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welche mit aufrichtiger Wärme und glänzender Schärfe geschrieben, auch demjenigen eine interessante Lectüre bietet, der nicht die Absicht hat, sich eingehender um die Natur der Kometen zu bekümmern, sondern nur die allgemein gehaltenen Abschnitte aus dem ausführlich gehaltenen Inhaltsverzeichniss heraussucht. Der Verfasser hat bei diesen Angriffen den Vortheil, dass er selbst als anerkannt tüchtiger Empiriker zugleich über ein Maas von speculativer Combinationsgabe und logisch mathematischem Deductionstalent verfügt, wie es nur selten bei Naturforschern der Gegenwart gefunden wird. Aber mehr als das: Zöllner ist sich dieser Unterschiedes und der Erfolge, welche er seinem Verfahren verdankt, auch bewusst, und erkennt als einen Hauptgrund für den Rückschritt der Naturwissenschaften in England und Frankreich den Mangel an klarer Anwendung richtiger erkenntniss-theoretischer Principien. Er drückt dies (nicht ganz correct) so aus, dass die blosse Induction keine Wissenschaft schaffen könne ohne die beweisende Deduction des Gefundenen, und sieht in der deductiven Anlage der Deutschen den Vorzug, demzufolge Deutschland allein berufen sei, der Träger und Schauplatz einer bevorstehenden Epoche der deductiven Erkenntniss der Welt zu werden, wie sie schöner, herrlicher und reicher an Harmonieen nie zuvor gesehen worden ist (S. LXX). „Wie zwei Liebende nach langem und unfreundlichem Schmollen, an äusserer und innerer Erfahrung bereichert, endlich ihr beiderseitiges Unrecht erkennen, und von unwiderstehlicher Sehnsucht ergriffen, sich zum ewigen Bunde die Hände reichen, - so verkünden der Gegenwart tausend vernehmbare Zeichen den herannahenden Tag der Versöhnung (zwischen exacter Forschung und Philosophie)! Schon erklingen die deutschen Wälder von den Stimmen befiederter Sänger, Knospen brechen hervor, alles drängt und treibt ahnungsvoll, wie beim Grauen eines schönen Frühlingstages lauscht alles dem Aufgange der Sonne" (S. LXXI).

Als Beispiele, mit einer wie geringen Menge empirischen Beobachtungsmaterials bei scharfem methodischen Denken schon Grosses geleistet werden könne, wird der Verfasser nicht müde, stets von Neuem den grossen Kepler in den verschiedensten Einzelheiten vorzuführen. Er thut aber noch mehr; er vollzieht eine schöne That der Pietät auch an den deutschen Philosophen Kant und Schopenhauer, indem er ihre Anticipationen naturwissenschaftlicher

Entdeckungen der Neuzeit in seitenlangen Citaten den entsprechenden Stellen neuerer Forscher gegenüber abdruckt, wo dann freilich die oft wörtliche Uebereinstimmung in den wichtigsten Aufschlüssen frappant ist. S. 345-350 confrontirt er Schopenhauer's Lehre über die Apriorität des Causalgesetzes mit den conformen von Helmholtz in seiner „Physiologischen Optik" entwickelten Lehren, und S. 359 bis 361 die Behauptungen Schopenhauer's über Materie, Kraft und Wille mit den fast gleichlautenden Ansichten von Wallace.

Der letzte Abschnitt des Buches lautet: „Immanuel Kant und seine Verdienste um die Naturwissenschaft". Die Confrontation Kant's mit La Place (S. 460-463) ergiebt das Resultat,,,dass die Deductionen Kant's genau auf denselben mathematisch-mechanischen Principien fussend, nicht nur viel gründlicher und allgemeiner als La Place die fraglichen Probleme behandeln, sondern dass Kant auch specielle und ganz bestimmte Thatsachen (z. B. die Rotationsgeschwindigkeit des Saturnrings) mathematisch deducirt, deren Richtigkeit direct durch Beobachtungen geprüft werden konnte“ (S. 356). Ueber die Lage des Mondschwerpunktes stellt er eine Bemerkung Kant's einer Darlegung Hansen's aus dem Jahre 1854 gegenüber; über die Verzögerung der Rotationsgeschwindigkeit der Erde durch den Einfluss von Ebbe und Fluth confrontirt er Kant und J. R. Mayer, über die Theorie der Winde und deren Drehungsgesetz Kant und Dove. Durch alles dies soll der heranwachsenden Generation der Naturforscher das ihnen eingeimpfte Vorurtheil gegen alles, was Philosophie heisst, genommen, und ihnen ebenfalls inductiv der verloren gegangene Glaube an die Fruchtbarkeit und Nothwendigkeit einer rationellen philosophischen Ausbildung auch für die Fortschritte der Naturwissenschaften wieder an's Herz gelegt werden", damit dieselben wieder befähigt werden, der gegenwärtig überhand nehmenden empirischen Zersplitterung gegenüber die Continuität der Gesammtheit aller wissenschaftlichen Bestrebungen anzuerkennen" (S. 428-429). „Zu früherer Zeit bildete wenigstens das Studium der classischen Sprachen und ihrer Grammatik eine Art praktisch philosophischer Propädeutik... Wenn dagegen heutzutage ein junger Mann eine neue Verbindung hergestellt oder gar eine „neue Reihe" entdeckt hat, so beschreibt er genau die Manipulationen und Analysen, welche ihn zu seinem Resultate ge

führt haben; diese Beschreibung wird als „Dissertation" gedruckt und die Staffel zum Gipfel des Ruhmes ist als „Doctor" glücklich erreicht. Wenn nun Neigung und Ausdauer zum weiteren Laboriren und vor allem genügende Mittel vorhanden sind, einige Zeit diesen liebgewordenen Beschäftigungen nachzugehen, so winkt als zweite Staffel die ,,Habilitation". Ein zweiter glücklicher Fund, die Entdeckung einer zweiten „neuen Reihe" und siehe da, der Stoff zu einer Habilitationsschrift ist bereit. Weht nun der Wind günstig, d. h. besitzt der junge Docent, abgesehen von einem anziehenden Vortrage, die genügende Schmiegsamkeit und Liebenswürdig keit des Charakters, um einflussreichen und tonangebenden Männern der Wissenschaft als Herold des Ruhmes zu dienen, so ankert auch bald das Schifflein im sichern Hafen einer Professur, und die grosse Gelehrtenrepublik ist um einen neuen Bürger reicher. Ebenso wie in der Chemie geht es aber auch in anderen Wissenschaften: die Methoden und Instrumente sind vorhanden, die Formeln liegen bereit und besitzt der Jünger der Wissenschaft die erforderlichen Charaktereigenschaften, vor allem Liebenswürdigkeit, Ausdauer, intellectuelle Resignation und robuste Gesundheit, so macht er Carrière und bringt es mit Leichtigkeit zum Professor, gleichgültig, ob er im Laboratorium „neue Reihen" oder auf Sternwarten neue Kometen und Planeten entdeckt. Allein, es ist nicht zu verkennen, dass sich gegenwärtig auf allen Gebieten der Naturforschung eine kräftige Reaction gegen jene einseitige Vermehrung des empirischen Materials vorbereitet." (Vorwort S. XII-XIII.)

Als Beweis für den beginnenden Umschwung giebt Zöllner Stellen aus Vorträgen von du Bois-Reymond und Ewald Hering wieder, welche „noch vor zehn oder zwanzig Jahren kein Naturforscher, ohne von seinen Collegen, speculativer Gelüste verdächtig, verketzert zu werden, hätte aussprechen dürfen" (S. 16). Zöllner selbst liefert in dem vorliegenden Werke durch seine naturphilosophischen Betrachtungen „Ueber die allgemeinen Eigenschaften der Materie" und durch seine psychologisch-philosophischen Beiträge „Zur Geschichte und Theorie der unbewussten Schlüsse", den besten Beweis für seine Behauptung. Eine wesentlich mitwirkende Ursache für den Verfall des wissenschaftlichen Denkens in der Naturwissenschaft erkennt Zöllner in dem Einflusse der Technik und Industrie auf dieselbe, namentlich bei solchen praktisch-realistischen Völkern, denen ein hin

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reichendes Gegengewicht rein idealer Bestrebungen fehlt. Die Wissenschaft entspringt dem Bedürfnisse des Verstandes nach causaler Erkenntniss der Welt, der angeborenen Frage: „Warum?"; die Bestrebungen der Technik und Industrie hingegen entspringen dem Bedürfnisse des Leibes nach harmonischem Gleichgewicht der sinnlichen Empfindungen, dem Wunsche nach möglichst bequemem und behaglichem Leben. Naturwissenschaft und Technik sind zur Befriedigung dieser divergenten Bedürfnisse, zur Erreichung dieser heterogenen Zwecke auf dasselbe Reich von Erscheinungen zur Wahl ihrer Mittel angewiesen, und können daher häufig dieselben Verstandesoperationen benutzen. Gleichwohl bleiben sie ihrem Zwecke nach grundverschieden, und es ist eine Begriffsverwirrung, irgend welche dem Dienste der Technik gewidmete Verstandesthätigkeit als eine wissenschaftliche Thätigkeit hinzustellen und diejenige Ehre für sie in Anspruch zu nehmen, welche der Wissenschaft wegen ihrer relativ unegoistischen und idealen Ziele von jeher bereitwillig zuerkannt worden ist. Wenn ein Schuhmacher mit allen Mitteln des physikalischen Scharfsinns die Zähigkeit seines Peches, die Haltbarkeit seines Zwirnes, den Brechungscoefficienten der Flüssigkeit in seiner Beleuchtungskugel untersucht, um seine Concurrenten durch vorzügliche Waare zu überflügeln, so bleibt er deswegen doch immer nur ein intelligenter Schuster. Wenn aber jemand, bei Sonnenschein auf der Eisenbahn fahrend, durch den miteilendeu Schatten des Zuges auf die Frage geführt wird, ob bei fortdauernd gesteigerter Geschwindigkeit des Zuges der Schatten nicht doch ein wenig hinter dem Zuge zurückbleiben würde, so ist das eine wissenschaftliche Reflexion, und eine auch nur mit den rohesten Mitteln hierüber angestellte Untersuchung stempelt jenen Menschen zu einem wissenschaftlichen Forscher" (S. 228). Nun sind aber die aus den leiblichen Bedürfnissen entspringenden Motive bei der Mehrzahl weit kräftiger als die rein geistigen, und es liegt die Gefahr nahe, dass die Methode der Wissenschaft und die Reinheit ihrer Ziele durch unvermerkte Substitution der materiellen an Stelle der intellectuellen Bedürfnisse eine Einbusse erleide. Es liegt eine Art von Bestätigung in der Thatsache, dass die organischen Wissenschaften, Astronomie, Physik und Chemie, an eigentlich wissenschaftlichem Gehalt um so ärmer sind, je enger sie mit technischer Verwendung

für praktische Zwecke Hand in Hand gehen, und dass die stoffliche Ansammlung wissenschaftlich unverarbeiteten Beobachtungsmaterials in den Ländern am grössten ist, wo das Gegengewicht einer rein idealen Wissenschaft, der Philosophie, am schwächsten vertreten ist. Deutschland ist in dieser Beziehung in der relativ günstigsten Lage, aber auch uns thut es noth, gegen diese der Naturwissenschaft drohende Gefahr rechtzeitig das rechte Heilmittel anzuwenden: nämlich philosophische Bildung der Naturforscher, besonders in deren jüngerem Nachwuchs. Wie dringend im Allgemeinen die Wiedererweckung der mehr als billig schlummernden intellectuellen Bedürfnisse in unserer studirenden Jugend erforderlich ist, wie sehr es geboten ist, das Verständniss und das Interesse für reine Wissenschaft in dem meist vom Brodstudium und materiellen Genüssen absorbirten Studententhum neu zu beleben, das beweist am schlagendsten die Thatsache, dass die vielfach reproducirte Rectoratsrede des Heidelberger Professor Hofman im Herbst 1871, welche diese Schäden schonungslos geisselte, nirgends in der Presse auf Widerspruch gestossen ist, vielfach aber zustimmenden Wiederhall gefunden hat.

Ausser dem oben angeführten Grunde giebt es noch einige andere, weshalb die exacten Wissenschaften in Frankreich und England ungünstiger gestellt sind als bei uns; es ist dies vornehmlich die weniger verbreitete Kenntniss fremder Sprachen und die nationale Eitelkeit.

Einer der hervorragendsten englischen Gelehrten sagte am 3. August 1871 in Edinburg in einer öffentlichen Ansprache: „Selbst bei den grössten Männern der Wissenschaft in diesem Lande findet man verhältnissmässig wenig Kenntniss von dem, was schon geleistet ist, - ausgenommen natürlich in dem einen oder mehreren von jedem Individuum cultivirten Specialgebieten" (Zöllner S. XL). Dass selbst letztere Einschränkung ungenau ist, zeigt sich an Tyndall's Kometentheorie. Dieser erklärt, durch eine Stelle Bessel's zur Veröffentlichung seiner Theorie*) ermuthigt worden zu sein, beweist also damit, dass er von der Existenz der Arbeit Bessel's Kenntniss

*) „Ueber die Wärme, betrachtet als eine Art der Bewegung", nach der 4. Aufl. des Originals durch H. Helmholtz und G. Wiedemann herausgegeben. 2. Aufl. der deutschen Uebersetzung; letztes Capitel.

v. Hartmann, Stud. u. Aufs.

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