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näher an Herbart stehenden Urhebers, in ihren Consequenzen zu einer Vereinigung jener beiden berechtigten Seiten der deutschen Speculation, welche ebensosehr dem einheitlichen Gesammtgeist als den einzelnen Individuen die ihnen gebührende Stelle im System zukommen lässt, während der Monadologismus den ersteren, der Monismus die letzteren zu Gunsten der anderen Seite zurücksetzt. Der Gesammtgeist ist nur dann wirklicher Gesammtgeist, wenn er als Allgeist *) oder absoluter Geist gefasst wird; die verschiedenen Volksgeister oder Volksseelen verhalten sich alsdann als individuelle Besonderungen dieses in ihnen Allen identischen Allgeistes, denen nur die eine Einheit der räumlichen Continuität zur vollständigen oder echten Individualität fehlt.

*) Vgl.,,Der Allgeist" von Dr. Moritz Venetianer (Berlin bei Carl Duncker, 1874).

VI. Schopenhauer und die Farbenlehre.

1870 und 1875.

Nicht selten ist die Erscheinung, dass grosse Männer auf diejenigen ihrer Leistungen einen unverhältnissmässigen Werth legen, die, ihrem engeren Berufe ferner liegend, gerade mit dem Mangel des Dilettantismus behaftet sind. So Goethe und Schopenhauer auf ihre Versuche zur Farbenlehre. Das Erscheinen der 3. Auflage der Schopenhauer'schen Schrift: „Ueber das Sehen und die Farbe" hat den (inzwischen verstorbenen) Physiologen Professor Czermak veranlasst, die Klage des Herausgebers (J. Frauenstädt) über ungebührliche Vernachlässigung dieser Schrift von Seiten der Fachmänner mit einem höchst interessanten Beitrage im LXII. Bd. d. k. Akad. d. Wiss. Juliheft 1870 (Wien) zu beantworten, dessen Inhalt ich zunächst in der Kürze darlegen will.

Jeder denkende Mensch kann sich selber sagen, dass die unmittelbar gegebene Farbe nur eine Empfindungsqualität im Bewusstsein ist, die unmöglich in gleicher Weise den Dingen, abgesehen von unserer Anschauung derselben, anhaften kann. Die Ursachen, welche diese Empfindungsqualität im Bewusstsein hervorrufen, sind in erster Reihe im Gehirn, Sehnerv und Auge zu suchen; wenn aber diese erkannt sind, entsteht die neue Frage nach den Ursachen ausserhalb des Leibes, welche diese eigenthümlichen Processe im Sehorgan anregen: Die Darlegung der die Farbenempfindung hervorrufenden Vorgänge im Sehorgan ist die physiologische Farbentheorie; die Feststellung der äusseren Processe in der Natur, welche jene physiologischen Functionen in Thätigkeit versetzen, ist die physikalische Farbentheorie. Nicht immer wird das

dem Subject zunächst Liegende am leichtesten und zuerst erkannt; die physikalische Farbentheorie hat eine glänzende Geschichte von Newton bis zur Gegenwart, während die physiologische Farbentheorie noch heute in ihren ersten schüchternen Anfängen steht.

Schopenhauer ist sich der Verschiedenheit beider Aufgaben wohl bewusst (a. a. O. S. 66); aber er verweist hinsichtlich der physikalischen Farbentheorie auf die Goethe'sche, welche dazu ganz unbrauchbar ist. Andererseits verkennt er, dass Newton sich ganz klar bewusst war, nur eine physikalische und gar keine physiologische Farbentheorie geben zu wollen, obwohl eine Stelle, in welcher derselbe sich darüber auf das Deutlichste auslässt, von Goethe in dem polemischen Theil seiner Farbenlehre § 456 citirt ist. Die subjectivistische Haltung der Schopenhauer'schen Philosophie machte es ihrem Urheber unmöglich, gegen eine Hypothese gerecht zu sein, welche in naiv-realistischer Weise die dem Subject nächstgelegenen Stufen der Causalreihe übersprang, wohingegen ihn die Goethe'sche Farbenlehre gerade wegen ihrer Unklarheit über ihre physiologische oder physikalische Natur bestach. In der That macht aber Schopenhauer von letzterer doch nur im physikalischen Sinne Gebrauch, während seine eigene physiologische Farbentheorie etwas von der Entscheidung über die wahre physikalische Farbentheorie gänzlich Unabhängiges ist, was freilich ihm selbst nicht klar wird.

Diese Schopenhauer eigenthümliche Theorie lautet nun folgendermaassen. Licht- und Farbeempfindung entsteht durch Thätigkeit der Retina. Das farblose Licht in allen seinen Nüancen vom hellsten Weiss durch Grau bis zum Schwarz zeigt eine qualitativ gleichartige, nur quantitativ oder intensiv verschiedene Thätigkeit der Retina. Die Farbeempfindung hingegen ist das Resultat einer qualitativ getheilten Thätigkeit der Retina. Die quantitative und die qualitative Theilung der Thätigkeit der Retina können natürlich verbunden sein; jede Farbe kann eine mehr oder minder intensive Helligkeit haben; aber erst die Summe der qualitativen Theilungsresultate der Retinathätigkeit kommt an Helligkeit der vollen Retinathätigkeit (im Weiss) gleich. Bei jeder Farbe ist daher die Retina nur (qualitativ-) theilweise thätig, theilweise aber unthätig, und diese theilweise Unthätigkeit wird als der Farbe beigemischte Dunkelheit, als das oziegòv der Farbe empfunden. Endlich kann auch eine quantitative und qualitative Theilung der Re

tinathätigkeit in dem Sinne zugleich stattfinden, dass zwar die ganze Retina mit einer gewissen mässigen Intensität functionirt, qualitativtheilweise aber mit einer stärkeren Intensität; dies bringt die Mischung von mehr oder minder Weiss in die Farbe, wodurch der Sättigungsgrad derselben verändert wird.

Diese Hypothese ist, wie alles, was Schopenhauer Gates geleistet hat, einem geistreichen Aperçu entsprungen; eine Begründung der Hypothese ist nicht gegeben; auch weiss man nicht, was man sich bei,,qualitativer Theilung" der Retinathätigkeit denken soll,

es ist eine Aufgabe zur Lösung, nicht selbst eine Lösung. Hieraus allein würde sich die Einflusslosigkeit der kleinen Schrift auf die Fachmänner erklären, auch wenn nicht die störende Verquickung mit Goethe'scher Farbenlehre und der furor Antinewtonicus dem fachmännisch gebildeten Leser die Lecture zur Selbstüberwindungsqual machten. Ausserdem hatte bereits 14 Jahre vor Schopenhauer (1816) Thomas Young (1802) seine Theorie aufgestellt, welche gerade das begreiflich macht, was bei Schopenhauer unbegreiflich bleibt, die Bedeutung der „qualitativen Theilung". Diese von Helmholtz weiter ausgebildete (Young-Helmholtz'sche) Theorie besteht nun darin, dass die Endglieder des Sehnerven in der Retina (Stäbchen und Zapfen) von dreierlei verschiedener Construction gleichmässig untermischt, vorkommen. Jede dieser Constructionen ist gleichsam so abgestimmt, dass sie nur auf einen Farbenton resonirt oder mitschwingt, und und um so kräftiger mitschwingt, je genauer die Schwingungsgeschwindigkeit des sie treffenden (physikalischen) Lichtstrahls mit derjenigen übereinstimmt, auf welche sie abgestimmt ist. Jede dieser drei Constructionen bringt nun in den isolirten Nervenfasern, deren Endigungen sie bilden, andere Schwingungen hervor, und jede dieser drei verschiedenen specifischen Sinnesenergien von Nervenfasern wird vom Bewusstsein als eine bestimmte Farbe (roth grün -blau-violett) empfunden. Nun wird die „,qualitative Theilung“ der Retinathätigkeit verständlich; es functioniren dann nämlich in jedem Specialfall eines irgend wie gefärbten Lichts die verschiedenartigen Endglieder in verschiedener Intensität, z. B. bei der Empfindung des Rothen nur die Eine Art von Endgliedern, während die beiden anderen gar nicht functioniren. (Andere Farben als die

genannten setzen sich in der Empfindung als Mischfarben aus diesen zusammen.)

Es würde schon diese Darlegung hinreichen, um von Neuem zu bestätigen, dass oft das geniale Aperçu Hypothesen in wenn auch unvollkommener Gestalt anticipirt, die erst lange nachher auf bedeutenden Umwegen zur allgemeinen wissenschaftlichen Geltung gelangen. Wir haben aber Ursache, Schopenhauer in einem noch nicht berührten Punkte gegen die Czermak'sche „Rettung" in Schutz zu nehmen. Czermak erklärt nämlich in einer Anmerkung S. 11-12, dass die von Schopenhauer aufgestellte Zahlenreihe:

Schwarz, Violett, Blau, Grün, Roth, Orange, Gelb, Weiss,

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für uns gar keinen Sinn habe. Dies ist denn doch zu bestreiten; was nämlich Schopenhauer mit dieser Reihe hat ausdrücken wollen, ist offenbar die relative Lichtintensität der verschiedenen Farben bei gleichem Sättigungsgrade.

Bei einem Lichteindruck unterscheidet man bekanntlich drei Variable, die Lichtintensität, die Färbung und den Sättigungsgrad. Eine absolute Sättigung ist für keine Farbe (selbst nicht durch Abstumpfung der Retina gegen die Complementärfarbe) zu erzielen; es giebt aber für jede Farbe einen Grad der Lichtintensität, bei welchem die Sättigung die relativ grösste ist; und von welcher sie sich nach abwärts zum Schwarzen hin trübt, nach aufwärts zur Blendung verweissert (vgl. Wundt's physiolog. Psychologie S. 392 bis 396). Nimmt man die relativ grösste Sättigung, welche für jede einfache Farbe bei diesem Intensitätsgrad des Lichts erreicht wird, als festen Punkt an, nach welchem die relative Grösse der Sättigung bei minder gesättigten Farben, also auch das Maass gleicher relativer Sättigung für verschiedene Farben bestimmt wird, so lässt sich sehr wohl eine Vergleichung der Lichtintensität verschiedener Farben bei verschiedenen Graden gleicher Sättigung anstellen. Ordnet man dann die Farben in eine Reihe nach dem Grade ihrer Lichtintensität bei gleicher Sättigung, so kommt man auf die Reihenfolge Schopenhauer's, ausgenommen, dass das Grün in dieser Reihe doch wohl eher dem Orange als dem Roth an Lichtintensität gleichzusetzen sein dürfte. Exacte Untersuchungen sind meines Wissens über den Gegenstand noch nicht angestellt worden

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