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lung des Sondereigentums - zum Zeichen, dass alles in menschlichen Dingen sich wiederholt, und wie einfach im Grunde die Wege sind, auf denen die Menschheit ihre Bahn durch die Jahrtausende nimmt. Genau wie dort der Mensch zunächst seine Einzelhabe unter den Schutz der Gottheit durch Amulette und Götterbilder stellt, gerade so sind es hier zunächst religiöse Verwünschungen des Vertragsbrüchigen. So findet sich noch im Talmud die seltsame und zum Nachdenken anregende Bestimmung, dass beim Kaufvertrag zwar ein jeder Teil, auch nach Auszahlung des vollen Kaufpreises, zurücktreten kann, solange der rechtliche Erwerb der Ware sich noch nicht vollzogen hat aber religiöse Verfluchung fällt auf das Haupt dessen, der von diesem Recht Gebrauch macht1). Scheinbar die wundersamste Bestimmung, die man sich denken kann: Man gibt ein Recht mit der einen Hand und entzieht es mit der andern. Und doch ist es in gar vielen Dingen so; es ist ein widerspruchsvolles Ding mit dem Menschen und mit der Menschheit, und man kann wirklich nicht behaupten, dass sie energisch und gradlinig auf ihre Ziele losgegangen wäre. Man lässt es beim Alten, obwohl es schon unhaltbar geworden ist, aber die Gottheit soll den bestrafen, der das veraltete Recht in Anspruch nimmt. Ganz das Gleiche im assyrisch-babylonischen Recht; wie die vielen alten Vertragsurkunden, die man auf Täfelchen im Schutt der Königspaläste als Bibliothek Sardanapal's aufgefunden hat, uns zeigen, wurde die kontraktliche Bindung dadurch erreicht, dass der Zurücktretende eine hohe Geldbusse an den Tempel der Istar, der assyrischen Venus, zu entrichten hatte 2). Bereits hier sehen wir aber auch schon

1) RAPPAPORT in Zeitschrift, Bd. 15, S. 196; über das Recht der Kands auf Ceylon KOHLER, Rechtsvergleichende Studien, S. 237.

2) OPPERT et MENANT, Documents juridiques de l'Assyrie et de la Chaldée, S. 143. Auch hier wurden in alter Zeit Verfluchungen auf das Haupt des Rücktretenden gehäuft (so in den Urkunden am Sargonsteine PEISER, keilschriftliche Aktenstücke, S. 9. » Wer mit solchen Klagen

die weitere Entwickelung einsetzen; nicht nur der Tempelkasse war die Strafe des Rücktritts zu zahlen, sondern auch eine Entschädigung an den vertragstreuen Teil wurde ausgesetzt, also ein Reugeld ganz in unserem modernen Sinne. Die Strafen werden in einer Menge dieser uns erhaltenen assyrischen Urkunden völlig formularmässig vereinbart; in einer Fülle von Urkunden aus noch späterer Zeit wird der Rücktritt einfach vertragsmässig ausgeschlossen. (Rückforderungsklage wird nicht sein, nicht werden sie den Vertrag umkehren, wider einander werden sie keine Klage erheben«)1). Ein interessanter Belag dafür, wie die Menschheit sich erst langsam an den Gedanken der Bindung des Willens gewöhnt hat, wie er zuerst als seltene Ausnahme auftrat, die Ausnahme sodann im Laufe der Zeit zur Regel wuchs und der erstarkte Gedanke zuletzt die alten Krücken beiseite warf.

So ging es im allgemeinen. Und doch können wir mindestens bei zwei Völkern eine seltsame Abweichung feststellen, die dem regelmässigen Entwickelungsgang zu widersprechen scheint. Es ist das Spiel. Wie heutzutage die Bezahlung der Spielschuld, auch wenn das Gesetz sie nicht als bindend anerkennt, als Ehrenpunkt gilt, und bezeichnend genug gerade die Auffassung aristokratischer Kreise, die wir auch sonst als Hort urältester Ideen gefunden haben, in dieser Richtung geht: gerade so verhielt man sich im hohen Altertum.

Die

Ungültigkeit beantragt und Forderung erhebt, den sollen Anu, Bil und Ja, die grossen Götter, mit unlöslichem Fluche und Elend verfluchen, S. 17). Oder die Vertragschliessenden schwuren bei den Göttern und dem König: »Niemals wird einer mit dem andern prozessieren noch Ungültigkeitsklage erheben (vergl. die sehr alten Kaufverträge bei MEISSNER, Beiträge zum altbabylonischen Privatrecht, S. 31 ff.); hierdurch wurde der Zurücktretende zum meineidigen Frevler gemacht.

1) Vergl. die Urkunden aus der Zeit des Cyrus und Darius bei PEISER, Babylonische Verträge des Berliner Museums, S. 169, 133, 137, 153; KOHLER-PEISER, aus dem babylonischen Rechtsleben II, S. 59; schon aus früherer Zeit PEISER, Keilschriftliche Aktenstücke, S. 9, 17 u. s. w.

Stelle aus TACITUS' Germania1) ist bekannt: »Das Würfelspiel betreiben sie wunderbarer Weise nüchtern als eine ernste Sache mit solch einer verwegenen waghalsigen Lust, dass sie, wenn alles verloren ist, mit dem letzten und äussersten Wurf um Leib und Freiheit spielen. Der Besiegte begibt sich freiwillig in die Knechtschaft; mag er auch jugendkräftiger sein, doch lässt er sich binden und verkaufen. Das ist Hartnäckigkeit in verkehrten Dingen; sie selbst nennen es Treue«. So im alten Deutschland; aber im urzeitlichen Indien war es ganz dasselbe. Denn es ist zu beachten, dass die Stellen des Heldenepos von den Pandusöhnen wie von Nal, die Beide Habe, Reich und sich selbst verspielten, dem Kern des Sagenkreises angehören, also ältesten Ursprungs sind. Und doch sahen wir soeben, dass noch im Gesetzbuch des MANU der Rücktritt vom Vertrag möglich war. Wie ist all dies zu erklären? Haben wir es etwa beim Spiel mit dem ältesten Vertrag zu tun, da bei ihm sich die Wirkung der Gebundenheit in so viel früherer Zeit einstellte? Oder galt das Fallen des Würfels als Entscheidung der Götter selber, in deren Hände man seine Habe und sich selbst legte? Es ist nach allem oder vielmehr nach dem Wenigen, was wir wissen, und nach der herrschenden Stellung, die die Religion in ältester Zeit auch im Recht inne hatte, so dass man sagen kann, dass das Recht selbst ein Teil der Religion war keineswegs unmöglich, dass es sich hierbei um eine Anrufung des göttlichen Willens durch das Würfelspiel handelt; daher vielleicht der auffallende Ernst, mit dem wir diese Dinge bei den Germanen, wie bei den alten Indern behandelt sehen. Jedenfalls aber handelt es sich um ganz uralte Vorstellungen, und muss man daher nicht wenig er. staunen, vielfach noch heute die nämliche Auffassung zu finden. So stirbt auch das älteste nicht ab, und neueste Dinge wurzeln im Uraltertum.

1) C. 24.

Dies also das Spiel. Wir wollen aber zum Ausgangspunkt zurückkehren: also die ältesten Verträge waren, wie wir Juristen es heute nennen würden, Realkontrakte; sie wurden durch die Hingabe der körperlichen Sache selbst abgeschlossen. Daher die bekannte und so oft erwähnte Erscheinung, die wir in so vielen Rechten, vor allem im römischen, germanischen, ebenso aber auch im neueren indischen 1) Recht finden, dass eine Scholle oder ein Grashalm als Stück oder Frucht des Grundstücks beim Kaufschluss übergeben wird. Wir sind gewohnt, dies als ein sinniges Abbild - wie wir es nennen, Symbol zu betrachten; aber so geistreiche Spiele trieb man nicht. Unseren Ahnen war war es mit ihren Rechtshandlungen bitterer Ernst und um so mehr, als das Recht ihnen noch Religion war. In späterer Zeit verblasste die Bedeutung des Akts naturgemäss immer mehr; aber es war die Scheu vor der Vergangenheit und der als ihren Hüter gedachten und gefürchteten Gottheit der Beschützerin des Uralten und deswegen Heiligen - diese Scheu war es, die die Form festhielt, nachdem die Sache selbst längst überwunden war. So mancher Rechtssatz greift hier tief zurück. Aus dem Charakter des alten Kaufvertrags als Realkontrakt lässt sich z. B. die auffällige Bestimmung des römischen Rechts erklären, dass die Gefahr bereits mit dem Kaufschluss, also noch vor der Übergabe, auf den Käufer überging'); denn im uralten Recht war Kauf und Übergabe und noch viel später Kauf und symbolische Übergabe notwendig eins. Als der grobsinnliche Vorgang des Kaufschlusses, wie er ehedem geübt wurde, längst zu einem Schemen geworden war, nahm man in dieser einen wichtigen Wirkung immer

1) Hierüber KOHLER in Zeitschrift, Bd. 7, S 198, Bd. 8, S. 265, ' Bd. 11, S. 184.

2) Derselbe Satz fand sich offenbar aus demselben Grunde im babylonischen, indischen und griechischen Recht, und ist es nicht ausgeschlossen, dass er vom Orient zu den Völkern der Antike kam (KOHLER-PEISER, Aus dem Babylonischen Rechtsleben II, S. 39).

noch etwas für die Übergabe, was nicht einmal mehr ihr Schein war.

Eigene Wandlung der Rechtsgedanken! Am Beginn die Dinglichkeit unlöslich von dem Begriff des Vertrags- und heute, als ob die Chemie sich auch des Vertragsrechts bemächtigt hätte, das Element der Dinglichkeit abgezogen und zu einem besondern dinglichen Vertrag, der von dem zu Grunde liegenden obligatorischen Verhältnis begrifflich unabhängig ist, ausgestaltet! Jetzt haben wir reinlich den Vertrag in seine Bestandteile zerlegt wenigstens in unserer Gedankenwerkstatt; und wohl uns, wenn diese chemische Analyse sich immer mit den Bedürfnissen des Lebens deckt!

Ursprünglich wurden die Verträge in feierlicher Form abgeschlossen; die notwendig mit dem Abschluss verknüpfte Übergabe, wie die möglichst furchtbar sich gestaltende Verwünschung des Vertragsbrüchigen ist erwähnt. Hierbei waltet dasselbe Entwickelungsgesetz ob, das bei den Formen der Eheschliessung von uns beobachtet worden ist1): so lange das Rechtsinstitut neu ist und eine Umwälzung der bisherigen Anschauungen bedeutet, sucht man nach äussern Bekräftigungsmitteln, und man kann nicht genug äusserliche Formen als Wahrzeichen eines festen Abschlusses auf einander häufen man ersetzt von aussen, was innen fehlt, wie es auch sonst in menschlichen Dingen geschehen soll - während später die erstarkte Idee dieser Hilfe nicht mehr bedarf, und der Vertragsschluss durch wesentliche Vereinfachung einen farblosen, ja nüchternen Charakter erhält. Daher der wunderbare Farbenschimmer, mit dem die erste Werdestufe des Rechts umkleidet ist, und die oft wilde Poesie, die ihr anhaftet.

Man vergleiche einen Geschäftsschluss, wie er in unseren Kontors sich vollzieht, wo durch Correspondenz oder formlose Abrede über gewaltige Summen verfügt wird, überhaupt das

1) Oben, Bd. 1, S. 210.

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