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12 APR

Einleitung.

Vor Kurzem erhielt ich ein englisches Buch, deffen Titel: ,,Goethe and Schiller; their Lives and their Works; including a Commentary on Goethe's,Faust'; by Hjalmar H. Boyesen" (New-York, Chas. Scribner's Sons) meine Aufmerksamkeit in mehrfacher Beziehung auf sich lenkte. Einmal war mir der Name dieses Schriftstellers bereits vortheilhaft bekannt als der eines gewandten englischen Erzählers, anmuthigen lyrischen Dichters und geistvollen Literarhistorikers, von welchem ich schon manchen schätzbaren und werthvollen Beitrag in dem gut redigirten New-Yorker ,,Scribner's Monthly; an Illustrated Magazine for the People" gelesen hatte; zum Andern erfuhr ich durch den Titel des Buchs, daß dessen Verfasser dermalen Professor an der berühmten Cornell-Universität zu Ithaka im Staate New-York war, also dieselbe Stelle bekleidete, welche der verstorbene Bayard Taylor manche Jahre inne gehabt hatte (und Herrn Bayard Taylor war auch das Buch gewidmet), und endlich war ich geneigt, den Verfasser nach seinem Namen für einen geborenen Skandinavier zu halten, was mein Interesse für das Buch noch erhöhte. Da es ja für uns Deutsche immer merkwürdig ist, zu erfahren was Gebildete und Gelehrte anderer Nationen über unsere beiden großen Dichter denken und wie sie dieselben auffassen, so ging ich mit besonderm Eifer und Neugier an die Lektüre dieses Buchs. Seit uns der Engländer G. H. Lewes mit einer

so bübschen, lesbaren und weitverbreiteten Biographie Goethe's beschenkte, welche allerdings beinahe ein Jahrzehnt gebraucht hat, bis sie ihre gegenwärtige Popularität erreichte, hat ja jede im Ausland erscheinende Würdigung unserer beiden Dichterheroen eine besondere Bedeutung für uns. Ich las mich gierig in das Buch hinein, dessen Umfang etwa der Hälfte des Lewes'schen Werkes gleichkommt und in diesem Rahmen in gedrängter Kürze das Leben und Wirken beider Dichter behandelt, also in seinem Volumen ungefähr dem Buche: „Schiller und Goethe“ von Karl Goedeke gleichkommt. Ich fand mit Vergnügen, daß das Boyesen’sche Werk zwar im biographischen Theil dem Goedeke'schen Buche ganz gleichkommt, aber eine eingehende literarische Würtigung der Goethe'schen und Schiller'schen Werke bietet, welchen man ein inniges Verständniß und eine unbefangene und unparteiische Kritik nicht absprechen kann.

Noch während der Lektüre des Boyesen'schen Buchs hatte ich eine kurze literarische biographische Notiz über den Verfasser in „Scribner's Monthly“ und verschiedene Ueberscßungen von Boyesen'schen Novellen und Erzählungen in deutschen Unterhaltungsblättern beaeguet, welche mein Interesse für den hochbegabten, unserm deutschen Wesen so sympathischen und kongenialen Verfasser noch erhöhten und mich veranlaßten, seinem Buche eine noch innigere Theilnahme zuzuwenden. Herr Boyesen hatte, wie ich nun sand, in der unserm Goethe gewidmeten Abtheilung seines Buches von einer kritischen Analyse des „Faust" Umgang genommen und statt dieser einen kurzen Kommentar über "Faust" eingefügt, welchen er für den größern Leserkreis geschrieben. Dieser Kommentar gefiel mir und er schien mir werthvoll genug, um eine deutsche Bearbeitung zu verdienen, denn wie ungemein zahl= reich auch die Faust-Erläuterungen in unserer deutschen Literatur find, so war mir doch unter den vorhandenen allen keine einzige bekaunt, welche mir bei dieser Kürze und Gedrungenheit auch so ausführlich liebevoll eingehend, klar

erläuternd, richtig deutend und zugleich so populär erschienen wäre, wie dieser Boyesen'sche Kommentar. Unsere vorhandenen deutschen Faust-Kommentare, worunter so viele geist- und lichtvolle und vortreffliche Arbeiten, find theils zu umfangreich, theils zu gelehrt, zu streng wissenschaftlich, zu viel vorausseßend für den größern Leserkreis, namentlich für die reifere Jugend und den bürgerlichen Kreis, also gerade für diejenigen Leser, welche vorzugsweise eines Kommentars zu diesem „Weltdrama“ bedürfen. So entschloß ich mich, mit der Autorisation des Verfassers, zur Veranstaltung der vorliegenden Bearbeitung, denn die Kürze und Gemeinsaßlichkeit des Boyesen'schen Kommentars würden es schon rechtfertigen, daß man das Buch dem deutschen Leserkreis biete, auch wenn derselbe nicht schon als die Arbeit und Auffassung eines Ausländers über eine der größten deutschen Dichtungen, eine der kostbarsten Juwelen unserer Literatur, interessant wäre.

Wir entnehmen der Vorrede Boyesens zum englischen Original, daß er an der Cornell-Universität schon seit 1874 alljährlich einen regelmäßigen Kurs über deutsche Sprache und Literatur der Vorzeit und Gegenwart, sowie einen besonderen Lehrvortrag über Goethe's "Faust" für ein gröBeres Publikum (wobei er die vortreffliche, mit vielen gehaltvollen Erläuterungen versehene englische Uebersetzung des "Faust" von Bayard Taylor zu Grunde legt) hält, daß er sich eingehend mit Goethe-Studien befaßt und daß er mit der Literatur über Goethe und Schiller genan vertraut ist, wie er denn dieselbe (mit einzigem Ausschlußz der damals noch nicht erschienenen Goethe-Biographien von H. Dünger und Bernays und des Werkes von Kuno Fischer über „Faust“ und auch des trefflichen Faust-Kommentars von G. von Loeper, welche dem Verfasser wegen seiner mangelhaften Verbindung mit dem deutschen Buchhandel damals noch nicht zugekommen waren) sowohl in dem biographischen wie in dem literarhistorischen und kritischen Theile sei

nes Buchs geschickt und gewissenhaft benutt hat. Ueber seine Faust-Erklärung insbesondere sagte er wörtlich:

„Was meinen Kommentar zu „Faust" betrifft, so bin ich keiner Autorität gefolgt, sondern habe frei das überreiche Material benutzt, welches Dünzer, Kreyßig, Hartung, Leutbecher, Vischer, Rosenkranz, Hinrichs und Bayard Taylor zusammengebracht haben. Da ich übrigens, im Einklang mit Taylor's Aeußerung, der Ansicht bin, daß Goethe selbst sein eigener bester Ausleger ist, so habe ich mich besonders bemüht, die dunklen und scheinbar sich widerstreitenden Stellen im „Faust“ durch Hinweise und Beziehungen auf Goethe's übrige Schriften und auf die veröffentlichten Bände seiner Gespräche und verschiedenen Briefwechsel zu beleuchten. Den ersten Anhaltspunkt zu einer passenden Erläuterung des „Faust“ fand ich vor einigen Jahren in Spinoza's Ethik", obwohl ich kaum das Verdienst beanspruchen darf, diese Entdeckung zuerst gemacht zu haben. Fr. Th. Vischer hat in seinem jüngsten Buche: „Goethe's Faust; neue Beiträge zur Kritik des Gedichts", das philosophische Problem dieser Dichtung sehr geschickt entwickelt, und ich will die Thatsache, daß ich hierfür sein Schuldner bin, gar nicht zu läugnen versuchen. Ich habe zwar keineswegs in allen Fällen sein Urtheil angenommen, welches er in einer etwas scharfen und unnöthig absprechenden Weise abzugeben geneigt ist; allein sein kräftiger Styl hat meine eigene Neigung angespornt und mir neue Bahnen des Gedankens und der Speculation eröffnet."

"

Ich erlaube mir noch einige kurze biographische Notizen über den Verfaffer. Hjalmar Hjorth Boyesen ist am 23. September 1848 zu Frederiksvern, einer kleinen Hafenstadt an der Südküste Norwegens, geboren als der Sohn eines dort in Garnison liegenden Officiers, welcher drei Jahre später von dort hinweg verseßt wurde und 1854 auf zwei Jahre ins Ausland ging, während welcher seine Frau mit den Kindern bei ihrem Vater, dem Richter Hjorth in Systrand am

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