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geisterte Jünger finden, der Weltschmerz auch da sich spontan erzeugen kann, wo die bei mir zusammengetroffenen äusseren Verhältnisse fehlen, beweisen zahllose Beispiele; es wäre daher logisch ganz ungerechtfertigt, meinen Pessimismus aus meinen äusseren Lebensumständen erklären zu wollen. Vor allem spricht das dagegen, dass nicht der Pessimismus das mir Eigenthümliche ist, sondern seine Verschmelzung mit der optimistischen Entwickelungstheorie und die hieraus sich ergebende Ueberwindung des Schopenhauer'schen Quietismus und seiner Verneinung des Willens zum Leben; diese Ueberwindung aber habe ich mir nicht wegen, sondern gerade trotz der niederdrückenden äusseren Umstände errungen.

Ich weiss sehr wohl, dass das Werk, welches meinen Namen bekannt gemacht hat, ein Jugendwerk mit den Vorzügen und Fehlern eines solchen ist; ich gestehe offen, dass ich heute manches anders eintheilen, darstellen und ausdrücken würde. Aber ich weiss ebenso gut, dass es schade darum wäre, das Werk umzugestalten, und dem Publikum die weitere Benutzung desselben in seiner ursprünglichen Gestalt zu entziehen, in welcher es nun einmal Eigenthum der Geschichte der Philosophie geworden ist und als solches eine charakteristische Entwickelungsphase derselben repräsentirt. Deshalb habe ich in den späteren Auflagen von A enderungen Abstand genommen und mich auf erläuternde und vertiefende Zusätze beschränkt, und habe es vorgezogen, die etwa in Rede kommenden Modificationen in besonderen Schriften und Abhandlungen niederzulegen. Um Missverständnissen vorzubeugen, will ich jedoch ausdrücklich hinzufügen, dass die beiden Punkte, welche die heftigsten, sinnlosesten und unfläthigsten Angriffe gegen mich hervorgerufen haben, ich meine meine Ansichten über die Geschlechtsliebe und das Elend des Daseins, von solchen Modificationen nicht betroffen werden, sondern sich mir im Laufe der Zeit nur bestätigt und verschärft haben.

Der Grundirrthum in den betreffenden Angriffen ist die anscheinend durch keine Deutlichkeit meinerseits und durch keine Belehrung und Zurechtweisung von Seiten meiner Vertheidiger *)

*) Vergl. Oscar Blumenthal: „Der Begründer einer neuen Weltanschauung“ im „Neuen Blatt" 1874 Nr. 46; A. Taubert: „Der Pessimismus und seine Geg

auszurottende Verwechselung zwischen dem Schopenhauer'schen Standpunkt der Verneinung des Willens zum Leben und dem meinigen der Bejahung desselben. Ihre Anknüpfung findet diese Verwechselung darin, dass ich die Ausrottung des Geschlechtstriebes, beziehungsweise den Selbstmord als die allein folgerichtige Consequenz des Egoismus oder Individual-Eudämonismus aufzeige, und dass die betreffenden Gegner gar nicht begreifen können, wie dieser ihnen allein geläufige Standpunkt des IndividualEudämonismus als ein schlechthin berechtigungsloser, nothwendig zu überwindender von mir hingestellt wird. Aus meinem philosophischen Gesichtspunkt, insbesondere aus dem meines Monismus, ist nun aber das Ganze das dem Einzelnen unbedingt Ueberlegene, und vom Standpunkte der hingebungsvollen Mitwirkung am Process des Ganzen sind demnach alle jene Instincte zu restituiren, welche vom Standpunkte des Individual-Eudämonismus als trügerische Illusionen entlarvt und verurtheilt werden. So wird unter andern auch die Liebe mit ihrer segensreichen unbewussten Wirksamkeit für die Veredelung der Menschheit und den Fortschritt des bewussten Geistes restituirt, und wie Luther dem katholischen Cölibat gegenüber, so habe ich der Schopenhauer'schen Askese und Willensverneinung gegenüber durch meine Verheirathung vor aller Welt documentirt, dass mein praktisches Verhalten sich mit meinen philosophischen Theorien im völligen Einklang befindet.

Die liebende Gattin, die verständnissvolle Genossin meiner idealen Bestrebungen, waltet in meiner bescheidenen aber freundlichen Häuslichkeit, in einer Wohnung, die dem parkartigen botanischen Garten Berlins gegenüber gelegen, die Annehmlichkeiten der Winter- und Sommerwohnung in sich vereinigt. In unserer Ehe vertritt sie das pessimistische Element, indem sie sich dem von mir verfochtenen evolutionistischen Optimismus gegenüber skeptisch verhält. Zu unseren Füssen spielt mit dem treuen vierfüssigen Gefährten ein schönes blühendes Kind, das eben mit der Verbindung von Zeit- und Hauptworten experimentirt, bereits bis zu dem

ner" S. 3, 37-41 und viele andere Stellen; M. Venetianer: „Der Allgeist" S. 64, 72 ff.; K. du Prel: „Der gesunde Menschenverstand vor den Problemen der Wissenschaft,“ u. a. m.

Fichte'schen Princip des „Ich" vorgedrungen ist, aber dasselbe, wie auch Fichte zu thun pflegt, vorläufig noch mit der dritten Person des Zeitworts verknüpft. Meine Eltern und Schwiegereltern sowie ein erlesener Freundeskreis sorgen für geistige Abwechselung und gemüthliche Anregung, und ein philosophischer Freund äusserte kürzlich: „wenn man wieder einmal zufriedene und heitere Gesichter sehen will, so muss man zu den Pessimisten gehen!"

II. Ueber wissenschaftliche Polemik.

(1874.)

„Kleine Fehler zu entdecken, ist von jeher die Eigenschaft solcher Köpfe gewesen, die wenig oder gar nicht über die mittelmässigen erhaben waren. Die wirklich erhabenen schweigen still oder sagen nur etwas gegen das Ganze, und die grossen Geister schaffen um, ohne zu tadeln." Lichtenberg.

„Durch Irrthum zur Wahrheit!" Dies ist die allgemeine Signatur des Weges, den die Erkenntniss der Menschheit wandelt. Weil der Apostel recht behält, dass all unser Wissen Stückwerk ist, darum ist alles Erkennen mehr oder minder einseitig, nämlich durch die Seite des Ganzen bedingt, auf welche das Wissen gerade gerichtet ist. Indem die Sehnsucht nach einer Totalität des Erkennens aber unaustilgbar in des Menschen Herz gesenkt ist, macht auch trotz aller abstracten Einsicht in die Einseitigkeit unseres bruchstückweisen Wissens immer von neuem der Trieb sich geltend, den jeweilig erreichten Stand der Erkenntniss als eine Totalität der Wahrheit auszubauen. So wird das, was in gewissem Sinne richtig ist, als völlig und schlechthin richtig, die relative Wahrheit für eine absolute angesehen und damit wird die relative Wahrheit zugleich zur relativen Unwahrheit, was sie an und für sich noch nicht ist.

Der so entstandene Irrthum findet aber seine Correctur darin, 'dass ein anderes Individuum, ein anderes Volk oder ein anderes Zeitalter dieselbe Sache von der entgegengesetzten Seite betrachtet und diese für die wahre hält, gewöhnlich mit eben so viel und eben so wenig Recht. Bleibt die erstere Meinung diesem Volke nicht völlig unbekannt oder wird sie nicht als eine gänzlich verkehrte ignorirt oder als ein historisch erledigter Irrthum bei Seite geschoben, findet dieselbe vielmehr gewisse Vertreter neben der

herrschenden Meinung, so wird sie von dieser bekämpft, ebenso wie sie ihrerseits gegen dieselbe ankämpft, und dieser Kampf der Meinungen ist die wissenschaftliche Polemik.

Wo das geistige Leben noch in den Fesseln der Ueberlieferung liegt, da wird die Polemik sich um nebensächliche Punkte drehen, wenn sie überhaupt sich entfaltet; nur da, wo geistige Freiheit zur geistigen Regsamkeit führt, werden die Gegensätze in kürzeren Zeiträumen auftauchen, in engerem Raume sich zusammendrängen und in Individuen derselben Zeit und desselben Volkes Vertreter finden, welche sie auf einander platzen lassen. Je rascher das geistige Leben pulsirt, desto entschiedener wird jede Ausbildung der einen Seite der Wahrheit das Hervortreten des Gegengewichtes in der anderen provociren; je eifriger der Menschengeist sich beeilt, die eine ergriffene Seite der Wahrheit zum Centrum derselben zu machen und so ihre Leistungsfähigkeit zu überspannen, desto sicherer wird dann die Reaction der anderen, bei diesem Verfahren ungebührlich zurückgedrängten Seite der Wahrheit sein.

Diese Erscheinung tritt im letzten Jahrhundert auf allen Gebieten des Lebens auf das Deutlichste zu Tage. Die revolutionäre Uebertragung der Souveränität auf den Volkswillen forderte ihr Gegengewicht in der reactionären Uebertragung der Souveränität an einen militärischen Despoten; die Verlegung des Schwerpunktes des Staatslebens in das Phrasenthum liberaler Doctrinen einen Umschlag in die willige Anerkennung des unersetzlichen Werthes einer straff concentrirten Regierungsgewalt. Die polizeiliche Bevormundung des Verkehrs brachte die Manchester-Lehre des laisser aller in Flor, und die Auswüchse dieses volkswirthschaftlichen Faustrechtes führen zurück zur Sehnsucht nach socialer Organisation. Die Ueberspannung der philosophischen Speculation mit ihren apriorischen Constructionen des Realen und ihrer dialektischen Selbsterzeugung der absoluten Idee riefen die einseitige Cultivirung einer ihren Blick auf das Nächste beschränkenden Empirie und eines gedankenlosen Materialismus hervor, dessen nicht zu verbergende Unzulänglichkeit aufs neue zur philosophischen Orientirung im schätzbar bereicherten empirischen Material drängt. Jede einseitige Ausbildung des Monismus in der Philosophie provocirt die Reaction eines Pluralismus, der die unterschätzte Berechtigung der Individualität zum Ausgangspunkte nimmt und nun seinerseits deren Bedeutung zu einer abso

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