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erscheinen lassen, daraus war bald eine Helena hergestellt."*) Aber es war ja nicht die Jungfrau Maria, sondern Maria von Burgund, die verstorbene Gemahlin Marimilians, welche der Abt von Sponheim dem Kaiser heraufbeschworen hat, wie Lercheimer berichtet, den Grimm noch dazu in der obigen Stelle anführt!

Uebrigens erfährt man nicht recht, was aus den Bekenntnissen Augustins entlehnt sein soll: ob Augustin oder der Manichäer Faustus oder beide. „Es ist ein wunderlicher Zufall, daß der Manichäer Faustus, der Landstreicher Georg Faustus und der Professor Faustus Andrelinus durch den gleichlau= tenden Namen dazu gelangten, sich zu einer neuen idealen Person zu vereinigen." Dann werden Goethes eigene Schicksale durch sechszig Jahre hindurch in den Charakter des Faust gleichsam hineingeschmolzen. Der Manichäer liefert die philosophischtheologische Grundlage, der gelehrte Landstreicher Faust das Abenteuerliche, der pariser Professor Faust das Erotische, Goethe selbst giebt den Gedankeninhalt des eigenen Jahrhunderts hinzu.“**) Es läßt sich nicht vorstellen, welcher Wind den *) Ebendas. S. 457. **) S. 463.

heiligen Augustin, den Manichäer Faustus und drei unheilige Italiener zusammengeblasen hat, und wie aus der Ungestalt eines solchen Haufens die Geschichte hervorgehen konnte, welche die Volksbücher vom Faust erzählen und Goethe vorfand.

Ich bin auf den obigen Versuch zur Analyse der Geschichte und Dichtung vom Faust nur deshalb näher eingegangen, um auch durch dieses Beispiel die Abwege und die Entartung zu kennzeichnen, in welche heutzutage die Ausübung der historischen Methode mit ihrer Entlehnungs sucht geräth, denn sie ist schon so weit gekommen, daß sie nicht blos gewisse scheinbare Entlehnungen ohne jede Spur geschichtlicher Nachweisung und ohne allen erklärenden Nußen zur Geltung bringen möchte, sondern geradezu sinnlose erfindet.

Achtes Capitel.

Christoph Marlowe's Fausttragödie.

I.

Die Entstehung und Quelle des Stückes.

Das frankfurter Volksbuch enthielt in seiner Faustgeschichte eine solche Fülle bewegter und bunter Handlung, effectvoller Scenen und tragischer Motive, daß es ein vorzügliches Material zu dramatischer Gestaltung darbot. Sobald ein Dichter die Hand an diesen Stoff legte, mußte sich die Erzählung in ein Schauspiel verwandeln. Unter den gleichzeitigen Bühnen gab es nur eine, die zur Lösung einer solchen Aufgabe berufen war: die englische in der Epoche, aus welcher Shakespeare hervorging. Hier wurden die volksthümlichsten und wirksamsten Stoffe gesucht, und je größeres Entsezen erregt wurde, um so stärker und populärer war die Wirkung. So entstand die sogenannte

englische Schauertragödie, für welche kein Gegenstand gelegener und lockender sein konnte, als die deutsche Sage vom Faust. Sein kühnes Streben, sein Abfall von Gott, der Bund mit dem Satan, die abenteuerliche Weltfahrt, der Wechsel erhabener und burlesker Scenen, das schreckliche, immer näher rückende Ziel, die Angst vor dem Ende, das grauenvolle Ende selbst: welcher Reichthum spannender und erschütternder Motive! Um dieselben auszu= führen und zu tragischer Wirkung zu bringen, mußte man die Leidenschaften, woraus die Schuld wie das Schicksal des Faust hervorgehen, lebhaft nachempfin= den und nicht blos mit jenem lutherischen Horror betrachten, von dem die deutschen Volksbücher erfüllt waren. Vielleicht war Christoph Marlowe damals der einzige Dichter, der in dem Charakter des deutschen Magus, wie das Volksbuch ihn geschildert hat, etwas von der eigenen Gemüthsart wiederfand. Er war Schauspieler und Schauspieldichter, wie sein Freund Robert Green: beide, wie die Nachrede ging, von ausschweifendem, gottlosem Lebenswandel, Shakespeares talentvollste Vorgänger und Zeitgenossen. Marlowe's theatralische Laufbahn war furz, sie fiel in die Jahre 1587-1593 und

fand in einem Duell, welches ein Liebeshandel veranlaßt hatte, ihr jähes Ende. Er war erst dreißig, als er starb.

Seine Dichtung, die in der poetischen Fortbildung der Faustsage eine Epoche bezeichnet, heißt: »Tragical history of life and death of Doctor Faustus«; sie wurde im Jahre 1594 aufgeführt und zehn Jahre später gedruckt, nachdem ihre Darstellung oft wiederholt und ihr Tert, wie aus literarischen Nachrichten feststeht, in den Jahren 1597 und 1602 interpolirt worden. Diese Einschiebungen im einzelnen nachzuweisen, ist Sache einer kritischen Untersuchung, die nicht zu unserer gegenwärtigen Aufgabe gehört. Gleich im Eingange des Stückes begegnen wir einer Stelle, worin Fauft sich eine Kriegsmacht wünscht, um den Prinzen von Parma (Alexander Farnese) aus dem Lande zu jagen. Diese Worte, die sich auf die Niederlande beziehen, schei= nen auf Zustände hinzuweisen, die das Jahr 1588 noch nicht überlebt hatten. Wenn sie von Marlowe selbst herrühren, so würde sein Stück noch im Jahre 1588 entstanden und dem frankfurter Volksbuche auf dem Fuße gefolgt sein; dann würde der englische Dichter seinen Stoff unmittelbar aus dem

Kuno Fischer, Goethes Faust.

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