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lich ernannten Aufsehern; aber beides begründet doch nur scheinbar einen Unterschied. Was zunächst die Freiheit betrifft, so ist dieselbe das Losungswort nicht des vierten, sondern des dritten Standes und ist gleichsam nur aus Versehen in die Programme des ersteren mit hinübergerathen. Freiheit im wirthschaftlichen Sinne bedeutet eben jenes System der schrankenlosen Concurrenz und gegenseitigen Ausbeutung, gegen welches die Socialdemokratie mit ihrer Forderung einer rationellen Organisation der Arbeit Front macht. Wenn daher die Socialdemokratie das Wort „,Freiheit" im Munde führt, so bedeutet es nichts Anderes mehr als die Freiheit des vierten Standes von der politischen Oberherrschaft des dritten Standes; es ist hier nichts weiter als der Ruf nach Niederreissung der letzten Schranken, welche der politischen Herrschaft der vierten Klasse über alle übrigen und der Verwirklichung ihrer Ideale noch im Wege stehen. Diese Ideale selbst aber haben mit Freiheit so wenig zu thun, dass sie vielmehr gerade die Negation aller wirthschaftlichen und bürgerlichen Freiheit repräsentiren. Die einheitliche Organisation der Arbeit verlangt eine centralistische Vertheilung der Aufgaben und eine unbedingte Unterwerfung des Einzelnen unter die ihm von der Arbeitsbehörde zu Theil gewordene Anweisung. Nur die Arbeitsbehörde hat zu beurtheilen, wohin Jeder am besten passt, und danach Jeglichem seinen Wohnort und seine Arbeitsstätte anzuweisen. Von Freizügigkeit und eigener Berufswahl kann im socialdemokratischen Staate keine Rede sein; hier ist Jeder eben so gebunden wie im Gefängniss, aus dem ja auch Beurlaubung auf bestimmte Zeit möglich ist. Aus dem „Gefängniss der Zukunft" kann sogar jeder freiwillige Insasse und jeder Sträfling nach Ablauf seiner Strafzeit ausscheiden und seine Freiheit zurücknehmen; der socialdemokratische Staat aber macht die Unterwerfung jedes Einzelnen unter die centralistische Organisation der Arbeit obligatorisch und unentrinnbar. In dem ersteren ist also die Unfreiheit nur eine bedingte, in dem letzteren eine absolute; in dem ersteren eine zeitlich begrenzte, beziehungsweise freiwillig übernommene und desshalb nicht mehr als Zwang empfundene, in dem letzteren eine ewige, aufgezwungene. Formell besteht also in der That ein Unterschied, insofern im Gefängniss die Abschüttlung der Unfreiheit im Bereich der Möglichkeit liegt, aber inhaltlich ist der Zustand der gleiche,

In der That ist die Schwärmerei des dritten Standes für die Freiheit als solche auch eine leere Illusion. Die Freiheit ist immer etwas Privatives und daher an sich werthlos; sie kann ihren Werth erst dadurch erhalten, dass sie sich als Mittel zu Leistungen von positivem Werth erweist. Stellt sich nun aber heraus, dass der angestrebte Zustand von positivem Werth eben durch die Freiheit verhindert und nur durch bestimmte Freiheitsbeschränkungen gesichert wird, so verdient eben zeitweilig die Unfreiheit in dieser Richtung den Vorzug vor der Freiheit. Nach diesem Grundsatze haben nicht nur alle Gesetzgeber, sondern auch alle Individuen jederzeit gehandelt (ich erinnere nur an die Verschenkung des freien Besitzes und die Rücknahme desselben als Lehen in den unsicheren Zeiten des frühen Mittelalters), und darum wäre es auch ganz verkehrt, der socialdemokratischen Theorie aus der Freiheitsbeschränkung, welche sie dem Individuum auferlegen will, ohne weiters einen Vorwurf zu machen. Nur das ist verwerflich, dass die Socialdemokratie ihr Unfreiheitsideal mit Gewalt durchsetzen will, ehe die Erfahrung dargethan hat, ob die Vorzüge oder die Nachtheile des neuen Systems überwiegen. Dieser Fehler wird bei dem Gefängnisse der Zukunft vermieden, indem hier beide Wirthschaftssysteme neben einander statuirt werden und jedem Einzelnen die Wahl gelassen wird, ob er durch eigene Erfahrung sich über die Vorzüge und Nachtheile des neuen Systems unterrichten und ob er alsdann in demselben verharren oder lieber in das alte Wirth

schaftssystem zurückkehren will. Sind die Vortheile des neuen Systems wirklich so überwiegend, wie die Socialdemokratie behauptet, so muss jeder Zwang zur Durchführung desselben sehr überflüssig erscheinen, so muss vielmehr das Gefängniss der Zukunft eine solche Anziehungskraft entfalten, dass bald nur noch ein kleiner Theil der bürgerlichen Gesellschaft ausserhalb des staatlichen Gefängnissverbandes lebt und dort, der personellen Hilfsquellen der Arbeit beraubt, zu Grunde geht. Denn die Menschen sind nun einmal so, dass das „,ubi bene, ibi patria" ihr Wahlspruch ist, und wenn wirklich die Organisation der Arbeit, wie sie im „Gefängniss der Zukunft" als realisirt vorausgesetzt wird, diejenige Lebensweise ist, bei der sie sich am besten befinden, so werden sie sich durch den (übrigens beliebig zu ändernden) Namen „Gefängniss" gewiss nicht hindern lassen, in dasselbe massenhaft hineinzuströmen.

Das Endresultat wäre also, wenn die socialdemokratische Theorie richtig ist, bei dem Gefängnisse der Zukunft dasselbe wie bei der Einrichtung des socialdemokratischen Staates durch gewaltsame Revolution, nämlich die Absorption der gesammten Staatsbürger durch die neue Einrichtung. Ist dann erst die ganze Gesellschaft im Gefängnisse, so giebt es freilich eigentlich kein Specialgefängniss für die Verbrecher mehr (sondern nur noch Versetzung in strengere Disciplinarklassen), indess gerade dieser Umstand müsste dazu beitragen, dieses Project zur Verwirklichung des socialdemokratischen Ideals den Socialdemokraten um so sympathischer zu machen. Andere Leser aber, denen diese Zukunftsperspective nicht conveniren sollte, muss ich bitten, nicht meine folgerichtigen Consequenzen, sondern die Quellen, aus denen dieselben abgeleitet wurden, nämlich das Humanitätsprincip und die Besserungstheorie, dafür verantwortlich zu machen.

Eben so wenig wie der Vorwurf der Unfreiheit ist jener andere gegen das Gefängniss der Zukunft stichhaltig, dass es staatlich angestellte Aufseher seien, von welchen die Insassen des Gefängnisses abhängen. Denn in Wahrheit kann der socialdemokratische Staat, wenn er mit der einheitlichen Organisatien der Arbeit Ernst machen will, gar nicht umhin, alle Arbeitsbehörden von einer Centralbehörde ernennen zu lassen, und jeder Versuch, den Socialismus der Arbeit von unten her durch gewählte Aufseher zu erbauen, müsste zur kläglichen Auflösung in Anarchie und Desorganisation führen. Das wusste auch Lassalle recht gut und hat danach gehandelt. Es bliebe also nur übrig, den Unterschied darin zu suchen, dass die Arbeitsaufseher in einem Falle von einer bureaukratischen oder parlamentarischen, im andern Falle von einer socialdemokratischen Regierung ernannt sein werden. Dieser Unterschied ist aber erstens kein socialer, und zweitens kein starrer, sondern ein flüssiger; es bleibt ja der socialdemokratischen Partei unbenommen, ihren Einfluss auch fernerhin auf Umgestaltung der bestehenden politischen Verfassungen im socialdemokratischen Sinne geltend zu machen, ohne dass sie vor Erreichung dieses Zieles die ihren Absichten entsprechenden Anfänge socialer Organisation der Arbeit von der Hand zu weisen brauchte. Auf politischem Gebiete bietet nach Lassalle das allgemeine Stimmrecht den Hebel, den sie nur recht anzupacken braucht, um die alte Welt damit aus den An

geln zu heben; jeder thatsächliche Triumph der socialdemokratischen Idee auf dem Gebiete socialistischer Organisation der Arbeit kann aber nur dazu dienen, das Ansehen und den Einfluss derselben auch auf politischem Gebiete zu erhöhen, und darum müssten die Socialdemokraten den oben entwickelten Gefängnissreformen als der plausibelsten Art und Weise, ihre Ideale zu verwirklichen, zujauchzen.

Das Resultat unserer Betrachtungen lässt sich in folgende Sätze zusammenfassen: Der socialdemokratische Staat ist das obligatorische Gefängniss der Zukunft, und das Gefängniss der Zukunft, wie es aus den Consequenzen des Humanitätsprincips und der Besserungstheorie sich entwickeln muss, ist die facultative Verwirklichung des socialdemokratischen Ideals und muss, wenn die socialdemokratische Theorie richtig ist, ohne allen Zwang durch die natürliche Anziehungskraft des Besseren die gesammte Gesellschaft in sich aufsaugen.

XI. Dichters schönstes Denkmal. *)

(1874.)

Die sowohl an und für sich als auch im Vergleich zu Nachbarländern ungünstige materielle Lage unserer Dichter und Schriftsteller ist so oft Gegenstand berechtigter Klagen gewesen, dass ich wohl nicht nöthig habe, näher darauf einzugehen. Das aber scheint mir nöthig, hier zu bemerken, dass der Glaube, durch Aenderung des Verhältnisses zwischen Verleger und Schriftsteller einen wesentlichen Umschwung in der Lage des Schriftstellerstandes hervorrufen zu können, aus dem einfachen Grunde illusorisch ist, weil das Verlagsgeschäft in Deutschland im Grossen und Ganzen unter ganz derselben Ursache zu leiden hat, wie die Schriftstellerei. Diese Ursache ist das Missverhältniss von Angebot und Nachfrage auf dem deutschen Büchermarkt; denn während das Angebot der erschienenen Bücher reichlich doppelt so gross ist als in Frankreich oder in England, ist die Kaufkraft des bücherlesenden deutschen Publikums geringer. Eine gründliche Aufbesserung des Marktpreises ist nur denkbar, wenn entweder die Deutschen ihre Schreibelust auf die Hälfte reduciren, oder die Kaufkraft des deutschen Publikums sich durch Steigerung des Nationalwohlstandes mindestens verdoppelt. Bis dahin wird die Schrift

* Der Anlass zur Abfassung dieses Aufsatzes war die in den Zeitungen veröffentlichte Aufforderung zu Beiträgen für ein Reuterdenkmal. Die nachstehend erörterten Fragen schienen mir hinlängliche principielle Wichtigkeit zu besitzen, um dem Artikel auch an dieser Stelle Aufnahme zu gewähren, und wünsche ich nur, dass ihm hier mehr Beachtung zu Theil werden möge, als bei seiner ersten Veröffentlichung in der „deutschen Dichterhalle“,

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