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703.

Aecht und unächt sind bei Dingen der Bibel gar wunderliche Fragen. Was ist ächt als das ganz Unsterbliche, das mit der reinsten Natur und Vernunft in Harmonie steht und noch heute unserer höchsten Entwickelung dient? Sollte die Aechtheit einer-biblischen Schrift durch die Frage entschieden werden, ob uns durchaus Wahres überliefert worden, so könnte man sogar in einigen Punkten die Aechtheit der Evangelien bezweifeln, wovon Marcus und Lucas nicht aus unmittelbarer Ansicht und Erfahrung, sondern erst spät nach mündlicher Ueberlieferung geschrieben und das lehte von dem Jünger Johannes erst im höchsten Alter. Dennoch halte ich die Evangelien alle 4 für durchaus ächt, denn es ist in ihnen der Abglanz einer Hoheit wirksam, die von der Person Christi ausging und die so göttlicher Art, wie nur je auf Erden das Göttliche erschienen ist.

Gespr. mit Eckermann, ten 11. März 1832.

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Seinen (Jung's) Wunderglauben, der ihm so wohl zu Statten kam, ließ ich unangetastet.

Dichtg. u. Wahrh. IX (1770). H. 21, 145. 705.

Durch diesen entschiedenen, bibelbuchstäblichen Glauben mußte er (Lavater) auch eine völlige Ueberzeugung gewinnen, daß man ebenso gut noch heutzutage wie zu jener Zeit Wunder müsse ausüben können, und da es ihm vollends schon früh gelungen war, in bedeutenden und dringenden Angelegenheiten durch brünstiges, ja gewaltsames Gebet im Augenblick eine günstige Umwendung schwer bedrohender Umfälle zu erzwingen, so konnte ihn keine kalte Verstandeseinwendung im mindesten irre machen. Dichtg. u. Wahrh. XIX (1775). H. 23, 84.

706.

In meinen Augen knüpfte sich bei Lavater der höchste Menschenverstand und der größte Aberglauben durch das feinste und unauflöslichste Band zusammen.

An Frau v. Stein, den 6. April 1782.

707.

Du hältst das Evangelium, wie es steht, für die göttlichste Wahrheit. Mich würde eine vernehmliche Stimme vom Himmel nicht überzeugen, daß das Wasser brennt und das Feuer löscht, daß ein Weib ohne Mann gebiert und daß ein Todter aufersteht. Vielmehr halte ich alles dies für Lästerungen gegen den großen Gott und seine Offenbarung in der Natur.

An Lavater, den 9 Aug. 1782.

708.

Es ist erbärmlich anzusehen, wie die Menschen nach Wundern schnappen (es handelt sich um den Proceß Cagliostro's), um nur in ihrem Unsinn und Albernheit beharren zu dürfen und um sich gegen die Obermacht des Menschenverstandes und der Vernunft wehren zu können.

709.

An Jacobi, den 1. Juni 1791.

Von Lavaters Zug nach dem Norden habe ich gehört, auch daß er den Philosophen des Tages unterwegs gehuldigt hat. Dafür werden sie ihm ja auch gelegentlich die Wunder durch eine Hinterthür in die Wohnung des Menschenverstandes wieder hereinlassen.

710.

An denj., den 7. Juli 1793.

Diese Meinung (daß Einzelnen eine besondere Offenbarung zutheil wird) wird immer bei denen bestehen, die sich gern Vorrechte wünschen und zuschreiben, denen der Blick über Gottes große Welt, die Erkenntniß seiner allgemeinen ununterbrochenen und nicht zu unterbrechenden Wirkungen nicht behagt, die vielmehr um ihres lieben Jch's, ihrer Kirche und Schule willen Privilegien, Ausnahmen und Wunder für ganz natürlich halten.

Anz. v. Plato als Mitgenosse einer christl. Offenbarung von L. v. Stolberg, 1795, veröffentl. 1826, Kunst u. Alterth. V. 3. H. 29, 485.

711.

Der Glückliche glaubt nicht,

Daß noch Wunder geschehen, denn nur im Elend erkennt man
Gottes Hand und Finger, der gute Menschen zum Guten
Leitet.
Hermann u. Dorothea II (1796). H. 2, 70.

712.

Alle diese geistigen Wunder (bei den Sakramenten der kathol. Kirche) entsprießen nicht wie andere Früchte dem natürlichen Boden. Da können sie weder gesäet noch gepflanzt noch gepflegt werden. Aus einer anderen Region muß man sie herüberflehen, welches nicht jedem noch zu jeder Zeit gelingen würde.

Dichtg. u. Wahrh. VII (geschr. 1811). H. 21, 73.

713.

Wir tappen alle in Geheimnissen und Wundern. — Wir haben alle etwas von elektrischen und magnetischen Kräften in

uns und üben wie der Magnet selbst eine anziehende und abstoßende Gewalt aus, je nachdem wir mit etwas Gleichem oder Ungleichem in Berührung kommen.

Gespr. mit Eckermann, den 7. Oft. 1827.

714.

Wir stecken in lauter Wundern (beim Betrachten der Natur im Einzelnen) und das Lezte und Beste der Dinge ist uns verschlossen.

715.

Gespr. mit dems. v. 8. Okt. 1827.

Geheimnisse sind noch keine Wunder.

Spr. in Prosa, Eth. III. Nr. 222 (1823). H. 19, 56.

716.

Löwen sollen Lämmer werden
Und die Welle schreckt zurück.
Blankes Schwert erstarrt im Hiebe,
Glaub' und Hoffnung sind erfüllt.
Wunderthätig ist die Liebe,

Die sich im Gebet enthüllt.

717.

Novelle, 1827. H. 16, 159.

Zerbrach einmal eine schöne Schal'
Und wollte schier verzweifeln;

Unart und Uebereil' zumal

Wünscht' ich zu allen Teufeln.

Erst rast' ich aus, dann weint' ich weich

Beim traurigen Scherbelesen.

Das jammerte Gott; er schuf es gleich

So ganz, als wie es gewesen.

Divan X. 3 (erst 1827 eingefügt). H. 4, 192.

718.

Durch Wunder und Gleichnisse wird (im Christenthum) eine neue Welt aufgethan; jene machen das Gemeine außer ordentlich, diese das Außerordentliche gemein. Es ist nichts gewöhnlicher als Krankheit und körperliche Gebrechen. Aber diese durch geistige und geistigen ähnliche Mittel aufheben, lindern, ist außerordentlich; und ebendaher entsteht das Wunderbare des

Wunders, daß das Gewöhnliche und das Außerordentliche, das Mögliche und das Unmögliche Eins werden.

Wanderjahre II. 2 (1828). H. 18, 171.

719.

Es ist dies (Christus auf dem Meere wandelnd) eine der schönsten Legenden, die ich vor allen lieb habe. Es ist darin die hohe Lehre ausgesprochen, daß der Mensch durch Glauben und frischen Muth im schwierigsten Unternehmen siegen werde, da gegen bei anwandelndem geringsten Zweifel sogleich verloren sei.

Gespr. mit Eckermann, den 12. Febr. 1831.

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