ภาพหน้าหนังสือ
PDF
ePub

und Gassen. Er soll das Eigentum des ganzen Volkes und jedes einzelnen in ihm werden. Ein Unterschied zwischen „Wissenden und Nichtwissenden" wird hier nicht gemacht. Alle sollen Wissende, d. h. Bekenner des einen wahren Gottes werden und ihr Bekenntnis zu ihm in einem seinem Willen entsprechenden Wandel betätigen. Um diesen ersten großen Unterschied zu verstehen, müssen wir uns gleich einen zweiten klar zu machen suchen.

Der altorientalische Monotheismus schließt den Polytheismus nicht aus, sondern vielmehr als seine Voraussetzung ein. Die vielen Einzelgötter sind ja doch Teilerscheinungen der einen göttlichen Macht und verdienen als solche göttliche Verehrung. Dieser Monotheismus bedeutet also keineswegs eine Überwindung des Polytheismus, und will auch im Grunde keine solche bedeuten. Darum erscheint von seinem Standpunkte aus der Kampf gegen den Polytheismus auch nicht als sittliche Pflicht. Man darf die altorientalischen Priester darum auch nicht etwa als Heuchler ansehen, wenn sie in ihren Schulen den,,Wissenden" oder denen, die solche werden wollen, die monotheistische Lehre verkünden, im Kultus dagegen den Dienst der vielen Götter versehen. Beides verträgt sich gar wohl miteinander, ja fordert sich gegenseitig heraus. So begreifen wir auch, daß Amenophis IV. mit seinem radikalen solaren Monotheismus bei seinem Volke kein Verständnis fand. Denn das Volk fragte sich ganz folgerichtig: wenn die Gottheit sich in der Sonnenscheibe offenbart, warum soll sie sich nicht auch in den übrigen Himmelskörpern offenbaren, und warum soll man dann diesen als Teiloffenbarungen der einen Gottheit nicht die gebührende Verehrung erweisen? Das ist vom Standpunkte einer Astralreligion eine vollkommen einwandfreie Argumentation. Ganz anders liegen die Dinge aber bei dem israelitischen Monotheismus. Der mit keinem Astralsystem verknüpfte Gott Israels erhebt in absoluter

Weise den Anspruch, der alleinige Gott zu sein. Er duldet keine anderen Götter neben sich. Er ist ein einiger Gott und erkennt keine Teilerscheinungen von sich, die göttlicher Verehrung würdig wären, an. Das heißt m. a. W.: der israelitische Monotheismus bedeutet eine bewußte und prinzipielle Üeberwindung des Polytheismus. Er ist ein mächtiges, lebendiges, kräftiges, religiöses Prinzip, das gegen alles Polytheistische als etwas Heidnisches mit elementarer Gewalt reagiert. Die Vertreter dieses Monotheismus mußten daher dem Polytheismus den Krieg erklären, mußten ihn bis aufs Blut bekämpfen, ihn mit Stumpf und Stil auszurotten suchen. Ein Paktieren war hier unmöglich, auch nur der Versuch dazu wäre Verrat oder Heuchelei gewesen.

Wollen wir das bisher Aufgeführte auf eine klare Formel bringen, so können wir etwa sagen: Wenn die Vertreter des altorientalischen Monotheismus von dem „Göttlichen und seinen Teilerscheinungen“ reden, so setzt sich das für den Israeliten in die Formel um: „Der eine wahre Gott und die Götzen oder die Nichtse." Dementsprechend kann der Israelit auch mit der Unterscheidung von „Wissenden und Nichtwissenden" nichts anfangen; ihm setzen sich diese Begriffe in religiös-sittliche Werturteile um. Aus den Wissenden werden ihm die „Verehrer des einen wahren Gottes", aus den Nichtwissenden die „Heiden“, „Götzendiener“ oder „Toren". Man vergleiche hierzu die Terminologie des Islam, nach der die Zeit der „Unwissenheit“ und „Heidentum" identische Bezeichnungen des vorislamischen Zeitalters sind. Also auch in diesem Monotheismus eine ähnliche Umwertung der Begriffe, denn die,,Unwissenheit" erscheint hier als etwas, das durchaus überwunden werden muß, im Unterschiede von dem ,,Nichtwissen", das ruhig neben dem „Wissen" einhergehen kann.

Unsere bisherigen Darlegungen haben uns nun aber

schon erkennen lassen, daß für eine Vergleichung der beiden Arten von Monotheismus der eigentlich springende Punkt in der total verschiedenen Gottesauffassung liegt. Der Gott des altorientalischen Monotheismus, genauer gesagt: die im Hintergrunde des Systems stehende Gottheit [die freilich für das Bewußtsein immer mit einem summus deus zusammenfließt] ist und bleibt an die Gestirne gebunden; sie ist die in den Gestirnen wirksame, nach ewigen Gesetzen das Weltall durchwaltende Naturmacht, die der Mensch anbeten, der er sich unterordnen und beugen, zu der er aber nicht in ein persönliches Verhältnis treten kann, da diese Macht als eine pantheistisch geartete Größe selbst zu wenig Persönliches hat, sich nicht zu einer Persönlichkeit hat verdichten können. Eben darum hat hier der monotheistische Gedanke nicht recht in Fühlung mit der Herzensfrömmigkeit, wie wir sie in den Bußpsalmen kennen gelernt haben, kommen, d. h. er hat dem frommen Gemüt nicht zu dem Gott verhelfen können, nach dem es in seines Herzens Grunde sich sehnte. Darum trägt der alte Babylonier eben seine persönlichen Angelegenheiten immer einem der vielen Götter vor, in denen das Göttliche ihm persönlich nahekam. Der Gott Israels dagegen steht in keiner inneren Beziehung zu dem astralen System. Er waltet über Sonne, Mond und Sternen als freie, geistige, schöpferische, persönliche Macht, zu der der Mensch direkt in ein persönliches Verhältnis treten, zu der er beten kann. Darum braucht der Israelit nicht die vielen Götter. Die hindern ja nur den Zugang zu dem einen wahrhaftigen Gott, dem der Israelit sich jauchzend ans Herz werfen kann mit dem Jubelruf seiner Seele: „Wenn ich nur dich habe, so frage ich nichts nach Himmel und Erde." Hier also hat der monotheistische Gedanke mit der Herzensfrömmigkeit die denkbar engste Fühlung gewonnen, er ist ihr Kern und Stern geworden. Das aber war nur möglich, weil er hier entbunden war aus dem

Zusammenhange mit irgend welchem astralen System, weil er mit einem solchen gar nichts zu tun hatte.

Mit dieser verschiedenen Gottesauffassung hängt noch ein weiteres wichtiges Moment zusammen. Die im Hintergrunde des astralen Systems stehende Gottheit hat, wenn sie überhaupt deutlich erfaßt wurde, sich nicht zu einer ethischen Macht verdichten können, denn sie war und blieb eine Naturmacht, die sich lediglich in der gesetzmäßigen Ordnung des Weltalls offenbarte. Nur sofern sie mit einem konkreten summus deus, wie etwa mit Marduk, identifiziert wird, nimmt sie ethische Züge an, denn alle Einzelgötter tragen ethische Züge, sie sind gnädig und barmherzig, gut und gerecht. Und doch kommt es auch hier nicht recht zu einer ganz reinen ethischen Stimmung. Die Einzelgötter, und das gilt auch vom höchsten von ihnen, sind keine eigentlich ethischen Persönlichkeiten. Denn im Grunde ihres Wesens sind sie doch an die Sterne gebundene naturhafte Mächte, denen die ethischen Züge angeheftet sind. Der Gott Israels dagegen als rein geistig aufgefaßte persönliche Größe erscheint zugleich als eine im Kerne ihres Wesens ethische Persönlichkeit, als die Verkörperung des sittlichen Gedankens. Dem astralen Monotheismus des alten Orients steht so der israelitische nicht nur als rein geistiger, sondern zugleich als ethischer Monotheismus gegenüber.

Es ist also im wesentlichen der alte und immer wieder neue Gegensatz zwischen philosophischem Pantheismus und religiösem Theismus, in dem beide Arten von Monotheismus zueinander stehen. Der altorientalische Monotheismus befriedigt das wissenschaftliche Denken, das in der Vielheit der Erscheinungen die höhere Einheit sucht, auf die sich die Vielheit zurückführen läßt, läßt aber das Menschenherz mit seinen religiösen Bedürfnissen leer ausgehen; eben darum hat er den Polytheismus, in dem diese Bedürfnisse einigermaßen Befriedigung fanden, nicht überwinden können. Der israelitische Monotheismus be

friedigt die Bedürfnisse des Menschenherzens in allen wesentlichen Stücken, darum hat er den Polytheismus in seinem Bereiche überwunden. Freilich verwickelt er dafür wieder das Denken in Schwierigkeiten, denn es ist uns von Verstandes wegen nun einmal nicht möglich, uns einen über der Welt als rein geistige Persönlichkeit waltenden Gott auch wirklich vorstellig zu machen. Diese Verstandesschwierigkeiten, die das theologische Denken immer wieder in pantheistische Geleise drängen, sind aber von den alten Israeliten bei ihrem praktischen, allem Theoretisieren und unnützen Grübeln abgeneigten Sinn nicht weiter empfunden worden.

III.

Zum Schluß drängt sich uns nun aber wieder die wichtige Frage auf: Besteht zwischen dem israelitischen und altorientalischen Monotheismus ein historischer Zusammenhang, und wenn das der Fall ist, wie läßt sich dieser Zusammenhang näher bestimmen? Bei der Beantwortung dieser Frage haben wir nun eine Möglichkeit von vornherein auszuscheiden, nämlich die, daß es sich bei dem israelitischen Monotheismus um eine einfache, mechanische Herübernahme aus aus der altorientalischen Astralreligion handeln könne. Denn daß davon auch nicht von ferne die Rede sein kann, liegt nach dem, was wir im vorigen Teile ausgeführt haben, für jeden, der sehen will, auf der Hand. Alle diejenigen, die im verflossenen Babel-Bibelstreite den Monotheismus Israels für eine Entlehnung aus Babel ausgegeben haben es sind das übrigens weniger die Rufer im Streit als ihre oft recht unberufenen Nachbeter gewesen haben damit nur gezeigt, daß ihnen das Organ für das Verständnis der totalen Verschiedenartigkeit beider religionsgeschichtlichen Größen fehlt.

Aber sollte nicht wenigstens ein wurzelhafter Zusammenhang zwischen beiden Arten von Monotheismus

« ก่อนหน้าดำเนินการต่อ
 »