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,,Mein Gott, der du mir zürnest, Meine Göttin, die du mir grollst, Nimm an mein Flehen,

Mein Herr, gnädig und barm-
herzig,

Der die Lebenszeit lenkt, dem
Tode Einhalt tut,

Meine Göttin, blick auf mich
herab,

nimm entgegen mein Gebet!
nimm an mein Flehen!
beruhigen möge sich dein Gemüt!

mein Gott, nimm entgegen mein Gebet!

und nimm an mein Flehen!"

Das erklärt sich eben daraus, daß man sich auf dem Standpunkt der Natur- und Astralreligion die Götter doppelgeschlechtig vorstellt. Jedem Gott ist dort eine ihm entsprechende Göttin beigesellt. Beide gehören so eng zueinander, daß man sich den Gott nicht ohne seine Göttin, und die Göttin nicht ohne ihren Gott vorstellen kann. „So kommt", sagt Alfred Jeremias sehr treffend, ,,auch der relativ höchste heidnische Gottesbegriff nicht über die Zweigeschlechtigkeit hinaus. Er projiziert Menschengedanken ins Weltall. Als das Höchste erscheint dem Menschen das Geheimnis des Lebens. Darum kann er auch die Gottheit nicht ohne das Geheimnis der propagatio denken.“

Also alles in allem: über Annäherungen an den monotheistischen Gedanken ist es auch in der Religion der Frommen in Babylon nicht hinausgekommen. Diese Religion hatte wohl ihre Psalmisten, aber es fehlte ihr an dem Propheten, der die nach Gott dürstenden Herzen aus dem Labyrinth des Polytheismus heraus zur Erkenntnis und Anbetung des einen Gottes im Geist und in der Wahrheit führte.

Aber ist es nicht etwa in der Priester-Religion, speziell in der Priesterlehre, in der Priesterspekulation zu einer Art Monotheismus gekommen? Das ist die letzte Frage, die wir in diesem ersten Hauptteile zu beantworten haben.

Als Kultusbeamte sind die Priester natürlich die offiziellen Vertreter der polytheistischen Nationalreligion. Sie

haben den Dienst der vielen Götter zu versehen und jedem der einzelnen Götter den ihm eigentümlichen Kult zu besorgen. Aber neben diesen kultischen Pflichten lag den Priesterschaften die Pflicht ob, die „Lehre“ auszugestalten, das Wesen der Götter und ihre Funktionen am Himmel und im Kosmos „,wissenschaftlich" zu erfassen und die Ergebnisse in ein theologisches Lehrsystem zu bringen. Gerade in diesen priesterlichen Lehrsystemen ist es nun in der Tat zu einem eigenartigen Monotheismus gekommen.

Um diesen Monotheismus zu verstehen, muß man sich immer vor Augen halten, daß die altbabylonische (auf die sumerische zurückgehende) Religion ihrem innersten Wesen nach Astralreligion ist. In den Gestirnen sieht sie die göttlichen Mächte wirken und walten; die Planeten sind ihr die Befehlsvermittler, die Dolmetscher (équηveis) des göttlichen Willens. So ist es selbstverständlich, daß die Erkenntnis der Götter nur auf dem Wege astronomischer oder, was für jene Zeit dasselbe besagen will, astrologischer Studien gewonnen werden konnte. Die theologische Wissenschaft der alten Babylonier war im Grunde also Astrologie.

Sehen wir uns nun die astrologisch-theologischen Lehren der altbabylonischen Priesterschaften etwas näher an, so bemerken wir auch hier (wie schon bei der nationalen Volksreligion) das Bestreben nach einer monarchischen Zuspitzung der Götterwelt. Nur hat diese monarchische Zuspitzung hier nichts mehr mit politischen Konstellationen zu tun (obwohl natürlich auch diese gelegentlich mit hineinspielen, denn Religion und Politik gehen im alten Orient Hand in Hand), sondern beruht hier vielmehr auf der Stellung der einzelnen Gottheiten im Kosmos oder im Weltenraum und der eigentümlichen Rolle, die die einzelnen Gottheiten für den Weltkalender spielen oder auf ihrer Stellung in der Weltenzeit.

Zunächst also auf der Stellung der Astralgötter im Kosmos oder auf ihrem Platze im Weltenraum.18) Für die alten Babylonier stand es als eine Art Axiom fest, daß das Weltbild dem Himmelsbild genau entspricht. Sie unterscheiden demnach ein irdisches und ein himmlisches All, von denen das erste nur das Spiegelbild des zweiten darstellen sollte. Wie sich ihnen das irdische All nun in drei Teile zerlegte, in den Lufthimmel, das Erdreich und den Ozean, der um die Erde und unter der Erde ist, so teilten sie auch das himmlische All in drei Teile, in den Nordhimmel, in den Tierkreis oder das himmlische Erdreich, das als eine Art Aufschüttung oder Wall angesehen wurde, auf dem in ausgeschliffenen Bahnen die sieben Planeten ihre Pfade ziehen, und in den Südhimmel oder den Himmelsozean. Über die drei Teile sowohl des himmlischen wie des irdischen Alls herrschen drei Götter. Über den Nordhimmel und dessen irdische Parallele, den Lufthimmel, herrscht der Gott Anu, über den Tierkreis und seine irdische Parallele, das Erdreich, herrscht der Gott Bel, der Herr der Länder, und über den Südhimmel und seine irdische Parallele, den Ozean, herrscht Ea, der Gott der Wassertiefe und der abgrundtiefen Weisheit. In diesen drei Göttern, Anu, Bel, Ea, haben wir also die oberste Göttertrias, die oberste babylonische Trinität, die an der Spitze der gesamten übrigen Götterwelt steht. Innerhalb dieser Göttertrias findet nun aber wieder eine monarchische Zuspitzung statt. Der summus deus in ihr ist Anu, der König der Götter. Ihm gehört der Nordhimmel, und er hat seinen Thron im höchsten Punkte des Weltalls, im Nordpunkte oder im Nordpol des Himmels, der als der Thron des höchsten Gottes natürlich den Charakter hoher Heiligkeit besaß. So erklärt sich die eigentümliche Heiligkeit des Nordens, von der sich auch im Alten Testament deutliche Spuren finden.19) Mit Bezug auf Anu wiederholt sich nun, was wir schon früher bei Betrachtung der nationalen Volks

religion gefunden haben. Die Hymnen feiern ihn als den Gott xar' ¿oxýv, er ist der Gott schlechthin, er ist der ilu. Ilu und Anu werden geradezu gleichbedeutend gebraucht, und ilu nimmt dann den Charakter eines Eigennamens an. Also auch hier wieder eine stark ans Monotheistische streifende Sprechweise, aber freilich noch kein bewußter prinzipieller Monotheismus, denn Anu ist und bleibt der Vater oder der König der Götter.

Es ist nun aber sehr bemerkenswert, daß von den übrigen großen Göttern zwei in ganz ähnlicher Weise wie Anu gefeiert, ja geradezu mit Anu identifiziert oder ihm gleichgestellt werden. Der eine ist der Gott Sin, der gleich im Eingang des schon früher von uns erwähnten schönen Mond-Hymnus direkt bezeichnet wird als ,,Vater, Nannar, Herr, großer Herrscher unter den Göttern," Gott Anu,

der andere ist der Gott Ninib, der wenigstens mit Anu verglichen und in enge Beziehung zu ihm gesetzt wird. Man beachte folgende Stellen: 20)

Wie Anu bist du gebildet
Mächtiger der Anunnaki,
Mein Herr, erhaben [bist du],
oder:

„Furchtbaren Glanz verleiht ihm
Anu

Ninib, der wie Bel gebildet ist, mit starker Furcht [ausgestattet] mein Herr, erhaben [bist du]" usw.

inmitten des Himmels als Geschenk,"

oder folgende Stelle, in der Ninib von sich selbst redet: „Meinen furchtbaren Glanz, der

wie Anu gewaltig ist,

wer vermag etwas gegen ihn ?"

Wie sind nun diese Erscheinungen zu erklären? Was zunächst den Gott Sin betrifft, so könnte man daran denken, daß er als oberste der Astralgottheiten (die fast immer in der Reihenfolge Sin, Šamaš, Ištar aufgeführt werden) nach dem Gesetz der Entsprechungen mit dem obersten Gott der kosmischen Trias identifiziert worden wäre. Bei Ninib aber versagt diese Erklärung. Dafür legt sich hier eine andere Erklärung nahe.21) Auch Ninib galt (wie wir später noch genauer sehen werden) als In

haber eines Nordpunktes im Kosmos, nämlich des Nordpunktes des Tierkreises oder des höchsten Punktes der Ekliptik, des sogen. Nibirupunktes, über den kein Planet in seinem Laufe hinauskommt, an dem er wieder herabsteigen muß, und der deshalb als der Thron- oder Herrscherpunkt der Ekliptik gilt. Dieser Nordpunkt der Ekliptik oder des Tierkreises mußte nun aber nach dem für die babylonische Anschauungsweise grundlegenden Gesetze der Entsprechungen als der Reflex, als die Widerspiegelung des Nordpunktes am Himmel, des Thrones Anus, erscheinen und darum geradezu mit ihm identifiziert werden. So versteht man ohne weiteres, daß es in den betreffenden Hymnen heißt, daß Ninib wie Anu gebildet, daß er wie Anu gewaltig sei, daß Anu ihm seinen furchtbren Glanz verliehen habe, was nichts anderes besagen will, als daß Ninib eine Widerspiegelung Anus sei. Vielleicht läßt sich nun aber auch die Identifizierung Sins mit Anu auf eine ganz analoge Weise erklären. Auch für den Gott Sin hat der Nordpunkt der Ekliptik eine große Bedeutung.22) Denn gerade dort thront der Mond als Vollmond mit der Königskrone genau zu der Zeit, wo sein Gegenpart, die Sonne, ihren tiefsten Tiefstand erreicht hat, d. h. wo sie zur Zeit der Wintersonnenwende am Südpunkt der Ekliptik steht. Dieser Nordpunkt ist darum (wenigstens für die Zeit der Vorherrschaft des Mondkultus) für den Mondgott Sin der eigentliche Thron- und Herrscherpunkt, zu dem er immer wieder aufstrebt als zu dem Punkte, der ihm im Weltall eigentlich gebührt. Als Inhaber dieses Nordpunktes konnte er aber sehr wohl als eine Widerspiegelung des Anu bezeichnet oder geradezu mit ihm identifiziert werden. So hätten wir denn drei summi dei im Kosmos. Diese drei summi dei schreien aber nach Identifizierung, wie denn Sin ja auch ausdrücklich mit Anu gleichgesetzt worden ist. In solchen Identifizierungen kündet sich aber wenigstens für den nachdenkenden Menschen die innere Auflösung des Poly

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