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entgegengesetzt sind, was die grosse Menge von jeher geglaubt und sich eingebildet hat? Es war ein freier Schwung, der sie in ein Gebiet erhob, wo ihr auch ihre Aufgaben nicht mehr versteht, sowie ihnen dagegen manches unbegreiflich wurde, was euch höchst einfach und begreiflich scheint."

6. Das Unbewusste in Geschichte, Teleologie und Kunst.

Wenn irgend etwas von Schelling als populäre Lecture von glänzender Geistesfülle empfohlen werden kann, so ist es der Schluss des „Transcendentalen Idealismus"*), welcher über das Wesen der Geschichte, die Teleologie und das Kunstproduct handelt. Alle drei Probleme werden mit Hülfe des Gegensatzes von bewusster und unbewusster Thätigkeit aufgelöst. Schelling's Auffassung der Geschichte bildet die principielle Grundlage, auf welcher Hegel seine berühmten geschichtsphilosophischen Ansichten aufgebaut hat. Der Grundgedanke besteht darin, dass hinter der anscheinend freien Selbstbestimmung der Einzelnen eine unbewusste Vernunft waltet, welche als die Vernunft des Absoluten zugleich übermächtig den Willen des Einzelnen lenkt, und zwar zu Zielen, welche von denen des Bewusstseins nur zu oft verschieden, wo nicht geradezu ihnen entgegengesetzt sind. So stellt das Absolute sich als eine geschichtliche Vorsehung dar, die doch dem Weltprocess immanent ist, nämlich in die Brust der handelnden Individuen herabsteigt und in ihnen als unbewusst vernünftiger Wille sich bethätigt. **)

In der Teleologie geht Schelling sehr kurz zu Werke und der Sache nach wenig über Kant hinaus; es ist nur zu verwundern, dass er es nicht unumwunden ausspricht, dass das Produciren der Natur eine unbewusste Zweckthätigkeit ist, denn einen andern Sinn kann ja doch jene Identität der bewussten und bewusstlosen Thätigkeit nicht haben, vermöge deren die bewusstlos entstandenen Naturproducte bis in's kleinste das unverkennbare Gepräge der Zweckmässigkeit tragen. Ich schalte hier ein, dass Schelling auch die Sprache sich auf dieselbe Weise wie andere organische Natur

*) Vgl. „Schelling's Werke", Abth. I, Bd. 3, S. 587-629.
**) Vgl. „Philosophie des Unbewussten", Cap. B, X.

producte entstanden denkt, d. h. mit bewusstloser Zweckmässigkeit, da mit der Sprache das menschliche Bewusstsein erst beginnt, also die Sprache nicht durch bewusste Ueberlegung geschaffen sein kann.

Am glänzendsten offenbart sich Schelling's Geist in der Auffassung des Kunstproducts. Hier ist die höchste Identität der bewussten und bewusstlosen Thätigkeit erreicht, weil ihr Widerspruch nicht wie im Naturproduct ein noch unentfesselter, sondern ein im Bewusstsein des Künstlers in seiner ganzen Unendlichkeit offenbarter ist, aus dessen vollendeter, objectiver, harmonischer Versöhnung in der Leistung des Genies jene Ekstase des künstlerischen Genusses entspringt, zu deren voller Erlangung nur begnadigte Naturen fähig sind. Die bewusste Thätigkeit bringt das im engern Sinne Kunst Genannte hinzu, was gelehrt, erlernt und geübt werden kann, und mit Bewusstsein, Ueberlegung und Reflexion ausgeübt wird; die bewusstlose Thätigkeit dagegen liefert dasjenige, was nicht gelernt, noch durch Uebung oder andere Art erworben werden, sondern allein durch freie Gunst der Natur angeboren sein kann, was wir die Erfindung, die Conception, die Poesie an der Kunst nennen können. Jeder Bestandtheil ist ohne den andern werthlos, nur beide zusammen können das Höchste hervorbringen. In dem Product, welches den Charakter des Kunstwerks nur heuchelt, liegen Absicht und Regel an der Oberfläche als der getreue Abdruck der bewussten Thätigkeit des Künstlers; das wahrhafte Kunstwerk dagegen ist einer unendlichen Auslegung fähig, als ob eine Unendlichkeit von Absichten darin wäre, ohne dass man darum sagen kann, dass alle diese im Künstler gelegen hätten. Dieses unendliche Unbewusste, was nur aus dem objectiven Producte widerstrahlt, ohne des Künstlers Bewusstsein durchschritten zu haben, ist für die Kunst dasselbe, was für die Geschichte das Schicksal oder die Vorsehung ist; wir nennen es Genie. Nur das, was die Kunst hervorbringt, ist allein und nur durch Genie möglich, was die Wissenschaft hervorbringt, kann allerdings durch Genie hervorgebracht sein, aber es kann auch auf rein wissenschaftlichem, d. h. bewusstem Wege geschaffen sein, und welches von beiden stattgefunden habe, ist im bestimmten Falle sehr schwer zu entscheiden; Merkmale sind, wenn das Ganze eines Systems vor seinen Theilen hervorgebracht ist, oder wenn jemandes Aussprüche weit

mehr und tiefere Wahrheiten enthalten, als er seiner Zeit hineinlegen konnte.

Wenn das Wesen der ästhetischen Production überhaupt die volle Vereinigung der im Bewusstsein vorher getrennten Thätigkeiten und des zwischen ihnen stehenden Gegensatzes ist, so beruht speciell der Unterschied des schönen und erhabenen Kunstwerkes darauf, „dass, wo Schönheit ist, der unendliche Widerspruch im Object selbst aufgehoben ist, anstatt dass, wo Erhabenheit ist, der Widerspruch nicht im Object selbst vereinigt, sondern nur (durch die bewusstlose Production einer Grösse, welche die bewusste Anschauung nicht fassen kann) bis zu einer Höhe gesteigert ist, bei welcher er in der Anschauung unwillkürlich sich aufhebt, welches alsdann ebenso viel ist, als ob er im Object aufgehoben wäre."

Wie hoch Schelling die Kunst stellte, mögen noch einige Stellen beweisen: „Aus der Unabhängigkeit von äusseren Zwecken entspringt jene Heiligkeit und Reinheit der Kunst, welche so weit geht, dass sie nicht etwa nur die Verwandtschaft mit allem, was bloss Sinnenvergnügen ist (welches von der Kunst zu verlangen der eigentliche Charakter der Barbarei ist), oder mit dem Nützlichen (welches von der Kunst zu fordern nur einem Zeitalter möglich ist, das die höchsten Anstrengungen des menschlichen Geistes in ökonomische Erfindungen setzt, und welches eben die Kunstindustrie oder das gemeine Kunstproduct vom ästhetischen unterscheidet), sondern selbst die Verwandtschaft mit allem, was zur Moralität gehört, ausschlägt, ja selbst die Wissenschaft, welche in Ansehung ihrer Uneigennützigkeit am nächsten an die Kunst grenzt, bloss darum, weil sie immer auf einen Zweck ausser sich geht, und zuletzt selbst nur als Mittel für das Höchste (die Kunst) dienen muss, weit hinter sich zurücklässt." Die ästhetische Anschauung ist nichts als die objectiv gewordene transcendentale oder intellectuelle Anschauung, das Organ des Philosophen. „Nehmt der Kunst die Objectivität, so hört sie auf, zu sein, was sie ist, und wird Philosophie; gebt der Philosophie die Objectivität, so hört sie auf, die Philosophie zu sein, und wird Kunst. Die Philosophie erreicht zwar das Höchste, aber sie bringt bis zu diesem Punkt gleichsam nur ein Bruchstück des Menschen (nur seine bewusste, subjective Seite). Die Kunst bringt den ganzen Menschen, wie er ist, dahin, nämlich zur Erkenntniss des Höchsten, und darauf beruht der ewige Unter

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schied und das Wunder der Kunst." Was wir Natur nennen ist ein Gedicht, das in geheimer wunderbarer Schrift verschlossen liegt. Doch könnte das Räthsel sich enthüllen, würden wir die Odyssee des Geistes darin erkennen, der wunderbar getäuscht, sich selber suchend, sich selber flieht; denn durch die Sinnenwelt blickt nur wie durch Worte der Sinn, nur wie durch halb durchsichtigen Nebel das Land der Phantasie, nach dem wir trachten. . . . Die Kunst ist eben deswegen dem Philosophen das Höchste, weil sie ihm das Allerheiligste gleichsam öffnet, wo in ewiger und ursprünglicher Vereinigung gleichsam in einer Flamme brennt, was in der Natur und Geschichte gesondert ist, und was im Leben und Handeln, ebenso wie im Denken ewig sich fliehen muss."

Ich kann nicht umhin, zu bemerken, dass mir diese theoretische Zurücksetzung der Wissenschaft zu Gunsten der Kunst nur aus der eigenthümlich künstlerischen Veranlagung von Schelling's Geist erklärlich scheint, nicht aber aus seinen wissenschaftlichen Grundsätzen. Denn wenn es in der ganzen Schöpfung, im ganzen Weltprocess nur um das Bewusstsein, um die stufenweise fortschreitende Convertirung des Bewusstlosen in Bewusstes zu thun ist, und jeder Fortschritt nach dem Maass der Steigerung des Bewusstseins gemessen werden muss (was alles bei Schelling mehr oder minder deutlich ausgesprochen ist), so dürfte doch wohl die Wissenschaft, welche stets den höchsten in jedem Augenblick erreichten Grad des Bewusstseins im Weltprocesse repräsentirt, die oberste Stufe einnehmen und die Kunst mehr als ein der noch im Dunkeln wandelnden Welt verliehener Trost aufzufassen sein, der auch in Augenblicken, wo das Denken an dem Ewigen verzweifeln will, uns immer neu mit ahnungsvoller Hoffnung des Göttlichen erfüllt. Dieses Verhältniss zwischen Kunst und Wissenschaft stellte Hegel wieder her, indem er zwischen beiden der Religion ihre Stelle anwies, deren Platz in Schelling's erstem System ziemlich unklar ist.

7. Uebergang zum Panlogismus.

Blicken wir nun noch einmal zurück auf das ganze Doppelsystem, so zeigt sich in demselben trotz alles Reichthums an Ideen und trotz aller Tiefe und Erhabenheit derselben ein Missverhältniss zwischen Wollen und Vollbringen. Schelling sagt: "Bestimmen wir

die Philosophie im Ganzen nach dem, worin sie alles anschaut und darstellt, dem absoluten Erkenntnissact (d. h. der absoluten Wechselidentification des Subjectiven und Objectiven), von welchem auch die Natur nur wieder die eine Seite ist, der Idee aller Ideen, so ist sie Idealismus. Idealismus ist und bleibt daher alle Philosophie, und nur unter sich begreift dieser wieder Realismus und Idealismus, nur dass jener erste absolute Idealismus nicht mit diesem andern, welcher bloss relativer Art ist, verwechselt werde.",,Dieses absolut Ideale ist nun an sich weder etwas Subjectives noch etwas Objectives", d. h. jener absolute Erkenntnissact ist weder mein,,noch irgendeines Menschen Denken, sondern eben absolutes Denken". Ein solcher absoluter Idealismus, der vom absoluten Denken alles ableitet, ist nun aber unser Doppelsystem keineswegs, sondern eben nur eine äusserliche Nebeneinanderstellung eines relativen Idealismus und Realismus, eine Zerspaltung der ewig Einen Wissenschaft in einen unaufgelösten Dualismus, von dem noch dazu keine der beiden Seiten in Wahrheit gründlich das leistet, was sie leisten soll, nämlich zuletzt in die andere mit klarer Bestimmtheit hinüberzuführen. So bekommt der ganze Standpunkt den Charakter einer gewissen Unreife, der auch darin sich äusserlich ausdrückt, dass die eine Seite sich nur gleichsam als verbesserte Auflage eines schon Dagewesenen einführt, die andere Seite aber, ganz abgesehen von der fast ausnahmslosen naturwissenschaftlichen Unhaltbarkeit ihrer Ideen und Anschauungen, niemals über die Gestalt des Versuchs" trotz mehrfach modificirter Bearbeitung hinwegkommt. Schelling fühlte selbst am besten das gleichsam Provisorische seiner Philosophie und versprach von einer Gelegenheit zur andern eine vollendete Ausführung des Systems der Philosophie, ohne in Wirklichkeit jemals über eine Darlegung des Princips hinauszugelangen. Schon im Jahre 1801 acceptirte er von seinem Freunde Hegel die erweiterte Anwendung des Begriffes Vernunft, als des herrschenden Princips und der realen Substanz in allem Existirenden. Während der Verstand ein Organ des selbstbewussten Subjects, ein Mittel ist, dessen das Individuum sich zur Erreichung seiner Zwecke bedient, eine Fertigkeit, die durch Uebung gesteigert werden kann, und deshalb erst mit den Jahren kommt", ist die Vernunft das schlechthin Allgemeine, welches ebenso in der Natur wie im menschlichen Individuum unumschränkt waltet, und

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