ภาพหน้าหนังสือ
PDF
ePub

V. Schelling's positive Philosophie.

(1868.)

1. Schelling's Entwickelungsgang vom früheren zum späteren Standpunkt.

Wie wir bereits in der einleitenden Orientirung gesehen haben, war und blieb Schelling eine fragmentarische Natur, mehr dazu geschaffen, Gegebenes zu überwinden, in höherem Sinne zu verarbeiten, neue Standpunkte zu gewinnen und grossartige Perspectiven zu eröffnen, als dazu, die bedeutenden neuen Gesichtspunkte systematisch auszuführen und dadurch erst allseitig fruchtbar zu machen. Er fühlte die Nothwendigkeit systematischer Durchführung und in seinem hohen Selbstgefühl kargte er niemals mit Versprechungen in dieser Richtung; aber wie sehr er sich auch über das Maass seiner Leistungsfähigkeit täuschen mochte, so ist doch anzuerkennen, dass seinen wirklichen Leistungen gegenüber ihn niemals der höchste kritische Maassstab verliess. Seine Schöpfungen genügten ihm selber niemals; als er noch jung war und erst in der Morgenröthe seines Ruhmes stand, da liess er sich durch dieses Bewusstsein des Ungenügens nicht von der vorläufigen Veröffentlichung zurückhalten; als es aber galt, den erworbenen Ruhm zu behaupten, und zwar ihn gegen einen von der öffentlichen Meinung mehr und mehr bevorzugten Rivalen zu behaupten, da überkam ihn jenes Zögern, welches im Contrast mit seinen voreiligen Verheissungen ihm nur den Spott seiner Gegner eintragen konnte. Nur von einem einzigen Werke Schelling's kann man sagen, dass

es architectonisch abgerundet und in der Composition geschlossen sei; es ist dies das ,,System des transcendentalen Idealismus“, in welchem er wesentlich eine Zusammenstellung der drei Kantischen Kritiken (der reinen Vernunft, der praktischen Vernunft und der Urtheilskraft) giebt, und diese wesentlich im Sinne des Fichte'schen Idealismus verbindet.

Nach seinem Fortgange von Jena hat er nur noch einmal eine Schrift von tieferer philosophischer Bedeutung selbst herausgegeben, nämlich die „Untersuchungen über das Wesen der menschlichen Freiheit", welche im ersten (und einzigen) Bande seiner „Philosophischen Schriften" (Landshut 1809) erschien. Alle späteren Arbeiten von Bedeutung sind erst nach seinem Tode durch die Ausgabe seiner „Sämmtlichen Werke" bekannt geworden. Die im Messkatalog von 1815 als erschienen angekündigten Weltalter“ wurden von ihm zurückgezogen und sind Bruchstück geblieben; im Jahre 1826 zog er in ähnlicher Weise die 16 schon gedruckten Bogen seiner „Vorlesungen über Mythologie" zurück, die im Messkatalog als erschienen aufgeführt waren, und ebenso wurde von späteren öffentlichen Verheissungen nichts erfüllt.

Gewiss wird niemand solche Strenge gegen sich selbst tadeln, sondern nur das Fortdauern der Selbsttäuschung bedauern, welche ihn noch immer glauben liess, dass es jeden Augenblick in seiner Macht stände, seinen hochgespannten Ansprüchen auf systematische Darstellung zu genügen. Diese Ueberspannung des Selbstgefühls steigerte sich wechselsweise mit dem Neid gegen seinen ihn überflügelnden Rivalen Hegel, dessen Philosophie er selbst nur als Ausführung der von ihm entliehenen Gedanken, und als eine vorübergehende Episode in dem Entwickelungsgange seiner Philosophie ansah. Gesetzt auch, diese Ansicht Schelling's über Hegel's Stellung in der Geschichte der Philosophie wäre erschöpfend, so hätte dieselbe ihn doch in keiner Weise an der Fortsetzung des von 1801-3 angeknüpften freundschaftlichen Verhältnisses zu hindern brauchen. Er hätte anerkennen können, dass Hegel gerade das Talent der allseitigen systematischen Durcharbeitung eines Grundgedankens in festbestimmten Grenzen, welches ihm selbst ersichtlich fehlte, in eminentem Grade besass, und dass derselbe aus diesem Grunde eben die rechte Persönlichkeit war, um seine Arbeit zu ergänzen und den gemeinsamen Grundansichten erst den vollen Ein

fluss und die ausgebreitete Wirkung auf die Zeit zu sichern. Dass er nicht einmal dies vermochte, dass er sich schmollend von Hegel abwandte, als dieser selbstständig seine Schwingen entfaltete: das wird stets als Vorwurf auf seinem Charakter haften bleiben, und selbst das Bewusstsein, den Hegel'schen Standpunkt positiv überwunden zu haben, kann für dieses Verhalten keine Entschuldigung gewähren.

Während Kant und Fichte sich wenig um Geschichte der Philosophie bekümmert hatten, und selbst Hegel in seinen Vorträgen über diesen Gegenstand ein eindringenderes Quellenstudium vermissen liess, versenkte sich Schelling mit Ernst und Eifer in verschiedene Perioden der Vergangenheit und schöpfte aus denselben die wichtigsten Anregungen. So ging ihm die volle Klarheit über das Identitätsprincip, wie wir es oben geschildert haben, erst 1801 durch die Lecture des Spinoza auf, und die hier gewonnene Auffassung des Absoluten verfeinerte er durch das Studium Plato's, von welchem das Gespräch,,Bruno" (1802) ein sprechendes Zeugniss ablegt. Den Wendepunkt in seinem Leben bildet die durch Franz von Baader vermittelte Bekanntschaft mit Jakob Böhme's mystisch-theosophischen Schriften.

Es war zunächst Eschenmayer gewesen, welcher die Identitätsphilosophie durch den Einwand bekämpft hatte, dass sie unfähig sei, von ihren Voraussetzungen aus die Thatsache des religiösen Lebens zu begreifen und die Probleme des religiösen Bewusstseins zu lösen, und in der That musste Schelling fühlen, dass seine bisherigen philosophischen Arbeiten in diesem Punkte eine klaffende Lücke zeigten. Andererseits legte die romantische Zeitstimmung nach der Naturschwärmerei die religiöse Erhebung des Geistes nahe genug, und Schelling war persönlich viel zu sehr Romantiker, um nicht selber einen tiefen Hang zur Versenkung in die Mysterien der Religion zu empfinden. Plato hatte ihm eine gute Vorbereitung gegeben, und es bedurfte nur noch des geeigneten äusseren Anstosses, um ihn das Gebiet der Religionsphilosophie mit voller Kraft ergreifen zu lassen. Den Mittelpunkt des religiösen Bewusstseins suchte er in dem Problem der Freiheit, durch welches die Verschuldung, und vermittels dieser das Erlösungsbedürfniss erst möglich werden soll; er stellte es sich also als nächste Aufgabe, die individuelle Freiheit mit seinem pantheistischen Gottesbegriff zu

vermitteln, und die letzten Wurzeln im Absoluten selber aufzusuchen, durch welche das Böse, die Abkehr des Theils vom Ganzen, erst möglich wird. Den Begriff der Freiheit entnahm er aus seinen Kant-Fichte'schen Antecedentien, nämlich aus Kant's Lehre vom intelligibeln Charakter; den absoluten Ursprung des Bösen entlehnte er aus Jakob Böhme's Theosophie, aus dessen Annahme eines dunkeln Urgrundes in Gott, welcher Sehnsucht oder Wille ist, und erst als Grund der Existenz Gottes zu fassen sei.

Kant's Lehre von der intelligibeln Freiheit des intelligibeln Charakters, welche mit seiner Lehre vom radical Bösen in der menschlichen Natur eng zusammenhängt, ist nicht nur für Fichte und Schelling, sondern auch für Schopenhauer ein Eckstein der Metaphysik geblieben, und gerade durch des letztern Umgestaltung weiteren Kreisen bekannt geworden. In der That aber dürfte diese Lehre weniger haltbar und in höherem Grade mystisch genannt zu werden verdienen, als die Unterscheidung zwischen der Existenz des Absoluten und dem ihr zu Grunde Liegenden (Substistirenden), oder als die Einsicht, dass dieser letzte und tiefste Grund, das Ursein oder unvordenkliche Sein, Wille sei. Die Opposition des creatürlichen Eigenwillens gegen den Universalwillen, aus welcher Schelling ganz richtig das concrete Böse ableitet, ist meines Erachtens auch ohne die Voraussetzung einer intelligibeln Freiheit der Creatur zu verstehen, und darum kann ich die bleibende Bedeutung der fraglichen Schrift nicht in den Speculationen über die Freiheit, sondern vielmehr in der Ueberwindung des absoluten Idealismus, d. h. des reinen Panlogismus oder metaphysischen Rationalismus durch das realistische Element des Willens erkennen, welcher hier lange vor Schopenhauer für das höchste und letzte metaphysische Princip erklärt ist. Während Schopenhauer seinen Willen bis zur Entstehung des bewussten Individualgeistes blind und vernunftlos sein und bleiben lässt, verknüpft Schelling in dem existent gewordenen Gott das Moment des Willens mit demjenigen der absoluten Vernunft seiner Identitätsphilosophie, und gewinnt dadurch Schopenhauer gegentiber den Vortheil, das Absolute als wahren Geist bestimmen zu können, dem absoluten Idealismus gegenüber aber den andern, einen wirklichen, realen Geist (nicht bloss ein ideales Gedankending) an ihm zu besitzen. Diese Gesichtspunkte sind freilich in der Schrift über die Freiheit mehr angedeutet als ausgeführt,

aber sie sind in embryonischer Gestalt entschieden vorhanden, und als der Keim zn bezeichnen, aus dem sich später Schelling's positive Philosophie entwickelte.

Leider musste nun Schelling diesen Fortschritt über den absoluten Idealismus hinaus zu einem metaphysischen Realismus durch einen Rückfall vom reinen Pantheismus oder Monismus in einen pantheistisch gefärbten Theismus erkaufen; es war dieser Rückfall theils durch die Beschaffenheit seines Führers (Jakob Böhme) bedingt, theils auch wohl durch den Umstand, dass man im Anfange unseres Jahrhunderts noch wenig von den indischen Religionen wusste, und deshalb gar nicht ernstlich daran dachte, dass die Probleme des religiösen Gefühls vielleicht auch auf anderer als auf theistischer Grundlage lösbar seien. Nur der persönliche Gott schien dem religiösen Bedürfniss zu genügen, und deshalb war es Schelling's Bestreben, eine Synthese zu Stande zu bringen zwischen dem absoluten Idealismus seiner Identitätsphilosophie und dem persönlichen Gott der occidentalischen Religionen. Dieses Bemühen ist aber ein in sich widerspruchsvolles, und wie sehr man auch den Begriff der Persönlichkeit auf einen immer dürftigern und dürftigern Inhalt einschränke, es ist und bleibt auch der letzte Rest von ihm unverträglich mit dem Begriff des Alles seienden Einen. Auch die zahlreichen Nachfolger, welche Schelling in dem Bestreben der Verschmelzung von Theismus und Pantheismus gefunden (ich nenne nur Weisse, den jüngeren Fichte und Carriere), sind stets an derselben, ihrer Natur nach unüberwindlichen Schwierigkeit gescheitert, und heute sind wir auf dem Punkt angelangt, dass die bedeutendsten christlichen Theologen (Biedermann, H. Lang u. a. m.) die Nothwendigkeit der Elimination des Persönlichkeitsbegriffes aus dem Gottesbegriff zugestehen, und dass die philosophisch veranlagten jüdischen Theologen sich sogar auf das entschiedenste dagegen verwahren, dass der „lebendige" Gott Israels jemals als „persönlicher" Gott gemeint gewesen sei.

Für Schelling's Entwickelungsgang wurde in dieser Hinsicht der in München mit Franz von Baader gepflogene Umgang von verhängnissvollem Einfluss, der ihn durch seine imponirende und blendende Persönlichkeit immer tiefer und unrettbarer in die retrograde Richtung und in mittelalterliche Ideen verstrickte, wogegen es doch sehr fraglich ist, ob Schelling wirklich durch Baader, und

« ก่อนหน้าดำเนินการต่อ
 »