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In den voranstehenden Skizzen habe ich mich bemüht, dem Leser in thunlichster Kürze eine Orientirung über die letzten Resultate des gesammten geschichtlichen Entwickelungsganges der Philosophie zu ermöglichen, und insbesondere die Leistungen der drei letzten grossen Philosophen Deutschlands als ein organisch zusammengehöriges Ganze darzustellen, welches in der Hauptsache das Facit der bisherigen Geschichte der Philosophie repräsentirt. Ich habe in der ersten dieser Abhandlungen darauf aufmerksam gemacht, dass dieses Facit nach doppelter Richtung einer Ergänzung bedarf, einerseits um die Rechte des Individuums gegenüber dem Absoluten wirksamer zu wahren und das Verhältniss des Einzelgeistes zum Allgeist genauer zu ermitteln, und andrerseits um das Gleichgewicht zwischen der speculativen und empirischen Seite der Philosophie wieder herzustellen, das bereits von Kant angestrebt worden war, von seinen grossen Nachfolgern aber zu Gunsten eines einseitigen Uebergewichts der Speculation alterirt wurde.

Als Gegengewicht wäre also in der erstgenannten Richtung eine sorgsamere Pflege der berechtigten Elemente des Individualismus erforderlich. Hierzu stehen drei Wege offen: der erste sucht die bei Schopenhauer von allen neueren Monisten noch relativ am stärksten vertretenen individualistischen Elemente auf Kosten der monistischen schärfer herauszuarbeiten; der zweite wäre ein Versuch, den Herbart'schen Pluralismus mit dem Monismus unseres Dreigestirns synthetisch zu verknüpfen; der dritte ist der Rückgang auf Leibniz, als auf den grössten aller zum Individualismus hinneigenden Philosophen. Der erste Weg ist von Julius Bahnsen und

v, Hartmann, Stud. u. Aufs.

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Lazar B. Hellenbach beschritten worden; aber die Schopenhauer'sche Metaphysik allein ist doch eine zu schwache Stütze, um auf ihrer Grundlage ein im individualistischen Sinne umgebildetes System zu errichten und die von Hellenbach herangezogenen mystischen Erfahrungen bedürfen selbst noch zu sehr der Bestätigung, um philosophischen Schlussfolgerungen als Basis zu dienen. Der zweite Weg ist wenigstens durch partielle Annäherungsversuche zwischen den Standpunkten Herbart's und Hegel's, sowie Herbart's und Schopenhauer's in Angriff genommen worden, hat aber ebenso wenig nennenswerthe Erfolge aufzuweisen. Den dritten Weg habe ich selbst eingeschlagen, und ich glaube in der That, dass alles, was für den vorliegenden Zweck bei Herbart zu holen ist, ebenso gut und noch besser bei seinem ungleich grösseren Meister gefunden werden kann. Leibniz behandelt eben die Probleme mit weit tieferem metaphysischen Bedürfniss und weit höherem speculativen Talent, und darum findet man sie bei ihm in entschieden philosophischerer und brauchbarerer Form. Zugleich ist er sich der Nothwendigkeit bewusst, von dem Ausgangspunkt seines monadologischen Plaralismus auch die Vermittelung zu dem letzten Ziel eines metaphysischen Monismus zurückzufinden, welche Einsicht bei Herbart vergebens gesucht würde. Endlich ist er ein weit anregenderer und befruchtenderer Denker, und ein Geist von grösstmöglicher Freie und Weite des allseitigen Horizonts, während Herbart's Gesichtskreis um vieles enger und beschränkter ist. Vielleicht hat Herbart den Haupttheil seiner geschichtlichen Aufgabe damit gelöst, dass er die Blicke des philosophischen Publikums wieder in höherem Grade als zuvor auf Leibniz und seine principielle Bedeutung lenkte.

Was nun die nach der andern Seite hin geforderte Ergänzung der letzten Resultate der deutschen Philosophie betrifft, so ist dieselbe auf dem Felde der empirischen Realwissenschaften, insbesondere auf dem der aufblühenden Naturwissenschaften zu suchen, da die geschichtlichen Wissenschaften auch schon vorher bei den Vertretern der deutschen Philosophie (insbesondere bei Hegel) eingehende Berücksichtigung fanden. Es entstand hier die Aufgabe, die durch neuere naturwissenschaftliche Forschungen theilweise umgestalteten Probleme der Naturphilosophie einer neuen Bearbeitung zu unterwerfen, und auf dem Gebiete der Naturphilosophie ebenso

wie auf dem der Geistesphilosophie den umfassenden Nachweis zu führen, dass das Reale nur die Realisirung des Idealen durch das metaphysische Princip des Willens ist. Ich persönlich bedurfte wahrlich keiner Anstachelung durch Reflexionen über die geschichtliche Nothwendigkeit eines solchen Schrittes; mir war von Kind auf das Studium der Naturerscheinungen fast ebensosehr Herzenssache als das Nachdenken über die hierbei wie bei der Beobachtung des Geistes sich ergebenden philosophischen Probleme, und es hätte vielleicht nur einer etwas andern Verkettung meiner Lebensschicksale bedurft, um mich, statt zu einem Philosophen mit naturwissenschaftlichen Liebhabereien, zu einem Naturforscher mit philosophischen Neigungen zu machen.

Nun war ich aber keineswegs der einzige Philosoph, der sich neuerdings bemüht hatte, die Philosophie durch Hereinziehen naturwissenschaftlicher Fundamente neu zu befestigen und weiter auszubauen; wenn gleichwohl mein Versuch eine relativ grössere Beachtung gefunden als der manches Mitstrebenden, so glaube ich dies in erster Reihe deni Umstand zuschreiben zu müssen, dass ich der einzige Philosoph bin, der diesen Versuch in antitheistischer und antimaterialistischer Tendenz zugleich unternommen hat, während alle Uebrigen entweder der mechanischen Weltanschauung, welche augenblicklich unter unseren Naturforschern die herrschende ist, und von da dem Materialismus in die Arme fielen, oder aber die empirische Grundlage zu einer Stütze des vorkantischen christlichen Theismus zurechtzuschneiden suchten. Der theoretische Instinct des philosophischen Publikums in Deutschland ist aber im Grossen und Ganzen gesund genug, um herauszufühlen, dass man sich dabei auf beiden Seiten in die Unphilosophic eines gedankenlosen Empirismus oder eines gedankenlosen theologischen Dogmatismus verrennt, und dass das grösste Verdienst unserer grossen Philosophen gerade darin besteht, das Fahrzeug der philosophischen Entwickelung sicher zwischen dieser Scylla und Charybdis hindurchgesteuert zu haben, um in dem Hafen eines spiritualistischen Monismus einzulaufen. Schelling hatte in seiner Identitätsphilosophie mit der Erkennung des Absoluten als des „ewig Unbewussten" den rechten Weg gezeigt; Hegel hatte denselben auf Seiten der unbewussten logischen Idee, Schopenhauer auf Seiten des unbewussten alogischen Willens weiter verfolgt, welche beiden Seiten

Schelling's letztes System im Princip des absoluten Geistes wieder vereinigt hatte. Man streiche von Hegel's Idee, von Schopenhauer's Wille das Prädicat der Unbewusstheit, und sofort fallen Panlogismus und Panthelismus rettungslos in den Theismus zurück. Diese Gefahr war es auch, an welcher Schelling's positive Philosophie beinahe zu scheitern drohte, weil er es unterliess, den absoluten Geist, den er als das All-Eine Seiende erwiesen, nun auch energisch und unzweideutig als das „ewig Unbewusste" seines ersten Systems zu proclamiren.

Indem ich dies gethan, habe ich den grossen Ring geschlossen, welcher die Leistungen unseres philosophischen Dreigestirns zu einem einheitlichen Ganzen zusammenschmiedet. Indem ich den Anspruch jedes dieser drei Denker auf Alleingültigkeit seiner Lehre aufhob, und sie zum Moment einer höheren Totalität herabsetzte, habe ich die Unwahrheit von allen dreien abgestreift, und das ewig Wahre an ihren Principien zu einer innerlich geschlossenen Gruppe vereinigt.

Es ist wahr, ich bin ein Schopenhauerianer der 70ger Jahre; es ist auch wahr, dass ich ein Hegelianer der 70ger Jahre bin; es ist ebenso wahr, dass ich ein Schellingianer der 70ger Jahre bin; ja sogar jedes von diesen ist nur darum wahr, weil auch das andere es ist. Man kann wohl heute noch Hegelianer oder Schopenhauerianer u. s. w. allein sein, aber wenn man nichts weiter ist als Hegelianer, dann ist man eben auch nur ein Hegelianer der Vergangenheit, und nicht der Gegenwart. Um Hegelianer der heutigen Zeit sein zu können, muss man schlechterdings auch Schopenhauerianer von heute sein, und beides lässt sich wiederum nur dadurch vereinigen, dass man zugleich Schellingianer von heute ist.

Wenn diese Wechselbeziehung seither noch vielfach verkannt worden ist, so darf man sich darüber nicht wundern, weil bis jetzt die Hegelianer und Schopenhauerianer wie Katze und Hund mit einander lebten, und sich nichts weniger träumen liessen, als dass einer kommen würde, der sie in einen Sack sperren würde, und weil Schelling nur theils als naturphilosophischer Phantast, theils als rückschrittlicher Theosoph bekannt war. Da in formeller Hinsicht, namentlich in Bezug auf den Stil und auf die Neigung, die Dinge unverblümt zu besprechen, Schopenhauer ohne Zweifel vom grössten

Einfluss auf mich gewesen ist, und diese formelle Verwandtschaft sich schon bei der oberflächlichsten Kenntnissnahme hervordrängt, so konnte es nicht auffallen, dass ich bei meinem ersten Auftreten von den Schopenhauerianern ohne Weiteres als einer der Ihrigen in Anspruch genommen und begrüsst wurde, und dürfte die rasche Verbreitung der beiden ersten Auflagen der Phil. d. Unb. in Süddeutschland und besonders in Oesterreich wohl wesentlich dieser einseitigen Auffassung zuzuschreiben sein. Nur Frauenstädt fühlte sich von Anfang an von der Phil. d. Unb. mehr abgestossen als angezogen, da er wohl erkannte, dass der Schopenhauerianismus hier als blosser Baustein zu einem speculativen System verbraucht werden sollte, während er seine Lebensaufgabe darin gesetzt hatte, den Schopenhauerianismus nach Ausscheidung der tieferen speculativen Bestandtheile desselben als die einzig wahre Philosophie zu erweisen. In Oesterreich ist etwa von der 4ten Auflage an eine feindliche Reaction gegen den allmählich besser verstandenen Sinn meiner Philosophie deutlich zu Tage ge

treten.

Aber es dauerte nicht lange, bis auch Vertreter des Hegelianismus sich bemühten, mich als den Ihrigen zu reclamiren, und die formelle und zum Theil auch inhaltliche Verwandtschaft mit Schopenhauer als die noch anhaftenden Eierschalen des zufällig durchlaufenen Bildungsganges bei Seite zu schieben. Es war eine solche Reclamation um so selbstverläugnender, als ich in meiner Schrift ,,Ueber die dialectische Methode" dem Hegelianismus feierlich meine formelle Gegnerschaft erklärt hatte; dies hinderte aber jene Hegelianer nicht, meine Art der Beweisführung trotz aller scheinbaren äusseren Abweichung für eine innerlich aus dem Geiste der Hegel'schen Dialectik geborene anzusehen, woran wohl soviel richtig sein mag, dass der Durchgang durch die Schule des Hegelianismus für immer das beste Mittel zur Ausbildung eines speculativen Talents bleiben wird. Johannes Volkelt ging so weit, meine geschichtliche Mission (ausser in die Hervorhebung des Unbewussten in der logischen Idee Hegel's) wesentlich in das unvermerkte und allmähliche Hereinziehen der noch im Schopenhauerianismus befangenen Geister in den allein wahren Gedankenkreis Hegel's zu

setzen.

Schelling besitzt nicht in dem Sinne wie Hegel und Schopen

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