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kühle Gebahren unserer Geschäftsleute und Bankiers mit der Art, in der heute noch Stämme in Hinterindien ihre Verträge abschliessen! Hier wird auf den Boden der Schädel eines Bären oder eines Tigers, dazu ein Nesselblatt, eine Reishülse und eine Schwertklinge gelegt. Der Mann tritt heran, wiederholt die Bedingungen des Vertrags und schwört: >Wenn ich mein Wort breche, so möge mich ein Bär oder ein Tiger, wie der, dem dieser Schädel gehört hat, verschlingen; möge eine Nessel mich stechen, wie die vor mir liegende; möge der Same, den ich ausstreue, keine Frucht bringen, wie diese Hülse hier, und möge das Schwert mich erschlagen. Des seien Himmel und Erde Zeugen.

Oder es wird auf ein Blatt ein Ei, ein Tigerzahn, ein Klumpen Erde, ein roter Faden, rote Farbe, ein schwarzer Faden, ein Speer, Schlachtbeil und das Blatt einer Brennessel hingelegt. Sobald der Vertragschliessende an das Blatt kommt, schaut er gen Himmel und verschwört sich, er möge vom Blitz erschlagen werden, wenn er falsch schwöre. Dann spricht er die Bedingungen des Vertrags her, deutet auf das Blatt und fügt hinzu: »Möge ich, wenn ich falsch rede und meine Treue breche, sein wie dieses Ei, ohne Hände und Füsse, ohne Ohren und Haupt, ohne Verstand und ohne Kraft; möge ein Tiger gleich dem, dem dieser Zahn gehörte, mich verschlingen; möge ich werden zu einem Klumpen Erde, den der Regen hinwegspült; möge im Kriege mein Blut vergossen werden, so rot wie der Faden vor mir; möge ich erblinden und für mich die Welt so dunkel werden, wie jener schwarze Faden auf dem Blatt; mögen Schwert und Beil mich verwunden und mein Körper immerdar den Qualen ausgesetzt sein, welche die Nessel zu bringen vermag 1)!«

Welche düstere Poesie, welcher Bilderreichtum wird hier

entfaltet

und in wie unsicherem, erstem Stadium muss sich

1) Zeitschrift, Bd. 13, S. 132, 133.

das Vertragsrecht hier noch befinden, dass es zu seiner Befestigung eines solchen Apparats bedarf! Zerlegen wir diese absonderliche Art des Vertragsschlusses in ihre Bestandteile, so finden wir den Eid, als feierliche Anrufung höherer Mächte zur Vertragsfestigung auch sonst vielfach, bis in sehr entwickelte Kulturstufen hinein, nicht nur bei Römern und Griechen 1), sondern auch bei den alten Persern, den Ägyptern ebenso wie den Chinesen und Azteken?); die Bedeutung des Eides und seine Geschichte kann aber nur an einer Stelle, am besten weiterhin beim Prozess zusammenfassend behandelt werden. Auch unsere Altvordern schlossen, wenn auch nicht mit Bärenschädel und Tigerzahn, so ihre Verträge doch auch in feierlicher Form. Von der Gewere ist schon gesprochen worden; wie diese auf Wehr und Waffen zurückführt, die als Zeichen der Macht gegeben und genommen sein mögen, so scheint auf ähnlicher Grundlage die weitverbreitete Übergabe eines Stabes oder eines Halmes (festuca, stipula) zu beruhen3). Auch hier scheint der Ausgangspunkt die Darreichung eines Speers oder einer sonstigen Waffe gewesen zu sein'); wie sie aber zumeist begegnet, ist der dabei überreichte Gegenstand zu dem geknoteten gegliederten Stengel des geschossten Korns geworden, den man wirft oder reicht und ergreift, als Zeichen, dass die Verfügungsgewalt gegeben und genommen wird. Aus der Kriegswaffe ist also das Abzeichen der Ceres geworden, der grossen Kulturmutter, wie man den Ackerbau den Vater des Rechts nennen

1) Bei HOMER schwören auch die Götter zur Bekräftigung ihrer Worte bei Himmel und Erde und dem tief fliessenden Wasser des Styx (Ilias 15, 36 ff.; Od. 5, 184 ff.; vergl. Il. 19, 108, 127) und HESIOD schildert gar die Strafen, welche die Götter wegen Meineids erleiden (Theogonie 793 ff.). 2) FRIEDRICHS, Universales Obligationenrecht, S. 35, Anm. 1. 3) Eines Falls des Kontraktsschlusses mit der festuca, des in laisam jactare bei der Adoption, ist oben, S. 38 gedacht. Auch das Scepter der Könige war ursprünglich ein Stab.

4) THÉVENIN, Contributions à l'histoire du droit germanique (Abdruck aus der Nouvelle revue hist. de droit 1879, 1880), S. 43 ff.

kann. Mit Mund, Hand und Halm geschah die volle Bekräftigung vor Gericht 1); so verkaufte man Grundstücke, Knechte, Pferde und fahrende Habe, so schloss man Verträge aller Art. Dies war aber keineswegs eine besondere Eigenart des germanischen Volkes; sondern man geht wohl kaum fehl, wenn man auch die römische Stipulation in allerältester Zeit mit dem Werfen oder Brechen des Halmes (stipula) in Verbindung bringt2), wie noch indische Bergvölker nach uralter Vätersitte einen Strohhalm bei Vertragsschlüssen unter sich teilen und bei den Serben ein Kerbholz zerbrochen wird die Hälfte, welche der Gläubiger in Händen behält, heisst die Gluckhenne, die andere des Schuldners das Küchlein 3). Ganz ähnlich finden wir bei den ostafrikanischen Bantuvölkern die anklingende Sitte, dass ehedem bei Abschluss eines Kaufvertrags ein Stück Zeug mit der Frage zerrissen wurde: Hast du ge. kauft? was der Käufer bejahen musste'). Und dies erinnert wieder direkt an die alte Abschlussformel des römischen Kaufs: Habe ich für so und soviel gekauft (tanti mi sunt emtae)?5) Das Bestreben nach festen Formen, die äusserlich klipp und klar den Abschluss markieren, hat somit auf dem ganzen Erdball zu ähnlichen Bräuchen geführt.

Viel späteren Ursprungs ist offenbar die alte Mancipationsform der Römer, bei welcher vor Zeugen der Käufer die Ware fasste und der Preis auf eherner Wage zugewogen wurde; woraus noch später, als das Kaufgeschäft den Charakter der

1) GRIMM, Rechtsaltertümer, S. 121 ff., 127 ff., 604.

2) Über die verschiedenen Erklärungen des Wortes, vergl. SCHULIN, römische Rechtsgeschichte, S. 336, Anm. I.

3) GRIMM a. a. O., S. 604.

4) EBERSTEIN in den Mitteilungen aus den Deutschen Schutzgebieten, Bd. 9, S. 176.

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5) VARRO, de re rustica 2, 5, in BRUNS, fontes, 5. Aufl., S. 388: De reliquo antiqua fere formula utuntur, cum emtor dixit: tanti sunt mi emtae et ille respondit: sunt et expromisit nummos.<<

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strengen Dinglichkeit verlor, eine Scheinzahlung des Preises ward. Denn diese Form setzt als Zahlmittel das Zuwiegen von Erz voraus, dem, wie wir in diesen Blättern besonders bei der Kaufehe gesehen haben, in weiter Verbreitung lange voran die Zahlung in Rindern gegangen ist; es scheint, dass die Römer diese Form von den semitischen Völkern, wie diese wohl aus dem alten Babel übernommen haben waren doch damals Phönizier und Karthager die Herren des Seeverkehrs und damit auch des Handels an den italischen Küsten denn diese drastische Vollziehung des Kaufvertrages war bei den Semiten hergebracht. So wird uns in ganz ähnlicher Weise der Vorgang in der anschaulichen Stelle bei Jeremias 32, 9. 10 geschildert: >Und (ich) kaufte den Acker von Hanameel, meines Vetters Sohne, zu Anathoth, und wog ihm das Geld dar, sieben Sekel und zehn Silberlinge Und schrieb einen Brief und versiegelte ihn und nahm Zeugen dazu, und wog das Geld dar auf einer Wage< 1). Wir finden hier die Wage wie die Zeugen; nur, auf eine verfeinerte Rechtsstufe hindeutend, fehlt die sofortige körperliche Übergabe und tritt die schriftliche Urkunde späterer Zeiten hinzu.

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Die Zeugen waren freilich notwendig zum Vertragsschluss, lange ehe es eine Schrift gab), und gerade weil sie als Beur

1) Vergl. auch 1. Mos. 23, 16.

2) Einen Begriff von der uralten Kultur Babyloniens gibt es uns, wenn in dem Gesetzbuch HAMMURABIS, eines für unsere Begriffe urzeitlichen Königs, der um 2250 v. Chr. regierte, die Ungültigkeitserklärung eines Kaufs mit den Worten: es wird seine Kaufvertragstafel zerbrochen bezeichnet wird, und von schriftlicher Ausfertigung der Urteile die Rede ist (daselbst §§ 37 und 5). Was für eine Entwickelung muss vorausgegangen sein, ehe in den Euphratländern diese Kultur möglich war! und sie bestand bereits zu dieser uns unerhört früh erscheinenden Zeit! Freilich im Vergleich zu den Jahrhunderttausenden, welche die Vorgeschichte der Menschheit sicher umspannte eine verschwindende Zeit; aber jedes Jahrhundert zurück, von dem die Schrift uns Kunde bringt, ist uns ein

Licht in das tiefe Dunkel der ältesten Vorzeit.

kundung noch nicht da war. Es scheint mir möglich, dass die Zuziehung der Zeugen ihren ältesten Ursprung in der uralten und weitverbreiteten Sitte des gemeinsamen Mahles hat, das alle Angehörigen beider Teile zum Zeichen der Einigung begingen. Die Sitte ist in diesen Blättern schon vielfach (bei Eheschliessung, wie bei der Blutsbrüderschaft) erwähnt; sie ist auf sehr alter Stufe, wo wir uns das Leben noch in ganz anderer Weise von religiösen Vorstellungen geleitet und durchzogen zu denken haben, sicherlich ein religiöser Akt gewesen, durch welchen angesichts des Herdes und der gemeinsamen Hausgötter die Gleichheit der Abstammung und damit der Stammesbrüderschaft festgestellt wurde 1). Durch dieses feierliche gemeinschaftliche Mahl erfolgte die Aufnahme in die häusliche Gemeinschaft und damit in den Stamm. Dies war in der Tat die stärkste Befestigung, die man einem Vertrag geben konnte, dass er zugleich eine Verbrüderung war; und wir sahen vorhin, wie der ältesten Zeit keine Bekräftigung stark genug war, um den Vertragswillen, der damals noch wenig zuverlässig war, so fest als möglich zu binden. Diese Sitte lässt sich in sehr späte Zeiten hinein verfolgen, als Mahlzeit nach dem Kauf2), unser altdeutscher Weinkauf, der als Bekräftigung von Bündnisverträgen schon von Adam von Bremen bezeugt wird3)

1) HEARN, the Aryan household, S. 33. Lehrreich ist die von ELLIS (Polynesian Researches, Bd. 2, S. 569, 570) berichtete Form der Eheschliessung in der Südsee: Die Schädel der Ahnen werden als Hausgötter herbeigeholt, und in ihrem Angesicht, umringt von den beiderseitigen Familien, stehen die Verlobten Hand in Hand da. Mit einem Instrument aus Haifischzähnen (der Hai gilt dort als heiliges Tier) schneiden die Mütter der Beiden sich Wunden in Gesicht und Stirn, ein von dem vermischten Blut beider Frauen bespritztes Tuch wird zu den Füssen der Braut niedergelegt, und nunmehr werden beide Familien künftig als eine betrachtet.<

2) FRIEDRICHS, Universales Obligation enrecht, S. 16.

3) ADAM brem. historia eccles. 3. 20: denique sicut mos est inter barbaros ad confirmandum pactum foederis opulentum convivium habetur vicissim per octo dies also fürwahr ein gründliches Gelage!

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