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che"? Jesus ruft, statt der Antwort, ein Kind

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zu sich, stellt es mitten unter sie, und spricht: wahrlich, ich sage Euch, es sey denn, daß Ihr Euch umkehrt und werdet wie die Kinder, sonst könnet Ihr nie in das selige Reich eintreten. Wer nun so ohne Anmaaffung ist, wie dieses Kind, wer, in frommer, kindlicher Einfalt des Herzens alle Ansprüche auf eitle Größe fahren läßt: Der ist der Größte in der Gesellschaft meiner Freunde", An eine geistige „Wiedergeburt" demnach, an ein Zurükkehren zu vorurtheilsfreier Ansicht der Dinge und zu einer reinen, heiligen Fassung des Gemüths, denkt Jesus allein. Der tugendhafteste Mensch ist der reifste für den begins nenden Gottesstaat; das meint er.

Und hierin låge eine Forderung, die zu unfern Kräften nicht paßte, die wir folglich eben darum für übertrieben halten müßten? Ist es denn unmöglich, einen hoffårtigen, irdischen, verkehrten Sinn abzulegen und gegen ein anspruchloses, frommes, an das Ewige und Bessere hingegebenes Herz zu vertauschen? Hångt es nicht vielmehr, nach unserm eigenen Bewußtseyn und nach aller Erfahrung, ganz von uns ab, diesen Tausch zu treffen, sobald wir wollen ?

Nachher redet Jesus von Verführungen. Zu erst von solchen, die durch andre Menschen, darauf von denjenigen, welche durch die eigenen Sinne und Gliedmassen entstehen, Er giebt dabei die Regel: Sollte deine Hand, oder dein Fuß dich zur Sünde reißen: haue jene ab, und befreie dich von diesem; und sollte dein Auge dich versuchen: reiß es aus und wirf es von dir. Besser, an Hånden und Füßen lahm, und gesund von innen; als im Besize aller Glieder, und verkrüppelt am Geiste! Besser, mit einem Auge in den Himmel, als mit beiden in die Hölle"! Das kann er nun nicht so verstehen, als ob das Auge, welches mit Wohlgefallen auf verführerischen Gegenständen weilt, und strafbare Wünsche und Vorsäge in uns anfacht, auf der Stelle ausgerissen, die Hand, die eben einer fündlichen Verrichtung sich unterziehen will, sofort abgehauen und weggeworfen werden solle. Hätten wir doch, auch wenn das geschähe, die böse Lust, diese Wurzel alles Ue= bels*, damit noch nicht zugleich aus unserm Herzen vertilgt; worauf immer das meiste ankåme. Wenn aber jemals, das ist der groffe Sinn dieses Ausspruchs, der Fall gedenkbar wåre,

Jacob I, 14. 15.

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daß du, nur durch Hinwegschaffung eines körperlichen Gliedes, vielleicht des theuersten, eine Sünde dir sparen, eine gottlose Leidenschaft in deiner Seele erstikken, eine schlechte Handlung verhüs ten könntest dann müßtest du es opfern; denn deine Tugend soll dir werther, als alles seyn; sie zu retten sollst du wagen was du hast.

Dies könnten wir aber zu viel gefordert nennen? Ist denn ein Verlust am Leibe nicht immer noch gering gegen einen Schaden an der unsterblichen Seele"*? Oder, mögten wir es billigen, wenn Jemand, um einen kleinen Nachtheile zu entgehen, den größern wählte? Bewundern wir nicht den Helden der Tugend, der lieber alles, lieber den Tod leidet, ehe er sein Ge= wissen verlegt? Und hat es, zum Beweise, daß eine so erhabene Selbstverläugnung gar wohl möglich ist, nicht zu allen Zeiten dergleichen Martyrer für Gutes und Großes gegeben?

Was übrigens von diesen in unserm Texte enthaltenen Forderungen gilt, das gilt von allen andern, meine Brüder. Bei manchen zwar scheint es, als gehe ihr göttlicher Stifter zu weit; es ist aber nicht so, sobald wir den

Matth. 16, 26.

Geist, den lebendignachenden" Geist seiner Aussprüche in genauere Erwägung ziehen.

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Er verlangt nicht, daß wir das Erdenleben verachten und den Freuden desselben durchaus ents fagen sollen, wenn er uns zurufen läßt: „habt `nicht lieb die Welt, noch was in der Welt ist"; aber vor jener gefährlichen Anhänglichkeit an das Frdische sollen wir uns hüten, welche unsre Seele vereitelt, unsern Berufseifer schwächt, unfre Veredlung hindert, und unsern Abschied von hier verbittert. Und dies kann Jeder befolgen, wer nur will. Er hat nicht die Absicht, uns alle zeitlichen Sorgen zu verbieten, wenn er sagt: „trachtet nach dem, das droben ist und nicht nach dem, das auf Erden ist"; aber nur vor allem sollen wir uns die Ausbildung uns sers Geistes und die Besserung unsers Herzens angelegen seyn lassen. Und das kann Jeder in Ausübung bringen, wem daran liegt. fordert keine ununterbrochene Wirksamkeit, bei welcher jede Stunde der heitern Musse ausgeschlossen wåre, wenn er uns durch sein Beispiel ermahnt, „zu wirken, dieweil es Tag ist"; aber einen regelmässigen Fleiß, eine gewissenhafte An= wendung unserer Kräfte, eine treue Abwartung

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jeder Obliegenheit, und neben dem frohen Geż nusse einen weisen Gebrauch des Lebens råth er uns wohlmeynend an. Und wer darf behaupten, daß dieser Rath thörigt sey? Er begehrt

nicht, daß wir jedem Triebe widerstehen und auch auf eine schuldlose Befriedigung sinnlicher Wünsche und Bedürfnisse Verzicht thun sollen, wenn er uns sein Kreuk" aufdringt *; aber daß wir die Begierde vernünftig beherrschen, gegen die widerrechtliche Gewalt der Neigungen ernstlich impfen, und über uns selbst wachsam eine glükliche Ordnung unsers Gemüthes erstreben und bewahren, das meynt er, das will er; und das rin kann Jeder ihm gehorchen, wer als sittlich= freier Mensch zu handeln gelernt hat. — Er muthet uns nicht zu, daß wir zu Beleidigungen durchaus schweigen, und alles mögliche Unrecht geduldig über uns ergehen lassen; am wenigsten aber sollen wir den Widersacher, wo er uns bes gegnet, ans Herz drükken, ihn mit Freundschaftss versicherungen überhäufen, ihm zårtlich, wie uns fern Vertrautesten, uns anschliessen, und eben die lebhafte Zuneigung, die wir für diese fühlen, auch ihm beweisen; nicht das liegt in seinem

* Matth. 16, 24.

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