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seinem Vater rühmt, dass er ihm durch Raub viel Sklaven erworben habe1). Solche Beutezüge, wie sie im Mittelalter von den Korsaren ausgeführt wurden, zur Wegfangung von Menschen, die dann in Sklaverei gebracht und verkauft wurden, sind in den Zeiten Homers, als durchaus ehrenhaft, unternommen worden2). Der Raub war eben unbestrittener und vollgültiger Rechtstitel und, ganz der Auffassung des heidnischen Island entsprechend, galt, wie wir vorhin bei der Raubehe gesehen haben, diese ehedem als die glänzendste Art der Eheschliessung3).

Dieselbe Auffassung finden wir bei den Römern. Sagt doch der Jurist GAJUS geradezu: »Ehemals hielt man das für Eigentum, was dem Feinde abgenommen war«, und er berichtet, dass im ältesten Prozess Speer (hasta) und Knüttel (festuca) das Symbol des geltend gemachten Eigentums war. Und die Einleitung des altertümlichen Eigentumsprozesses bestand darin, dass, nachdem beide Parteien den Knüttel (festuca) auf die Sache gelegt hatten, der Prätor als Gerichtsherr ihnen hiess: >> Lasst beide die Streitsache fahren« (mittite ambo hominem wobei bezeichnend genug der Sklave als gewöhnlicher Streitgegenstand gedacht ist4))! Drastischer kann der Ursprung des Eigentumsprozesses gar nicht geschildert werden, wie es hier im Abbild geschieht (genau wie wir das Hochzeitsspiel vielfach als Nachklang der Raubehe gesehen haben): die beiden Streitenden, die sich mit dem Knüttel als Zeichen der Gewalttat entgegentreten, und der Richter, der als Vertreter des er

1) Od. 1, 398: καὶ δμώων, οὕς μοι ληίσσατο διος Οδύσσευς.

2) Od. 14, 229 ff.; vergl. auch 1, 430 und die anschauliche Schilderung des Eumäos 15, 402 ff., welche zeigt, dass jedes Mittel Recht war, da es hierfür keinen Richter gab.

3) Oben, Bd. 1, S. 142.

4) Gajus 4, 16; JHERING, Geist des römischen Rechts, Bd. 1, § 10, insbesondere S. 110 ff.; ROSCHER a. a. O., Bd. 1, § 41, Anm. 1, (18. Aufl., S. 92).

starkten Staats beide wie zwei Raubtiere, die über einen Frass herfallen, auseinander treibt. So war in ältester Zeit das Wort für »>kaufen<< und »nehmen << eins (emere von sumere), zum deutlichen Zeichen, dass dem Kauf der Erwerb durch Gewalt vorausging. So heisst das altrömische Wort für Eigentum<< (mancipium) nichts anderes als das mit der Hand Ergriffene, und heres gerade wie der deutsche » Erbe << ursprünglich Dies Alles entspricht dem kriegerischen

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der Ergreifende1). Ungestüm und der Hochschätzung körperlicher Kraft in alter Zeit. Ebenso berichtet HERODOT2) von den Thrakern, die er nach den Indern als das zahlreichste Volk des Altertums bezeichnet, dass ihnen Krieg und Raub über Alles ginge. Und genau so stellten die Gallier, als sie in Mittel-Italien einbrachen, nach LIVIUS den Satz auf, dass den Tapferen alles gehöre und die Waffen Rechtstitel seien3). Dass aber Kauf und Raub ursprünglich Geschwister waren, ergibt ohne weiteres die Geschichte des Seehandels, und gerade das Becken des mittelländischen Meers hat bis in verhältnismässig sehr späte Zeiten hinein neben dem Seehandel auch den Seeraub gekannt.

So wurde durch Arbeit und auch durch Raub das erste Sondereigentum gewonnen1). Wie aber kam es, dass diese Habe, die der Einzelne für sich in Anspruch nahm, auch der Gesamtheit gegenüber behauptet werden konnte? Denn das Recht des Individuums war ein Neues, es war eine Verletzung der alten Anschauungen und dem Gesamteigentum gegenüber ebenso revolutionär, wie überhaupt die Betonung des Individuums

1) Festus bei BRUNS, fontes, 5. Aufl., S. 342; über den ganzen Gegenstand DARGUN in Zeitschrift, Bd. 5, S. 97 ff.

2) 5, 6.

3) LIVIUS 5, 36: cum illi se in armis jus ferre et omnia fortium virorum esse ferociter dicerent.

4) So heisst es von den Azteken des alten Mexiko: »Eroberung und Arbeit galten als Eigentumserwerbsgründe; im Eigentumsstreit sagte der eine: ich habe die Sache mit der Lanze erworben; der andere: ich habe sie erarbeitet.<< (KOHLER in Zeitschrift, Bd. 11, S. 64).

Anders

Wie konnte hier der Einzelne

ja, wie konnte

gegen die Gattung, wie die Einzelehe bei ihrem Auftreten gegen die Gesamtehe es war. Bei Kleidern und Waffen war es die naturgemässe Vereinigung mit dem Körper, der sie trug und den sie schützten, was dem Gedanken den Charakter des Neuen und Gewaltsamen nahm. Und daher werden wir sicher nicht geirrt haben, wenn wir gerade hier, wo die Idee gewissermassen unmerklich und aus der natürlichen Beschaffenheit der Dinge erwuchs, den ersten Ursprung gesucht haben. aber bei Bäumen und Früchten. seiner besonderen Habe Geltung verschaffen, er sie überhaupt als solche der Gesamthabe der Gemeinderschaft gegenüber kennzeichnen? Und hier sehen wir das für die erste Bildung der Rechtsideen so bemerkenswerte Schauspiel, dass das Individuum gerade wie bei der Einzelehe durch die reichen religiösen Formen der Eheschliessung alter Zeit1) - durch Anrufung der Götter und die Schrecken ihrer geheimnisvollen Macht seine Sonderhabe zu sichern sucht. Mit der Saat, die man streut, wird ein Zauber vergraben an den Baum, den man pflanzt, wird ein Amulet gehängt. Dergestalt sollen die Götter über der Habe wachen und dem Verderben bringen, der sie dem Eigner entzieht. So wird es uns noch heutigen Tags von den Papuas auf Neu-Guinea und von den Marschall-Insulanern, überhaupt von Polynesien berichtet), wo man diese Abzeichen tabu oder matakau nennt.

1) Oben, Bd. 1, S. 208 ff.

2) KOHLER in GRÜNHUT'S Zeitschrift, Bd. 19, S. 593, 594 mit Beispielen insbesondere aus holländisch Indien; Zeitschrift, Bd. 7, S. 375, Bd. 14, S. 371, 443. Tabu bedeutet eigentlich Heiligtum (CHALMERS und GILL, NeuGuinea, Deutsche Ausgabe 1886, S. 156; vergl auch BASTIAN, zur Kenntnis Hawais, Nachträge und Ergänzungen zu den Inselgruppen in Oceanien, Berlin 1883, S. 36 ff., und SCHURTZ, Altersklassen und Männerbünde, S. 359; W. ELLIS, Polynesian Resarches, 1830, Bd. 2, S. 362, 449; B. v. Werner, Ein deutsches Kriegsschiff in der Südsee, Leipzig 1889, S. 166). Von den alten Kariben auf den Antillen wird berichtet: »Es genügt ein Rohr oder einen Strohhalm quer vor den Eingang des Hauses zu legen, ohne WILUTZKY, Vorgeschichte des Rechts II 9

In ganz derselben Weise schützt der afrikanische Neger sein Eigentum; auch er befestigt ein Amulet an der beweglichen Sache oder er legt es vor die Schwelle des Hauses, wenn er nicht unter dem Fundament des Baues die Leiche eines getöteten Menschen vergräbt, damit sie eine gespenstische Wache halte 1). Dieser letzte, uns schauderhaft erscheinende Glaube ist übrigens uralt und lässt sich auch sonst nachweisen; hier sei nur der prächtigen Erzählung THEODOR STORM'S: »Der Schimmelreiter« gedacht, wo wir den Aberglauben unter der Küstenbevölkerung vorausgesetzt sehen, dass unter den Deich, damit er den Sturmfluten Stand halte, etwas Lebendiges vergraben werden müsse. Soll dieser Glaube bedeuten, dass jedes menschliche Glück nur dadurch befestigt werden kann, dass Tränen und Leichen unter seiner Grundlage vermauert werden? Die antike Kultur beruhte auf der Sklavenwirtschaft, also der Knechtschaft unzähliger Menschen; und welche Kultur hätte ähnlicher Grundlagen bis zum heutigen Tag völlig entbehren können?

Wie das nun auch sein mag, in alter Zeit waren Religion und Recht so innig mit einander verknüpft, dass das Privateigentum in seinen Anfängen Bestätigung und Sicherheit dadurch zu erlangen suchte, dass es sich unmittelbar unter den Schutz der Götter stellte. Das ist nicht etwa nur ein Gedanke der heutigen sogenannten Naturvölker, sondern war so schon in uralter Zeit. So wissen wir von den alten Babyloniern, dass sie Urkunden aus Basalt über Eigentum und Grenzen eines Grundstücks errichteten und wahrscheinlich auf dem Grundstück selbst aufstellten. Diese Steine hatten die Gestalt eines Eies; auf ihrem oberen Teile waren Götterbilder angebracht, und darunter wurden in einer Inschrift die Götter angerufen, dass sie die entsetzlichsten Übel über jeden verhängten, der

dass jemand gewagt hätte, das versiegelte Eigentum zu betreten.«< (PESCHEL, Geschichte des Zeitalters der Entdeckungen, S. 192).

1) KOHLER in Zeitschrift, Bd. 11, S. 443; vergl. auch Bd. 15, S. 48.

die Grenze verrücken oder die Frucht sich aneignen würde 1). Und ganz ähnlich stellte ein dem Numa Pompilius zugeschriebenes altrömisches Gesetz die Grundstücksgrenzen unter den Schutz der Götter und erklärte den Grenzfrevler für friedlos; charakteristischer Weise auch die schuldlosen Ochsen, mit denen der Frevler den Grenzstein umgepflügt hatte 2) es entspricht dies, wie wir alsbald sehen werden, dem Gedankengang des ältesten Strafrechts, das lediglich den Erfolg bestraft und sich daher auch an die unvernünftige Kreatur halten kann3).

Erst das Sondereigentum bot die Möglichkeit eines Vertragsschlusses von Mensch zu Mensch; denn das Vertragsrecht ist seiner Natur nach individuell. So lässt sich ein Zustand, bei

1) OPPERT et MÉNANT, Documents juridiques de l'Assyrie et de la Chaldée, S. 85 ff., 117 ff.; PEISER, Keilschriftliche Aktenstücke, S. 9; vergl. JHERING, Vorgeschichte der Indoeuropäer, S. 262, 263. Interessant für die gemeinsamen Wege, die die Menschheit geht, sind die Verfluchungen, die in Deutschland bei Vergabungen an die Kirche vom 9. bis zum 13. Jahrhundert demjenigen, der sie anfechten sollte, angedroht wurden (Si quis hanc legem traditionis infringat, odium Dei et omnium sanctorum habeat et cum Judah Scariot portionem accipiat, vergl. FIPPER, das Beispruchsrecht nach altsächsischem Recht, S. 7, Anm. 10). Also ganz wie in Alt-Babylon!

2) Festus sub v. terminus (ed. THEWREWK, S. 560): eum, qui terminum exarasset, et ipsum et boves sacros esse.

3) Vergl. die Bestimmung des Schwelmer Hofrechts, wonach man die auf einem Kornfeld gepfändeten fremden Gänse an einen auf diesem Felde errichteten Galgen hängen darf. (GRIMM, Weistümer, Bd. 3, S. 30), und die eigentümliche Vorschrift wegen des Hundes, der einen Menschen getötet hat, aus dem Pactus Alamannorum (Monumenta Germaniae, Bd. V., Pars I, S. 24, 31) und dazu GRIMM, Rechtsaltertümer, S. 665). Ähnlich sprach im Athenischen Recht der Gerichtshof des Prytaneion über Steine, Balken und Tiere, die einen Menschen getötet hatten, die Strafe des Uneрoрív (über die Landesgrenze bringen) aus (HERMANN, Rechtsaltertümer, S. 43 ff.). Vergl. überhaupt VON AMIRA, Tierstrafen und Tierprozesse, in den Mitteilungen für österreichische Geschichtsforschung, Bd. 12, S. 545 ff. und OSENBRÜGGEN, Studien zur deutschen und schweizerischen Rechtsgeschichte, S. 145 ff.

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