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Haben wir vorhin beim Hordenkommunismus gesehen, wie zäh die Chinesen bis in sehr hohe Kultur an dieser alten Stufe festhielten, so ist es nicht zu verwundern, dass sie bis in unsere Zeiten hinein, in Festhaltung der alten kommunistischen Vorstellungen, die Hausgenossenschaften noch in beträchtlicher Ausdehnung kennen. Ihr Beispiel zeigt uns deutlich die Möglichkeit der Umbildung und des Übergangs aus dem Hordenkommunismus zu den genossenschaftlichen Bildungen einer späteren Periode. Denn im Grunde besteht der ganze Unterschied nur darin, dass die Abteilungen, welche Gütergemeinschaft pflogen, verschiedener Art, dort die ganze umberstreifende Horde, hier die unter einem Dache lebenden Ansiedler waren. Die Auffassung war die nämliche, den Zusammenlebenden gehörte alle Habe gemeinschaftlich, und der Begriff des individuellen Privateigentums trat erst viel später als klarer Gedanke hervor, wie aus einem sich verdichtenden Nebelkern erst allmählich ein fester Körper werden kann.

Nicht nur dass in China nach dem Tode des Vaters die Brüder gewohnheitsmässig in ungetrenntern Besitz zusammenbleiben, sondern diese gemeinschaftliche Wirtschaft kann sich auch auf mehrere Generationen erstrecken, und bezeichnend genug finden wir solche Gemeinschaft ganzer Familien vorwiegend im Bauernstande; also auch hier, wie überall, das deutliche Zeichen, dass diese genossenschaftlichen Verbände hervorgingen aus der gemeinsamen Rodung und Ackerwirtschaft. Reicht das Wohnhaus des Bauernhofes nicht mehr aus, so werden neue Räume für die zuwachsenden Familienglieder angebaut, und kommt es vor, dass solche Familien aus 16-40 Personen bestehen. Wenn ein Beobachter hinzufügt 1): »Die praktischen Chinesen haben schnell herausgefunden,

1) C. S. DEWAS, Studien über das Familienleben, aus dem Englischen von P. M. BAUMGARTEN, Paderborn 1887, S. 13. BAZIN, Recherches sur les institutions administratives et municipales de la Chine (Journal Asiatique, 5. Serie, Bd. III), S. 9, 10.

welche grosse Ersparnis von Mühe und Kosten gemacht wird bei gemeinsamer Arbeit und gemeinsamem Vergnügen«, so ist dies nur ein Teil der Wahrheit; denn vor allem sind hier mit konsequenter Zähigkeit Gedanken der Urzeit bis in unsere Tage festgehalten. Und wie sehr hierbei noch religiöse und wirtschaftliche Vorstellungen in einander übergehen, beweist, dass ganz, wie bei den alten Ariern, der Älteste, als Hausvorstand, auch der Hauspriester ist und die zum Ahnenkult gehörigen Opfer darzubringen hat1).

Starke Nachwirkungen derartiger Zustände sehen wir in Korea. Hier bilden die Verwandten auch im entferntesten Sinne des Wortes, bis zum 15. und 20. Grade der Verwandschaft, einen festgefügten Verband: »Das Haus des einen ist das Haus aller, die Einnahmen des einen sind beinahe die Einnahmen aller, und alle unterstützen den von ihnen, der Aussicht hat eine Stellung zu erhalten oder Geld zu verdienen, da sie alle davon Nutzen ziehen werden. Das ist dort der allgemeine Brauch, und das Gesetz erkennt ihn an; denn man lässt die nächsten Verwandten Steuern und Privatschulden bezahlen, die einer von ihnen nicht begleichen kann oder will.<< Die Erklärung dieser eigentümlichen Verhältnisse besteht darin, dass der älteste Sohn in seiner Hand die gesamte Habe der Familie vereint, und die jüngeren Kinder, die aus dem Hausstand austreten, mit einer Ausstattung abgefunden werden 2). Es sind dies also anscheinend Nachklänge alter hausgenossenschaftlicher Vorstellungen, aus einer Zeit, in der die ganze Familie eine gemeinschaftliche Wirtschaft führte, und nur die Hartnäckigkeit ist hier wie in China anzustaunen, mit der man diese Erinnerungen durch allen Wandel der Zeiten festgehalten hat.

1) PLATH, in den Sitzungsberichten der Münchener Akademie 1862, II., S. 202 ff., 234 ff, KOHLER in Zeitschrift, Bd. 6, S. 379 ff.

2) DALLET, Histoire de l'eglise de Corée, Bd. 1, S. XXXII.

In Hinterindien sind die alten Hausgenossenschaften noch nicht völlig erloschen. Bei den Chins kommt es vor, dass der Sohn auch nach seiner Verheiratung im elterlichen Hause weiter lebt, und wird der Fall mehrerer in Gemeinschaft des Vermögens zusammenlebender Brüder oder Schwestern mehrfach erwähnt1). Ähnliches wird uns auch aus dem birmanischen Recht bezeugt 2).

Auch bei den Malaien des ostindischen Archipels findet sich noch vielfach Familiengut, dessen Teilung durch den bestehenden Rechtsbrauch verhindert wird 3). Und bei den Dajaken auf Borneo hören wir von Gemeinschaftshäusern1).

Dieselbe Kunde haben wir von den Arfakis auf Neu-Guinea1). Dort steht überhaupt bei einzelnen Stämmen der Papuas der Grund und Boden im Gesamteigentum der ganzen Familie3).

Ebenso treffen wir solche Gemeinderschaften bei dem mutterrechtlich lebenden Völkchen der Pelauer. Hier wird das Familiengut von einem männlichen Senior verwaltet, dem beratend zur Seite eine Frauenälteste, gewöhnlich eine Tante oder Grossmutter, steht. Eine Veräusserung des Guts darf nur mit Zustimmung der Familie erfolgen).

1) KOHLER in Zeitschrift, Bd. 6, S. 192.

2) KOHLER ebenda, S. 180, 183 ff.

3) KOHLER ebenda, S. 346.

4) PESCHEL, Völkerkunde, S. 186.

5) KOHLER a. a. O., Bd. 14, S. 367.

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6) KUBARY, die sozialen Einrichtungen der Pelauer, S. 39 ff., 47. Über die Hausgenossenschaften der Fidschi-Insulaner vergl. BARON HÜBNER in Revue des deux mondes 1885, Bd. 72, S. 786: En tant qu'il s'agit de droits et d'obligations, l'individu n'éxistait pas pour la loi. Elle ne s'occupait que de la commune .. Les familles, les galis, originairement les descendans de frères, placées sous l'autorité patriarcale d'un chef et réunies en communautés, travaillent, prospèrent ou souffrent en commun.<< Über grosse Häuser mit 40-60 Schlafstellen auf den Gesellschafts-Inseln vergl. W. ELLIS, Polynesian Researches 1830, Bd. 2, S. 66. 67. Auf Samoa gehört das Grundeigentum nicht den Einzelnen, sondern der gesammten Familie (B. v. WERNER, Ein deutsches Kriegsschiff in der Südsee, S. 262,

Auffallend ist, dass der Islam in seinem weitausgedehnten Herrschaftsgebiet sich ablehnend gegen die Hausgenossenschaften verhält. Während die Lehre MOHAMMEDS sonst in so vielen Stücken auf altarabischer Auffassung fusst, ist es doppelt eigentümlich, dass sie, völlig abweichend von den kommunistischen Vorstellungen des alten Arabiens, den Gemeinderschaften wenig hold ist. Es hängt dies damit zusammen, dass der Islam den Schwerpunkt seiner gesellschaftlichen Auffassung auf das Individuum legt1), woraus sich auch sonst in seinem Recht manche wichtige Konsequenz ergibt. Es ist nun seltsam genug, dass trotz dieser uns modern anmutenden Idee, die an sich nur als ein beträchtlicher Fortschritt bezeichnet werden kann, die Errungenschaft für das Kulturleben der Islamiten doch nicht von der Bedeutung gewesen zu sein scheint, wie sie bei den westlichen Völkern es wurde. Volkswirtschaft und Handel und Verkehr zogen hiervon nicht den Nutzen, den man hätte erwarten sollen, und auch die Wertschätzung der Persönlichkeit gelangte nicht zu der zu erwartenden Höhe so sehr ist es wahr, dass ein einzelner Fortschritt wenig nützt, wenn er nicht auf der Basis eines gesunden Familienlebens und gesunder Staatsverhältnisse getan wird. Die Stellung des Weibes im Hause und die Stellung des Mannes im Staate sind die wahren Gradmesser der Kultur.

In Afrika haben die Hausgenossenschaften eine Entwickelung genommen, wie sie diesen Völkern überhaupt eigen zu sein scheint. Haben wir vorhin gesehen2), dass dort bei Vorwalten des Hordenkommunismus vielfach der Häuptling als Herr alles Bodens gilt, so finden wir denselben Zug zu absolutistischer Machtfülle auch bei den Hausgenossenschaften. So wird bei den Betschuanenstämmen Deutsch-Südwest-Afrikas

vergl. auch S. 296, wo das Häuptlingshaus von Angehörigen des Stamms, die keine eigene Hütte haben, als Schlafstelle benützt wird).

1) TORNAUW in Zeitschrift, Bd. 5, S. 129.
2) S. 81.

das Familienoberhaupt stets als Alleineigentümer angesehen1), so dass hier das Miteigentumsrecht der übrigen Familienmitglieder, das bei den europäischen Völkern bedeutsam zur Geltung gelangt, völlig zurücktritt. Als eine besondere Unterart der Gemeinderschaften und gleichzeitig einen Übergang vom Hordenkommunismus zu den Hausgenossenschaften möchte ich die Kraalgenossenschaften der Kaffern auffassen. Diese führen nicht einen gemeinschaftlichen Haushalt, sondern die einzelnen Hütten liegen am inneren Rand der Umzäunung eines umfangreichen kreisrunden Platzes, welcher nur an einer Stelle einen Eingang hat). Die Bewohner aller dieser Häuser bilden zusammen eine Art von Hofgenossenschaft, sie sind offenbar die alte Horde und haben gemeinsames Vermögen, während andererseits die einzelnen Häuser auch eine gewisse Selbständigkeit und ein besonderes, den Hausbewohnern gemeinschaftlich gehöriges Sondereigentum haben. Hier haben wir also anscheinend ein Beispiel, wie die alte Horde bei fester Ansiedelung den früheren Rahmen zersprengte und in Genossenschaften von enge Zusammenlebenden auseinanderfiel; das Besondere aber ist, dass die alte Zusammengehörigkeit trotzdem aufrecht erhalten wurde und über den neuen Gemeinschaften die bisherige Gemeinschaft als oberer Begriff blieb. Es ist dies der eine mögliche Weg, aus dem die Entwickelung von der umherstreifenden Nomadenhorde zur Dorfund Ortschaft sich gestalten konnte: man liess sich sofort in Gesamtheit in fest geschlossenem Umkreis nieder. Den umgekehrten Weg scheinen z. B. die Germanen eingeschlagen zu haben, wenn TACITUS von ihnen sagt, dass sie sich niedergelassen hätten, wo Quelle und Hain ihnen genehm war3):

1) HELD in Zeitschrift, Bd. 15, S. 325.

) POST ebenda, Bd. 11, S. 224 ft.

3) Germania, C. 16: Nullas Germanorum populis urbes habitari satis notum est, ne pati quidem inter se junctas sedes. Colunt discreti ac diversi, ut fons, ut campus, ut nemus placuit. Vicos locant non in nostrum

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