ภาพหน้าหนังสือ
PDF
ePub

7. Das Individuum und das All-Eine.

Nachdem so der Hauptgegenstand unserer Betrachtung erledigt ist, komme ich schliesslich noch zu einer wichtigen Frage, dem Verhältniss des Individuums zu dem All-Einen Willen. Schopenhauer, der subjective Idealist sagt uns natürlich, dass alle Vielheit und Individualität bloss subjectiver Schein sei, Schopenhauer der Realist hingegen belehrt uns, dass die Individualität vom Willen gesetzt werde, indem der Wille sich in viele einzelne, in sich einfache Willensacte (Ideen) determinire, und diese wiederum durch ihr Zerfallen in Zeit und Raum die Vielheit der Erscheinung, also auch die einzelnen Individuen hervorbringen. Nur an den Bescheid des Realisten können wir uns halten, da die idealistische Auffassung auch meine Annahme der Vielheit der Subjecte zur Täuschung herabsetzt, also mich als alleiniges absolutes Subject übrig lässt, und doch wieder die vorgestellte Beschränktheit meiner Subjectivität als unerklärlich zugeben muss, wenn dieselbe nicht in objectiver Weise vom Willen gesetzt sein soll. Ist aber einmal Eine Beschränktheit (nämlich in mir) vom Willen gesetzt, dann können es auch mehrere sein, und dann ist die Vielheit realiter wiederhergestellt. Drücken wir es im Sinne des Idealrealismus aus, so ist das Individuum eine Einheit von einer Anzahl mehr oder minder continuirlicher bestimmter Willensacte des Absoluten, die auf seinen Organismus Bezug haben. Dieselben beginnen mit seiner Conception und endigen mit seinem Tode. Die Beschaffenheit derjenigen Willensacte, welche sein moralisches Handeln bedingen, nennen wir den Individualcharakter. Die Individualität ist, wie Schopenhauer mit Recht hervorhebt, durchaus an den Organismus geknüpft, kann also weder vor der Geburt noch nach dem Tode bestehen. Das Wesen oder An-sich des Individuums hingegen ist unvergänglich, denn es ist eben nichtindividuell.

Hieraus folgt mit Evidenz, dass auch der Individualcharakter nur zur Erscheinung, nicht zum Wesen gehört, d. h. dass es einen intelligibeln Individualcharakter nicht geben kann, da das Individuelle dem Intelligibeln (das Wort in Kant's und Schopenhauer's Sinn gefasst) widerspricht. Im Intelligibeln, d. h. im Wesen oder An-sich der Dinge giebt es keine Vielheit,

also auch keine Individuen. Entweder giebt es ein die Erscheinung überragendes individuelles Wesen, dann ist der Monismus falsch, und ein Pluralismus oder Monadologismus an seine Stelle zu setzen; oder die Untheilbarkeit des All-Einen Willens ist Wahrheit, dann ist die Behauptung eines intelligibeln Individualcharakters und einer transcendenten Freiheit dieses intelligibeln Charakters ein offener Widerspruch. Das All-Eine Wesen kann natürlich nicht anders als frei sein, da nichts ausser ihm ist, wodurch es bestimmt werden könnte; aber diese Freiheit (welche die innere Nothwendigkeit nicht ausschliesst) kennt auch Spinoza, sie berührt das Individuum gar nicht. Der Individualcharakter beginnt erst mit dem, was Schopenhauer den empirischen Charakter nennt; für diesen aber gilt der Determinismus sowohl für sein Handeln, als für sein Sein, denn er ist, was er ist, dadurch, dass der Eine untheibare Wille ihn als solchen setzt, und es ist ein Widerspruch, dass der Individualcharakter vor seiner Existenz sich seine Essenz selber gewählt haben solle.

In einen eben solchen Widerspruch wie bei der Entstehung des Individualcharakters verfängt sich Schopenhauer bei der Lehre von seiner Vernichtung. Während er ganz richtig die Theorie der Seelenwanderung als eine exoterische Darstellung des wahren Sachverhalts kennzeichnet, während er die Nutzlosigkeit des Versuchs einer Wesensvernichtung durch Selbstmord durch die Bemerkung darthut, dass dem Willen zum Leben das Leben gewiss sei, entgeht ihm die naheliegende Anwendung derselben Wahrheit auf den Fall des Absterbens eines Individuums im Zustande der Willensverneinung. So lange dasselbe lebte, hatte es offenbar die Willensverneinung nicht vollständig genug vollzogen, da ja das Vorhandensein des Leibes, als der Objectivität des Willens, auch das Nochvorhandensein des Willens bewies. Nachdem dasselbe aber todt ist, ist dem All-Einen Willen zum Leben nichts anderes begegnet, als dass ihm die bisher auf jenen Organismus gerichteten Willensacte gegenstandslos geworden sind, und nunmehr einem neuen Gegenstande zugewendet werden können. Unmöglich aber kann die früher im Leben gehabte Bewusstseinsmeinung eines nunmehr verstorbenen Individuums auf den gedächtnisslosen Willen zum Leben einen bleibenden Eindruck gemacht haben, oder der Intensität seines unstillbaren unendlichen Dranges einen Abbruch

gethan haben. Die Individualität wird durch jeden Tod, auch durch Selbstmord, vernichtet, der All-Eine Wille aber ist durch keine individuelle Begebenheit zu vernichten, auch nicht einmal theilweise, da ja das Verhältniss des Theiles zum Ganzen ausschliesslich dem Raume angehört. (W. a. W. u. V. I. 152.) Die Lehre von der Möglichkeit einer individuellen Willensverneinung und dadurch zu erreichender Verhinderung der Wiedergeburt ist also nur dadurch in Schopenhauer's Kopf zu begreifen, dass er für dieselbe unausgesprochener Maassen einen Pluralismus der Wesen supponirte, welcher dem Monismus seines Grundprincips widerspricht.

Wenn die grosse Errungenschaft eines wissenschaftlich begründeten Pessimismus fruchtbar werden, und einer Hoffnung auf Erlösung von dem Elend des Daseins Raum gegeben werden soll, so ist nicht an eine individuelle Erlösung zu denken, die das Wesen nothwendig unberührt lässt, sondern nur an einen universalen Act als Ziel des Weltprocesses. Hiermit würde aber auch der Weltprocess als Entwickelung zu diesem Ziele gefasst werden müssen, also die aus den falschen Principien des subjectiven Idealismus entsprungene unhistorische Weltanschauung Schopenhauer's einer historischen weichen müssen, zu welcher in der Entwickelungsfähigkeit der Idee genügender Boden gegeben ist. Ebenso würde auch der ascetische Quietismus durch eine thätige Hingabe an den Weltprocess ersetzt werden müssen.*)

*) Vgl. zu diesem Aufsatz meine Abhandlung: „Frauenstädt's Umbildung der Schopenhauer'schen Philosophie" (in „Unsere Zeit" 1876 Heft 4 und 5; wiederabgedruckt in der zweiten Auflage der Erläuterungen zur Metaphysik des Unbewussten") und das Buch von Dr. Moritz Venetianer: „Schopenhauer als Scholastiker"; Berlin, C. Duncker 1873.

[ocr errors]

also auch keine Individuen. Entweder giebt es ein die Erscheinung überragendes individuelles Wesen, dann ist der Monismus falsch, und ein Pluralismus oder Monadologismus an seine Stelle zu setzen; oder die Untheilbarkeit des All-Einen Willens ist Wahrheit, dann ist die Behauptung eines intelligibeln Individualcharakters und einer transcendenten Freiheit dieses intelligibeln Charakters ein offener Widerspruch. Das All-Eine Wesen kann natürlich nicht anders als frei sein, da nichts ausser ihm ist, wodurch es bestimmt werden könnte; aber diese Freiheit (welche die innere Nothwendigkeit nicht ausschliesst) kennt auch Spinoza, sie berührt das Individuum gar nicht. Der Individualcharakter beginnt erst mit dem, was Schopenhauer den empirischen Charakter nennt; für diesen aber gilt der Determinismus sowohl für sein Handeln, als für sein Sein, denn er ist, was er ist, dadurch, dass der Eine untheibare Wille ihn als solchen setzt, und es ist ein Widerspruch, dass der Individualcharakter vor seiner Existenz sich seine Essenz selber gewählt haben solle.

In einen eben solchen Widerspruch wie bei der Entstehung des Individualcharakters verfängt sich Schopenhauer bei der Lehre von seiner Vernichtung. Während er ganz richtig die Theorie der Seelenwanderung als eine exoterische Darstellung des wahren Sachverhalts kennzeichnet, während er die Nutzlosigkeit des Versuchs einer Wesensvernichtung durch Selbstmord durch die Bemerkung darthut, dass dem Willen zum Leben das Leben gewiss sei, entgeht ihm die naheliegende Anwendung derselben Wahrheit auf den Fall des Absterbens eines Individuums im Zustande der Willensverneinung. So lange dasselbe lebte, hatte es offenbar die Willensverneinung nicht vollständig genug vollzogen, da ja das Vorhandensein des Leibes, als der Objectivität des Willens, auch das Nochvorhandensein des Willens bewies. Nachdem dasselbe aber todt ist, ist dem All-Einen Willen zum Leben nichts anderes begegnet, als dass ihm die bisher auf jenen Organismus gerichteten Willensacte gegenstandslos geworden sind, und nunmehr einem neuen Gegenstande zugewendet werden können. Unmöglich aber kann die früher im Leben gehabte Bewusstseinsmeinung eines nunmehr verstorbenen Individuums auf den gedächtnisslosen Willen zum Leben einen bleibenden Eindruck gemacht haben, oder der Intensität seines unstillbaren unendlichen Dranges einen Abbruch

gethan haben. Die Individualität wird durch jeden Tod, auch durch Selbstmord, vernichtet, der All-Eine Wille aber ist durch keine individuelle Begebenheit zu vernichten, auch nicht einmal theilweise, da ja das Verhältniss des Theiles zum Ganzen ausschliesslich dem Raume angehört. (W. a. W. u. V. I. 152.) Die Lehre von der Möglichkeit einer individuellen Willensverneinung und dadurch zu erreichender Verhinderung der Wiedergeburt ist also nur dadurch in Schopenhauer's Kopf zu begreifen, dass er für dieselbe unausgesprochener Maassen einen Pluralismus der Wesen supponirte, welcher dem Monismus seines Grundprincips widerspricht.

Wenn die grosse Errungenschaft eines wissenschaftlich begründeten Pessimismus fruchtbar werden, und einer Hoffnung auf Erlösung von dem Elend des Daseins Raum gegeben werden soll, so ist nicht an eine individuelle Erlösung zu denken, die das Wesen nothwendig unberührt lässt, sondern nur an einen universalen Act als Ziel des Weltprocesses. Hiermit würde aber auch der Weltprocess als Entwickelung zu diesem Ziele gefasst werden müssen, also die aus den falschen Principien des subjectiven Idealismus entsprungene unhistorische Weltanschauung Schopenhauer's einer historischen weichen müssen, zu welcher in der Entwickelungsfähigkeit der Idee genügender Boden gegeben ist. Ebenso würde auch der ascetische Quietismus durch eine thätige Hingabe an den Weltprocess ersetzt werden müssen.*)

*) Vgl. zu diesem Aufsatz meine Abhandlung: „Frauenstädt's Umbildung der Schopenhauer'schen Philosophie" (in „Unsere Zeit" 1876 Heft 4 und 5; wiederabgedruckt in der zweiten Auflage der Erläuterungen zur Metaphysik des Unbewussten") und das Buch von Dr. Moritz Venetianer: „Schopenhauer als Scholastiker"; Berlin, C. Duncker 1873.

[ocr errors]
« ก่อนหน้าดำเนินการต่อ
 »