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Die armenischen Feldzüge des Lukullus 1).

Von Kurt Eckhardt.

§ 1. Einleitung.

Unter den Kriegen, die das römische Volk im Kampfe um die Weltherrschaft zu führen hatte, nehmen die drei gegen Mithradates VI. Eupator, den König von Pontos, eine bedeutende Stelle ein 2). Nicht nur ihrer langen

1) Der zweite Abschnitt dieser Arbeit hat der philosophischen Fakultät der Universität Berlin als Inaugural-Dissertation vorgelegen.

2) I. Zusammenfassende Werke.

Th. Reinach: Mithradates Eupator König von Pontos. Uebersetzt von A. Goetz, Leipzig 1895.

Th. Mommsen: Römische Geschichte, Band II u. III. Berlin 1903/04.

B. Niese: Grundriss der römischen Geschichte, München 1906.

C. Neumann: Geschichte Roms während des Verfalles der Republik, Band II Breslau 1884.

Drumann: Geschichte Roms, bearbeitet von P. Groebe. Band IV, Berlin 1899 ff. E. Schürer: Geschichte des jüdischen Volkes im Zeitalter Jesu Christi, Band I, Leipzig 1890.

Ed. Meyer: Geschichte des Königreichs Pontos, Leipzig 1879.

Fr. Hommel: Geschichte des alten Morgenlandes, Leipzig 1904.

II. Spezialwerke.

a) Römisches Heerwesen.

Marquardt: Römische Staatsverwaltung, Band II, Leipzig 1884. b) Metrologie.

Fr. Hultsch: Griechische und römische Metrologie, Berlin 1882.

C. F. Lehmann-Haupt: Das altbabylonische Mass- und Gewichtssystem als Grundlage der antiken Gewichts-, Münz- und Masssysteme. Stockholm 1889. (Vortrag vom VIII. internat. Orientalisten-Kongress.)

c) Reisewerke, Geographie etc.

H. B. F. Lynch: Armenia, London 1901.

H. v. Moltke: Briefe über Zustände und Begebenheiten in der Türkei, Berlin 1841.
L. E. Browski: Der obere Tigris, Globus 53, Braunschweig 1888.
Ritter: Erdkunde, Bd. IX. X.

K. Koch: Die kaukasischen Länder und Armenien nach Reiseschilderungen, Leipzig 1855.

F. Kaulen: Assyrien und Babylonien, Freiburg 1891.

C. F. Lehmann-Haupt: berichtet über die armenische Expedition in: Verh.

d. Berl. anthrop. Ges. 1899, S. 586-614; Mitteilungen der Hamburger geographischen

Dauer wegen, erstrecken sie sich doch mit einigen Unterbrechungen über 25 Jahre, sondern vor allem wegen der rastlosen Zähigkeit, mit welcher der asiatische Despot wieder und wieder neue Scharen gegen die Krieger Roms führte, und wegen ihrer Verflechtung mit den Wirren der Revolutionszeit, die es den Römern unmöglich machten, den Kampf mit einem Schlage zu beendigen.

Schon einmal hatte Mithradates das Uebergewicht der römischen Waffen fühlen müssen, als Sulla seinen Heeren eine Niederlage nach der anderen beibrachte und ihn zum Frieden von Dardanos zwang; doch dachte sein nie rastender Geist auch dann noch nur darauf, wie er an seinen grimmigsten Feinden Rache nehmen könnte. So war die folgende Friedenszeit für ihn nur eine Zeit der Vorbereitung und Rüstung zu neuem Kampfe, und als er sich stark genug fühlte, begann er im Jahre 74 seinen letzten, den Entscheidungskampf.

Es ist wunderbar, wie es möglich sein konnte, dass ein so verhältnismässig kleiner asiatischer König mit seinen ungeübten und disziplinlosen Horden so lange dem mächtigen Rom widerstehen konnte. Die Antwort finden wir einzig und allein in den haltlosen und zerrütteten Zuständen, die damals in der mächtigsten Stadt der Welt herrschten. So konnte der letzte Krieg zehn Jahre dauern, weil man aus Parteihass dem siegreichen General im entscheidenden Augenblick die Mittel nahm, seinen Erfolg voll auszunutzen, und ihn durch einen unfähigen Kommandanten

Gesellschaft XVI 1900 und Wiener Zeitschrift für die Kunde des Morgenlandes XIV. Wien 1900.

W. Belck: Aus den Berichten über die armenische Expedition, Zeitschrift für Ethnologie, 31, S. 236 ff. Berlin 1899 und: Der Weg Xenophons auf seinem Rückzuge bis in die Ebene von Alaschgert, Verh, d. Berl. anthrop. Ges. S. 661 ff.

H. Karbe: Der Marsch der Zehntausend rom Zapates zum Phasis-Araxes, Progr.

d. Königstädt. Gymnasiums zu Berlin, Ostern 1898.

d) Ueber die Lage von Tigranokerta.

H. Kiepert: Monatsberichte der Akademie d. Wissensch. zu Berlin 1873.

H. Kiepert und Th. Mommsen: Hermes IX. Berlin 1875.

Sachau: Abhandl. der kgl. Akademie d. Wissensch. z. Berlin 1880.

C. F. Lehmann-Haupt: 1. Ueber Tigranokerta. Verhandl. der 46. Versammlg. deutscher Philologen und Schulmänner, Leipzig 1902. 2. Verhandl. der Berliner anthropologischen Gesellschaft 1899 S. 600 ff. und 3. Klio, Beiträge z. alt. Gesch. 1908. Heft 3 u. 4: Eine griechische Inschrift aus der Spätzeit Tigranokertas.

W. Belck: Zeitschrift für Ethnologie 31, 1899 S. 263 ff.

III. Kartenmaterial.

Heinrich Kiepert: Atlas antiquus, Tab. IV. Berlin, 12. Auflage und Nouvelle carte générale des provinces asiatiques de l'empire Ottoman. Berlin 1884. 6 Blätter 1:1500000.

H. B. F. Lynch: Armenia, London 1901.

Heinrich Kiepert: Zum Aufsatz von Sachau, 1880.

Richard Kiepert: Karte von Kleinasien. 24 Blätter 1:400 000 Berlin 1902 -1906, für uns kommen nur die Blätter: Malatia u. Diarbekr in Betracht.

Klio, Beiträge zur alten Geschichte IX 4.

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ersetzte. Erst als wieder mehr Ordnung und Ruhe herrschten und Pompeius mit den umfassendsten Vollmachten den Oberbefehl erhielt, konnte dieser grimmige Erbfeind Roms unschädlich gemacht werden. Doch heftige Kämpfe waren noch nötig, ehe es dazu kam.

In der ersten Hälfte des Krieges führte das Kommando ein Mann von höchstem Adel, L. Licinius Lukullus, der schon einmal unter Sulla erfolgreich an dem Kampfe gegen den pontischen König teilgenommen hatte. Siegreich vertrieb er ihn von Stellung zu Stellung, bis er ihn nach der glücklichen Schlacht bei Kabira zwang, seinem väterlichen Reiche den Rücken zu kehren und bei seinem Schwiegersohn Tigranes von Armenien Zuflucht zu suchen. Das Jahr 72 neigte sich bereits seinem Ende zu, als der landlose König, nur von 2000 Reitern begleitet, den Boden Armeniens bei der Grenzfestung Talaura betrat1). Doch wenn er gehofft hatte, dass ihm sein Schwiegersohn die Mittel und ein Heer geben würde, damit er die Städte seines Reiches, die sich noch hartnäckig gegen die Römer verteidigten, entsetzen könnte, oder dass er selbst mit seinen Scharen gegen Lukullus ins Feld ziehen würde, so täuschte er sich hierin vollständig. Nicht einmal die Rücksicht nahm der hochmütige Armenier auf seinen alten Schwiegervater, dass er ihn empfing und tröstete. Er lehnte eine Audienz ab2) und wies ihm in einer abgelegenen, sumpfigen und daher höchst ungesunden Gegend seines Reiches ein Landgut zum Aufenthalt an3). Zwar liess er ihm einen königlichen Lebensunterhalt zukommen 1), doch war das Ganze weiter nichts als eine anständige Haft.

Dass er, der doch sicher über kurz oder lang in einen Krieg mit den Römern verwickelt werden musste, ungetreuen Ratgebern, die ihn gegen den Vater seiner Frau aufhetzten, ein williges Ohr lieh, und ihn nicht auf des Schnellste mit aller Kraft unterstützte, zeugt von dem kurzsichtigen Dünkel des armenischen Despoten. Jetzt wäre der günstigste Augenblick für einen Krieg mit Rom gewesen, nachdem er es im Anfang versäumt hatte, mit Mithradates zugleich loszuschlagen. Das römische Heer war durch die Kämpfe erschöpft und bedurfte dringend der Ruhe, um die festen Hauptstädte des pontischen Reiches, Heraklea, Sinope, Amisos, Eupatoria und Amastris, zu erobern. Auf diese Orte gestützt, hätten beide Könige ohne allzu grosse Mühe Pontos wiedererobern und den Römern empfindlichen Schaden zufügen können. Statt

1) Plutarch, Luc. c. 19 und Appian, bell. Mithr. c. 82. Den Namen der Grenzfestung überliefert uns Plutarch, doch lässt sich die Lage des Ortes heute nicht mehr feststellen. Reinach, a. a. O., S. 414, vermutet ihn in der Nähe des Yildiz Dagh an der Strasse von Niksar (Kabira) nach Siwas (Sebaste); dieser Yildiz Dagh ist jedoch, wie schon aus dem Namen hervorgeht, ein Bergzug und kein Ort, wie es Reinach darstellt. Vergl. auch die Karte von H. Kiepert.

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dessen suchte Tigranes in Syrien und Phönikien sein Reich durch neue Eroberungen zu vergrössern1).

I. Abschnitt.

Armenien unter Tigranes vor dem Kriege.

§ 2. Die Eroberungen des Tigranes und die Gründung von Tigranokerta.

Als sein Schwiegervater sich hilfesuchend an ihn wandte, hatte Tigranes schon eine bewegte Vergangenheit hinter sich. Als ein Sohn des Tigranes) und ein Nachkomme des Artaxias ), des Begründers des armenischen Herrscherhauses, geboren, wurde er in seiner frühesten Jugend an die Parther als Geisel gegeben, mit denen sein Vater in heftigen Kämpfen lag. Nach dessen Tode liessen sie den jungen Prinzen in sein väterliches Reich zurückkehren, nachdem er ihnen für diese Erlaubnis 70 Talgaue an der Grenze seines Reiches hatte abtreten müssen.

Um das Jahr 954) trat er die Regierung des eigentlichen Armeniens an, während den südwestlichen Teil, Sophene, Artanes, ein Nachkomme des Zariadris, in Besitz hatte. Kaum hatte jedoch der junge Tigranes auf dem Thron seiner Ahnen festen Fuss gefasst, als er seinen Nachbarn Artanes enthronte und so die beiden Teile Armeniens in seiner Hand vereinigte. Von nun an begann eine Epoche ständiger Kämpfe mit den Nachbarn, durch welche er die Grenzen seines Reiches immer weiter und weiter hinausschob. Zuerst zog er gegen die Parther, die Erbfeinde seines Volkes, nahm ihnen die 70 Talgaue wieder ab und eroberte die Landstriche um Ninus und Arbela, die Landschaft Adiabene. Auch die Herrscher von Media Atropatene und Gordyene wurden seine Vasallen und ihm tribut- und heerespflichtig. Darauf gliederte er Mesopotamien seinem Reiche an und unterwarf die Araber, die in dem wasserlosen und unfruchtbaren Teil von Mesopotamien wohnten 5). Er zog sie näher an sich heran in bewohntere Gegenden, wo sie wahrscheinlich für ihn von den Karawanen einen mässigen Durchgangszoll erhoben).

Als er so die Länder an seiner Grenze sich botmässig gemacht hatte, griff er auch in die Verhältnisse Asiens ein und begann um das Jahr 93 sich in die kappadokischen Thronwirren einzumischen. Den Anstoss zu diesem Schritt gab Mithradates, der, um im Stillen seine Rüstungen und sein Reich vergrössern zu können, den Armenierkönig als Statisten vor1) Plut. Luc. c. 21.

- 2) App. Syr. c. 48.

3) Strabo, XI, 14, 15 (532), wo auch das Folgende.

4) Das Jahr des Regierungsantrittes geht aus Plut., Luc. c. 21, hervor, der bei der Gesandtschaft des App. Claudius im Winter 71/70 von einer fünfundzwanzigjährigen Regierung des Tigranes spricht.

5) Strabo, XVI, 1, 26 (747). — 6) Strabo, XVI, 1, 27 (748).

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schob und so seine Pläne zur Ausführung brachte. Den jungen, ehrgeizigen Fürsten konnte er leicht für sich gewinnen und so lenken, dass er auf alle seine Absichten bereitwillig einging. Um ihn sich noch mehr zu verbinden und zu verpflichten, gab er ihm seine Tochter Kleopatra 1) zur Frau, worauf er den Tigranes ganz in seine Hand bekommen zu haben scheint, wenn er sich nicht sogar die Unterstützung der Armenier vor der Heirat ausbedungen hatte. Denn sofort fielen diese in Kappadokien ein, vertrieben den Ariobarzanes, der nicht lange vorher durch römische Hilfe auf den Thron gekommen war, und machten an seiner Stelle den Gordios auf Mithradates Veranlassung zum König von Kappadokien (wahrscheinlich im Jahre 93)1).

Ariobarzanes wandte sich an den Senat, auf dessen Befehl L. Cornelius Sulla, der Proprätor von Kilikien, im Jahre 92 einige Truppen zusammenzog, die Armenier und Gordios schnell und energisch aus Kappadokien vertrieb und den Ariobarzanes wieder zurückführte 2). Jetzt brach jedoch in Italien der Bundesgenossenkrieg aus, wodurch die Aufmerksamkeit der Römer von Asien abgelenkt wurde. Diese günstige Gelegenheit benutzte Mithradates, um den Tigranes und seine Armenier zu veranlassen zum zweitenmal in Kappadokien einzurücken. Da Justin 3) gleich darauf den Tod des älteren Nikomedes von Bithynien nennt, scheint dieser zweite Angriff in das Jahr 91 zu fallen). Von diesem Einfall spricht auch Appian3). Hier vertreiben den Ariobarzanes Mithraas und Bagoas und setzen den Ariarathes an dessen Stelle, während gleichzeitig Mithradates den jüngeren Nikomedes durch dessen Bruder Sokrates Chrestos vertreiben lässt. Diese Vertreibung erzählt Justin gleich nach dem Tode des Vaters, des älteren Nikomedes, der also den Anstoss zu diesen Kämpfen gegeben haben wird. Daraus geht aber zweifellos hervor, dass beiden Stellen bei Justin und Appian das gleiche Ereignis zugrunde liegt. Mithin wären unter Mithraas und Bagoas zwei Feldherren des Tigranes zu verstehen. Für seine treue Bundesgenossenschaft durfte Tigranes so viel Menschen und Schätze aus Kappadokien hinwegführen, wie er vermochte, das Land selbst aber und die Städte sollte Mithradates besitzen"). Unter den gleichen Bedingungen scheint der dritte Einfall in Kappadokien stattgefunden zu haben, von dem Appian) vor dem Ausbruch des dritten Mithradatischen Krieges spricht und wobei Tigranes 300000 Menschen nach Armenien schleppte.

Um das Jahr 838) mischte er sich in die Verhältnisse Syriens ein, 1) Justin, B. 38, c. 3 § 2. — 2) Livius, Epit. 70; App. Mithr. c. 57; Plut. Sull. c. 5. 3) Buch 38 c. 3 § 4.

4) Vergleiche über diese Einfälle der Armenier in Kappadokien: Eduard Meyer, Gesch. des Königreichs Pontos S. 95 und 96.

5) Mithr. c. 10. 6) Justin, B. 38 c. 3 § 5.

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7) Mithr. c. 67.

8) Dieses Jahr ergibt sich aus Appian Syr. c. 48. Hier regiert Tigranes a. 69 14 Jahre.

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