ภาพหน้าหนังสือ
PDF
ePub

Studien“. „Darum habe ich schon oft gesagt: in einem einzigen gewöhnlichen Buch, das unsere hohen Herren als banausisch (mechanicum) verwerfen, in einem Buch z. B. über Landwirthschaft oder Schreinerkunst, von irgendeinem kaum beachteten Verfasser, ist mehr Wahres und Nützliches als oft in einer ganzen Bibliothek." Man bedenke, was solch ein Ausspruch im Munde des grössten Gelehrten seiner Zeit sagen will, einen wie vollständigen Umschwung zu modernen Ansichten er bekundet, die heute noch vielen zu modern sind. Wie er die deutsche Sprache für die deutsche Gelehrsamkeit fordert, so ist er auch in jeder andern Hinsicht bemüht, die Resultate der Wissenschaft einem möglichst weiten Kreise des Volks zugänglich zu machen. Für die Gebildeten fordert er die Herstellung einer Universal - Encyklopädie nebst Bilderatlas; dem niedern Volke will er durch ein gehobenes, vom Staate in die Hand zu nehmendes Kalenderwesen eine Bibliothek des gemeinen Mannes verschaffen und durch Handwerksschulen und durch verbesserte und allgemein durchgeführte Trivialschulen eine bessere geistige Bildung zuführen, als diejenige, auf welche bisher Bedacht genommen war, denn die Wahrheit und geistige Bildung ist ihm wie Wasser und Luft gemeinsamen Rechtes". Für das mehr gelehrte Publikum dringt er auf gelehrte Jahrbücher und Literaturzeitungen, wie er denn schon in seiner Jugend in Mainz beim Kaiser ein Privilegium zur Herausgabe eines ,,halbjährlichen Bücherkerns" als Anhang des frankfurter Messkatalogs nachsuchte, das ihm verweigert wurde, und wie er später von 1700-2 einen „Monatlichen Auszug aus allerhand nützlichen und artigen Büchern" herausgab; obwohl er hier seinen Secretär Eckart vorschob, gehört ihm doch das meiste davon persönlich zu. Die Gelehrten ermahnt er, sich nach ihren Fächern zusammenzuthun, um sich das gemeinsame Schaffen durch Arbeitstheilung zu erleichtern; in der Geschichte fordert er ausserdem kritische Quellenstudien und Herausgabe umfangreicher Quellensammlungen, um diese allgemein zugänglich zu machen. Am bekanntesten sind seine langjährigen Bemühungen, um in Deutschland ebenso eine Akademie zu gründen, wie Frankreich und England solche besassen; er hatte aber hierbei in weit höherem Grade, als es je zur Ausführung gelangt ist, eine Vereinigung theoretischer und praktischer Interessen im Auge. Ausser der berliner Akademie hatte er auch schon die Gründungsurkunde einer Akademie in

Dresden durchgesetzt, welche aber infolge des polnischen Krieges nicht zur Verwirklichung kam. In Wien scheiterte er wie immer an dem Widerstande der Jesuiten, welche die Bildung als ihr Monopol betrachteten, wogegen Peter der Grosse mehrfach durch Leibniz beeinflusst zu sein scheint (vgl. Posselt, „Leibniz und Peter der Grosse“).

Im nationalen Interesse eifert Leibniz gegen das Eindringen welscher Sitte, Tracht und Sprache in Deutschland. ,,Ist es nicht ein Wahnsinn unserer Nation", ruft er in dem Vorschlag über Fürstenerziehung aus, „dass sie die Weisheit immer nur jenseits der Alpen oder des Rhein holen und auf Kosten eines guten Theils unserer Habe und Gesundheit Chimären kaufen will, welche nur dienen, den Geist auf Bagatelle zu richten, welche uns vollends verderben ?" Durch die Unsitte, die Jugend in's Ausland auf Reisen zu schicken, bekommen die besten Geister leicht einen Ekel vor den deutschen Schriften, schätzen nur das Fremde hoch „und wollen kaum glauben, dass unsere Sprache und unser Volk eines Besseren fähig sei". „Es ist aber dies Annehmen fremder Art und Sprache nicht bloss der schwerste Schaden für unsere Freiheit und Selbstständigkeit, sondern auch der Verstand und Geist selbst leidet darunter auf's ärgste noth. Denn die Sprache ist ein rechter Spiegel des Verstandes", während doch keine europäische Sprache geeigneter ist als die deutsche, um jene sichtende Prüfung und Untersuchung philosophischer Sätze vorzunehmen". Um die edle deutsche Sprache wieder zu ihrem Rechte zu bringen, verlangt er die Herstellung eines deutschen Lexikons, zerfallend in Sprachbrauch und Sprachschatz (nach den gangbaren und Kunstausdrücken) und eines glossarium ethymologicum oder Sprachquells, und fordert, dass hinfort alles Studiren, Lesen und Schreiben meistens in deutschen Büchern und in deutscher Sprache geschehen solle. Er selbst weicht immer nur dem Zwang eines äusseren Zwecks nachgebend von diesem Vorsatz ab, und oft genug giebt er den deutschen Text neben dem lateinischen oder französischen.

Die Volkswirthschaft (res oeconomica) erklärt Leibniz für die wichtigste unter den Staatswissenschaften, als deren wissenschaftliche Grundlage er die politische Arithmetik bezeichnet. Hierunter versteht er eine allumfassende Statistik (politische, gewerbliche, Landbau-, Medicinal-, Criminal- u. s. w. Statistik) mit einer darauf

gegründeten Wahrscheinlichkeitsrechnung. Als die Wurzel des Volkswohlstandes erkennt er den Ackerbau, aber Handel und Gewerbe nennt er seine Zweige, die ihn blühend und fruchtbar machen. Er empfiehlt für den Landbau Anpflanzung von Kartoffeln und von Maulbeerbäumen behufs Einführung der Seidenzucht, für Handel und Gewerbe Behandlung derselben als Reichsangelegenheiten, Anlegung von Wasserstrassen, Freizügigkeit, Durchgangsfreiheit, Aichung von Maass und Gewicht, Decimaltheilung desselben, Anwendung von möglichst viel Maschinenarbeit beim Gewerbe (mit deren Erfindung und Vervollkommnung er selbst sich viel beschäftigt), Werk- und Zuchthäuser für Arbeitslose und Verbrecher, Versicherungs- und Versorgungsanstalten, deren Solidität durch Anwendung seiner politischen Arithmetik garantirt werde, Schonung des „,in einer unsaglich elenden Lage" befindlichen gemeinen Mannes und hohe Besteuerung von Luxusartikeln wie Branntwein und Tabak u. s. w. Man wird alles dies sehr hoch veranschlagen müssen, wenn man bedenkt, wie fern das meiste davon dem damaligen Gesichtskreis lag. Mit ganz besonderem Nachdruck fordert er zur Gründung eines deutschen Handelsvereins auf, da im Dreissigjährigen Kriege die letzten Reste des Hansabundes zerfallen waren: „Welch eine Wiedergeburt dürfte Deutschlands erwarten, wenn unter Beseitigung kleinlicher Rücksichten ein solcher Verein wirklich zu Stande käme! Und wäre das Glück zu gross und die Politik mancher Grossen zu klein, so wird auch schon durch die Verbindung eines Theils von Deutschland diesem Theile Hülfe geschehen. Die Erfahrung lässt keinen Zweifel zu, dass aus einem kleinen Anfang bald etwas Grosses würde.“ Die Geschichte des Zollvereins hat auch in diesem Punkte die Prophezeiungen des Philosophen gerechtfertigt.

So flüchtig und unvollständig der hier gegebene Abriss von dem umfassenden Gebiet ist, auf das sich die Bestrebungen Leibniz' erstreckten, so reicht doch selbst diese lückenhafte und blasse Skizze hin, zu beweisen, dass dieser wunderbare Mann mit seiner Vielseitigkeit auch in praktischer Hinsicht fast alles umfasste, was heute noch vorzugsweise die Welt bewegt. In der Tiefe, mit welcher er den Begriff der Entwickelung erfasst, in der Energie, mit welcher er überall zu reformiren versucht, ohne je die gegebene Basis zu verlassen oder der Geschwindigkeit einer organischen Entwickelung zu viel zuzumuthen, in seinem durch und durch realistischen Ge

präge, in seiner begeistert-nationalen Haltung, die doch auf kosmopolitischem Hintergrunde als weiterer Perspective ruht, in allen diesem ist er echt modern, stellt er sich gewissermaassen als der positive Apostel der modernen Welt" dar, wie ich ihn an anderer Stelle genannt habe („Philosophie des Unbewussten", 7. Aufl., Bd. II, S. 369). Für den Leser, der in Pfleiderer's Werk die unermüdliche, stille, selbstverleugnende, ja meist anonyme Arbeit dieses Denkers verfolgt, ist es eine besondere Genugthuung, dass Pfleiderer, der gewöhnlichen Meinung zuwider, die Vergeblichkeit der Bemühungen Leibniz' bestreitet und fast überall im Einzelnen die oft zarten, mitunter nur auf Vermuthung beruhenden Fäden aufsucht, welche seine Reformvorschläge mit späteren Verwirklichungen gleicher oder verwandter Ideen verknüpfen, und dass er so den Satz des Leibniz an ihm selbst bestätigt, dass keine Kraft sich verliert".

IV. Der Kampf zwischen Kirche und Staat. (September 1872.)

Der Kampf zwischen der katholischen Kirche und dem modernen Staat ist Thatsache geworden, und nicht mehr abzuleugnen; wie bei den meisten Kriegen schiebt jede Partei der andern die Aufhebung des Friedens zu. Von einem höhern geschichtsphilosophischen Standpunkt aber zeigt sich hier wie bei allen tiefer begründeten Kämpfen ein Antagonismus der Ziele und Lebensinteressen der verschiedenen Parteien, der nothwendig zum Conflict führen musste. Wenn zwischen benachbarten Staaten solche Conflicte durch Beseitigung des Streitobjectes oder durch erzwungene Concessionen meistens endgültig zu erledigen sind, so ist hingegen der Conflict zwischen der katholischen Kirche und dem Staat ein solcher, der nur durch Vernichtung des einen Theils in seinem innersten Wesen zum Austrag gebracht werden kann. Wer von Frieden zwischen der katholischen Kirche und dem Staate träumt, der lässt sich durch Wünsche und Gefühle über die historische Natur dieser Gebilde und die Unversöhnlichkeit ihrer unaufgebbaren Ansprüche verblenden.

Die katholische Kirche vindicirt sich seit ihrem Bestehen die Macht der Entscheidung über die Gewissen ihrer Mitglieder, indem sie sich als officielle Auslegerin des göttlichen Willens gerirt, vor welchem alle Menschensatzungen, also auch Staatsgesetze, sich beugen, und alle natürlichen Gefühlsregungen, also auch Nationalgefühl und Patriotismus, verstummen müssen. Der katholische Christ hat nur Ein Vaterland, das Reich Gottes, und seine irdische Anti

« ก่อนหน้าดำเนินการต่อ
 »