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eintretenden einseitigen Ueberspannung dieser Idee der philosophische Geist besinnt und den gegebenen Gedankencomplex gleichsam berichtigt. Auch der heutige Monismus muss als der Gegenwart natürlich entwachsen angesehen werden. In einer Zeit, wo markirte Individualitäten immer seltener gefunden werden und die persönliche Autorität im Allgemeinen sichtbar schwindet; in einer Zeit, da man als nothwendig erkennt, sich durch Aufnahme einer grossen Masse positiven Lernstoffes zu bilden, wodurch eine nüchterne und farblose Verständigkeit erzeugt wird; in einer Zeit, da die Gesellschaft wie einer allgemeinen gleichen Bildungstufe so einer wachsenden Gleichheit der persönlichen Dignität entgegengeht und das Streben des grössten Theils dieser Gesellschaft auf die reiche sinnliche Gegenwart gerichtet ist, da der Gedanke an eine vor niedrigen Wesen eximirte persönliche Fortdauer mehr und mehr an Boden verliert; in einer Zeit, wo socialistische und communistische Richtungen mit ihrem Nivellirungsprocesse drohen; in einer Zeit, in welcher durch den Darwinismus eine grossartige Perspective in die Einheit des natürlichen Gestaltungsprocesses der organischen Welt gewonnen zu sein scheint; kurz in einer Zeit der Einheitsbestrebungen auf politischem, socialem, wissenschaftlichem Gebiete kann im besonderen auf dem Felde der philosophischen Speculation nur eine monistische (pantheistische) Richtung herrschend sein."

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Dr. Moritz Venetianer sagt in seinem Buch ,,Der Allgeist" (Berlin 1874) S. 25-26:,,Schopenhauer hat für die Anbahnung einer gesunden Naturauffassung in der Philosophie unendlich mehr gethan, als Schelling und Hegel zusammengenommen. Dennoch ist auch er von der heillosen Neoscholastik dieser seiner Vorgänger, die allein die Philosophie in Verruf gebracht hat, nichts weniger als frei. Man lese hierüber in unserer Schrift:,,Schopenhauer als Scholastiker u. s. w.“ den 3. Abschnitt, betitelt ,,Sch.'s Materialismus“, nach. Es gilt von dieser Seite der Schopenhauer'schen Neoscholastik das Nehmliche, was Helmholtz von Hegel bemerkt:,,Hegel's Naturphilosophie erschien, den Naturforschern wenigstens, absolut sinnlos". Dagegen können die Naturforscher Hartmann gegenüber bloss noch von Meinungsverschiedenheit sprechen, da er sorgfältig die festen Fäden der Naturanschauung Schopenhauer's vereinigt, und nur dort eigne Hypothesen aufstellt, wo ihm die Lücken in dem gegenwärtigen Gebiete der Wissenschaft so gut wie jedem Andern den Spielraum dazu lassen."

II. Evangelisch-theologische Urtheile.

Dr. Carl Friedrich Hemann sagt in seiner Schrift,,Eduard von Hartmann's Religion der Zukunft" (Leipzig, Hinrichs, 1875) S. 9-10:,,Anders verhält es sich, wenn ein Philosoph, der durch die Energie seines Denkens die in der allgemeinen Schätzung tiefgesunkene Philosophie vor dem grossen Publicum der Gebildeten wieder auf autoritative Höhe zu stellen verstanden hat, dessen unbestreitbarer Ruhm es ist, die Ehre der Philosophie vor einem antiphilosophischen Geschlecht rehabilitirt zu haben, wenn dieser unumwunden mit scharftönender Stimme der christlichen Religion das Todesurtheil spricht. Je einflussreicher das Gewicht seiner Stimme ist sowohl bei denen seiner Anhänger, die ein wirkliches Verständniss der Philosophie haben, als auch bei denen, die auf seine Philosophie schwören, nur um sich den Anschein zu geben, als ob sie zu den philosophisch Gebildeten gehörten, um so williger und unbesehener wird man sein Urtheil annehmen, und um so tiefergehend wird der Schade sein, den das Christenthum erleidet. Aber Hartmann's Urtheil ist um so bestechender und massgebender für Viele, da er gleichsam aus Religion sich wider die christliche Religion erklärt. Er bezeichnet es als eine Lebensfrage für die Religiosität und den Idealismus der Menschheit, den Pantheismus einzuführen, damit nicht die Menschheit in irrreligiösen materialistischen Naturalismus versinke. Er will nicht zu den bloss negativen Geistern gehören, deren Element das frivole Zerstören ist, sondern zu denen, die mit lebendigem religiösen Interesse und tiefer Empfindung gerne ein Neues, wenn auch nicht zu bauen, doch anzubahnen beabsichtigen. Einem solchen Widersacher gegenüber darf die christliche Religion nicht schweigen, nicht bloss aus dem momentanen Interesse, die ungünstigen Folgen jenes Urtheilsspruches des angesehensten Philosophen unseres Jahrzehnts möglichst zu paralysiren, sondern auch weil die Würde der christlichen Religion je und je eine Auseinandersetzung mit der geisterbe

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herrschenden Philosophie der Zeit erheischt. Wenn aus den Lagern der Einzelwissenschaften das Kriegsgeschrei gegen die christliche Religion sich erhebt, so mögen die Vertreter der Religion zusehen, ob es der Mühe sich verlohnt, in solchen Kleinkrieg sich einzulassen; nicht so, wenn die Philosophie selber, die Heerführerin des Zeitgeistes, die Königin der Wissenschaften, die Fehde ankündigt; da gilt es, Stand zu halten und diesem einzig ebenbürtigen Gegner in's Auge zu schauen". S. 8:,,Weil sie" (die Phil. d. Unb.),,die philosophische Begründung einer antichristlichen und doch idealistischen Weltanschauung ist, ist sie zum Voraus für Tausende schon die Philosophie des Herzens, und weil sie gleichsam der wissenschaftliche Ring ist, in welchen der Stein der modernen Weltweisheit und Weltgesinnung gefasst ist, wird der Beifall der gebildeten Massen ihr länger treu bleiben als der der geschulten Philosophen".

Lic. J. Krummel sagt in,,Altes und Neues. Erbauungsblatt für evangelische Christen" 1874 Nr. 3:,,Ich halte es nicht nur nicht für eine Absurdität Hartmanns, sondern geradezu für ein Verdienst von ihm, dieser dunklen und doch so Gewaltiges wirkenden Naturmacht eine gründliche Untersuchung gewidmet und den Satz aufgestellt zu haben, dass dem menschlichen Geiste die hohe Aufgabe gestellt sei, den von Natur vorhandenen Zustand des Unbewussten zu dem bewussten und damit seiner selbst erst würdigen Dasein zu erheben. Ich glaube an einer solchen, immerhin ein ziemliches Mass sittlichen Ernstes bekundenden Forderung darf man nicht so kurzer Hand vorübergehen, auch wenn sie in ein Gewand gehüllt erscheint, das unserm christlichen Geschmack gar nicht zusagen will.... Ich glauhe auch nicht, dass der grosse Beifall, den die H.sche Philosophie bei unsern Zeitgenossen gefunden hat, lediglich aus ihrer gefälligen Form, aus dem Pikanten, das sie bietet, und aus ihrer grundsätzlichen und erklärten Irrreligiosität zu erklären ist. Es ist auch ein wirklicher Wahrheitsgehalt in ihr: die dem einseitigen Idealismus wie dem groben Materialismus unserer Zeit abhanden gekommene Einsicht, dass nicht das Ich mit seinem Wollen und Können allein die Welt und ihre Schicksale lenkt, sondern dass noch eine höhere Macht darüber steht, von der es sich in jedem Augenblicke abhängig fühlt. Ist diese Einsicht nicht etwas Werthvolles und Schätzenswerthes ?" Ebenda Nr. 4:,,Hartmann hat unläugbar das Verdienst, wie in seiner Art schon Schopenhauer, vom philosophischen Standpunkte aus unserer durch die Hegel'sche Philosophie und die riesigen Fortschritte in Industrie, Kunst und Wissenschaft trunken gemachten Welt durch die energische Hinweisung auf das Eitle und Nichtige aller menschlichen Werke einer-, und auf die übermächtig über ihr waltenden höheren Gewalten andererseits gewissermassen Busse gepredigt zu haben. . . Er hat damit einen Ton angeschlagen, für den wir ihm gerade in Deutschland dankbar sein können. Unser Vaterland ist in Folge der letzten glücklichen Kriege in die Gefahr gerathen, seine Kraft zu überschätzen. Ich halte auch die Hartmann'sche Philosophie für einen solchen (Dämpfer), der an seinem Theile um so stärker wirken wird, als er gerade die tonangebende vornehme und gebildete Welt trifft. Denn von ihr und nicht von den niederen Klassen der Gesellschaft wird sein pessimistisches System des Unbewussten gelesen und studirt. Ich möchte es in dieser Hinsicht, trotz seines antichristlichen Anstriches, als eine providentielle Erscheinung bezeichnen."

Dr. P. A. Poelchau sagt in den ,,Mittheilungen und Nachrichten für die evangelische Kirche in Russland" 1844, Januarheft: ,Wer das Buch einmal mit Sammlung gelesen hat, wird sich's schwerlich versagen können, es sogleich zum zweiten Male su lesen, und auch dann noch immer wieder auf einzelne Abschnitte zurückzukommen und sie zu Ausgangspunkten eigner weiterer Betrachtung zu machen“ (S. 43).—,, Ein unbestreitbares Verdienst hat Hartmann jetzt schon sich errungen. Er hat das von dem Geschlechte der Gegenwart lange vernachlässigte, man möchte fast sagen verachtete Studium der Philosophie in weiteren Kreisen in Fluss gebracht. Auch die theologische Wissenschaft wird gut thun, die Bedeutung des Hartmann'schen Werkes nicht zu unterschätzen. Sie wird sich nicht damit begnügen dürfen, — wie Knauer und Ebrard es gethan, die Schwächen des Werkes aufzudecken und den philosophischen Irrlehren ihr gläubiges Bekenntniss gegenüberzustellen; sie wird den Einen Hauptgedanken des Werkes, dass es eine in dem gesammten Weltleben wirkende, über dem bewussten Menschengeiste

stehende, allweise Geistesmacht giebt, aufzufassen, mit allen Mitteln einer schulgerechten Philosophie weiter zu führen und für ihre heiligen Zwecke zu verwerthen haben. Aber auch der Theologe, der nicht zunächst der Wissenschaft, sondern der Kirche zu dienen berufen ist, wird das in Rede stehende Werk nicht unbeachtet lassen können. Abgesehen von dem reichen Genusse, den das anziehende Buch dem aufmerksamen Leser gewährt, wird er eine Fülle von Anregungen und Belehrungen empfangen, die er mit aufrichtiger Dankbarkeit entgegennehmen und mit erweitertem Gesichtskreise in seiner ganzen Wirksamkeit erfolgreich verwenden wird“ (S. 54).

Kirchenrath Professor Dr. Otto Pfleiderer sagt in der „Protestantischen Kirchenzeitung" 1875 Nr. 15:,,Unserem ,,Feinde" Hartmann aber rufen wir zu seinem energischen und scharfsinnigen Kampf wider die mechanisch-materialistische. Weltanschauung und für die idealistische Metaphysik ein herzliches: Glückauf! zu, und wünschen ihm, dass der Erfolg dieses Kampfes seinen Pessimismus beschämen möge und er noch eines Tages mit Hutten rufe: ,,Die Geister wachen auf, es ist eine Lust zu leben!"

Zeitschrift für die ges. lutherische Theologie und Kirche, herausgegeben von L. Stähelin, 1874, Hft. II, S. 404:,,Wie unbefriedigend seine Ansicht sein mag, wir werden dennoch in diesen Abhandlungen einen schätzenswerthen Beitrag zur Selbstcharakteristik eines Standpunktes erkennen, der unter den philosophischen Bestrebungen der Gegenwart eine bedeutende Stelle einnimmt, und das kräftige, entschiedene, eindringende Denken, die lebendige, klar hinströmende Gedankenentwickelung und die scharfe Dialektik, die dem Verf. eigen ist, wird auch Derjenige nicht verkennen, der mit dem Inhalt ganz und gar nicht einverstanden ist. Auch wird man nicht leugnen können, dass durch den Verf. manches tiefe Problem aufgeregt und auf's Neue in Fluss gebracht wird." (L. Stäh.)

Evangelische Kirchenzeitung (begründet von Hengstenberg) 1873 Nr. 34 und 35: „Dieses Buch macht den Eindruck eines tief erschütternden Dramas. Ein Philosoph, dessen ernste Arbeit, dessen Fleiss und Begabung, dessen Klarheit im Denken und im Ausdruck wir achten müssen, dessen Aufrichtigkeit und Furchtlosigkeit wir lieb gewinnen können, und der mit allem Eifer sich abmüht, ein ebenso absurdes als unseliges Ergebniss, an dessen Richtigkeit er selbst glaubt, für sich und seine Leser durch seine Methode wahrscheinlich zu machen. Arme Philosophie! armes Deutschland, das die Blinden sich zu seinen Leitern erkoren! arme Welt, die mit dem bestraft wird, womit sie gesündigt hat, und sich einer Philosophie der Unvernunft ergiebt! Gott der Herr aber wird sein Werk der Rettung des versunkenen Menschengeschlechts durch seinen Sohn siegreich hinausführen: doch Viele sind berufen, aber Wenige sind auserwählt am Tage der Scheidung, am Tage des Gerichts. O dass doch unter diesen auch der Verfasser der Phil. d. Unbew. nicht fehlen möge! Noch ist es Zeit, noch ruft eine Hirtenstimme:,,Kommet her zu mir Alle, die ihr mühselig und beladen seid! Ich will euch erquicken."

III. Katholisch-theologische Urtheile.

Cardinal von Rauscher, Fürst-Erzbischof von Wien sagt in einer am 25. Sept. 1874 gehaltenen Rede (vgl. den „,Oesterreichischen Volksfreund" Nr. 227): ,,Nun hat aber eine Anzahl entschiedener Gottesleugner unter dem Aushängeschilde der Philosophie des Unbewussten sich zusammengeschaart und wirft dem liberalen Protestantismus mit vollem Rechte vor, dass er schändliche Heuchelei treibe: denn er wolle den Christennamen nicht fahren lassen, und habe darauf weniger Anspruch als selbst der Mohamedaner, dem Jesus von Nazareth wenigstens ein von Gott gesandter Prophet und zwar der erste nach Mohammed sei. An der Spitze dieser Partei steht Wislicenus, der ehemalige Vormann der Lichtfreunde; die Seele derselben ist Hartmann, der Philosoph des Unbewussten."

Wilhelm Emanuel Freiherr von Ketteler, Bischof von Mainz, sagt in seiner Schrift:,,Der Culturkampf gegen die katholische Kirche und die neuesten Kirchengesetzentwürfe“ (Mainz bei Kirchheim 1874) S. 8:,,Damit ich aber nicht Gefahr laufe, mir bei Beantwortung dieser Frage den Vorwurf der Einseitigkeit oder ultramontaner Uebertreibung zuzuziehen, will ich über das Wesen der

modernen Cultur einen Mann reden lassen, der nicht, wie ich, ihr gegenüber, sondern mitten in ihr steht und zu den namhaftesten Repräsentanten dieser Richtung und zu den einflussreichsten philosophischen Schriftstellern der Gegenwart gehört, nämlich E. v. Hartmann, den Verf. der Ph. d. Unb.“ P. T. Pesch S. J. sagt in der kath. Monatsschrift,, Stimmen aus Maria Laach" 1873 Heft 9:,,Gerne unterschreiben wir die Worte des Gepriensensten der jetzigen Philosophen (v. Hartmann):,,,,Die Philosophie, als der letzte Summenzieher der eine Culturperiode tragenden Ideen, kann als der treueste Repräsentant des geistigen Horizonts eines Zeitabschnittes im engsten und handlichsten Rahmen gelten."" Darum wird Jeder, dem das Verständniss der Zeit einigermassen am Herzen liegt, gerne einmal von dem Entwickelungsstadium der Philospohie Kenntniss nehmen, wenn er sich auch sonst als ,,Laie“ von der Beachtung der philosophischen Phänomene zu dispensiren pflegt. Glücklicher Weise können wir Deutsche in unserem Vaterlande bleiben denn die deutsche Philosophie ist bereits seit fast einem Jahrhundert für das ganze moderne Europa, oder sagen wir lieber sogleich für die ganze gebildete Welt, tonangebend. Auch hier in Deutschland brauchen wir nicht auf das ephemere Geschrei eines jeden "Kärrners" zu lauschen, es genügt, dass wir die bauenden,,Könige“ beachten. Und da drängt sich uns das Werk eines Denkers auf, welches, angefangen von den höchstgebildeten Kreisen der höchstgebildeten Nation bis in die letzten Ecken der philophirenden Welt hinein, ein allgemeines beifälliges Aufsehen erregt hat. Es ist dies die Ph. d. Unb."— Ebenda 1874, Hft. I, S. 52: „Uns will bedünken, dass, wenn einmal der leibhaftige Satan ein menschliches Dasein fristen sollte, ohne aufzuhören Satan zu sein, er alsdann die Philosophie des Berliner Gelehrten ohne Aenderung als die seinige acceptiren könnte."

Dr. Albert Stöckl sagt in seiner Schrift Eine Blüte des modernen Culturkampfes oder die neueste Berliner Philosophie“ (Mainz bei Kirchheim 1874) S. 4:,,Man sieht, dass diese Phil. d. Unb. den Geist der modernen deutschliberalen Welt richtig und vollständig getroffen, dass sie nur die innersten und letzten Gedanken des modernen Zeitgeistes, wie er zunächst in Berlin und Deutschland sich gestaltet hat, zum Ausdruck bringt; denn nur unter dieser Voraussetzung ist der immense Erfolg des gedachten Buches erklärlich, nur unter dieser Bedingung ist der allgemeine Beifall, den ihm der Liberalismus spendet, verständlich.“ S. 53: ,,Man möchte in der That sagen, dass ein System, das, durch alle Stadien der Unvernunft und der Gottlosigkeit sich hindurchwindend, zuletzt in diesem Gedanken culminirt, der Hölle abgelauscht sei."

Historisch-politische Blätter, 1875, Heft 3, S. 203: .,Es geht ein,,Geruch des Todes" durch dieses Buch, wo die tollgewordene Vernunft Wahnwitz redet, das in den Dienst unerhörter Sophistik gestellte und missbrauchte menschliche Denken sein eigener Todtengräber wird, und nach dem Untergange aller Hoffnungen die Verzweiflung, Gott und allem Dasein fluchend, die Fackel auslöscht."

IV. Literarische Urtheile.

Dr. J. A. Mayer sagt in den „,Didaskalia" 1873 Nr. 216:,,So schreitet auch Hartmann's reformatorische Tendenz einher in dem Glanze überraschender Neuheit, die darin besteht, ein philosophisches Lehrgebäude auf Grund der weit fortgeschrittenen naturwissenschaftlichen Resultate zu construiren. Der tiefe Ernst und die männliche Entschiedenheit des Auftretens, das innige Erfüllt sein von den Räthseln des Lebens, der hohe Schwung in seiner Deduction — das Alles flösst auch seinen Gegnern die grösste Hochachtung ein."

Constantin Frantz sagt in seiner Brochüre: „Philosophismus und Christenthum" (Heft 12 der ,,Blätter für deutsche Politik und deutsches Recht", München, Huttler 1875) S. 1-2: „Beispiellos in der ganzen Geschichte der deutschen Philosophie ist der schnelle Erfolg, den in unsern Tagen die sogenannte Phil. d. Unb. errungen hat. Blieb Schopenhauer's Hauptwerk über zwanzig Jahre lang fast unbekannt, so hat hingegen dieses Hartmann'sche Hauptwerk in wenigen Jahren schon sechs Auflagen erlebt, die letzten zwei sogar Stereotypausgaben, was doch jedenfalls die weite Verbreitung bezeugt. Wie weit steht dahinter der Erfolg zurück, dessen selbst die Werke eines Kant, Fichte, Schelling

und Hegel sich zu erfreuen hatten! Es scheint wohl, wir leben in dem Zeitalter des Erfolges, und das Emporkommen der H.'schen Philosophie ist nichts Anderes als das theoretische Seitenstück zu dem Emporkommen des Bismarckianismus, wie denn auch Beides zeitlich zusammenfiel und die eine wie der andere von Berlin ausging."— „Als ein scharfsinniger Kopf, der eine bedeutende Gabe der Ideenentwickelung hat, und womit sich zugleich eine klare Darstellung verbindet, muss Hr. v. H. allerdings gelten, wie ihm auch mannichfache Kenntnisse zu Gebote stehen, zumal in den exacten Wissenschaften. Er ist ein Mann, das muss man ihm lassen, und das schon lässt ihn gross erscheinen im Vergleich zu unsern Kathederphilosophen, über deren Nichtigkeit schon Schopenhauer sich in so drastischer Weise ausgesprochen. Steht es doch mit der deutschen Philosophie wie mit der deutschen Poesie, dass wir überall nur ein schwächliches Epigonenthum auftreten sehen. Und gerade in der nächsten Umgebung des Hrn. v. H., in Berlin, welches sich so lange das philosophische Scepter zu führen gerühmt, war der Verfall in letzter Zeit am auffallendsten. Dem gegenüber konnte freilich die Ph. des Unb. wie eine neue Offenbarung erscheinen." S. 3:,,Mit derselben Unerschrockenheit und Rücksichtslosigkeit, mit welcher Hr. v. Bismarck in seiner Politik auftritt, zieht unser Philosoph die theoretischen Consequenzen seiner Principien, und spricht es ohne Rückhalt aus, was er als wahr erkannt zu haben glaubt. Dieser Erkenntnissdrang und Wahrheitsmuth ist jedenfalls zu rühmen. Welchen innern Werth aber seine Lehre habe, und was darin als sichere Wahrheit gelten könne, ist dann freilich nicht minder fraglich, als der innere Werth und die innere Haltbarkeit der politischen Schöpfungen des Hrn. v. Bismarck.“

Dr. Trautwein von Belle sagt im,,Magazin für die Lit. d. Ausl." 1875 Nr. 10:,,Zu den Lichtseiten eines Zeitalters gehört es, wissenschaftliche Denker zu besitzen, welche den praktischen Kern ihrer eigenen Lehre offen enthüllen und den inneren Zusammenhang derselben mit gewissen Richtungen und Stimmungen des mitlebenden Geschlechts rückhaltslos darlegen Der Berliner Philosoph, Herr Ed. v. Hartmann, ein ehemaliger preussischer Officier, den Krankenlager und Selbststudium der Weltweisheit in die Arme geworfen, ist einer von diesen mit zäher Consequenz einherschreitenden Männern, denen das Diplomatisiren gelehrter Floskelphrase ein Dorn im Auge, und denen es ein hohes Bedürfniss der Seele ausmacht und eine eigenthümliche Befriedigung gewährt, unliebsame Wahrheiten frei herauszusagen ihren Zeitgenossen, ihren Strebensverwandten sowol als sich selbst."

Dr. Hermann Kohut sagt in dem „Israelit, Centralorgan des orthodoxen Judenthums", in einem Leitartikel mit der Ueberschrift: „Der jetzt lebende grösste Philosoph und das Judenthum," 1875 Nr. 9:,,Ich setze voraus, dass dem verehrten Lesepublicum des ,,Israelit" der Name: Eduard von Hartmann gewiss bekannt sein wird. Dieser noch junge Philosoph ist der Fortsetzer der Schopenhauer'schen Philosophie und hat innerhalb weniger Jahre mehrere Schriften“ folgt Aufzählung ,,veröffentlicht, die eine ganze Umwälzung des philo. sophischen Denkens hervorgerufen und eine ziemlich umfangreiche Literatur pro und contra geschaffen haben. Wenn wir auch nicht mit allen Ausführungen des Hrn. v. H. einverstanden sind, so können wir doch nicht umhin, seiner grossen Unparteilichkeit und seiner wahren Humanität unsere vollste Anerkennung zu zollen und ihn in die Reihe jener erleuchteten Geister aufzunehmen, die dem Judenthum haben Gerechtigkeit widerfahren lassen."

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Dr. Heinrich Landesmann sagt in der,,Wiener Abendpost" 1875 Nr. 69: Ein volles Lustrum hindurch besteht die philosophische Thätigkeit Deutschlands unter lebendiger Betheiligung der Naturwissenschaft fast ausschliesslich im Kampf um das „, Unbewusste". Noch ist die Zeit zur historischen Darstellung dieses Kampfes nicht gekommen, wie lockend auch die Analyse namentlich der hegelianischen Angriffsmittel wäre. Nur kann auch jetzt schon nicht verschwiegen werden, dass die fachwissenschaftlichen Kreise Oesterreichs keinen „Rufer im Streit" gestellt, dafür aber aus der Provinzjournalistik unseres Vaterlandes eine Opposition sich vornehmen liess, welche durch Bezeichnung ihres Stützpunktes auch schon gerichtet ist. Sie stützt sich auf den äusseren Erfolg des Hartmannschen Hauptwerkes, der allerdings ein im Gebiet der Philosophie beispielloser ist. Statt aber mit einem geringen Grad speculativer Besinnung den Schluss zu

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