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storbenen innerhalb dreier Jahre nach dessen Tode die Witwe zur Ehe begehren und hat diese ein Recht darauf, sodass sie vom Schwager, falls er sich weigert, eine Busse verlangen kann; sondern und das ist noch viel merkwürdiger, auch der Witwer soll die Schwester der Verstorbenen heiraten 1). Dies weist auf Zeiten zurück, wo alle Brüder einer Familie mit allen Schwestern einer anderen Familie als vermählt galten, und wird der Zusammenhang noch klarer, da wir alsbald dasselbe System bei dem klassischen Volk des Totemismus, den amerikanischen Rothäuten, finden werden.

Es scheint sich auch hier um sehr altes Recht des östlichen Asiens zu handeln. Denn auch bei den Ureinwohnern von Hainan (Formosa) fällt die Witwe an den nächsten Bruder des verstorbenen Mannes 2). Und im äussersten Westen des Kontinents, in Arabien, ist es nicht anders. Bei den Beduinen ist es noch üblich, wenn auch nicht mehr rechtliche Verpflichtung, dass die Witwe den Bruder des Mannes heiratet3).

In Afrika ist die Leviratsehe allgemein verbreitet. Im Westen bei den Ephenegern an der Togoküste findet sie sich mit der Besonderheit, dass die Witwe dem jüngeren, nicht dem älteren Bruder zufällt4). Sie wird uns auch bezeugt von den Hereros in Südwestafrika 5). In Südafrika gelten bei den Betschuanen, einem Stamm der Bantuvölker, die Kinder des Schwagers als Kinder des verstorbenen Mannes 6). Ebenso bei den Ba-Ronga an der Delagoabai") und bei den AmaxosaKaffern). Bei den heutigen Hottentotten besteht die Levirats

1) KOHLER a. a. O., Bd. 6, S. 188, 189.

2) KOHLER a. a. O., Bd. 8, S. 274, Ed 16, S. 327, 328.

3) BURCKHARDT, Bemerkungen über die Beduinen und Wahaby, S. 91. 4) HENRICI in Zeitschrift, Bd. 11,

5) Zeitschrift, Bd. 14, S. 301.

S. 135.

6) KOHLER a. a. O., Bd. 15, S. 324.

7) Zeitschrift, Bd. 14, S. 465.

8) Zeitschrift, Bd. 11, S. 237.

ehe nicht mehr; aber es ist Sitte, dass nach dem Tode des Mannes der verheiratete Bruder desselben die Witwe in sein Haus nimmt, falls sie nicht bereits grössere Söhne hat und so wohlhabend ist, dass sie ihren Haushalt ohne Not weiterführen kann1).

Auch die ostafrikanischen Negervölker üben die Leviratsehe; hier hat sie ihre anscheinende Grundlage in der Kaufehe, sodass der neue Ehemann bei ihrer Eingehung keinen Kaufpreis zu zahlen braucht; denn die Frau ist der Familie bereits gekauft 2). Und bei den Gallas im Innern von Ostafrika ist beim Tode des Mannes dessen Bruder verpflichtet, die Witwe zu ehelichen 3).

In Australien ist die Leviratsehe den dortigen Negervölkern bekannt1). Der Zusammenhang mit dem uralten Gedanken, dass die Frau dem ganzen Stamm des Mannes gehört, zeigt sich bei manchen Stämmen in der ganz altertümlichen Sitte, dass die Witwe, bis sie einem anderen Mann zugewiesen ist, als Frau aller Männer der Familiengruppe des Verstorbenen behandelt wird"). Bei den Papuas auf Neu-Guinea kann der Bruder des Verstorbenen die Witwe zur Frau nehmen). Desgleichen ist uns die Leviratsehe bestätigt von den Bewohnern der Marschallinseln") und von den Maori auf Neu-Seeland 8).

In Südamerika ist es ein fast bei allen brasilianischen Wilden streng geübtes Herkommen, dass nach dem Tode des Gatten dessen ältester Bruder oder, wenn kein solcher vorhanden ist, der nächste Verwandte männlicher Seite die Witwe,

1) VON BURGSDORFF in Zeitschrift, Bd. 15, S. 345.

2) KOHLER a. a. O., Bd. 15, S. 22.

3, HARTMANN, Abyssinien, S. 159.

4) Zeitschrift, Bd. 12, S. 338 ff.

5) KOHLER in Zeitschrift, Bd. 7, S. 328.

6) KOHLER a. a. O., Bd. 7, S. 373.

7) Zeitschrift, Bd. 14, S. 416.
6) BROWN, New-Zealand, S. 26.

und der Bruder der Witwe deren Tochter heiratet1). Bei dem Stamm der Calchaquis gilt, wenn die Ehe mit dem Verstorbenen kinderlos war, der in der Leviratsehe Erzeugte als Sohn des Verstorbenen 2).

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Auch die nordamerikanischen Rothäute haben die Leviratsehe gekannt. Wenigstens wird sie uns von den Omaha unmittelbar bezeugt3), und die Sprachen der Columbiastämme geben uns einen deutlichen Anhalt; denn hier nennt das Kind sofort nach dem Tode des Vaters dessen Bruder, Stiefvater und man vergleiche das vorhin bei den hinterindischen Chins über den möglichen Zusammenhang mit dem Totemismus Gesagte! ebenso sofort nach dem Tode der Mutter deren Schwester Stiefmutter). Was für ein wichtiges Erinnerungsblatt an ferne Vorwelt ist die Sprache, gleich den Zeugen, die man aus dem tiefsten Gestein der Erde zu Tage fördert, und wie beredten Ausweis gibt sie uns über Dinge, die längst vergangen sind!

Füge ich noch hinzu, dass die Leviratsehe auch bei den Eskimos häufig vorkommt5), so bleibt nur übrig, sie als eine universale Einrichtung der Menschheit anzuerkennen"), die sich überall findet, wo gewisse Voraussetzungen der Kultur, insbesondere die dringende Sorge um einen Sohn und Erben, vorhanden sind.

Dieselbe Sorge um Totenkult und Rache des blutig Gefallenen ist der Ursprung der Blutsbrüderschaft, der Verbindung

1) MARTIUS, Ethnographie Brasiliens, S. 117.

2) Zeitschrift, Bd. 13, S. 299.

3) DORSEY, S. 258: A man takes the widow of his . . brother in order to become the stepfather. . of his brother's children.

4) MORGAN, Consanguinity and Affinity, S. 248.

5) STARCKE, Die primitive Familie, S. 132; KLUTSCHACK, Als Eskimo unter den Eskimos, S. 234. Der Mann ist verpflichtet, die Witwe seines Bruders als zweite rechtmässige Frau anzunehmen.

6) Über die Leviratsehe bei den Osseten des Kaukasus HAXTHAUSEN, Transkaukasien, Bd. 2, S. 24.

von zwei Männern, die nicht mit einander verwandt sind, auf Tod und Leben. Auch die Blutsbrüderschaft ist daher eine künstliche Verwandschaft, aber geschlossen zwischen Erwachsenen mit völlig wechselseitiger Verpflichtung, so dass der eine den andern zu schützen und der Überlebende, wer es von beiden auch sei, dem andern Begräbnispflicht und Blutrache also was sonst dem Sohne obliegt zu gewähren hat. Benannt von dem Blut, das bei ihrer Errichtung getrunken wurde, und von dem Blut, das sie für einander zu vergiessen hatten und das dem Verstorbenen zu rächen war: die ganze Not der damaligen Menschheit, die Friedlosigkeit und ihr gehetztes Dasein klingt uns aus diesem düstern Bündnis, durch Blut besiegelt, zum Blutvergiessen bestimmt und blutigen Kampf in sicherer Voraussicht, entgegen.

Wir denken bei der Blutsbrüderschaft zunächst an die alten Germanen, denen sie wohlbekannt war (fostbrädarlag)1). Ihr Abschluss wurde das »Unter-den-Rasen Gehen genannt; denn die beiden, die sich verbrüdern wollten, hoben ein Stück Rasen in die Höhe, steckten ihren Spiess darunter und unter dem Rasen ritzten sie sich und liessen ihr Blut zur Erde fliessen; sie rührten das Blut zusammen und schwuren, ein

1) KONRAD MAURER, Bekehrung des norwegischen Stammes z. Chr. Bd. 2, S. 170; PAPPENHEIM, die altdänischen Schutzgilden, S. 21 ff. Dies ist aber bereits urzeitliche Nordlandssitte. Denn schon HERODOT berichtet von den Skythen (4, 70): »Einen Bund machen die Skythen auf folgende Art, sie mögen ihn schliessen, mit wem sie wollen; sie giessen Wein in einen grossen irdenen Krug und vermischen ihn mit dem Blute derer, die den Bund schliessen, indem sie sich mit einem Messer stechen, oder mit einem Dolch ein wenig die Haut aufritzen. Sodann tauchen sie in den Krug ein Schwert, Pfeile, eine Streitaxt und einen Wurfspiess. Und wenn sie dies getan, sprechen sie ein langes Gebet, und sodann trinken aus dem Kruge sowohl diejenigen, die den Bund mit einander machen, als auch die Angesehensten aus ihrem Gefolge. Dasselbe bestätigt MELA (2, 1, 12) und fügt hinzu: »Dies halten sie für das sicherste Pfand künftig dauernder Treue.<

ander als Brüder zu rächen 1). Sie gruben sich also gewissermassen Ein Grab und so wollten sie im Angesicht des Todes als Eins gelten denn auf den Tod war dieses Bündnis alten Heldentrotzes abgestellt. Wir wissen Fälle, dass beim Tode des einen sich der andere entleibte"). Dies geschah aber wohl nur, wenn der Überlebende keinen Anlass oder keine Aussicht hatte, die Blutsrache für den andern zu vollziehen; denn dies war die oberste Pflicht des Blutsbruders, »dass jeder den andern rächen soll wie seinen Bruder«3). Im Leben aber schuldeten sie sich gegenseitige Treue, pflogen in der Regel Gemeinschaft aller Güter und hatten zusammenzustehen, als ob sie leibliche Brüder wären 4). Und, wer diese Pflicht verletzte, galt als ehrlos. Ja, der so eingegangene Bund ging der leiblichen Verwandschaft vor. So mochte der norwegische Held Vikingr seinen eigenen Söhnen nicht gegen seinen Bundbruder Njorfi helfen und umgekehrt Njorfi an Vikings Söhnen nicht Rache nehmen, obwohl sie einen seiner eigenen Söhne getötet hatten. Als die Brüder des Erschlagenen zur Blutrache schreiten wollten, droht ihnen ihr alter Vater, dass er gegen sie dem Bundbruder beistehen und ihn an seinen eigenen Söhnen rächen würde").

Wenn sich auch in der Antike Blutsbrüderschaft in diesem Sinne nicht nachweisen lässt, so finden wir sie doch bei Zerfall des Römerreiches im griechisch byzantischen Rechtsleben 6).

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1) KONRAD MAURER, Bekehrung u. s. w. Bd. 2, S. 170; GRIMM, Rechts-Altertümer, S. 192, 118; PAPPENHEIM a. a O.; WEINHOLD, altnordisches Leben, S. 287 ff.

3) K. MAURER a. a. O., Bd. 2, S. 183.

3) PAPPENHEIM a. a. O., S. 40.

4) PAPPENHEIM a. a O., S. 42.

5) K. MAURER a. a. O., S. 171 Anm. 82.

6) ZACHARIÄ, Geschichte des griechisch-römischen Rechts, S. 96. Da man sonst keine Anlehnung im alten Rechtssystem fand, fasste man die Verbrüderung als Adoption auf und bekämpfte sie als ungültig, weil man in Nachahmung der Natur sich wohl einen Sohn, nicht aber einen Bruder

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