hodieque ex Africa abesse et, quantum pote, proficisci iubeo.

Bezeichnend ist auch die Häufung ähnlicher, resp. dem Sinne nach gleicher Ausdrücke, z. B. § 2 petulantiae nimiaeque libertatis, § 2 lenitatis, modestiae patientiaeque; § 3 neque modum neque terminum; § 4 tribunus militum seditiosus malusque civis; § 5 neque pace boni aut utiles; § 5 magis in seditione concitandisque militibus adversus imperatorem; § 5 quam pudoris modestiaeque. Dasselbe Streben nach Fülle des Ausdruckes beweist das häufig gebrauchte Polysyndeton, so in §§ 4 und 5. Von Antithesen enthält § 5 allein 3: ordines beneficio, non virtute cónsĕcúti; neque bello fortes neque pace boni aut utiles; magis in seditione concitandisque militibus quam pudoris modestiaeque. Echt asianisch ist der Stil auch vielfach in den erzählenden Partien. Man vergleiche 70, 1:

Cum iam ad solis occasum esset

et non totos C passus in horis IV esset progressus,

equitatu.... remoto legiones ...., ad extremum agmen

Besonders auffällig ist die Rhythmisierung 70, 4:

érōrábat.

1) Caesaris interim non amplius III aut IV milites veterani si se convertissēnt

2) et pila viribus contorta in Numidas infestos cóniēcissent

3) amplius duum milium numero ad unum térgă rèrtébănt

4) ac rursus ad aciem passim conversis equis se cõllīgēbănt

5) atque in spatio consequebantur et iacula in legionarios coiciebant.

Von den 5 Kola der Periode, die an den Klauseln erkennbar sind, bilden 1 und 2 ein zweigliedriges Παρόμοιον, 3, 4, 5 ein dreigliedriges πάρισον mit παρόμοιον.

Oft genug wirkt so die Darstellung mit ihren rhythmisch vollendeten, in genau abgemessene Kola von gleicher Länge gegliederten Perioden ermüdend, worauf Schneider in der Einleitung mit Recht hinweist, ohne allerdings den Asianismus zu erkennen. Ich verweise auf Kap. 52, 53, 55, 69 ff. Ganz besonders deutlich treten hier

überall die asianischen Klauseln÷~, ———~ -~--~, L02L02 hervor.

Dazwischen finden sich freilich auch Teile mit ganz kurzen, gänzlich unrhythmischen Sätzen. Ueber den Asianismus vergleiche man im allgemeinen Norden, Die antike Kunstprosa und v. Wilamowitz, Asianismus und Atticismus, Hermes, Bd. 35, S. 1 ff. Unter Benutzung der gesamten neueren Literatur bespricht übersichtlich den Gegensatz zwischen Atticismus und Asianismus Schlittenbauer, Die Tendenz von Ciceros Orator. (28. Supplementband der Jahrbücher für Philologie, 1903, S. 181—248).

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