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sind, gentigen, um den Epigonen unannehmbar zu machen. Das Muster der poetischen Diction muss uns Goethe sein. Hier ist die verlangte Ursprünglichkeit und Natürlichkeit, Einfachheit und Schlichtheit des Ausdrucks im höchsten Grade verwirklicht und die bezauberndsten Stellen der Goetheschen Poesie beruhen oft nur auf der intuitiven Genialität eines Ausdrucks, der so packend und doch so selbstverständlich ist wie das Ei des Columbus. Freilich darf man nicht die Sprache seines Greisenalters als Muster nehmen, sondern die seiner Jünglings- und Manneszeit; in dieser aber sind in Wahrheit die höchsten Aufgaben gelöst; bewunderungswürdige Harmonie mit dem Genius der deutschen Sprache und grossartige Erhabenheit über jede nationale Beschränkung des geistigen Gesichtskreises, unbewusste Einheit mit dem schöpferischen Urquell der Natur und volle Beherrschung der höchsten modernen Geistesbildung. Shakespeare vertritt uns nur den Bildungsstandpunkt des 17. Jahrhunderts; Schiller bleibt wesentlich in dem des 18. stecken (Rousseau, Kant und Fichte); Goethe allein von den dreien ist modern in dem Sinne, dass er dem Ideenkreis des 19. Jahrhunderts (Humboldt, Schelling, Schopenhauer) die Hand reicht. Zu Shakespeare's Zeit befand das Weib sich im Ganzen noch in einer wenig würdigen Stellung, zu deren Veredelung Shakespeare's Drama nichts gethan hat; bei Schiller verflüchtigt sich das Weib zu einem abstracten Ideal; bei Goethe allein tritt das eminent moderne Problem des weiblichen Seelenlebens in sein volles Recht, und gewinnt zum ersten Mal seinen sprachlich adäquaten Ausdruck. Alles dies würde unzweifelhaft Goethe's poetische Diction zu dem vollkommenen Muster erheben, wenn er eine wahrhaft dramatische Diction zu produciren vermocht hätte. Diess war ihm aber versagt, da seine specifisch dramatische Anlage nicht nur sehr tief unter derjenigen Shakespeare's stand, sondern auch der Schiller'schen beträchtlich unterlegen war. Die Nachahmer des Goetheschen Stils werden daher bei dramatischen Dichtungen stets in den Fehler verfallen, undramatisch zu sein. Für das Wesen des Dramatischen im Dialog wird immer Shakespeare das Muster bleiben, ebenso wie für den Ausdruck der Leidenschaft in seiner höchsten Steigerung. Grade in solchen Gipfelpunkten der dramatischen Entwickelung tritt der Genius Shakespeare's riesengross hervor und erweist sich als Meisterwerk der reinen Natur, indem er zur Natur im höchsten

Sinne zurückkehrt und den Staub der ästhetisch en Convenienz von seinen Füssen schüttelt, der die Stellen von mittlerer Höhe oft leider nur zu dicht bedeckt. Aus Goethe und Shakespeare wird sich demnach das Vorbild zusammensetzen, dem der moderne Dramendichter hinsichtlich der Diction nachzustreben hat, und die Mischung wird etwa eine solche sein, wie Lessing sie in seiner Emilia Galotti kunstvoll anticipirt hat, nur dass dort die handelnden Personen gesuchter und geistreicher zu reflectiren bemüht sind, als die Charaktere es erfordern.

II. Das Problem des Tragischen.*)

(1868.)

1. Das Rührende.

Das Rührende ist ein höchst wichtiges Element im bürgerlichen Drama. Es ist für den Autor sehr verführerisch, zum Rührenden zu greifen, denn er kann erstens des Beifalls der weichgeschaffenen Seelen stets sicher sein, zweitens auf die Dankbarkeit des Schauspielers rechnen, der solche Stellen stets zu Effecten verwenden kann, und drittens sich in Gefühle ergehen, die ihm die schönste Gelegenheit zur Entfaltung wohlklingender Worte darbieten, und ihn zugleich der schlimmsten Gefahr für den Dichter, der Gefahr, trocken und langweilig zu werden, entheben.

Was ist dagegen einzuwenden? Man würde sich irren, wenn man das Rührende überhaupt für verwerflich im Drama erklären wollte. Was gäbe es Rührenderes als den Klagegesang der Brüder an Fidelio's vermeintlicher Leiche in Cymbeline? Der grösste Held kann weinen, wenn nur die Umstände danach sind, und in demselben Sinne kann auch jede andere Form des schmerzlichen Gefühlsausbruches, welche Rührung erweckt, unter Umständen gerechtfertigt sein. Es handelt sich nur darum, zu erkennen, wo das Rührende künstlerisch in seinem Rechte, und wo es verwerflich ist, indem es zum Rührseligen, Larmoyanten wird. - Schelling sagt: „Das Gefühl ist herrlich, wenn es im Grunde bleibt, nicht aber, wenn es an den Tag tritt, sich zum Wesen machen und herrschen will." Den

*) Diese Studie steht im engeren Zusamenhang mit der vorhergehenden, mit welcher vereinigt sie früher unter dem Gesammttitel: „Aphorismen über das Drama“ erschienen war.

fein veranlagten Menschen hält eine tiefe Schaam zurück, seine Gefühle vor den Augen Anderer zu entblössen, und nur ganz besonders starke Motive dürfen diese Schaam überwinden können. Am wenigsten glauben wir an das Zartgefühl derer, die überall ihr Gefühl zur Schau tragen. Schon im lyrischen Gedicht, welches doch nur eine monologisirende Privatexpectoration vorstellt, verletzt ein nicht durch genügende Kraft des Leides oder der Leidenschaft motivirtes Entblössen der Empfindungen, besonders wenn es mit einer selbstgefälligen Behaglichkeit über dieselben reflectirt und in ihrer vermeintlichen Schönheit und Tiefe schwelgt. Aber was hier im Liede noch erträglich ist, wird im Drama unerträglich; denn der Monolog, der hier sich in gleicher Lage befände, ist überhaupt bedenklich und nur selten und bloss bei heftigem Kampf der Affecte und Motive zulässig; vor den Ohren anderer aber wird das Auskramen von Gefühlen ohne starken Impuls nur als um so schaamloser, und das Schwelgen in denselben um so eitler erscheinen müssen. Auch von lyrischen Gedichten werden diejenigen den Preis davon tragen, welchen es, wie den Goetheschen, gelingt, durch leise und kaum auffallende Andeutungen gleichsam unwillkürlich oder wider Willen das Gefühl zu verrathen, aber doch bei dem Obenhinstreifen eine tiefe Perspective auf das im Grunde Liegende zu eröffnen. Ein solches Gedicht fesselt zwar nur denjenigen, der das Unausgesprochene zu errathen versteht, aber diesen auch weit stärker als eine Schillersche Declamation. Zu alledem kommt aber noch hinzu, dass im Drama jedes solches lyrisches Intermezzo den Gang der Handlung unterbricht, und deshalb dem Wesen des Dramatischen widerstrebt. Auch hier gilt das Wort: aus ihren Früchten sollt ihr sie erkennen;" denn in Wahrheit erkennt der Mensch selbst doch auch nur aus seinem Handeln sein Gefühl, und täuscht sich gar zu leicht in seinen vorhergehenden Vermuthungen über dasselbe durch eigenliebige Schönthuerei mit demselben. Nur in soweit der Zuschauer nothwendig einer Erläuterung bedarf, um die Motive gewisser Handlungen richtig zu verstehen, werden direkte Andeutungen, aber auch nur Andeutungen über dieselben im Munde des Handelnden oder Dritter zulässig sein. Es folgt daraus, dass sentimentale Charaktere, die immerfort mit ihren eigenen Gefühlen beschäftigt sind, gefährlich als Hauptfiguren eines Dramas sind, und mehr in die Form des Romans passen. (Hamlet sogar reflectirt

mehr über sein Wollen und Denken, als über sein Fühlen; er erscheint gegen Ophelia geradezu kalt.)

Wenn also ein Drama im Ganzen um so dramatischer und um so mehr der Natur entsprechend erscheint, je mehr das Gefühl ,,im Grunde bleibt" und nur die Handlungen als seine Früchte an die Oberfläche treibt, je naiver, d. h. ihres Gefühls unbewusster, sich die Personen bewegen, so würde es doch der menschlichen Natur nicht gemäss sein, wenn keine Macht der Welt im Stande wäre, so das Gefühl in seiner Tiefe aufzuwühlen, dass es gewaltsam seine Hülle sprengt, und die jubelnde oder gequälte Brust sich in einer Herzensergiessung Luft macht. Wird so durch eine genügend starke Veranlassung die Schranke der das Gefühl verschliessenden Schaam gesprengt, dann ist die Wirkung nicht nur rührend, sondern zugleich erhebend im höchsten Grade: erschütternd und ist das Gefühl schmerzlich: tragisch. Nur die Grösse der das Gefühl zum Durchbruch bringenden Veranlassung unterscheidet das erlaubte Rührende von dem unerlaubten. Eine Klage um die ermordete Gattin kann grossartig wirken, während fast dieselben Worte, auf einen todtgetretenen Kanarienvogel angewendet, wo nicht lächerlich, doch rührselig im schlimmsten Sinne wirken würden. Ganz ähnlich ist das Verhältniss bei demjenigen Edelmuth oder Grossmuth, die auf würdige, und denen, die auf kleinliche Veranlassungen angewendet, zum Vorwurf künstlerischer Behandlung genommen werden, wie die vielen abgeschmackten Grossmuthsschlüsse in Schauspielen zu Ende des vorigen Jahrhunderts beweisen.

Wo ein schwächliches Geschlecht zu sensible Nerven hat, um die Erschütterungen ächter Tragik zu vertragen, und noch nicht verkommen genug ist, um auf jedes Surrogat derselben zu verzichten und sich bloss mit elenden Possen und Schaustellungen zu begntigen, da stellt sich das Rührstück ein. Dasselbe schöpft die Stoffe mit Vorliebe aus der gesellschaftlichen Sphäre seines Publikums, was den Vortheil gewährt, dass dieses wie die Schauspieler sich recht heimisch darin finden, vermeidet ängstlich alle tiefer gehenden Conflicte (z. B. bei Iffland ist ein Conflict um 6000 Thaler schon zu erschütternd, aber 5000 geht eben noch), und ist zum Ersatz so verschwenderisch mit Gefühlen, namentlich edlen, sittlichen, biedermännischen, zärtlichen, weichen und rührenden, dass der Zuschauer

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