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rakter ganz verloren haben. Nur so erklärt sich die prinzipielle Intoleranz Jahves, die sich in geradezu explosiver Weise geltend macht, wenn ihm ein anderer Gott zur Seite gesetzt werden soll. Nur so endlich erklärt sich in vollkommen befriedigender Weise die kräftig ethische Auffassung Jahves, die für die Religion dieses Gottes von vornherein (wenn auch natürlich in fortgehend sich vertiefender Weise) so überaus charakteristisch gewesen ist, und durch die sie sich über alle anderen Religionen des semitischen Altertums so weit hinausgehoben hat. Um das zu erklären, genügt es nicht, zu sagen, daß Moses seinem Jahve kräftige ethische Züge beigelegt habe. Ethische Züge, ja oft recht kräftige ethische Züge tragen auch andere Götter außer Jahve, und doch sind aus ihnen keine rechten ethischen Persönlichkeiten geworden. Sie konnten das nicht, weil sie viel zu sehr in das astrale System und das Naturgeschehen hineinverflochten waren, als daß das ethische Moment in ihnen zur freien Entfaltung hätte kommen können. Daß es bei dem Jahve des Moses so kräftig zur Entfaltung kam, erklärt sich wirklich befriedigend nur aus einer höheren Gottesauffassung heraus, für die die Gottheit prinzipiell über den Naturlauf hinausgehoben war. Hätte Moses etwa nur den Mondgott für den einzig zu verehrenden Gott erklärt und so einen Monotheismus lunaren Charakters begründet, so wäre es in seiner Religion gewiß nicht zu jener reinen ethischen Stimmung gekommen, durch die sich die Jahvereligion in ihrer klassischen Ausgestaltung (aber beileibe nicht immer in ihrer Gestalt als Volksreligion) so hervorragend auszeichnete [vgl. z. B. den seiner Substanz nach wohl sehr altem Dekalog und die Schriften der großen Propheten, deren Sittlichkeitsideal keineswegs ihre eigene Schöpfung ist]. Moses hätte damit nur ein halbes Werk getan, das wohl ebensowenig eine dauernde Folge gehabt haben würde, als jene kläglich gescheiterte Reform des Pharao Amenophis IV., der

es nicht hatte fertig bringen können, seinen einen Gott aus der Verbindung mit seinem Symbol, der glänzenden Sonnenscheibe, zu lösen.

Ist es Moses nun aber auch gelungen, den Gott Jahve aus dem Rahmen des astralen Systems und aus dem Verflochtensein in das Naturgeschehen herauszulösen und auf diese Weise einen Monotheismus zu begründen, der über die Ansätze monotheistischer Art innerhalb der altorientalischen Astralreligion weit hinausliegt, so ist er andererseits doch nicht dazu fortgeschritten, dem monotheistischen Gedanken das ihm entsprechende universalistische Gepräge zu geben, ohne den wir uns allerdings heute einen wirklichen Monotheismus gar nicht vorstellen können. Um diese für uns unerträgliche Inkonsequenz zu verstehen, muß man sich gegenwärtig halten, daß Moses nicht der Stifter einer religiösen Sekte gewesen ist und auch nicht hat sein wollen. Seine Religionsstiftung stand vielmehr im engsten Zusammenhange mit dem Versuche, ein von ägyptischer Oberherrschaft freies Staatswesen mit dem altheiligen Qadeš als Mittelpunkt zu begründen. Ein Staatswesen ist aber nach antiker Vorstellung nicht möglich ohne eine Staatsreligion, d. h. ohne einen Gott, der der Schutz- und Schirmherr dieses Staates ist, der in diesem Staate sein Heiligtum und seinen Kult hat. So mußte also auch Moses seinem Qadesstaate einen Gott geben, und es verstand sich von selbst, daß dieser Gott kein anderer als der Jahve des Moses sein konnte. So wurde diesem Jahve in Qadeš ein Heiligtum gegründet, in dem seine Gegenwart wahrscheinlich durch einen leeren Götterthron, auf dem man sich ihn unsichtbar thronend dachte [das ist wohl der eigentliche Sinn der sogen. heiligen Lade")], repräsentiert war. Im Namen dieses Gottes gab Moses dem neuen Staatswesen Gesetz und Recht und legte damit den Grund zu der Tora, die seit jener Zeit vom Geiste Mosis getragen und in seinem Sinne allmählich erweitert als leben

dige Potenz fortwirkte, bis sie in späteren Jahrhunderten schriftlich fixiert wurde. Auf solche Weise wurde Jahve Israels Gott. Dieser Gott, der seinem innersten Wesen nach auf einen Universalgott angelegt war, trat in eine durch eine feierliche Zeremonie (Berith) geheiligte und unverbrüchlich gemachte Beziehung zu einem bestimmten Volkswesen. Darüber, daß dieser Jahve auch zu anderen Völkern eine positive Beziehung haben könnte oder gar müßte, reflektierte Moses nicht, ja eine solche Reflexion mußte ihm, als einem Kinde seiner Zeit, durchaus fern liegen. Denn das Altertum kennt die Religion nur in der Form der Nationalreligion; der Gedanke einer Universal- oder Menschheitsreligion ist der Antike fremd. Man hat daher den Grundgedanken des Mosaismus nicht unrichtig folgendermaßen formuliert: „Jahve, der Gott Israels, und Israel, das Volk Jahves." Von diesem Standpunkte aus begreift es sich, daß die Götter der anderen Völker, die ja von Jahve prinzipiell bereits überwunden waren, nicht recht sterben konnten. Sie lebten als Götter der anderen Völker weiter, nur lehnte Israel jede Beziehung zu ihnen ab. Der monotheistische Gedanke kleidete sich auf dieser Stufe ganz folgerichtig in das Gebot: „Du sollst nicht andere Götter haben neben mir."

Man hat sich nun aber wohl zu hüten, aus der speziellen Beziehung, in die Jahve durch Moses zu Israel gesetzt worden ist, den Schluß zu ziehen, daß dieser Jahve lediglich ein simpler, an seinem Volke und dessen Wohnsitzen haftender Volksgott ohne jede umfassendere Bedeutung gewesen sei. Diese in der alttestamentlichen Theologie von heute fast allgemein verbreitete Anschauung, die den Ausgangspunkt für jene vergeblichen Konstruktionen bildet, durch die Jahve Stufe für Stufe zu einem Gott mit umfassenderer Bedeutung erst hinaufgeschraubt werden soll, rechnet viel zu wenig mit der sonst ja allgemein bekannten, von uns oben be

reits gestreiften Tatsache, daß die Idee des Universums und der Menschheit als eines einheitlichen Ganzen, die für unser Bewußtsein als Substrat für den monotheistischen Gedanken unentbehrlich ist, dem Altertum bei weitem nicht so geläufig gewesen ist, wie uns heutzutage, die wir im Zeichen des Weltverkehrs stehen und mit solchen Ideen als mit ganz selbstverständlichen Dingen rechnen. Gewiß sind diese Ideen auch den alten Babyloniern und Ägyptern nicht ganz fremd gewesen, das beweisen zur Genüge ihre kosmologischen Spekulationen, aber diese Ideen hatten bei ihnen doch nur sehr theoretische Bedeutung. In praxi schrumpfte die Idee des Weltganzen doch immer wieder auf die Vorstellung des Einzellandes oder des Einzelreiches, und die Idee der Menschheit auf die Vorstellung des Einzelvolkes zusammen. Man denke nur an die alten Römer, denen das römische Reich und der orbis terrarum ganz identische Begriffe waren. So begreift es sich, daß hier ihrem innersten Wesen nach durchaus universal geartete Ideen in nationaler Färbung, in den Fesseln nationaler Beschränkung aufzutreten pflegen. Die Baalsgottheiten der Phönizier, wie z. B. der Melkart von Tyrus, waren Himmelsherren, die als solche ein himmlisches Regiment führten und darum eine Bedeutung hätten haben müssen, die weit über ein engumgrenztes Stadtgebiet hinauslag, und doch war ihr Kultund Machtbereich an ein einzelnes Stadtgebiet gebunden. Unter den ägyptischen Gaugöttern gab es genug, die als Schöpfer des Himmels und der Erde und aller Dinge galten, und doch waren sie fest lokalisiert, und ihre Kultgebiete waren genau gegeneinander abgegrenzt. Und dasselbe gilt schließlich von dem großen Weltenschöpfer Marduk, der trotz seiner überragenden Bedeutung im Grunde babylonischer Nationalgott war und blieb, und nicht minder von dem Gotte Sin, der zwar als der Mutterleib gepriesen wurde, der das All gebiert, und doch von seiner speziellen Beziehung zu seinen Heilig

tümern, die sein eigentliches Machtbereich auf Erden bedeuteten, nicht loskommen konnte. Wir dürfen uns daher gar nicht wundern, wenn auch der Nationalgott Jahve oft genug überragende Züge trägt, die ihn etwa als himmlischen Regenten, der über der Erde waltet, erscheinen lassen. Es wäre grundverkehrt, dergleichen Aussagen prinzipiell aus der alten Überlieferung auszuscheiden und sie erst der Zeit vom achten Jahrhundert an zuzuweisen, als ob derartige Gedanken, die bei unserer Auffassung von dem alten Jahve recht wohl bereits dem Moses geläufig sein konnten, damals zum ersten Male aufgetaucht seien. Dieser verhängnisvolle Irrtum ist aber in unserer alttestamentlichen Theologie zu Hause. Sie sollte sich durch die angeführten Beispiele gewarnt sein lassen, von der engen Form immer auf einen ebenso engen Inhalt zu schließen.

Uns ist ein solcher Zwiespalt zwischen Inhalt und Form allerdings unerträglich, aber ehe wir den Versuch machen, ihn durch literarkritische Operationen um jeden Preis aus der Welt zu schaffen, sollen wir ihn zu begreifen suchen. Niedrige und höhere Vorstellungen von der Gottheit, ethische und unethische, grob nationale und solche universalerer Art, die sich für die literarkritische Forschung fast immer nur als Merkmale verschiedener, zeitlich voneinander getrennter Entwicklungsstufen darstellen, treten für die religionsgeschichtliche Betrachtungsweise vielfach nebeneinander, und diese Betrachtungsweise kann speziell für die Religion Israels, die von Antang an in große religionsgeschichtliche Zusammenhänge hineingestellt gewesen ist, keine Periode anerkennen, in der nicht der Gottesgedanke neben niederen, mehr oder weniger stark national gefärbten, ja grob materiellen Zügen zugleich auch geistigere, sittliche, umfassendere, ja direkt universale Züge gezeigt hätte. Gerade in solchen Zügen war die Möglichkeit einer fortgehenden stillen Korrektur der schlimmsten Auswüchse nach der grob

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