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Kurfürsten zu den Fürsten einnehmen soll, und der mit dem Papste Hand in Hand gehend, eine neue Aera des Weltfriedens inauguriren soll. Später aber, als ihn die genauere Kenntniss der heillos verrotteten Zustände des habsburgischen Hofes und des päpstlichen Romanismus die Unausführbarkeit seiner optimistischen Jugendträume kennen lehrten, da sah er ein, dass nur von der Seite des Modernen, von dem germanischen Protestantismus aus und mit Hülfe der protestantischen deutschen Fürstenthümer eine Verjüngung des deutschen Volkslebens zu hoffen sei, da verzichtete er auf die Reunionsbestrebungen und begnügte sich mit dem Versuch einer protestantischen Union, da wendeten sich seine Blicke mehr und mehr auf das jungaufstrebende Königreich Preussen, in welchem er einen Kern frischer strebsamer Volkskraft erkannt hatte wie in keinem andern Theile Deutschlands. Während er zu Anfang die brandenburgische Politik des Grossen Kurfürsten als gewöhnlichen Particularismus verwirft, begrüsst er bereits mit Jubel die Erhebung Preussens zum Königreich, und setzt am Ende seines Lebens auf dieses seine besten Hoffnungen. Und doch bleibt sein Blick stets auf das Ganze gerichtet. Nie vergisst er die Menschheit bei seinem nationaldeutschen Patriotismus, sondern dieser wurzelt eben in der Ueberzeugung, dass das Deutschthum das Herz Europas und der beste Kern der Menschheit ist, und dass die dereinstige Wiederherstellung des Deutschen Reichs für ganz Europa von dauerndem Segen sein wird. Nie vergisst er in seiner spätern Zeit über seinem Interesse an dem Emporblühen des protestantischen Hannover und Preussen den nationaldeutschen Gesichtspunkt, wonach er in diesen lebensfähigen Gebilden keineswegs mehr sucht als einen Krystallisationskern für eine Neugestaltung Deutschlands von innen heraus. Wie seine philosophische Weltanschauung weder ein mechanisches Nebeneinander todter Massen (Gassendi, Cartesius), noch eine selbstlose Abhängigkeit des Einzelnen vom Ganzen (Spinoza), sondern nur ein organisches Ineinander lebendiger und selbstthätiger, aber zu absoluter Harmonie zusammenwirkender Individuen kennt, so sucht auch seine politische und kirchliche Ansicht in echt germanischem Sinne überall eine lebendige bedeutsame Durchdringung des grossen Ganzen mit der freien Selbstthätigkeit der Glieder. Vom Allgemeinen verlangt er Achtung vor der Freiheit der Glieder, von diesen Verständniss für die Harmonie der Interessen. „Man kann

nicht besser für sich selber sorgen, als wenn man es thut für das Ganze, was zugleich die Verherrlichung Gottes ist." Sein Wahlspruch war: „Nicht was dein, was mein, sondern was nützt der ganzen Gemein." Und als Motto setzt Pfleiderer den Ausspruch Leibniz' auf's Titelblatt: „Es ist gewiss, dass nächst der Ehre Gottes einem jedem tugendhaften Menschen die Wohlfahrt seines Vaterlandes billig am meisten zu Gemüth gehen sollte."

Und nach diesen Grundsätzen, die wahrlich manchen unserer grossen Geister, der in nicht so traurigen und hoffnungslosen Zeiten wie Leibniz lebte, beschämen könnten, hat er gehandelt sein Leben lang. Nicht verlockende Anerbietungen des Auslandes vermochten ihn, wie sonst die besten Köpfe seiner Zeit, sich seinem Vaterlande und seinen dort so beschränkten Verhältnissen zu entziehen, sondern unermüdlich streut er die Keime seiner Ideen in Flugschriften und Promemorien aus, unermüdlich arbeitet er daran, dem Widerstand der Jesuiten selbst als Protestant in Wien die Stelle eines kaiserlichen Raths abzukämpfen, weil wesentlich dort zu jener Zeit die Geschicke Deutschlands noch entschieden wurden, und umspannt, wenn man die vorübergehenden Leistungen in Wien mitrechnet, mit seiner politischen Thätigkeit der Zeit nach Mainz, Hannover, Wien und Berlin, also so ziemlich die Hauptpunkte, wo man damals die Hebel politischer Wirksamkeit für Deutschland ansetzen konnte. Grossentheils seinem heftigen Drange nach praktischer Bethätigung seines Genies ist es auch wohl zuzuschreiben, wenn er die für einen zwanzigjährigen Jüngling doch gewiss lockende Professur an der kleinen Universität Altdorf ablehnte, welche ihm infolge seiner glänzenden juristischen Doctordisputation daselbst angeboten wurde. Freilich zeigen auch spätere Briefe, dass er von den deutschen Universitäten gering dachte (Grote, „Leibniz und seine Zeit" S. 37). Wer denkt nicht unwillkürlich dabei an Spinoza's und Schopenhauer's Ablehnung der ihnen angetragenen Professuren?

Und wahrlich, es that dem verwaisten Deutschland noth, dass man sich seiner annahm, denn es lag in wahrhaft hoffnungsloser Erniedrigung darnieder, so dass alle besseren Geister sich vaterlandsvergessen in kosmopolitische Gleichgültigkeit und specialistische Interessen zurückzogen. Leibniz erfasste es als seine Mission, wie ein Prediger in der Wüste vor fast tauben Ohren zu predigen. Ein Philosoph war es damals, wie in der zweiten Periode deutscher

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Erniedrigung, der sein mahnendes Donnerwort erschallen liess, um die feigen ehrvergessenen Schläfer wachzurütteln. Aber Fichte hatte mit seinen Reden an die deutsche Nation nicht allein zu kämpfen, ihm zur Seite kämpften die Lieder der Freiheitssänger, kämpfte die stille Arbeit eines Scharnhorst und Stein. Leibniz hatte keine solchen Bundesgenossen, und hatte kein Publikum, das ihm eine solche Wärme und Andacht wie Fichte entgegentrug. Vom Jahre 1668 an bis zu seinem Tode (14. November 1716) wirkte er fortwährend mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln, unter welchen, abgesehen von dem directen Einfluss der Fürsten, die politischen Flugschriften die erste Stelle einnehmen, wobei man sich daran zu erinnern hat, dass es eine politische Tagespresse damals noch nicht gab.

Pfleiderer sagt: „Und dies alles thut er bald in körniger, wo es sein muss, selbst derber Prosa, bald in glatter, scharfgespitzter Dichtung, um zu den tauben, verschlossenen Ohren alle Schlüssel zu probiren. Jetzt ist es schneidender Spott, wie im „Mars“, dieser schlimmen Vertheidigungsschrift für die Waffen des allerchristlichsten Königs, jetzt mildere Ironie, wie im „Hauptdessein". Dann begegnen wir wieder dem bittern Ernst, der kalt wie ein Richter z. B. in den „Reflexionen" oder im Manifest von 1704 die Sünden und Laster des Gegners aufdeckt. Und endlich staunen wir, aus dem gleichen Munde eine milde, rathende, ja bittende Sprache zu vernehmen, oder den Todfeind gar als hofmännischen Lobredner auftreten zu sehen, wo es gilt, den aegyptischen Vorschlag in seiner eigentlichen oder vergeistigten Gestalt dem gefährlichen Gegner Deutschlands nahezubringen, wie es Leibniz ohne Vermittelung oder durch Beziehung aller nur denkbaren Fürsprecher von 1672 an in den Jahren 1687, 1688, 1689 und 1715 immer wieder versuchte. Kurz, der eine Mann ist feurig weckender Agitator, der Volk und Fürsten zur Ehre und Pflicht ruft, . . . er ist kalter Staatsmann und politischer Mathematiker, der unbeirrt vom Kampf der eigenen oder fremden Leidenschaft rechnet und abwägt, was das wahre Wohl des Vaterlands erfordere; er ist gewandter Diplomat und geschmeidiger Hofmann, der alle Verhältnisse demselben Ziel dienstbar zu machen sucht."

Aber seine Arbeit war eine Sisyphusarbeit, und stets rollte der mühsam hinaufgewälzte Stein von der Höhe wieder abwärts. Die

erste Hälfte des Buches verfolgt den Verlauf der Geschichte und zeigt uns, wie Leibniz bald die allzu Schwachen zum Nachgeben gegen den übermächtigen Gegner ermahnt, bald die Zeit zur Einigung, Stärkung und Rüstung zu benutzen gebietet, bald zur Aufraffung aller Kräfte gegen den übermüthigen Friedensbrecher aufruft. Alles vergebens. Frankreichs Glanz stieg immer höher, Deutschlands Ohnmacht wurde immer tiefer, seine Verluste immer schmerzlicher, seine Zerrissenheit immer unheilbarer. Selbst die von Leibniz empfohlenen Sonderbündnisse, welche die zur Zeit unerreichbare Reichseinheit zum Schutz gegen den bösen westlichen Nachbar ersetzen sollten, hatten, soweit sie überhaut zu Stande kamen, wegen der mangelnden einheitlichen Leitung und wegen ungenügender Vertheidigungsmittel keinen Erfolg.

Was war es, das Leibniz in diesem anscheinend hoffnungslosen Kampf aufrecht erhielt und ihn zur Fortsetzung stärkte? Es war sein unerschütterlicher Glaube an die Vernunft in der Geschichte, an die tiefe Weisheit der Wege der Vorsehung, an den endlichen Sieg des Wahren, Guten und Rechten, an den Durchbruch der Idee, die sich wie ein Phönix in verjüngtem Leibe aus der Asche einer ihr nicht mehr angemessenen Realisationsform emporschwingt. Wenn je der kleinmüthige Philister das Recht zu haben schien, den gläubigen Idealisten zu verspotten, so war es in jener Zeit, wie sie nie trotloser auf einem grossen Volke gelastet hat; aber der Idealist behält recht gegen alle Philister, es ist dennoch und dennoch die Idee, ihre Macht und ihre Herrlichkeit, die sich in Natur und Geschichte offenbart! So sagt Leibniz: „Die Weltentwickelung gleicht der Spirallinie, die auch im Abwärtsgehen steigt. Zu was also verzagen, wenn wir in der fallenden Windung liegen; es geht doch vorwärts und aufwärts. . . . Nur nie verzweifeln; Nur nie verzweifeln; die Entmuthigung schadet nur, indem sie die Thatkraft lähmt. Halten wir uns an die Lichtseiten und kämpfen von ihnen aus frisch gegen die Schattenpartien; bessern wir, statt zu klagen und zu grollen. Viel besser als das Horazische: „Nur nichts bewundern", ist der andere Grundsatz: „Nur nichts gering achten und gleichgültig und mattsinnig ansehen!" Aus allem lässt sich etwas machen; die Menschen namentlich sind besser, als man denkt und gar wohl der Vervollkommnung, der Erziehung und Einwirkung fähig. Hat man seither etwas unterlassen, nun, zum Aufwachen ist's nie zu spät; holen wir

das Versäumte nach, damit wenigstens wir vor unserer Nachwelt rein dastehen. . Ein Hauptsatz meiner Philosophie im Einklang mit der Heiligen Schrift ist, dass keine Kraft sich verliert; sie wird nur verpflanzt, sie zerstreut und sammelt sich wieder; nicht bloss die Seelen dauern, sondern noch mehr, selbst alle Handlungen leben fort, so flüchtig und vergänglich sie auch vor unsern Augen erscheinen mögen; die vorangehenden reichen den kommenden die Hand. Und so wünsche ich mir denn als Grabschrift den Vers: Was ich besass im Geist, was freudig vollbracht, war mein eigen. Was erst gesät, ich lasse es ruhig; uns folgen die Werke."

Das ist der Optimismus des Leibniz: die fröhliche Zuversicht auf die siegreiche Verwirklichung der Idee durch die frische ausharrende That, ein Vertrauen, das sich durch keine scheinbare Unmöglichkeit beirren, durch keine anscheinende Erfolglosigkeit im Laufe eines Lebens erschüttern lässt. Und er hat recht behalten, dieser Optimismus, weil er eine ewige Wahrheit ist. „Gegen Abend hellt sich der Himmel", kann man auch von Leibniz sagen. Wieviel er auch für sein Theil vergeblich erstrebt hatte, gar manches war ihm gelungen, und er durfte sich sagen, dass er sein Volk gebildeter, wohlhabender und hoffnungsvoller sah, da er schied, als da er es kennen lernte.

Und fünf Jahre nach seinem Tode veröffentlichte Montesquieu in seinen „Persischen Briefen" (Nr. 136) das im Munde eines Franzosen ewig denkwürdige Wort: „Das Deutsche Reich, nur ein Schatten des ehemaligen, ist bei alledem die einzige Macht auf Erden, welche die Zersplitterung nicht geschwächt hat; die einzige, glaub' ich sogar, welche an Stärke zunimmt nach Massgabe ihrer Verluste, und welche, saumselig in der Benutzung ihrer Siege, unüberwindlich durch ihre Niederlagen wird."

Wir können den grossen Leibniz heute nicht erwecken, damit er sich dieser grossen Zeit der Auferstehung Deutschlands erfreue und den Lohn seines festen Glaubens und, seiner hingebungsvollen Vorarbeiten finde, aber wir können uns zurückversetzen in die Zustände jener traurigen Zeit und in die Empfindungen eines damaligen deutschen Patrioten, um an dem Contrast dieser Vergangenheit erst ganz inne zu werden, welch' hoher beneidenswerther Güter wir jetzt theilhaftig geworden sind. Und lernen können wir von dem philosophischen Staatsmann unsere Ungeduld zügeln, wenn uns ein

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