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Angesichts solcher Stellen wird man nicht leugnen dürfen, daß eine monotheistische Stimmung durch diese Gotteshymnen weht. Wer so von einem Gotte redet, von dem müßte man eigentlich annehmen dürfen, daß er für andere Götter keinen Raum mehr in seinem Herzen hat. Und diese monotheistische Stimmung wird auch dadurch nicht wesentlich gestört, daß in den Worten der erschaffen das Land (nicht: die Erde), Tempel gegründet" ein Hinweis auf den besonderen Kultbereich des Gottes des Gottes liegt, wie ein solcher am Schluß des Hymnus dann noch einmal besonders deutlich hervortritt in den Worten: „Deinen Tempel blicke gnädig an, deine Stadt blicke gnädig an, Ur blicke gnädig an" usw. — Ganz ähnlich wie der Mondgott Sin wird auch der Gott Marduk gefeiert.10) Er ist „der Mächtige unter den Göttern, Fürst des Himmels und der Erde", er vereinigt in sich „die Würde Anus, die Würde Bels und die Würde Eas" d. h. alle Herrschaft und Majestät, er ist der „,Schöpfer des Alls", der „Erhabene im Himmel und der Gewaltige auf Erden“, der wert ist, daß man seine Größe den weiten Völkern verkünde". Wieder andere Hymnen feiern die Ištar,11) die Himmelskönigin und göttliche Mutter, deren Kult sich einer ähnlichen Beliebtheit erfreute wie die Verehrung der

Jungfrau-Mutter Maria in der katholischen Kirche. Sie wird gefeiert als die „Königin aller Wohnstätten“, als die „Leiterin der Menschen", als die „Herrin von Himmel und Erde", deren „Macht alle Lebewesen huldigen müssen“. Und so ließen sich für jeden der großen Götter,12) die im alten Babylonien Verehrung genossen, Stellen aus den für sie gedichteten Hymnen anführen, in denen monotheistische Luft weht oder doch zu wehen scheint. Genau wie in Babylonien standen die Dinge in Assyrien. Der Landesgott Assur wurde dort in derselben Weise gefeiert wie Marduk in Babylonien. Er gilt als der König der Götter und als ihr Vater, als der König Himmels und der Erden, als der Gott, der sich selbst erschuf, der den Himmel Anus und den Untergrund der Erde gebaut hat und im glänzenden Himmel sitzt usw.18) In späterer Zeit hat man in Assyrien den Versuch gemacht, den Gott Nebo in den Vordergrund zu rücken und ihn, wie es scheint, als den einzigen Gott zu verehren. In diesem Sinne könnte wenigstens die so oft schon im monotheistischen Sinne gedeutete Inschrift auf der in Kelaḥ gefundenen Nebo-Statue des Königs Adadnirari III (811 bis 782) gedeutet werden. Die Inschrift lautet: „O Nachkomme, auf Nebo vertraue, auf einen anderen Gott vertraue nicht."14)

Doch genug der Beispiele. So nahe es liegen mag, aus den angeführten Stellen auf eine monotheistische Unterströmung in der Nationalreligion zu schließen, so sind dieselben Götterhymnen, auf die wir uns bezogen haben, doch beredte Zeugen dafür, daß der Polytheismus der Nationalreligion eine ungebrochene Größe war. Nicht die leiseste bewußte Reaktion dagegen läßt sich spüren. Marduk ist wie Sin und die sonst in Betracht kommenden Götter doch schließlich nur deshalb der höchste Gott, weil er andere Götter unter sich hat. Und diese anderen Götter spielen in diesen Hymnen denn auch ihre entsprechende Rolle.

Das ist selbst in der so schönen

Hymne auf den Mondgott von Ur der Fall, die von allen dem Verfasser bekannt gewordenen Hymnen die kräftigsten monotheistischen Anklänge zeigt. Denn nicht nur, daß der Gott Sin oder Nannar im Eingang der Hymne als der Herrscher unter den Göttern in wortreicher Weise gepriesen wird, und diese Götter im Hymnus selbst je und je auftreten, am Schluß des Hymnus werden noch eine Anzahl Götter zum Teil mit Namen aufgeführt, die für den Verfasser sicherlich Realitäten bedeuten. Es heißt da:

,,Deine geliebte Gemahlin, die Göttin Aja, die gnädige,

„Herr, ruhe" rufe sie dir zu;

Der Held [Šamaš, dein geliebter „Herr, ruhe" rufe er dir zu;

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Das ist gewiß ein stimmungsvoller, poetischer Schluß der schönen Hymne, aber über die polytheistische Grundanschauung kann ein Zweifel nicht mehr bestehen. Auch die Nebo-Inschrift besagt jedenfalls nicht das, was man vielfach in sie hineingelegt hat. Gewiß verrät sie die Tendenz, den Nebo über die anderen Götter hinauszuheben, aber gerade die Worte, in denen die eigentliche Pointe liegt, „auf einen anderen Gott vertraue nicht" scheinen weniger eine monotheistische Tendenz als vielmehr eine politische Spitze zu haben, eine Spitze nämlich gegen den babylonischen Marduk und die durch ihn repräsentierte hierarchische Suprematie Babylons, der Assyrien durch Bevorzugung des Nebo-Kultes ein Gegengewicht bieten wollte.15)

Alles in allem: Man hat bei der Lektüre dieser Götterhymnen mehr als einmal die lebhafte Empfindung, als

wolle hier eine höhere, reinere Gotteserkenntnis zum Durchbruch kommen, als wolle das Menschenherz in seinem dunklen Drange die von ferne geahnte Wahrheit ergreifen und aussprechen, aber immer wieder senkt sich im entscheidenden Augenblicke der polytheistische Schleier über die aufdämmernde Erkenntnis und erstickt das Licht, das, wie es scheint, eben aufleuchten wollte. Wäre in Babylon ein geistesmächtiger Prophet mit monotheistischer Verkündigung aufgetreten, er hätte in diesen Hymnen mit ihren verschiedenen summi dei den prächtigsten Anknüpfungspunkt gefunden. Aber an einem solchen Propheten hat es Babylon und Assur eben gefehlt.

Wenden wir uns von der Volksreligion zu der Religion der frommen Persönlichkeiten,1o) denen die Religion mehr als eine Sache ererbter Gewohnheit und als eine nationale Angelegenheit war, die in der Religion die Befriedigung tiefster Herzensbedürfnisse suchten, und denen, weil sie solche Befriedigung in ihr bereits gefunden hatten, die Religion zu einem inneren Erlebnis geworden war. Daß es solche Persönlichkeiten auch im alten Babylon gegeben hat, dafür legen namentlich die babylonischen Psalmen, speziell die sogenannten „Bußpsalmen "17) ein beredtes Zeugnis ab. Man versteht darunter eine Reihe religiöser Lieder, die nach Form und Inhalt ganz auffällig an die alttestamentlichen Psalmen erinnern. Über ihr Alter läßt sich mit Bestimmtheit nichts mehr ausmachen. Man hat für einige das dritte Jahrtausend v. Chr. als Abfassungszeit berechnet. Das mag hier dahinstehen. Jedenfalls handelt es sich um sehr alte Lieder, die ein Jahrhundert dem andern vererbt hat, und die schließlich im Kulte eine feste Stelle gefunden haben. Diese Psalmen verraten nun in der Tat eine relativ hohe Religiosität. Es ist namentlich ein tiefes, aufrichtiges Sündengefühl, das in ihnen zu oft ergreifendem Ausdruck kommt. Daß dieses Sündengefühl fast regelmäßig durch Erfahrung eines äußeren Leides ausgelöst

erscheint, daß Sündenvergebung und Wegnahme des äußeren Leides miteinander identifiziert werden, d. h., daß die Vergebung in äußerer Wiederherstellung erlebt sein will, daß kultische Sünden ebenso ernst genommen werden wie schwere religiös-sittliche Verfehlungen, läßt diese Psalmen freilich hinter höchsten Äußerungen israelitischer Frömmigkeit, wie sie z. B. in Psalm 73 zutage tritt, um ein Beträchtliches zurückstehen. Immerhin aber pulsiert in ihnen ein kräftig religiöses Leben, und wir haben auf jeden Fall ein Recht, sie zu den edelsten Erzeugnissen auf dem Boden heidnischer Religiosität zu rechnen. Doch kommen wir nun endlich zu der Frage, inwieweit sich in diesen Buẞpsalmen Ansätze zu einem reinen Monotheismus finden.

Zunächst ist hier freilich zu konstatieren, daß sich auch in diesen Psalmen ein ganzes Götter-Pantheon zusammenfindet. Anu und Anatu, Bel und Belith, Šamaš, Sin und Ištar, Marduk und Nebo, Ninib und Nergal geben sich auch hier wieder das gewohnte Stelldichein. An der polytheistischen Gesamt- und Grundanschauung kann somit kein Zweifel sein. Die Frage ist nur, inwieweit diese polytheistische Grundanschauung zugunsten einer monotheistischen Anschauung oder doch wenigstens in der Richtung auf den Monotheismus hin durchbrochen wird.

Es sind dafür zwei Momente geltend gemacht worden. Es ist zunächst auf die mehrfach in diesen Psalmen sich findende Erwähnung eines „unbekannten Gottes" hingewiesen worden. Indem man nun diesen „unbekannten Gott" vorschnell im Sinne von Act. 1723 verstand, hat man hier ein Zeugnis dafür finden wollen, daß die babylonischen Frommen doch etwas geahnt hätten von dem ewigen, wahren, einen Gotte, der als wirklich reale Potenz hinter den vielen Göttern stehe, und daß sie in ihres Herzens Grunde sich nach dessen Offenbarung gesehnt hätten. Aber diese Auffassung ist unhaltbar. Denn dieser unbekannte Gott ist immer nur einer von den

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