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Ebenso in der Inselwelt Polynesiens. Wer auf den Marschallinseln, auf denen der Grund und Boden noch dem Stamm oder den Geschlechtern gehört, eine Palme pflanzt der hat ein Recht nicht nur auf die Palme, sondern auch auf den Boden, soweit er sie trägt und ihr nötig ist1). Die gleichen Grundsätze finden wir auf den neuen Hebriden2), den westlichen Karolinen3), bei den Maori von Neu-Seeland), wie bei den Papuas auf NeuGuinea). Überall gehört, wenn nicht der Boden, so doch die Frucht der Arbeit, mit der sie gewonnen ist.

Das Gleiche galt bei den nordamerikanischen Indianerstämmen, bei denen der Grund und Boden durch die Bebauung erworben und durch die Aufgabe der Kultur wieder verloren wurde). Und ebenso ist noch heute die Rodung Erwerbstitel bei den Indianern Südamerikas, wie auch bei ihnen das Eigentum durch Unterlassung der Bebauung aufgehoben wird).

Aber es galt nicht nur die Hand, die den wildwachsenden Stamm des Waldes fällte und den ersten Samen streute, sondern auch die kraftvolle Faust, die nach unsern heutigen Begriffen räuberisch zugriff. Die Gewalt war damals auf den werdenden Stufen der Menschheit noch nicht verpönt; sie

Bd. 11, S. 138 ff., 244, 443. Über die Zustände der südafrikanischen Stämme, vergl. MERENSKY in der Kolonialzeitung 1889, S. 59 b.

1) Zeitschrift, Bd. 12, S. 451, Bd. 14, S. 442.

2) POST, Anfange, S. 279.

3) WAITZ, Anthropologie der Naturvölker, Bd. V, 2, S. 117; vergl. auch SCHURTZ, Urgeschichte der Kultur, S. 173. Sicher hat es denselben Grund, wenn von den Gesellsc aftsinseln das besondere Eigentum an einzelnen Bäumen erwähnt wird (W. ELLIS, Polynesian Researches, 1830, Bd. 2, S. 362, 449).

4) POST, Geschlechtsgenossenschaft, S. 126; SCHURTZ a. a. O., S 171. Die Vorstellung, dass das Land dem gehört, der auf ihm geboren ist, hängt wohl noch mit dem alten Ideenkreis der Hausgenossenschaft zusammen. 5) POST, Anfänge, S. 284; Ausland 1880, S. 127 nach VON ROSENBERG; HELLWALD, Naturgeschichte des Menschen, Bd. 1, S. 88.

6) DARGUN in Zeitschrift, Bd. 5, S. 30.

7) MARTIUS, Ethnographie, S. 84; DARGUN a. a. O., S. 69.

schuf noch Eigentum und Besitz, wie sie heute nur im grossen Reiche und Kronen schafft. Damals war Kraft noch ein Freibrief, der alles gestattete, und noch in den homerischen Epen sehen wir die Jünglinge Ithakas allein kraft dieses Rechts im Königshaus des Odysseus schalten, als ob es ihnen gehöre. Arbeit und Raub so seltsame und unverträgliche Nachbarn sie sind waren die ältesten Eigentumstitel der Menschheit. So war es im alten Skandinavien Brauch, dass, wer einen anderen im Zweikampf überwand, dadurch das Recht erwarb, ihn zu beerben1). Und im heidnischen Island konnte man jedem Grundbesitzer durch Besiegung im Zweikampf sein Land abnehmen. Ja, diese Erwerbsart galt für ehrenhafter als der Kauf: >man empfing dadurch gleichsam Lehen von Thor selber< 2). Überhaupt ward im deutschen Altertum der Raub, wenn er nur offen geschah, ebensowenig wie der Totschlag als eine entehrende Handlung oder gar als ein Verbrechen betrachtet3). Hierhin mag auch zu ziehen sein, dass »Erbe< (arb) ursprünglich den Nehmenden, das Erbe das zu Nehmende bedeutete1). Ebenso scheint rauba (das GRIMM 5) mit dem französischen Wort robe in Zusammenhang bringt) im Fränkischen zunächst nichts anderes als bewegliche Habe bezeichnet zu haben).

Eine Stelie von merkwürdiger Unbefangenheit der Auffassung ist uns in der Odyssee erhalten, wo Telemach von

1) Egilsage in PETER ERASMUS MÜLLER'S Sagenbibliothek, übersetzt von LACHMANN, Berlin 1816, S. 88.

2) ROSCHER, Grundlagen der National-Ökonomie, 18. Aufl., Bd. 1, § 41, S. 91 ff.; vergl. TACITUS, Germania C. 14 a. Ende: pigrum quin imo et iners videtur sudore acquirere, quod possis sanguine parare.

3) GRIMM, Rechts-Altertümer, S. 634.

4) DEECKE, Die deutschen Verwandtschaftsnamen, Weimar 1870, S. 79. 5) GRIMM a. a. O., S. 635.

6) Vergl. Formulae Andecavenses No. 29, Cartae Senonicae No. 51, Formulae Salicae Bignonianae No. 27 und DUCANGE, Glossarium, Paris 1845, Bd. 5, S. 601, 602.

seinem Vater rühmt, dass er ihm durch Raub viel Sklaven erworben habe 1). Solche Beutezüge, wie sie im Mittelalter von den Korsaren ausgeführt wurden, zur Wegfangung von Menschen, die dann in Sklaverei gebracht und verkauft wurden, sind in den Zeiten Homers, als durchaus ehrenhaft, unternommen worden2). Der Raub war eben unbestrittener und vollgültiger Rechtstitel und, ganz der Auffassung des heidnischen Island entsprechend, galt, wie wir vorhin bei der Raubehe gesehen haben, diese ehedem als die glänzendste Art der Eheschliessung3).

Dieselbe Auffassung finden wir bei den Römern. Sagt doch der Jurist GAJUS geradezu: >>Ehemals hielt man das für Eigentum, was dem Feinde abgenommen war«, und er berichtet, dass im ältesten Prozess Speer (hasta) und Knüttel (festuca) das Symbol des geltend gemachten Eigentums war. Und die Einleitung des altertümlichen Eigentumsprozesses bestand darin, dass, nachdem beide Parteien den Knüttel (festuca) auf die Sache gelegt hatten, der Prätor als Gerichtsherr ihnen hiess: > Lasst beide die Streitsache fahren< (mittite ambo hominem wobei bezeichnend genug der Sklave als gewöhnlicher Streitgegenstand gedacht ist4))! Drastischer kann der Ursprung des Eigentumsprozesses gar nicht geschildert werden, wie es hier im Abbild geschieht (genau wie wir das Hochzeitsspiel vielfach als Nachklang der Raubehe gesehen haben): die beiden Streitenden, die sich mit dem Knüttel als Zeichen der Gewalttat entgegentreten, und der Richter, der als Vertreter des er

1) Od. 1, 398: καὶ δμώων, οὕς μοι ληίσσατο διος Οδύσσευς.

2) Od. 14, 229 ff.; vergl. auch 1, 430 und die anschauliche Schilderung des Eumäos 15, 402 ff., welche zeigt, dass jedes Mittel Recht war, da es hierfür keinen Richter gab.

3) Oben, Bd. 1, S. 142.

4) GAJUS 4, 16; JHERING, Geist des römischen Rechts, Bd. 1, § 10, insbesondere S. 110 ff.; ROSCHER a. a. O., Bd. 1, § 41, Anm. 1, (18. Aufl., S. 92).

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starkten Staats beide wie zwei Raubtiere, die über einen Frass herfallen, auseinander treibt. So war in ältester Zeit das Wort für >>kaufen und »nehmen eins (emere von sumere), zum deutlichen Zeichen, dass dem Kauf der Erwerb durch Gewalt vorausging. So heisst das altrömische Wort für Eigentum << (mancipium) nichts anderes als das mit der Hand Ergriffene, und heres gerade wie der deutsche »Erbe< ursprünglich der Ergreifende 1). Dies Alles entspricht dem kriegerischen Ungestüm und der Hochschätzung körperlicher Kraft in alter Zeit. Ebenso berichtet HERODOT) von den Thrakern, die er nach den Indern als das zahlreichste Volk des Altertums bezeichnet, dass ihnen Krieg und Raub über Alles ginge. Und genau so stellten die Gallier, als sie in Mittel-Italien einbrachen, nach LIVIUS den Satz auf, dass den Tapferen alles gehöre und die Waffen Rechtstitel seien 3). Dass aber Kauf und Raub ursprünglich Geschwister waren, ergibt ohne weiteres die Geschichte des Seehandels, und gerade das Becken des mittelländischen Meers hat bis in verhältnismässig sehr späte Zeiten hinein neben dem Seehandel auch den Seeraub gekannt.

So wurde durch Arbeit und auch durch Raub das erste Sondereigentum gewonnen1). Wie aber kam es, dass diese Habe, die der Einzelne für sich in Anspruch nahm, auch der Gesamtheit gegenüber behauptet werden konnte? Denn das Recht des Individuums war ein Neues, es war eine Verletzung der alten Anschauungen und dem Gesamteigentum gegenüber ebenso revolutionär, wie überhaupt die Betonung des Individuums

1) Festus bei BRUNS, fontes, 5. Aufl., S. 342; über den ganzen Gegenstand DARGUN in Zeitschrift, Bd. 5, S. 97 ff.

2) 5, 6.

3) LIVIUS 5, 36: cum illi se in armis jus ferre et omnia fortium virorum esse ferociter dicerent.

Eroberung und

4) So heisst es von den Azteken des alten Mexiko: Arbeit galten als Eigentumserwerbsgründe; im Eigentumsstreit sagte der eine: ich habe die Sache mit der Lanze erworben; der andere: ich habe sie erarbeitet.< (KOHLER in Zeitschrift, Bd. 11, S. 64).

gegen die Gattung, wie die Einzelehe bei ihrem Auftreten gegen die Gesamtehe es war. Bei Kleidern und Waffen war es die naturgemässe Vereinigung mit dem Körper, der sie trug und den sie schützten, was dem Gedanken den Charakter des Neuen und Gewaltsamen nahm. Und daher werden wir sicher nicht geirrt haben, wenn wir gerade hier, wo die Idee gewissermassen unmerklich und aus der natürlichen Beschaffenheit der Dinge erwuchs, den ersten Ursprung gesucht haben. Anders aber bei Bäumen und Früchten. Wie konnte hier der Einzelne seiner besonderen Habe Geltung verschaffen, ja, wie konnte er sie überhaupt als solche der Gesamthabe der Gemeinderschaft gegenüber kennzeichnen? Und hier sehen wir das für die erste Bildung der Rechtsideen so bemerkenswerte Schauspiel, dass das Individuum gerade wie bei der Einzelehe durch die reichen religiösen Formen der Eheschliessung alter Zeit1) durch Anrufung der Götter und die Schrecken ihrer geheimnisvollen Macht seine Sonderhabe zu sichern sucht. Mit der Saat, die man streut, wird ein Zauber vergraben an den Baum, den man pflanzt, wird ein Amulet gehängt. Dergestalt sollen die Götter über der Habe wachen und dem Verderben bringen, der sie dem Eigner entzieht. So wird es uns noch heutigen Tags von den Papuas auf Neu-Guinea und von den Marschall-Insulanern, überhaupt von Polynesien berichtet), wo man diese Abzeichen tabu oder matakau nennt.

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1) Oben, Bd. 1, S. 208 ff.

2) KOHLER in GRÜNHUT's Zeitschrift, Bd. 19, S. 593, 594 mit Beispielen insbesondere aus holländisch Indien; Zeitschrift, Bd. 7, S. 375, Bd. 14, S. 371, 443. Tabu bedeutet eigentlich Heiligtum (CHALMERS und GILL, NeuGuinea, Deutsche Ausgabe 1886, S. 156; vergl. auch BASTIAN, zur Kenntnis Hawais, Nachträge und Ergänzungen zu den Inselgruppen in Oceanien, Berlin 1883, S. 36 ff., und SCHURTZ, Altersklassen und Männerbünde, S. 359; W. ELLIS, Polynesian Resarches, 1830, Bd. 2, S. 362, 449; B. v. Werner, Ein deutsches Kriegsschiff in der Südsee, Leipzig 1889, S. 166). Von den alten Kariben auf den Antillen wird berichtet: Es genügt ein Rohr oder einen Strohhalm quer vor den Eingang des Hauses zu legen, ohne WILUTZKY, Vorgeschichte des Rechts II 9

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